Während in deutschen Großstädten für den Fußgänger auf Bürgersteigen eine größere Unfallgefahr wohl von Radfahrern ausgeht, ist man auf russischen Gehwegen neben der Straße mehr von Autofahrern bedroht. Klar, Fahrradfahrer sind in russischen Großstädten äußerst selten anzutreffen. Apropos: Sie sollten russischen Gästen in Ihrer Stadt die Gefahren, die von Fahrradfahrern ausgehen, gleich zu Beginn ihres Aufenthaltes deutlich machen. Die russischen Gäste werden gewöhnlich nur schauen, ob die Straße frei ist, aber nicht mit Fahrrädern rechnen, die mehr von der Seite kommen, von außerhalb des Gesichtsfeldes.
Selbst viele Fußgänger bei uns vergessen oder achten einfach nicht darauf, dass sie sich auf einem Fahrradweg bewegen, obwohl der deutlich markiert ist. Zusätzliches Gefahrenpotenzial für Fahrradfahrer entsteht daraus, dass häufig Autos auf den Radwegen parken, so dass sie auf Gehwegen ausweichen müssen. Nur wenige Fußgänger sind so aufmerksam und denken auch daran.
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Sie mögen jetzt denken, also, wie ich mich auf dem Bürgersteig zu verhalten habe, brauche ich mir nicht erklären zu lassen. Wird das hier eine Verkehrsunterrichtsstunde? Doch als Fußgänger müssen Sie sich in russischen Städten noch mehr vorsehen als in deutschen Städten. Dafür gibt es verschiedene Gründe und ich möchte im Interesse Ihrer Sicherheit, dass Sie sich darauf einstellen, wenn Sie eine Russlandreise vorhaben.
Der erste Grund ist noch weit hergeholt und mutet etwas exotisch an. Ein bisschen Spaß muss sein:
Auf dem Newski-Prospekt liegen manchmal Pferdeäpfel. Es gibt da einige Mädchen, die Touristen auf ihren Pferden durch das Stadtzentrum reiten lassen (oder keine Möglichkeit haben, zur Reitstunde aufs Land zu fahren?). Ich frage mich da, ob die Pferde ausreichend zu fressen bekommen und genug Wasser. Als ich zum ersten Mal Pferdeäpfel vor einem Laden gesehen habe, wunderte ich mich und dachte, das könnte eine Art Drohung der Mafia gegen einen Ladenbesitzer sein, der sein Schutzgeld nicht bezahlt. Während man in Sotschi Ihnen einen Papageien aufdrängt, mit dem auf ihrer Schulter Sie sich fotografieren lassen sollen, oder ein Äffchen, sind es in Sankt Petersburg eben Pferde, die man benutzt, um an den Touristen etwas zu verdienen. Wobei, die exotischen Tiere sah ich auch auf Straßen und Plätzen in St. Petersburg und Moskau.
In einer russischen Großstadt ist es ganz normal und ein Zeichen der Verantwortung für Sie als Gast, dass ihr Gastgeber, Freund oder Ihre russische Arbeitskollegin (wenn Sie neu als Expat hier sind) Sie an die Hand nimmt oder Ihren Ellenbogen umfasst, wenn er/sie die Straße mit Ihnen überqueren möchte. Sie müssen sich nämlich sputen. Es gibt ein Sprichwort, das heißt:
"Es gibt nur schnelle oder tote Fußgänger."
Bei uns sieht man häufig Jugendliche, die ausgerechnet dann erst die Straße überqueren, wenn ein Auto kommt. Es scheint eine Art Sport oder ein Beweis des Mutes zu sein, so zu handeln, wissend, dass sich der Ärger und Zeitverlust für den Autofahrer, wenn er seine Geschwindigkeit dann beibehält und den Leichtsinnigen erfasst, nicht lohnt für das Durchsetzen des Rechts auf Vorfahrt.
In Moskau oder Sankt Petersburg würden unsere deutschen Teenies sich das sicherlich schnell abgewöhnen.
Dass ein Autofahrer blinkt wenn er abbiegen möchte, können Sie vergessen. Deswegen vergewissern sie sich immer, wenn sie eine Nebenstraße überqueren wollen, ob nicht gerade ein Auto von Ihrer Hauptstraße in diese Straße einbiegt.
"Der Kopf muss sich drehen wie eine Rundumleuchte",
sagte einst mein Fahrschullehrer, als ich Motorrad fahren lernte. Sollte Ihnen ein Auto den Weg abgeschnitten haben, obwohl ihre Fußgängerampel grün anzeigt, und sollte es etwa wegen des Staus vor ihm noch auf dem Fußgängerüberweg stehen, versuchen Sie bitte nicht, den Fahrer belehren zu wollen oder ihn anzuschimpfen, schon gar nicht dann, wenn es sich um einen großen Geländewagen handelt oder eine Limousine mit getönten Scheiben. Zu Ihrer eigenen Sicherheit rechnen Sie lieber mit dem Schlimmsten, also damit, das aus dem Fahrzeug ein stark gebauter Mann mit schwarzem Anzug und einer Waffe in der Hand aussteigt. Es ist immer das kleinere Übel, einfach gelassen, aber konzentriert weiterzugehen, als wegen eines vermeidbaren Zwischenfalls mit auf die Polizeiwache zu müssen oder ins Krankenhaus. In Russland können Sie es lernen, gelassener und geduldiger zu werden. Versuchen Sie, sich anzupassen und nicht als Tourist aufzufallen!
Wenn auf den Straßen in den Zentren Moskaus, Sankt Petersburgs oder Rostows einmal wieder nichts mehr geht, verlieren manche Fahrer die Nerven und fahren schon mal auf den Bürgersteig. Die Großstädte verkraften einfach nicht die vielen Autos. Von St. Petersburg kann ich sagen, dass dort die Bürgersteige sehr oft viel höher über der Straßenebene sind als bei uns in Deutschland üblich. Und trotzdem kommt es vor, dass Autos da herauf fahren. Haben Sie deshalb wenigstens da, wo er Ihnen auf Ihrer Seite entgegenkommt, immer auch ein Auge für den Verkehr nebenan übrig! Ich bin häufig den Newski-Prospekt entlanggegangen, ja sogar entlang gerannt. Wenn sich die Autos stauen, ist man zu Fuß eben schneller als mit Bus. Bei den Hindernisläufen um die schlendernden und stehenden Personen an Bushaltestellen und Schaufenstern herum, vorbei an Eisstände und mobile Getränkestationen, trainierte ich mein Reaktions- und Koordinationsvermögen. In den letzten Monaten gab es auf Russland aktuell mehrere Meldungen über Unfälle auf Bürgersteigen und an Bushaltestellen. Hier sind diese Fälle:
Am 26. Oktober starben in Sankt Petersburg sechs Menschen, als eine Marschrutka an einer Bushaltestelle in eine Gruppe wartender Menschen fuhr. Unter den Toten waren auch drei Kinder. Später stellte sich heraus, dass der Fahrer betrunken war. Marschrutkas sind für ihre resolute Fahrweise bekannt. Sie sind wendiger und schneller als die Trolleybusse. Bei Stau entschließen sich ihre Fahrer auch kurzerhand, Umwege zu fahren. Dann kann es passieren, dass sie Haltestellen nicht anfahren, die eigentlich zu ihrer Route gehören. Die durch Staus verursachte Verzögerungen müssen aufgeholt werden. Je mehr Stationen angefahren werden, desto mehr lässt sich verdienen.
Anfang November 2008 sind an einer Bushaltestelle in Sotschi drei Menschen getötet worden, als ein von Jugendlichen gelenkter Geländewagen in die Gruppe der Wartenden fuhr und zehn Menschen erfasste.
Vor einem Monat, am 24. Februar, fuhr ein Autoräuber in Moskau zehn Fußgänger mit einem zuvor von einem Taxifahrer, geraubten Taxi der Marke Chevrolet Lanos um. Dem Taxifahrer hatte er ein Messer an den Hals gelegt. Einige Häuserblocks weiter setzte der Räuber den Wagen über einen Bürgersteig hinweg gegen einen Zaun und flüchtete zu Fuß. Fünf von den zehn Betroffenen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Nur einen Tag vorher sind in Sankt Petersburg Fußgänger bei zwei Unfällen von Autos umgefahren worden. Dabei sind zwei Frauen gestorben. Ein Unfall passierte auf dem Newski-Prospekt vor dem Kaufhaus Gostiny Dwor. Mitte März 2009 in der Hauptstadt des Altais, Barnaul, ein Mann zu einer Strafe von sechs Jahren Haft verurteilt, der im Oktober 2008 sechs Menschen mit seinem Kleinbus todfuhr. Neben den Toten gab es zudem noch neun verletzte Passagiere, die in seinem Kleinbus gesessen hatten. Die Ermittlungen haben dann ergeben, dass der Fahrer für diese Route, auf der der Unfall passierte, keine Lizenz hatte.
Apropos Lizenz: Es ist relativ leicht, sich ohne Fahrlehrgang und bestandener schriftlicher und praktischer Prüfung einen Führerschein zu beschaffen. Der Freund meiner Gastgeberfamilie (im Sommer 2005 in St. Petersburg), so Mitte Zwanzig, sagte, seiner hat 200 US-Dollar gekostet. Und sein Lada war schon weit über 20 Jahre alt und sicher hätte er keine TÜV-Überprüfung der Betriebsbereitschaft überstanden. Jetzt raten Sie mal, warum dieser Lada trotzdem noch fährt, obwohl es auch in Russland sowas wie TÜV-Untersuchungen für ältere Autos gibt!
In einem Sommer habe ich in St. Petersburg an der Straße zwei Leichen gesehen: eine in einer Ecke neben einem Kiosk an der Metrostation Graschdanski Prospekt, die andere auf dem Bürgersteig der Schlossbrücke in der Dämmerung der Sommernacht. Keine Ahnung, ob der an Drogen gestorben ist, ermordet oder überfahren worden ist. Aber im selben Sommer war ich in Baschkirien und auf einer Exkursion zum Wasserkraftwerk Krasnui Kljutsch fuhren wir einen Berg in einem Ort hinauf. Rechts lag auf der Straße ein Toter, soeben überfahren worden. Etwas unterhalb stand der LKW, der, von oben kommend, ihn überfahren hat. Bremsspuren waren zu sehen. Sie führten von der Seite des entgegenkommenden Verkehrs quer schräg über die Straße. Vielleicht wollte der Fahrer einem Fahrzeug vor ihm ausweichen. Aber selbst wenn, dann ist er wohl zu schnell gefahren. Oder der Überfahrene war besoffen auf die Straße getorkelt.
Ich erlebte auch eine rasante Fahrt mit einer gelben Gaselle, wie die Marke der Kleinbusse heißt, in Tatarstan auf dem Wege von Almetjewsk in die Hauptstadt Kasan.
Es war sehr früh am Morgen, die Straßen waren etwas verschneit und vereist. Um kurz vor drei war ich aufgestanden, gegen Viertel vor Vier der zweite Fahrgast und um vier hatte der Fahrer alle Mitfahrer eingesammelt (Sammeltaxi, mit telefonischer Bestellung) und wir verließen die Stadt. Unser Fahrer schien wohl in seiner Ehre gekränkt worden zu sein, als er von einer Mercedes-Limousine überholt worden war, denn er kämpfte sich wieder heran und überholte sie wieder. Es war wirklich gefährlich, denn die Straße führte über Kuppen und Senken, in denen auch etwas Nebel stand, und kurvig. An solchen Stellen gab es Überholverbot (durchgehende Begrenzungslinie) und trotzdem überholte unser Fahrer. Gegenverkehr gab es manchmal auch. Die Geschwindigkeit war nicht angemessen. Zumal es auch noch feine Tröpfchen regnete. Am Boden war mit Sicherheit Frost. Vielleicht wollte unser Fahrer auch nur rechtzeitig das kleine Café mit Laden unterwegs erreichen, wo wir einen 15-minütigen Stopp einlegten, um sich mit seinem Kollegen zu unterhalten, der ebenfalls aus Almetjewsk kam und ihm mit seiner Marschrutka einige Minuten voraus war.
Um 7.30 Uhr wurde ich am Parkplatz vor den Bahnhöfen in Kasan freigelassen. Wie der kalte trübe Tag hier in Kasan für mich verlief, bevor ich mit Zug nach Moskau weiter fuhr schrieb ich in diesem Bericht.
Ich kann nur sagen, dass ich während der Fahrt nicht entspannen konnte, obwohl ich müde war. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass es auch ganz schön Energie zieht, hier als Deutscher zu leben oder eigenständig zu reisen. Kein Wunder also, dass ich mich auf mehreren Russlandreisen erkältete, auch im Frühling, auch im Sommer.
Wer jetzt an Krankenhaus denkt: Zu Krankenhäusern in St. Petersburg beabsichtige ich, später noch etwas zu schreiben. Denken Sie auch an Ihre Reiseapotheke, z.B. Tabletten gegen Übelkeit beim Autofahren!
Hier meine Impfempfehlungen und ein paar Tipps zu Privatkrankenhäusern.