Berlin: re:publica09 Nachlese, Teil 1
Er nimmt auf aktuelle Themen und Vorfälle Bezug und bittet zum Ende hin uns alle um unser Engagement, Unterstützung für ihn, weitere Leute zu aktivieren. Denn er sieht den Datenschutz, den es seit 30 Jahren in Deutschland gibt, in einer tiefen Krise. Er bedauert, dass da, wo die Bürger schon mal wenigstens die Möglichkeit haben, auf Datensparsamkeit zu achten, trotzdem von sich freiwillig achtlos viel zu viele Daten preisgeben. Auch die Teilnehmerzahlen heutiger Datenschutzdemos sind doch ziemlich überschaubar (ich erinnere mich dabei an eine solche Demo mit anschließender Kundgebung am Brandenburger Tor im letzten Oktober, zu der ich damals was postete). Dagegen gab es vor 25 Jahren große Proteste auf den Straßen gegen die Volkszählung. Schließlich warnte dann auch das Bundesverfassungsgericht vor einer umfassenden Überwachung. Die damals aufgezeigten Schreckensszenarien der Überwachung sind vom Technologischen her gesehen heute gegeben. Liegt darin der Grund für die geringe Beteiligung an dem Aufbegehren gegen die Überwachungs- und Kontrollpläne aus dem Büro unseres Innenministers? Die Angst, heute als Demonstrant erfasst zu werden. Die Kamera ist heute bei Versammlungen ein normales Instrument der Polizei. Was ist aber mit unserem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Das wird doch dadurch ausgehölt, durch die Einschüchterungswirkung der Datenerfassungsinstrumente der Behörden. Aber noch besorgter ist Schaar über die beiläufige Überwachung bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie dem Einkauf mit Kreditkarte, Kundenkarte, Nutzung des Handys, über das der momentane Aufenthaltsort ziemlich genau über GPS bestimmt werden kann. Der Einsatz von RFID an Registrierkassen in Kaufhäusern und Supermärkten.
Er schlägt ein Gerät für jeden Bürger, dem Wert an seiner Privatsphäre liegt, vor, das anzeigt, wenn man sich in der Nähe eines RFID-Scanners aufhält. Nur wer weiß, was geschieht, kann auch selbstbewusst, selbständig entscheiden. Dazu braucht es Transparenz. Mann muss wissen, dass mit der Erfassung der Wärmeenergie über Funk auch erfasst werden kann, ob man die Wohnung gerade bewohnt. Sonst ist die Zustimmung in die Installation dieser Funkübertragung von der Wohnungsverwaltungsgesellschaft erschlichen.
Peter Schaar erlebte voriges Jahr wahnsinnig viele Datenskandale, die uns allen noch gut in Erinnerung sind. Deutsche Bahn, Lidl-Mitarbeiterüberwachung, Call-Center handeln mit ihren Kundendaten, die Daten der Bürger bei den Meldeämtern waren offen abrufbar, wenn man nur die Webadresse herausfand usw. usf. Man kann da den Eindruck bekommen, alle privaten und öffentlichen Stellen bewerben sich um die nächste Verleihung des Big-Brother-Awards.
Anschließend referieren unter der gemeinsamen Überschrift "Do we need a Netiquette for Social Networks?" vier deutsche Männer, soweit ich mich erinnern kann, alle in englischer Sprache. Jan Schallaböck als erster widmet sich Sozialen Netzwerken.
Der junge Sozialforscher Ralf Bendrath beklagt, dass es keine Regularien für Social Networks gibt. Für Telefon- und DSL-Provider gebe es schon länger welche. Es wird Zeit, dass auch Anbieter von Social Network-Plattformen wie StudiVZ solchen unterworfen werden. Doch wer soll überwachen, kontrollieren? Und - bei der internationalen Dimension - wer kann sich vorstellen, dass irgendwer China kontrolliert? Nachdem sich Facebook gezwungen war, seine im Nachhinein geänderten Bedingungen wegen massiver Proteste zurückzunehmen, habe man sogar die Benutzer ermuntert, sich an der Aufstellung einer Benutzerverfassung (constitutional documents) zu beteiligen. Aber ist das vielleicht nur ein Demokratie-Theater aus wirtschaftlichem Kalkül heraus, zur Aufbesserung des Ansehens? - Man erinnere sich an Shell, die ein Bohrplattform versenken wollten, was Greenpeace mit seinen Anhängern zu verhindern wusste, Boykotts der Tankstellen. Danach startete Shell Markeing-Projekte, durch die es seinen Ruf als Naturraubritter beseitigen wollte.
Professor Hendrik Speck von der Fachhochschule Kaiserslautern führt uns vor Augen, wieviele Daten bzw. persönliche Attribute von Facebook eingesammelt werden. Nämlich 96 sind es, die seine Auflistung zeigt. Und die User sind so dumm (sagte er so nicht, sage ich), diese vielen Angaben zu machen. Demgegenüber wirft er einen Auszug aus einer Stasiakte über einen DDR-Bürger an die Leinwand. Deutlich kürzer!
Das Fraunhofer-Institut hat Regeln aufgestellt, die zum Schutze der Privatsphäre gegeben sein müssen. Z.B. Möglichkeit der Verwendung von Pseudonymen und eigene Identitäten jederzeit zu ändern und auch zur eigenen Dokumentation herunterzuladen, auszudrucken, Nachrichten verschlüsselt zu versenden und vieles mehr. Speck empfielt den Umstieg zu OpenSource, also von Microsoft zu Mozilla, von StudieVZ zum Hello World Network. Hier werden die Nettiquette, die der Wissenschaftler darstellte, beachtet.
Und eben diese Netzwerkplattform stellte anschließend deren Entwickler vor, ein Student von der FH Kaiserslautern. Das ist ein Markus Ackermann. Er betonte, dass dies die erste öffentliche Präsentation sei. Leider war diese Präsentation nur beschränkt möglich. Denn nachwievor, wie schon am ersten Tage, gab es Probleme mit dem Internet-Wlan-Zugang. Für einen ersten Eindruck und das Wecken der Neugier reichte es aber. Davon mal abgesehen: Wenn man schon all diese MySpace, LinkedIn, Xing benutzt hat und jetzt erst beginnt, die Privatsphäre bewusster zu schützen und sich jetzt für Hello World entscheidet - ist das Kind nicht schon längst in den Brunnen gefallen? Man kann doch keinen harten Schnitt mehr machen und von einem auf den anderen Tag aus diesen Netzwerken austreten. Da isoliert man sich von der eigenen Community. So ein Hello World hätte es schon längst geben müssen (wurde so nicht vom Referenten gesagt; sage ich.). Ich glaube nicht, dass ich groß noch Bekannte dazu bewegen werde können, sich auch dort anzumelden wegen meiner einer. Ich bekam schon einige Einladungen zu Facebook, aber verzichtete auf eine Mitgliedschaft. Das Hello World ist dann eher etwas um noch weitere Leute kennen zu lernen.
- So, hier mache ich mal einen Stopp am Donnerstag vormittag und veröffentliche erst mal diesen Artikel, der Aktualität wegen.
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