Nachträge zum Bericht über das Seminar zu erneuerbaren Energiequellen
Exkurs: Vor diesem Hintergrund ist die Aufsichtsratstätigkeit unseres ehemaligen Bundeskanzlers Schröder zu bewerten, einschließlich der Frage, wie er zu diesem Job gekommen ist. Welchen Einfluss hatte er beim Einfädeln der nötigen Verträge für das Gemeinschaftsprojekt Nordstream zwischen deutschen und russischen Unternehmen?
[Nachtrag:
Die Frage beantwortete Schröder selbst. Er kam in dem Dokumentarfilm "Gigant Gazprom - Die Deutschen und ihr Gas aus dem Osten", der gestern abend um 23.30 Uhr im ARD gesendet wurde, zu Wort: Er sei von Wladimir Putin gefragt worden, ob er Chairman von Nordstream werden wolle. Er fand, das habe er nicht ablehnen können, nicht ablehnen müssen.
Ist das okay? Ich meine: nein. Ich verstehe Schröders Sicht zwar. Aber akzeptabel ist sie nicht. Schröders Standpunkt gibt ein schlechtes Vorbild und reizt zur Nachahmung an. Unsere Bundespolitiker als Parlamentarier erhalten schon eine dicke Rente. Sie sollen sich nicht kaufen lassen. Es lassen sich bestimmt auch andere großartige Aufgaben finden, von deren Umsetzung durch diese ehemaligen Parlamentarier man noch lange sprechen wird.
Verallgemeinern wir: Wenn Lobbys sich ihre Politiker heranzüchten, dann kommt irgendwann der Tag, an dem manche Politiker gefragt werden, ob sie nicht für einen Wirtschaftsverband, für ein großes Unternehmen arbeiten wollen. Ist ein Eingehen auf so ein Angebot aus der Wirtschaft deswegen nicht verwerflich, weil sie nur ein Angebot annehmen und sich nicht selbst darum bewarben?
Die Unternehmen bekommen das Insiderwissen und Zugang zum Netzwerk des ehemaligen Volksvertreters/Parteifunktionärs. Ist das nicht auch eine Form der Subventionierung? Der versteckten Subventionierung. Das passt nicht zu einer freien Marktwirtschaft! Es riecht nach Vetternwirtschaft.
[Ergänzung 14:08.2012: Ich fand in der Märkischen Allgemeinen vom 10. August 2012 auf Seite 7 den Beitrag: "Kampfansage gegen Korruption". Darin heißt es, dass die schwarz-gelbe Bundestagskoalition die Ratifizierung einer UN-Konvention gegen Korruption blockiert. Jene Konvention verpflichtet die Staaten dazu, Korruption gegenüber Amtsträgern unter Strafe zu stellen und bei der Korruptionsbekämpfung international zusammen zu arbeiten. Welche Motive Politiker und Bundestagsabgeordete haben, die Ratifizierung zu verhindern, kann man sich ja denken.]
Übrigens wurde in dem Dokumentarfilm zu Gasprom auch klar gesagt: Als Putin an die Macht kam, wurde Energie wieder eine Staatsangelegenheit. Im Prinzip finde ich das auch richtig. Bei Energiepolitik geht es um Daseinsvorsorge (mit der oben erwähnten Einschränkung in Hinsicht auf die Wirtschaft. In Bezug auf die Ermöglichung einer fairen Marktwirtschaft muss man "Daseinsvorsorge" wohl anders interpretieren als in Bezug auf die Grundrechte der Bürger als Individuen.), um Sicherstellung des Funktionierens des Staates. Konsequenterweise müssten dann die Energiebetriebe staatliche Betriebe sein.
Dieser Dokumentarfilm war, finde ich, neutral, unverzerrt. Putin erklärt darin plausibel, dass Russland kein Interesse an diesem Streit mit der Ukraine hat, dass es täglich 120 Mio USD dadurch verliert, dass kein Gas aus der Leitung an Westeuropa (bzw. Südosteuropa wie Bulgarien, Rumänien) abgegeben wird.
Zum Verständnis des Konflikts empfehle ich den Post im Blog des Unbequemen: "Wegreißen und Verhungern lassen".
Ende des Nachtrags].
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2008 zu den Umweltauswirkungen der geplanten Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland, Amtsblatt Nr. C 294 E vom 03/12/2009 S. 0003 - 0011.
Zu Schröders Rolle im Zusammenhang mit der geplanten Erdgasleitung Nord-Stream durch die Ostsee von Wyborg bis Greifswald ist viel geschrieben worden. Auch in der Russland-orientierten deutschsprachigen Bloggerszene schäumte es, wie ich im letzten Posting erwähnte.
Die Sendung FAKT im ARD zeigt sich beängstigt vor einer Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland/Gasprom, warnte heute abend im ersten Sendungsbeitrag auch in Anbetracht der entstehenden Nordstream-Gasleitung vor der Abhängigkeit. In die gleiche Richtung geht der Beitrag "Eisige Grüße aus Moskau" im Focus vom 12. Januar 2009, S. 120-123 (mit Karten zu den wichtigsten Gasleitungen in Mittel- und Osteuropa und zu Deutschlands Erdgasspeichern).
Da fragt sich vielleicht ein einfacher Verbraucher: Also erst buttert unser Staat in diese Leitung Steuergelder - und erlaubt die Ölpreisbindung und dann muss er die Gaspreise nach dem Motto "Friss oder stirb!" schlucken, zumal Deutschland sich zu spät in anderen Ländern um alternative Bezugsquellen gekümmert hat, Russland schon auch das Gas in jenen Ländern aufgekauft hat? Mensch, das ist schon vertrackt! Verstehe das, wer will...
"Wir sollten uns unabhängig machen", denkt er weiter. Also her mit den Programmen zur Förderung erneuerbarer Energiequellen!
Und damit habe ich die Überleitung ...
Zum Vortrag von Clemens Neumann (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) beim deutsch-russischen Erfahrungsaustausch über erneuerbare Energiequellen, den ich in Teil 3 meines Berichts erwähnte.
Erneuerbare-Energien-Gesetz bringt mehr Unabhängigkeit von erdölexportierenden Ländern, aber keine Schonung des Klimas
Im Focus-Interview (Focus 51/2008, S. 24) erklärt Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, das die Förderprogramme für die Aufstellung/Installation von Windrädern und Solardächern derzeit nicht geeignet sind, unsere Welt ökologisch sauberer zu machen, den CO2-Ausstoß zu senken. Denn dadurch subventioniert Deutschland indirekt fossilen Strom außerhalb Deutschlands. Das ist ganz einfach, erklärt er: Innerhalb Europas haben wir ein System des Emissionshandels: Wer CO2 ausstoßen will, muss dafür Emissionszertifikate nachweisen; wer sie nicht hat, muss sie kaufen. In Deutschland wird die Produktion von Strom aus fossilen Brennstoffen durch die Förderung des grünen Stroms zurückgedrängt, Zertifikate werden freigesetzt. Die werden von Ländern wie Polen und Spanien gekauft. In dem Maße, wie hierzulande CO2 eingespart wird, wird dort CO2 mehr ausgestoßen.
Die Förderung des grünen Stroms kostet den deutschen Bürgern, sowohl Steuerzahlern als auch Verbrauchern, viel Geld, ohne dass der europäische CO2-Ausstoß gesenkt wird. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lässt sich also nichts gegen die Klimaerwärmung tun. Im EEG aus dem Jahre 2004 wurde auch die Einspeisungsvergütung von Solarstrom deutlich erhöht. Die Versorger wurden darin gezwungen, den Betreibern von Solaranlagen von der Inbetriebnahme an für 20 Kalenderjahre einen Solartarif zu zahlen, der jährlich um 5 Prozent fällt.
Auf die Frage, ob nicht doch Europa einen Einfluss auf das globale Klima hat, wenn es die Menge an Emissionszertifikaten festlegt, antwortet Herr Sinn, dieser Einfluss sei begrenzt, denn zwar lasse sich die Nachfrage nach fossiler Energie reduzieren, aber nicht das Angebot der Ölscheichs und anderen Ressourceneigentümern. Wenn aber das weltweite Angebot sich nicht verringert, setzen andere Kontinente, Nicht-EU-Länder die Mengen an CO2 frei, die Europa einspart. Das Angebot werde aber durch die Preispolitik der Ölscheichs gesteuert. Die überlegen, wann sie ihre Ressourcen am besten verkaufen können, richten ihr Angebot auf die Umweltpolitik der EU-Länder aus.
Es muss ein weltweites Klimaschutzsystem aufgebaut werden, wofür weltweite Abkommen erforderlich werden, ist Sinn überzeugt. Das wollte Angela Merkel, sei aber derzeit nicht erreichbar, nicht mit China, das seine Kohlekraftwerke nicht so bald renovieren will, nicht mit den arabischen erdölexportierenden Ländern und nicht durch erhebliche Unterstützung von 3.Welt-Ländern durch die führenden Nationen bei der Umsetzung einer Weltklimapolitik und soweit diese nicht einigermaßen politisch stabil und berechenbar sind.
[Ergänzung 29.12.2009: Heute wurde vom Naturschutzbund NABU an H.W. Sinn der Ökopreis "Dinosaurier des Jahres" vergeben. Den Umwelt-Dino-Preis vergibt der NABU jährlich an die Person, die besonders antiquierte Ansichten in Sachen Umweltschutz äußerte. Aufgegriffen wurde von den Medien, die über die Preisverleihung heute berichteten, auch das obige Zitat von der Sinnlosigkeit des CO2-Zertifikate-Systems. Er wird als Interessenvertreter der Atomlobby und großen Energiekonzerne gesehen.
Die Einspeisevergütung nach dem EEG fällt vom 31.12.2009 zum 1.1.2010 übrigens nicht um 5 %, sondern bei Photovoltaikanlagen mit einer Leistung bis 30 kW um 9 %, bei anderen Anlagen um 11 %. Das wurde von der neuen Bundesregierung Ende Oktober festgelegt.]
Anknüpfend an die Beiträge von Dr. Wagener-Lohse von der CEBra GmbH und Frau Dr. L. Krasko im dritten Teil meines Berichts, möchte ich auf einen Artikel in dem Fachblatt Energie & Management in der [...Nächste Seite]