Anonymes Reisen - Teil 7: Empfehlungen zu Reiserichtlinien
9. Lauschangriff mit Absinth und Verhinderung der Gesprächsaufklärung
Im Fachjargon des DDR-Geheimdienstes hieß es "Abschöpfung" - das Gewinnen von Informationen durch Gespräche mit einer Zielperson. Ihre Mitarbeiter sollten vor einer Reise nach Russland darauf vorbereitet sein. Sie können sich selbstkritisch Gedanken dazu machen, wo hier die Schwachpunkte liegen. An welchen Orten man derlei Gespräche gut führen könnte und wie man vermeidet, dort hinzukommen. Ich denke z.B. an Krankenzimmer, in denen Ihr Mitarbeiter als Patient isoliert ist und womöglich noch dem Irrtum unterliegt, die Frau im Kittel sei eine Ärztin oder Krankenschwester. Attraktive junge Frauen, die sich für Ihren Mitarbeiter interessieren und Avancen machen. Erinnern Sie sich noch an Anna Chapmann, die zusammen mit anderen russischen Agentenkollegen in den USA aufgeflogen sind? (Sie ist jetzt noch sehr präsent in den russischen Medien, bekam einen Job im Fernsehen.) Dann ahnen Sie, was ich meine. - Vermeiden Sie kompromittierende Situationen!
Die Gefahr für männliche Mitarbeiter auf Grund zu laufen ist besonders in Bars und Diskotheken gegeben, die von Ausländern bevorzugt werden. In St. Petersburg z.B. treffen sich in der Datscha viele Deutsche. Versetzen Sie sich mal in die Rolle des russischen Geheimdienstes: Wow, ein Becken, in dem die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fisch anbeißt, besonders hoch ist. Sie werden hier auch immer St. Petersburgerinnen treffen, die deutsch sprechen.
Dann gibt es auch noch spezielle Mittelchen, die, im Getränk aufgelöst, die Zunge des Opfers lösen, es in einen Rausch versetzt. Beispiele: Absinth, einen Joint rauchen. Vielleicht sollte man im Arbeitsvertrag oder Geschäftsführervertrag regeln, dass der Genuss von Absinth den Mitarbeitern oder Geschäftsführern im Ausland verboten ist. Absinth lässt die sexuelle Begierde anwachsen, Ihr Mann wird leichter verführbar. Vielleicht auch die Geschäftsführerin.
Damit sollte man sich mal befassen, wenn das eigene Unternehmen Geschäfte in Russland beabsichtigt, oder in der Ukraine - oder schon durchführt. Na und erst recht in China!
Schließlich könnte Ihr Mitarbeiter in der Bar (in der Folge der Anfreundung mit einer/einem Unbekannten) auch von K.O.-Tropfen umgehauen werden, Substanzen, die vorübergehend zu Bewusstseinsstörungen oder Wesensveränderungen führen. Dazu zählen neben Alkohol (natürlich!) Medikamente aus den Gruppen der Benzodiazepine und der angstlösenden Psychopharmaka. Den Angreifern muss es dann noch gelingen, das Opfer unauffällig aus dem Lokal zu (ent-)führen. Wenn das nicht gelingen mag: es könnte ihm auch eine hohe Rechnung oder hohe Kreditkartenbelege untergeschoben werden. Auch Früchte, die angeboten werden, könnten mit Spritzen präpariert worden sein.
Wo Geheimdienste bereits über das Kommen interessanter Zielpersonen informiert werden, etwa weil sie Zugriff auf Netzwerke von Reisebüros haben oder auf Buchungssysteme, können sie auch reale Mitarbeiter in das gebuchte Hotel senden, zur Beobachtung oder als "Honigfallen"
Lesetipp hierzu:
Snowden-Dokumente: Britische Spione nutzten Sex und schmutzige Tricks (engli), NBC News vom 7. Februar 2014
Empfehlungen
- Es erhöht die Sicherheit, wenn Ihr Mitarbeiter und Betriebsgeheimnisträger mit Kollegen und Freunden ausgeht und man aufeinander aufpasst.
- Getränke nie aus den Augen lassen!
- Wenn ein(e) Unbekannte(r) ein Getränk spendiert, immer gleich direkt vom Barkeeper servieren lassen!
- Bei den ersten Anzeichen von Schläfrigkeit oder Unwohlsein sofort Bekannte oder den Barkeeper informieren!
10. Social Media
10.1. Skype
Lange Zeit galt Skype als abhörsicher. Von einer in diese Software eingebauten Hintertür für den amerikanischen Geheimdienst berichtete der Schwede Pär Ström in seinem Buch "Die Überwachungsmafia". Viele mögen gedacht haben, dass man mit seinen russischen Freunden und Partnern sicher vor dem russischen Geheimdienst kommunizieren kann, da die Verschlüsselung von russischen Spezialisten wohl nicht geknackt werden könne.
Doch im März 2013 vermeldet Barents Oberser, dass der russische Geheimdienst (FSB, MWD) Skype-Kommunikation schon seit geraume Zeit abfängt. Er tut das, ohne Gerichtsbeschlüsse einholen zu müssen. Skype können Sie also vergessen.
http://barentsobserver.com/en/security/2013/03/fsb-can-tap-your-skype-without-court-order-14-03
Es gibt aber noch Alternativen bei Konferenzprogrammen, die verschlüsselte (Video-)Chats ermöglichen. Schauen Sie sich mal Jitsy an (https://jitsi.org/) und Mumble! Eine weitere Alternative wäre Viber, die in Russland ziemlich beliebt ist.
10.2. Facebook
Um Kontrolle über Ihre Aktivitäten zu bekommen, versuchen Russen (Oder sind Sie in China geschäftlich aktiv? Sicher auch Chinesen), die Sie nicht kennen, Ihre "Freunde" bei Facebook zu werden. Sie sollten solche Anfragen ignorieren! Zumal wenn mit der Freundschaftsanfrage keine Nachricht verbunden ist, aus der das Motiv für den Kontakt erkennbar ist.
[Nachtrag] Lesetipp: Studie: Viele Facebook-User sind sorglos, Heise vom 03.11.2011
Nun könnte Ihr Mitarbeiter auf der Reise Personen begegnen, die ihn daraufhin ansprechen und versuchen, so Freunde zu werden. Auch hier sollte man nicht leichtfertig eine "Freundschaft" annehmen. Dem Mitarbeiter, soweit er darüber verfügen kann, sollte es nur nach Rücksprache mit der Geschäftsleitung erlaubt werden, solchen tatsächlich begegneten Personen von der Partnerfirma Zugang zu erlauben. Die Geschäftsleitung sollte vorher einen Online-Check-up der Person machen. Wenn keine Spuren von der Person bzw. dem Namen vorhanden sind, sollte dies Anlass zum Argwohn geben. Selbstverständlich muss hier im russischen Teil des Internets (oder China, oder Ukraine, ...) gesucht werden.
Social Networks stellen eine Gefahr da, weil sie von Ihren Gegnern genutzt werden können, um Bewegungsprofile zu erstellen. Sie erleichtern Kidnappern deren Arbeit. Ihre Mitarbeiter sind zu schulen, dass sie nicht leichtfertig auf Facebook, Twitter oder Xing oder ihre Reisepläne herausposaunen. Hier geht es um die Risiken Personenschutz, Industriespionage/Wirtschaftsspionage, Datenschutz.
Außerdem sollte man sich nicht fotografieren lassen. Ich hatte zu diesem Thema schon einen Artikel geschrieben. Aber jetzt wird dies um so dringlicher, wo Facebook vor kurzem eine Funktion scharf geschaltet hat, über die man erkannte Freunde auf Fotos, die zu Facebook hochgeladen wurden, markieren kann. In den Einstellungen sollte man hierzu seine Erlaubnis entziehen. Die gleiche Funktion wurde auch bei Google+ 2012 installiert.
11. Reiseplanung im Internet
Benutzen Sie keine Reiseplaner online auf mapping-Websites wie z.B. http://www.goprotravelling.com/ Oder event-Planer wie Gidsy (Startup mit Sitz in Berlin Kreuzberg)!
Die sind chick und wegen der Visualisierung von Informationen praktisch. Aber diese Cloud-Lösungen gewährleistet keine Geheimhaltung Ihrer Reisepläne.
12. Anonym browsen
Weisen Sie Ihre Mitarbeiter, die ins östliche Ausland oder in die USA gehen, in die Benutzung ines TOR-Browsers ein. So können Sie anonym kommunzieren. Den Geheimdiensten gefällt TOR nicht. Es gab Versuche, TOR zu blockieren.
Sehen Sie sich diesen Mittschnitt eines Vortrags der Hauptprogrammierer von TOR an!:
https://www.youtube.com/watch?v=GwMr8Xl7JMQ
Problem dabei ist, dass die Funktionalität vieler Websites eingeschränkt ist, wenn nicht nur die IP-Adressen verschleiert werden, sondern auch Cookies nicht zugelassen werden. Einkauf von Dienstleistungen funktioniert dann regelmäßig nicht (Warenkorb-Funktion), Online-Bezahlung funktioniert dann nicht. Das schränkt die Tätigkeitsmöglichkeiten eines Mitarbeiters vor Ort erheblich ein. Beim Cookie-Management ist vorher zu entscheiden, auf welchen Websites welche Cookies zugelassen werden und wie lange. Eintragung einer Blacklist oder Whitelist in den Browsereinstellungen des betrieblichen Notebooks oder Smartphones. Schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich, wird die Einrichtung und Durchhaltung der Sicherheits-Voreinstellungen, wenn mit das Gerät auch privat genutzt wird.
13. Nach der Rückkehr von der Reise
Ihr Mitarbeiter sollte von seiner Reise Bericht erstatten, sie mit den Sicherheitsbeauftragten Ihres Unternehmens besprechen. Lernen Sie aus den Erlebnissen, was Sie weiter verbessern können!
14. Fazit
Also wenn Sie besonderen Wert auf Reisen inkognito legen, dann stellen Sie sich Reiserichtlinien auf! Oder integrieren Sie in Ihre schon bestehenden Sicherheitsrichtlinien (Naturkatastrophen, Krisen/Bürgerkriegszustände, Epidemien) auch die Geschäftsreisen! Und lassen Sie sich von Sicherheitsexperten beraten!
Lesetipp
Daniel Silva - Das Moskau-Komplott, erschienen am 11.2.2010 (auch als Hörbuch verfügbar)
Filmtipps zum Thema
- Staatsfeind Nr. 1 (USA)
- Minority Report (USA)
- No Way Out - Es gibt kein Zurück [...Nächste Seite]
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