Die Lebenshaltungskosten in Moskau sind hoch. Ich sammle in dieser Serie ein paar Posten der Lebenshaltung in Russland und vergleiche manche von ihnen mit denen in Deutschland bzw. meiner Stadt Berlin. Diese Sammlung könnte insbesondere (zukünftige) Expatriates, Studierende und Praktikanten interessieren.
Das Brutto-Nationaleinkommen pro Kopf in Russland liegt bei umgerechnet monatlich 753 $ im Jahre 2009 bzw. 6.236 € im Jahre 2009 (für letzte Zahl Quelle Russische AHK, Russland in Zahlen, Sommer 2010, nach Rosstat). [Ergänzung: Der Durchschnittslohn in Russland im September 2011 betrug 561 €.] Da fragt sich, wie man so finanziell über die Runden kommt. Im südlich-zentralen Bezirk mit der Stadt Woronesch bekommt ein Angestellter für seine Arbeit durchschnittlich so um die 500 € gezahlt, siehe Arbeitsmarkt und Einkommen in Woronesch, www.rocit.ru/analyst/index.php?id=23110, Arbeitsmarkt in Woronesch und südzentralen Bezirk im Jahre 2009.
Bei Ria Nowosti fand ich (nachträglich, am 17.10.10) eine Nachricht vom 23. Juli 2010 über aktuelle Verlautbarungen des Russischen Statistikamtes zu den Lebenshaltungskosten in Russland ("Immer mehr Russen leben unter der Armutsgrenze"). Danach betrugen die von der russischen Regierung festgelegten (!) durchschnittlichen Lebenshaltungskosten pro Kopf von Januar bis März 2010 5.518 Rubel (etwa 141,50 € laut Rian, nach heutigem Kurs aber bei 1:40 138 €).
Für erwerbsfähige Bürger lagen die Kosten bei durchschnittlich 152,70 € (weniger Vergünstigungen), für Rentner bei 112,70 €, für Kinder bei 136,20 €. Nach dem Rian-Artikel lagen im ersten Quartal dieses Jahres 14,7 Prozent der russischen Bevölkerung (=20,7 Mio Einwohner) unter dem Existenzminimum. Aus dem Artikel geht nicht hervor, wie weit dieses Existenzminimum unter den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten angesetzt wird.
Für Moskau sind für die arbeitsfähige Bevölkerung per Verordnung der Stadtregierung "über die Festsetzung des Existenzminimums in der Stadt Moskau für das 2. Quartal 2009" vom 18.08.2009 8.500 Rubel festgesetzt worden (entspricht im Oktober 2010 etwa 210 €).
Als erstes nehme ich mir die Kosten für eine Wohnung vor.
Es ist jetzt zu Anfang Oktober schon ziemlich kühl in Zentralrussland. Aber die Fernheizungen arbeiten noch nicht. Das habe ich in der Bibliothek des Goethe-Instituts in Moskau schon Mitte September selbst erlebt. Auch dort wird beim Heizen gespart. Aber die Mieter und auch Wohnungseigentümer müssen zur Überbrückung bis zum Beginn der Heizsaison Mitte Oktober [in Woronesch] zu elektrischen Heizgeräten greifen, die freilich viel Strom verbrauchen, was letztlich wohl teurer ist, als die hoffentlich bald von den Stadtwerken gelieferte Wärme. [Ergänzung: In Kasan begann die Heizsaison am 30.09.2010.]
Strompreis
Für Privathaushalte (und auch für Großbetriebe) setzt die russische Regierung Preis-Obergrenzen fest. Die Energiekosten sind für Privathaushalte weltweit die niedrigsten, sagte Präsident Medwedjew während eines Treffens mit führenden Personen des Energiesektors in Abakan (Sibirien) Mitte März 2011.
Dagegen haben kleine Unternehmen sehr hohe Energiepreise zu zahlen, oft höhere als in den USA und Westeuropa. Z.B. im Kursker Gebiet 6,50 Rubel pro Kilowattstunde, umgerechnet etwa 15 Eurocent, sagte Medwedjew. Offen bleibt nach dem Artikel der Moscow Times vom 14.3.2011, ob auch ein Grundpreis zu zahlen ist. Grund für den Anstieg der Energiekosten ist meistens, dass die regionale Behörden über ihre Energiekommission die Durchleitungsgebühren durch die Stromleitungen zu hoch festgesetzt haben, sagte auf dem genannten Treffen der Premierminister Setschin. Er schlug nun vor, dass die Antimonopol-Behörden ihre Repräsentanten in jene Energiekommission abordnen.
In Moskau lag der Kilowatt-Preis des Stroms 2007 für Privathaushalte bei umgerechnet 5,9 Eurocent.
Quelle: Informationen des Föderalen Dienstes für Tarife, www.fstrf.ru
In Woronesch kostet die Kilowattstunde Strom im September 2010 2,14 Rubel (etwa 5,4 Euro-Cent).
Quelle: Zeitung "Mojo" am 21.09.2010, S. 8.
Russen entdecken das Energiesparen
Bei meinem Besuch bei einem Freund in Moskau fiel mir auf, dass er mit dem Licht ausgesprochen sparsam umging. Und in einem Internetcafe waren die Lampen mit Energiesparlampen bestückt (, was nicht gerade schön aussah). In der Metro in Moskau gibt es in den Metrowagen mehr Licht, aber von Niederspannungsleuchten. Auch in Russland gibt es schon Normen zum Verwenden von Energiesparlampen. Die Glühlampen sind auch hier wie in der EU auf dem Rückzug. Aber zurück zu Wohnbehausungen...
Wasser und Heizenergie
Zum 1. März 2010 sind die Preise für Wasser und Heizung in Moskau um 4 bis 5 Prozent angehoben worden. Der Preis für einen Kubikmeter Wasser beläuft sich auf 7 Rubel und 85 Kopeken (etwa 20 Euro-Cent). Warmwasser kostet seitdem 35 Rubel und 91 Kopeken. Der Preis für eine Giga-Kalorie(!) beträgt nun 525 Rubel.
Quelle: Moskauer Verband der Energieversorger vom 15.02.2010: Wasser- und Heizungspreise in Moskau werden erhöht www.mosgorteplo.com/news/40112.shtml Mosgorteplo (Korrektur 09.03.2015 toten Link zu jener Website entfernt.)
Vergünstigungen für sozial Schwache
Zunächst muss man wissen, dass Pensionäre, Kriegsveteranen, Behinderte verschiedene Vergünstigungen bekommen, u.a. auch schon für ihre Wohnung. Dies wird von einer Familie, die zusammen lebt, natürlich berücksichtigt: es macht Sinn, dass die Oma oder Mutter, die Rentnerin ist, als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen ist oder als Hauptmieterin im Mietvertrag, auch wenn die Tochter oder Enkelin das meiste Geld in die Familienkasse einbringt.
Nebenkosten einer Wohnung
Viele Wohnungen in Russland haben noch keine Zähler zum Messen des verbrauchten Wassers, der verbrauchten Heizenergie, des verbrauchten Gases und des Stroms. In solchen Wohnungen in Miethäusern wird daher nach der Größe der Wohnung abgerechnet oder bezahlt jede Mietpartei dasselbe (z.B. Wasserverbrauch des Miethauses geteilt durch Anzahl der Mieter). Das Gesamtpaket für die Nebenkosten beträgt bei meinem Freund in Moskau im Stadtteil Nagatinskaja Saton für seine Einzimmerwohnung etwa ...[reiche ich nach.]
[Aktualisierung 12.05.2016: Wasser, Heizung, Gas und Strom zusammen monatlich ca. 3.000 Rubel. Bei dem aktuellen Kurs von 1 EUR = 75 Rubel sind das etwa 40,00 € monatlich.]
Bei einer Freundin in Woronesch beträgt für eine 2-Raum-Wohnung außerhalb des Stadtzentrums die Kaltmiete heute etwa 200 € und das Paket der Nebenkosten in einer Altbauwohnung aus den 50er Jahren etwa 35 € (Vergünstigung für Rentner berücksichtigt).
Nachdem schon mal ein Wasserzähler 2009 eingebaut wurde, gingen die für das Kaltwasser zu zahlenden Kosten bei ihr deutlich zurück, von 800 Rubel (heute etwa 20 €) auf 220 Rubel (etwa 5,50 €). Vorher mussten sie und ihre Mutter für den hohen Verbrauch anderer Hausbewohner mitzahlen. Das Wasser muss in der Wohnung mit einem Gas-Durchlauferhitzer erwärmt werden, denn das Wasser wird nur kalt geliefert. Außerdem wird der Herd mit Gas betrieben. Für Gas fallen jetzt bei zwei Personen in der 2-Zimmer-Wohnung mit befensterten, geschlossenen Balkon Kosten von 300 bis 350 Rubel an (etwa 7 bis 8 €) an. Für die Fernwärme fällt monatlich ein Betrag von etwa 500 Rubel an (etwa 12 bis 13 €). Im Durchschnitt der letzten 5 Jahre zahlte in Russland eine Mietpartei mit einem Gasherd pro Monat 150 Rubel (fast 4 €) für Gas.
In Woronesch findet man in der Stadtzeitung "Mojo" die Preise für die Lebenshaltung. Dort heißt es in der Ausgabe vom 21. September 2010, dass nach dem aktuellen föderalen Gesetz über Energieeinsparung bis 2012 die Bewohner von Mehrwohnungshäusern sich Zähler für alle Formen der verbrauchten Energie installieren sollen. Die Konsequenzen für den Fall, dass dies nicht passiert, sind nicht genannt. In Woronesch gibt es etwa 5.500 Häuser mit mehreren Wohnungen. Die Mietparteien solcher Häuser, in denen Zähler installiert sind, bekommen ihre individuellen Rechnungen zugesandt. Das sind bei Heizenergie 2.379 Häuser, bei kaltem Wasser 2.786 Häuser, Warmwasser 2.720 Häuser, bei Strom 2.298 Häuser. Für Gas sind noch nirgends Zähler installiert.
Die Konsequenzen für Häuser, in die nicht bis 2012 die Zähler für jede Wohnung eingebaut wurden, sind nun nach der letzten Fassung des Gesetzes, die noch nicht in Kraft getreten ist, geregelt. Ab dem 1. Januar 2012 sollen für diese Häuser die Energiepreise um 20 % gegenüber dem jetzigen Preis, ab 1. Januar 2013 sogar um 40 % angehoben werden. Diese erhöhten Kosten werden dann auf die Mietparteien aufgeteilt.
Preissteigerungen, Inflation
[Ergänzung am 11.08.2012] Zum 1. Juli 2012 gab es wieder kräftige Preissteigerungen. In der englischsprachigen Wochenzeitung "The Moscow News" vom 3.-5. Juli 2012 fand ich einen Artikel, der hierzu Zahlen nennt:
Die Preise für Gas wurden um 15 % erhöht. Die Preise für Strom, kaltes Wasser und warmes Wasser um 10 %. Schon für September 2012 sind weitere Preiserhöhungen angekündigt. Kaltes Wasser wird um 4,5 % teurer. Warmes Wasser und Heizenergie werden 5,6 % teurer. Zwei Preissteigerungswellen gibt es hier so dicht beieinander, weil eine Welle kurz vor der letzten Präsidentschaftswahl ausfiel. Man wollte keine Wählerstimmen verlieren. Die ausgefallenen Preissteigerungen werden damit wieder aufgeholt. Weitere Kosten für das Wohnen werden erhöht. Handwerkerkosten Telefon. Und weitere heftige Steigerungen der Lebenshaltungskosten wie Medizin (Arztgebühren und Gebühren für Krankenhausaufenthalte), Alkohol, Strafen für Park"sünder" (großer Mangel an Parkplätzen in Moskau, einfach zu viele Autos).
Wasserpreise in Berlin
In Berlin kostet ein Kubikmeter Wasser 5,64 EUR (Stand August 2010). - In Moskau kostet das für die Wohnung meines Freundes umgerechnet rund 20 Eurocent. Ich versuche später noch herauszufinden, was die Wasserkosten in Rostow am Don und in Sotschi sind.
Nachtrag (08.12.2010): Hier stehen die Tarife für Trinkwasser und Abwasser in Berlin. Sie sind je nach Menge und Wasserart (Trinkwasser, Schmutzwasser und Niederschlagswasser) gestaffelt und machen einen Preisvergleich nicht ganz so leicht. Für Trinkwasser ist nach dem Schema in der Berliner Morgenpost vom 4./5.12.2010 pro Quadratmeter versiegelter Fläche und Jahr seit 01.04.2010 2,17 € zu zahlen. Das ist deutlich weniger als die oben genannten 5,64 €, bei denen ich nicht mehr die Quelle weiß. Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass das Trinkwasser nach Quadratmeterfläche berechnet wird;en ich dachte, nach Verbrauchsmenge.
Gaspreis in Berlin
Sie erkennen bereits, dass in deutschen Städten die Nebenkosten für kommunale oder private Dienstleistungen für eine Wohnung deutlich höher sind, als in Moskau die Wasser- und Energiekosten. Ich habe hier zum Vergleich aber einfache Wohnungen genommen, in Moskau in einem neuen Hochhaus, in Woronesch in einem 4-stöckigem Haus aus den 50ern. Wenn wir gleichwertige Wohnungen vergleichen würden, lägen die Mietkosten in Russland respektive Moskau spürbar höher. Dann bräuchte man auch ein Einkommen, das über dem Durchschnittseinkommen der Bevölkerung liegt. Auf Expatriates trifft dies natürlich zu.
Die Preisvergleichsplattform für Energie Verivox schlägt für einen Haushalt mit 50 Quadratmetern einen durchschnittlichen Gasverbrauch von 7.000 kWh vor. Wenn man für Berlin hier mal nicht gerade von dem Preis ausgeht, den Position 1 ausweist, sondern mal von 350 € pro Jahr, kommt man auf gerundet 30 € pro Monat im Jahresdurchschnitt. Dem stehen 4 € in Woronesch gegenüber.
Ergänzung: In der Berliner Morgenpost vom 4./5.12.2010 beschäftigt sich Johannes Wiedemann mit der "zweiten" Miete, die [...Next]