1987 brachte ich aus einem Urlaub in Adjarien eine Darminfektion mit nach Hause. Unsere Reisegruppe war im besten Urlaubshotel der Kleinstadt am Schwarzen Meer untergebracht, der Stadt Kobuletti. Warnungen vor dem Leitungswasser hatte es für uns nicht gegeben. Nach ein paar Tagen zu Hause klang der Durchfall wieder ab. Ob die Ursache wirklich das Wasser war oder stattdessen Keime im Essen, wusste ich nicht.
Man schätzt, dass über 30% der Reisenden in tropische und subtropische Länder eine sogenannte Reisediarrhoe erleiden. Eine russische Freundin aus Woronesch sagte, so ziemlich alle, die in Georgien Urlaub machen, kommen mit Durchfall zurück. Das liege daran, dass die Lebensmittel der Georgier von schlechter Qualität sei, nicht richtig gesäubert werde.
Mineralwässer in Flaschen
Aber das Wasser, das wir in Kobuletti im Restaurant zu trinken bekamen, gab es aus Flaschen, war wohl aus der Umgebung von Mineralnye Wody. Dem Wasser aus manchen Quellen dort am nördlichen Rande des Kaukasus wird besondere Heilwirkung zugeschrieben, insbesondere dem Wasser in Borjomi, aber auch aus der Narsan-Quelle. Diese Qualitätswässer bekommt man in St. Petersburg oder Moskau auch zu kaufen (es sei denn, es besteht ein Einfuhrboykott gegenüber Georgien, wie in den letzten Jahren öfters bei Wein, Wasser und Fleisch); Borjomi in klaren altmodischen Glasflaschen (etwa 0,4 l, soweit ich mich erinnern kann), Narsan in grünen, größeren Flaschen. Mir ist das Borjomi aber zu salzig, schmeckt mir nicht. Das Narsan-Wasser ist viel bekömmlicher. Ich sah im September 2010 Trinkwasser aus Lipezk, wo auf den Flaschen damit geworben wurde, dass das Wasser so gut sei wie jenes aus Narsan; es war günstiger. Es gibt also sehr gute Trinkwässer zu kaufen. Lassen Sie sich von den Einheimischen welche empfehlen, die als besonders bekömmlich bekannt sind!
Aus dem Wasserhahn
Aber wie ist es mit dem Wasser aus der Leitung? Kann sein, dass ich mal im Bad unseres Hotelzimmers in Kobuletti (s.o.) Wasser aus der Leitung trank und daher Durchfall bekam.
In Krasnojarsk ist die Trinkwasserqualität sehr gut, las ich mal (Die Quelle dieser Information weiß ich nicht mehr.). Aber hat das Wasser auch noch gute Qualität, wenn es in den Haushalten aus den Wasserhähnen läuft? Oder fließt es durch Rohre, die mit Metallen oder Mikroben belastet sind? Das weiß ich nicht.
Auch in Sotschi ist das Trinkwasser an sich sehr gut. Es kommt aus den Bergen, gesundheitlich unbedenklich, bekam ich von Freunden zu hören. Aber auch hier weiß ich nicht, inwieweit es unter der Qualität der Leitungen leidet. Jedenfalls ist mir von Gastgebern gesagt worden, ich könne das Wasser aus ihrer Leitung auch so trinken, ohne dass es gesiedet hat.
In St. Petersburg soll man Wasser aus der Leitung nicht trinken, nur abgekocht! Für Moskau gilt das ebenfalls.
In Woronesch trinkt eine Freundin das Wasser aus der Leitung auch ohne Abkochen, wenn es einen Tag in einem Glaskrug abgestanden ist, damit das Chlor entweicht. Und sie sagt, sie ist gesund.
Nicht zum Trinken bestimmt
In St. Petersburg gibt es für viele Haushalte zwei oder drei Wochen lang kein warmes Wasser, wenn im Sommer die Leitungen gewartet werden. Einige Hotels haben ihre eigene Wasserversorgung. Welche Hotels? Ich weiß es nicht. Und was ist das dann für ein Wasserversorgungssystem? Pumpen, die das Wasser aus der Erde holen?
Viele alte Rohre. Das Wasserversorgungssystem ist marode. Rohrbrüche sind nicht so selten und dabei kommt es auch zu Verschmutzungen des Wassers. Trinkwasser soll in St. Petersburg und Moskau also nicht getrunken werden. Vom Trinken des Leitungswassers kann man sich eine Hepatitis A einfangen. Deswegen empfehlen Gesundheitsexperten in Berlin, vor Reisen nach Osteuropa (einschließlich Russland) sich gegen Hepatitis A impfen zu lassen.
Wasserfilter in der Küche
Nicht wenige Einheimische in St. Petersburg und Moskau benutzen einen Wasserfilter und verlassen sich nicht allein auf das Abkochen des Leitungswassers. Ein Grund dafür kann aber auch sein, dass der Tee dann besser schmeckt. [Nachtrag 23.3.2010: Podvalov in Kiew bestätigt das in seinem Blog. Er hat den Unterschied gemerkt. Er hatte das Wasser aus der Leitung seiner Wohnung sogar von einem Schweizer Labor untersuchen lassen und ist überrascht worden. Mikrobiologisch war dem Wasser sehr gute Qualität bescheinigt worden. Doch befürchtet Podvalov, dass das Wasser einen zu hohen Chloranteil aufweist und stark mit Metallen belastet sein könnte. Auch noch eine chemische Laboranalyse durchführen zu lassen war ihm dann doch zu teuer.]
[Nachtrag: 21.5.2010: Allerdings sollte man hierzu auch wissen, dass diese Plastik-Wasserfilter verkeimen können und sich in den Wasserfiltern selbst auch Stoffe befinden, die den Geschmack beeinträchtigen können. Darunter ist auch Silber. Der Hersteller von Haushalts-Wasserfiltern Brita verwendet Silber in seinen Produkten zur Keimbekämpfung, lese ich bei Wikipedia. Gestern habe ich eine benutzte Brita-Filterkartusche aus Neugier aufgeschnitten. Da ist ein grau-schwarzes Granulat drin.]
Fingerlange Würmer aus Moskauer Wasserleitungen nach der Spülung
Russland Aktuell meldete am 23.3.2009 über bis zu 10 Zentimeter lange unbekannte Würmer, die aus Wasserleitungen von Haushalten in Moskau kamen, nachdem diese Leitungen gereinigt worden waren. Deswegen wurde das Wasser noch zweimal nachgechlort. Trotzdem kamen die Würmer danach noch lebend heraus. Ob die Würmer inzwischen wieder verschwunden sind, darüber hat Russland Aktuell nichts mehr geschrieben.
Das Leitungswasser ist nach der Reinigung oft rot-braun. Das sind die Moskauer und Petersburger gewohnt. Aber solche Würmer hatten sie noch nicht gehabt.
In Moskau wird das Abstellen warmen Wassers aus Gründen der Erneuerung des Trinkwassersystems dieses Mal nur zwei statt drei Wochen dauern, berichtet Russland Aktuell im Mai 2009 ...Alle Jahre wieder.
Trinkwasser direkt von der Quelle
Mit meinen Gastgebern in Krasnodar fuhr ich Anfang Mai 2008 ins Grüne bei Gorjatschi Kljutsch. Auf der Rücktour hielten wir, wie fast alle anderen Ausflügler, noch an einer Quelle, die aus Anlass des Weltwassertages am 22. März gerade erst 5 Wochen vorher eingerichtet worden war (Widmungstafel siehe Bild oben).
Wenn man mit dem Auto aus der Stadt fährt, sollte man immer auch ein paar leere saubere Flaschen dabei haben zum Auffüllen mit Quellwasser.
Aber nicht jede Quelle, die die Einwohner auf dem Lande zu ihrer Versorgung nutzen, hat wirklich reines Wasser. Doch bei diesem Schild vermute ich, dass das Wasser hier auch vom Labor untersucht worden ist.
Sehr schwefelhaltig ist das Grundwasser bei Gelendjik am Schwarzen Meer und gilt als besonders gesund. Ich füllte mir in dem in einer Ortschaft bei Gelendjik versteckten Häuschen einen Liter dieses Wassers ab, das hier von Hand aus mit einem Hebel an die Erdoberfläche gepumpt wird. Es reichte zwei Tage, weil ich nur kleine Schlucke nehmen konnte. Es stinkt nach faule Eier.
Verschmutzte Gewässer
An Sotschis Stränden ist Baden an einigen Stellen gesundheitlich bedenklich. Viele Hotels und Sanatorien haben nämlich noch keine Möglichkeit, ihr Abwasser geklärt abzuleiten; die Rohrleitungen reichen bis an den Strand oder werden unterhalb des Wasserspiegels versteckt ins Meer geleitet. Dieses Hygieneproblem besteht übrigens auch an der Krimküste. Mich interessiert, ob die im Hinblick auf Olympia 2014 zu bauenden Hotels Klärwerke bekommen bzw. wie Sotschi sein Abwassersystem erweitert.
Wasser - das ist ein Bereich, wo riesiger Investitionsbedarf in Russland besteht.
Ölverseuchung der Gewässer
Wasser der Flüsse und Seen wird in Sibirien in unbeschreiblichen Ausmaßen durch Öl verschmutzt. Wegen verschmutzter Flüsse finden die Einwohner manchmal (immer häufiger?) mutierte Fische.
Am 25. Januar 2010 meldet Russland Aktuell eine Vergiftung von über 100 Menschen im Irkutsker Gebiet, die sich von Wasser aus zwei unterirdischen Quellen und einem nahen Eisloch eines Sees neben der orthodoxen Kirche weihen ließen. Dieses Wasser brachte ihnen Unheil: Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen und Fieber - typische Anzeichen für eine Darminfektion. Natürlich hatten sich die Kirchenleute nicht mit den zuständigen Gesundheitsämtern verständigt.
- Lassen Sie sich das eine Lehre sein, wenn Sie in eine Situation kommen, in der von Ihnen erwartet wird etwas nachzumachen, was die Einheimischen, Ihre Gastgeber tun.
Pestizide
Über die Pestizidbelastung der Gewässer in Russland, insbesondere der Belastung mit Quecksilber, können Sie sich aus einer englischsprachigen Studie informieren, die die dänische Umweltschutzagentur veröffentlichte. Sie steht auf einer dänischen Website (Stand der Studie: 2005). Sie heißt Bewertung der Freisetzung von Quecksilber aus der Russischen Förderation.
Es gibt dort Angaben zu den relevanten russischen Umweltgesetzen, Tabellen und Übersichten. Natürlich werden dort auch die Verursacher der Belastungen genannt.
[Ergänzung 25.3.2010: Bei Russland Aktuell wird in einem Artikel von gestern ("Kreml geht beim Energiesparen ein Licht auf") behauptet, in Russland gäbe es kein Entsorgungskonzept für Quecksilber. Ich glaube dieser Behauptung - in dieser Pauschalität - nicht, schätze, es gibt solche Konzepte, sie sind vielleicht auch in die Verordnungen eingeflossen, die in der dänischen Studie erwähnt sind. Ich schätze, das Problem liegt bei der Überwachung der Einhaltung der Umweltgesetze und Verordnung und wieder auch bei der Korruption. Man muss auch unterscheiden zwischen Entsorgung von Hausmüll und Industriemüll. In den Glühlampen befindet sich Quecksilber. In Russland gibt es kein Entsorgungssystem, das mit unserem Grünen-Punkt-System vergleichbar ist.]
[Nachtrag 25.07.2010
Greenpeace-Zweimaster "Beluga II" stellt Vergiftung der Flüsse fest
Am 20. Mai 2010 hörte ich auf Deutschlandradio einen Beitrag über den Aufklärungseinsatz eines Greenpeace-Teams auf den Flüssen zwischen St. Petersburg und Moskau. Man kann den Beitrag dort als mp3-Datei herunterladen. Mit an Bord waren angeheuerte Wissenschaftler. Es wurde festgestellt, dass Grenzwerte für Gifte und Schadstoffe um ein Vielfaches überschritten sind. Sie kommen von Industriebetrieben. Und sie fließen in die Ostsee. Und so verletzt Russland ein in Helsinki geschlossenes Abkommen zwischen den Ostsee-Anrainerstaaten zum Schutz des Ostseewassers, das Helcom (Helsinki Commission).
Das Problem ist, dass in Russland nicht das Verursacherprinzip gilt, wonach die Betriebe und Betreiber von Produktionsanlagen verpflichtet sind, das benutzte Wasser zu reinigen, bevor es in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgelassen wird. Es fließt als Abwasser vielleicht noch durch die städtischen Kläranlagen. Doch diese haben nicht die Ausrüstungen dafür, all die Chemikalien zu erkennen und herauszufiltern. - Außerdem werden von Rechts wegen einige Schadstoffe nicht mal als Giftstoffe anerkannt und stehen deshalb auch gar nicht auf den Verbotslisten.
Hier wird erkennbar, dass es mit einem Auswechseln der Abwasserleitungssysteme nicht getan ist. Damit deutsche Technik im Bereich Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung exportiert, installiert werden kann, bedarf es auch einer politischen Unterstützung und Zusammenarbeit mit der russischen Führung auch im rechtlichen Bereich. In dem Beitrag heißt es unklar, Putin habe vor ein paar Monaten angekündigt, dass die Kläranlagen von St. Petersburg am Finnischen Meerbusen bis zum Jahre 2015 "nachgerüstet" werden sollen, dass sie dann zu 95 Prozent europäischen Normen entsprechen sollen.]
Link: Greenpeace-Untersuchung - Russische Flüsse stark belastet
Baikalsee in Gefahr
Am 11. März 2010 meldet RIA Nowosti, dass sich führende Umweltverbände und andere gesellschaftliche Umweltorganisationen zu einer Koalition gegen die Baikalverschmutzung zusammen geschlossen haben. Ihre (momentan nur russischsprachige) Website ist www.savebaikal.ru Zum neuen Bündnis gehören von Anfang an Greenpeace Russland, der WWF und die "ökologische Baikalwelle". Insgesamt sind es schon 25 Mitglieder. Sie haben eine Aktion gestartet gegen die Inbetriebnahme einer Zellulose-Fabrik am Baikal, deren Stilllegung Umweltschützer 2008 erreicht hatten.
Der Baikal steht auf der Weltnaturerbeliste der UNESCO. An deren Direktor sollen sich aktive Befürworter der Bewegung mit Briefen wenden, damit von dort aus Gespräche mit der Führung der Russischen Föderation in Moskau gesucht werden.
Putin hat sich daraufhin eingeschaltet und warnt vor einer Politisierung der Debatte, lese ich auf der Website der "Stimme Russlands". Beides hätte höchste Priorität, der Umweltschutz, aber auch eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in jener Region. Die russische Regierung hatte das Verbot der Zellstofffabrik am Baikalsee im Januar 2010 aufgehoben. - Gestern wurde vermeldet, dass in verschiedenen Landesteilen Russlands gegen Putin demonstriert wurde, in Moskau und St. Petersburg waren die Demonstrationen verboten worden und wohl auch verhindert worden. Putin stellt für Tausende von Menschen eine gesundheitliche Bedrohung dar. Es geht um sauberes Wasser und eine gesunde grüne Umwelt. In Baikalsk, Irkutsk, Sotschi und vielen Orten, an denen fossile Brennstoffe lagern.
Ach so: Als Hauptgründe für den gestrigen Tag des Zorns waren aber auf der Website der ARD genannt worden: Arbeitslosigkeit, steigende Preise und überhöhte Steuern. Nicht die Umweltsünden.
Heute ist Weltwassertag! Zur #Wasserqualität in #Russland siehe Ost-Impuls-Artikel http://t.co/2qv9hC2O ...