Gerichtsentscheidungen gegen Fluggesellschaften, Teil 1
Dieses Verhalten der Airline hat auch Auswirkungen auf (Online-)Reisebüros, die dann natürlich auch nicht diese ersparten Aufwendungen an den Kunden zurückzahlen, wenn die Kunden sich wegen der Rückabwicklung an sie wenden. Mehr zu dieser Thematik lesen Sie in meinem Artikel Tests von Flugbuchungsportalen mit Preisvergleich, Teil 2 - die rechtlichen Probleme erläutert am Beispiel Flugladen.de.
Wenn Sie das Problem mit der Stornierung haben, wenden Sie sich - mein Geheimtipp - nicht an die allgemeine Hotline von Air Berlin (01805 - 737 800, 14c/min), die offenbar die Funktion hat, Ansprüche abzuwiegeln, sondern freundlich an den Kundenservice (030/34-34-19-19 bzw. kundenservice@airberlin.com), der eventuell auch den Kerosinzuschlag zurückerstattet.
2.4. Landgericht Berlin: Air Berlin muss Flughafen-Kosten gesondert angeben
Die Fluglinie Air Berlin muss die Kosten für den Flughafen auf ihren Internet-Angeboten gesondert ausweisen (LG Berlin, Urt. v. 28.04.2015 - Az.: 16 O 175/14). [http://tinyurl.com/pmcupsg]
Die Klägerin monierte die Preisangaben für Flugreisen auf der Seite der Fluglinie Air Berlin. Dort würden nur Gesamtsummen genannt und nicht einzelne Posten, getrennt nach Arten von Zuschlägen. Insbesondere würden nicht die Flughafengebühren getrennt angegeben.
Air Berlin verteidigte sich damit, dass der geltend gemachte Anspruch auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei, da zum Buchungszeitpunkt die Flughafengebühren noch nicht feststünden.
All dies ließ das Gericht nicht gelten und verurteilte Air Berlin zur Unterlassung. Es bestünde eine gesetzliche Pflicht, Zuschläge - wie hier die Flughafengebühren - als eigenständige Posten auszuweisen.
Auch der Einwand der Unmöglichkeit greife nicht durch. Selbst wenn zum Buchungszeitpunkt die Gebührenhöhe noch nicht feststünde, so müsse Air Berlin in jedem Fall den Betrag ausweisen, den es bei der Bestellung als Pauschalbetrag nehme.
Quelle/Zitat für 2.4: RA Dr. Bahr, Rechtsnewsletter, 21. Woche 2015, vom 27.05.2015
[Hinweis/Nachtrag, 21.04.2017: Wer sich nach seinem Storno nicht angefallene Kosten zurückzahlen lassen will, sollte sich bei der betreffenden Flughafengesellschaft einmal das Verzeichnis über die Berechnung der Gebühren gegenüber den Flughafengesellschaften suchen. Z.B. Berliner Flughäfen.
Nach deren Entgeltverordnung werden Gebühren berechnet pro Fluggast = Passagierentgelt (aktuell: 8,94 € [innerhalb Schengen-Raum], 9,10 € [Flüge mit Verlassen des Schengen-Raums], 6,95 € [Transitgäste]. Es gibt weiterhin Terminalentgelte von der Fluggesellschaft zu bezahlen, Entgelte auf das Fluggerät, je nach Lärmklasse, Entgelt für die Slots, an denen die Flugzeuge zur Be- und Entladung stehen, je nach Dauer, Sicherheitsentgelt: pro Passagier 0,76 €, PRM-Entgelt für die Betreuung von Personen mit eingeschränkter Mobilität entsprechend der EU-Verordnung 1107/2006, pro abfliegenden Passagier 0,22 €.]
Quelle: Entgeltordnung, Berlin-Schönefeld, gültig ab 01.01.2017:
http://www.berlin-airport.de/de/_dokumente/geschaeftspartner/entgelte-ordnungen/2017-01-01-Entgeltordnung-SXF-deu.pdf
[2.5. Große Teile von Air Berlin werden von Lufthansa übernommen
Nachtrag 12.10.2017, 11.50 Uhr: Air Berlins Geschichte kommt zum Ende. Heute morgen haben sich Air-Berlin-Manager die Lufthansa bei Verhandlungen unter Leitung des Insolvenzverwalters geeinigt. Mitte August 2017 hatte Air Berlin die Durchführung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Der Flugbetrieb war seitdem nur durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro gesichert. Für heute 12.00 Uhr ist der Notartermin angesetzt zur Leistung der Unterschriften unter dem Kaufvertrag, teilte LH-Chef Spohr morgens Medienvertretern mit.
Kann man sagen, die Airline ist dem Mismanagement und Größenwahn von ausländischen Managern zum Opfer gefallen? Obwohl sie sich oft nicht an das deutsche Recht hielten, siehe oben, haben sie es nicht geschafft, Gewinne zu erzielen. Selbstverständlich ist eine Bewertung des Niedergangs sehr komplex. Die Fehler sind im System angelegt. Zum Schluss haben erhebliche Personalprobleme von Flughafenservice-Dienstleistern in Berlin Tegel zum Aufgeben beigetragen.]
Quellnachweis: RTDeutsch, 12.10.2017: https://deutsch.rt.com/wirtschaft/58848-air-berlin-pleite-lufthansa-uebernimmt-grosse-teile/
3. Ryanair
Ryanair fliegt zwar nicht zwischen Deutschland und Russland, aber die gegen die Airline zu Gunsten des Verbrauchers ergangenen Urteile könnten auch auf ähnliche Gepflogenheiten von Airlines, die nach Russland fliegen, übersetzbar sein.
3.1. Wenn Ryanair schon die Barzahlung ausschließt und nur Kreditkartenzahlung zulässt, dann darf Ryanair nicht auch noch Gebühren für die Annahme der Zahlung per Kreditkarte verlangen.
BGH, Urteil vom 20.05.2010, Xa ZR 68/09
Die Nichtzulassung von Bargeld (nicht einmal zur Begleichung der Übergepäck-Gebühr) begründete der Billigflieger vor Gericht so:
"Wegen der erhöhten Sicherheits- und Verwaltungskosten wird von Ryanair kein Bargeld für die Bezahlung von Flugscheinen, die Entrichtung von Gebühren und Kosten für die Beförderung von Übergepäck und Sportausrüstung akzeptiert. …"
Leicht ersichtlich, dass dies nur eine Pseudo-Begründung ist. So könnten alle möglichen Dienstleister argumentieren, gäbe es keinen Wettbewerb. Schlimm nur, wenn es insofern eine Art Waffenstillstandsabkommen oder Absprachen zwischen Wettbewerbern gibt.
In der Gebührentabelle von Ryanair waren u.a. folgende Gebühren vorgesehen:
- Kreditkartengebühr: Pro Fluggast und einfachen Flug:4,00 €
- Zahlungskartengebühr:Pro Fluggast und einfachen Flug:1,50 €
Nur eine Visa-Elektron-Karte war frei von jeglichen Gebühren.
Das Landgericht Berlin hatte auch schon den Ausschluss der Barzahlung zur Tilgung von Gebühren an die Airline für unwirksam erklärt. Nach der gesetzlichen Regelung im BGB sind Geldschulden grundsätzlich durch Barzahlung zu begleichen, meint das Landgericht Berlin.
Der Bundesgerichtshof ließ diesen Ausschluss durch vertragliche Vereinbarung zwar zu (setzt eine wirksame Einbeziehung der AGB in den Vertrag voraus), weil Ryanair seine Dienstleistungen fast ausschließlich über das Internet anbietet und eine Barzahlung für beide Seiten mit einem nicht zu rechtfertigenden Aufwand verbunden wäre, verbot aber, dass Ryanair für die einzig mögliche Zahlungsart Kreditkarte auch noch Gebühren verlangt.
Der Verwender von AGB darf bei der Gestaltung seiner AGB sein Interesse an Rationalisierung und Vereinfachung der Vertragsabwicklung berücksichtigen, jedoch nicht einseitig und ohne Rücksicht auf die Belange seines Vertragspartners durchsetzen, so der Bundesgerichtshof in seiner Urteilsbegründung.
Anmerkung:
Das ist auch logisch. Die Entgegennahme der Zahlung ist keine Leistung im Interesse des Vertragspartners, der zahlt. Es ist eine gesetzliche Gläubigerpflicht. Die Kosten für die Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht dürfen nicht auf den Kunden (=Schuldner) abgewälzt werden (so auch der BGH). Es ist auch unbillig, wenn der Verbraucher immer für den mit den Dienstleister abzuwickelnden Zahlungsverkehr allein aufkommen soll. Auch Verbrauchern entstehen schon gegenüber ihren Zahlungsdienstleistern Kosten durch die Bezahlung an sich. Nach dem Sprichwort "Wo gehobelt wird, fallen auch Späne", muss ein Unternehmer schon selbst im eigenen Interesse die Kosten der von ihm ausgesuchten Zahlungsdienstleister übernehmen, denn ohne Zahlungsmöglichkeiten für Kunden gibt es keine Kunden.
Aber der Einsparungs-Trend bei Unternehmen geht dahin, alle Fixkosten zu variablen Kosten zu machen, die individualisiert werden und anschließend dem "Kostenverursacher" Kunde überbürdet werden. Damit sinkt das unternehmerische Risiko. Doch irgendwo gibt es Grenzen. Das ist natürlich eine ungesunde Sichtweise, den Kunden als Kostenverursacher zu sehen. Aber viele Manager haben keine Skrupel, ganz besonders nicht der Führer von Ryanair, von dem es heißt, dass nach seiner Auffassung der Kunde auch für den Toilettengang im Flugzeug zahlen soll.
[Ergänzung 15.5.2011: Laut FVW (Heft 09/11, S. 12) sind bei Easyjet nur die Bezahlung mit Visa Elektron oder der Carte Bleue für Kunden kostenfrei. Die Buchungsgebühr ist gerade von 6,50 € auf 10,00 € erhöht worden.]
Ergänzung 15.12.12:
Jetzt hat Ryanair wieder eine Kreditkartengebühr eingeführt, für Deutschland aber zusammen mit der Zahlungsart elektronisches Lastschriftverfahren, das die einzige gebührenfreie Zahlungsart ist (nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs ist das zwingend notwendig, siehe oben). Die Gebühr ist jetzt prozentual abhängig vom Flugpreis, 2 Prozent. Unklar ist, ob wirklich in Bezug auf den Flugpreis oder in Bezug auf den Flugpreis plus alle Zusatzgebühren, die mit einem Male zu bezahlen sind.
3.2. Es muss dem Fluggast möglich sein, seinen Zahlungspflichten gebührenfrei nachzukommen.
Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gegen Ryanairs Kreditkartengebühren
Kammergericht Berlin, Urteil vom 30.04.2009 (23 U 243/08)
Diese Kammergerichtsentscheidung ist dem zuvor genannten BGH-Urteil vorausgegangen.
Anmerkung:
Wie in den Kommentaren zu dieser Meldung bei der WELT zu lesen ist, sind Kreditkartengebühren gängige Praxis auch bei anderen Fluggesellschaften: Lufthansa, Germanwings. Der Unterschied: Es gibt eine kostenlose Zahlungsmöglichkeit. Bei Germanwings ist das die Lastschrift.
Leider gibt es auch Flugbuchungsportale, die kaum irgendwelche Zahlungsmöglichkeiten anbieten außer der Kreditkarte. Ich machte im Februar 2011 eigene schlechte Erfahrungen mit einem Tochterunternehmen eines französischen Online-Reisebüros, nämlich Govolo. Dort gab es im Februar 2011 noch einige weitere Kundenbenachteiligungen, die ich hier beschrieben habe. Auch das holländische Reisebüro Flugladen, das zunächst mit dem Verkauf von Flügen in Deutschland begann, verlangt auf jede Zahlungsvariante vom Kunden 7,00 €. Auch das ist klar rechtswidrig.
3.3. Gebühr für Bezahlung von Flugtickets unzulässig
Ende 2011 hatte das Kammergericht Berlin erneut gegen Ryanair wegen erhobener Gebühren an Kunden für die Geldzahlung entschieden. Die Bearbeitungsgebühr (Höhe 5,- €) ist nach der Gerichtsentscheidung unzulässig. Und diese Bearbeitungsgebühren waren auch erst online beim dritten Buchungsschritt sichtbar geworden. Kostenlos war die Bezahlung nur mit der Visa Electron (siehe 3.2.). Ryanair hat die Gerichtsentscheidung aus 2009 also praktisch ignoriert.
Kammergericht Berlin, Urt. v. 09.12.2011, Az.: 5 U 147/10.
Quelle zu dieser Gerichtsentscheidung: Teurer fliegen, Tagesspiegel online vom 16.4.2012, http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/internetbuchungen-teurer-fliegen/6511496.html
und Verbraucherzentrale Bundesverband mit einer Meldung (Flugpreise müssen alle Gebühren enthalten) vom 30.01.2012, http://www.vzbv.de/8717.htm
3.4. Ryanair verstößt gegen die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Telemediengesetz geltende Anbieterkennzeichnungspflicht, wenn es auf seiner Website keine E-Mail-Adresse angibt. Ein Kontaktformular ist kein ebenbürtiger Ersatz.
Das Kammergericht Berlin hat mit Entscheidung vom 7. Mai 2013 die Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 21.02.2012 im Rechtsstreit zwischen Verbraucherschutzvertretern und Ryanair bestätigt, wonach Ryanair gegen das Telemediengesetz verstößt mit der Unterlassung der Angabe einer elektronischen Adresse.
Eine Begründung in so klaren und selbstverständlichen Worten wie die jetzt des Kammergerichts habe ich bisher zu dieser Problematik noch nicht gelesen. Über Jahre hinweg war es unklar und es gab hierzu divergierende Gerichtsentscheidungen, ob bzw. wann die Angabe einer E-Mail-Adresse zur Anbieterkennzeichnung auf einer Website gehört. Einige Richter hielten diese Angabe für entbehrlich, soweit ein Kontaktformular auf der Website unter "Kontakt" oder "Impressum" angeboten wurde.
Ich kann jetzt leider auf die Schnelle nicht sagen oder mich erinnern, ob bzw. wann § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG nachträglich mal geändert worden ist, um diese Rechtsunklarheit zu beseitigen.
Ryanair berief sich hier u.a. darauf, dass ja andere Fluggesellschaften auf ihrer Website auch keine E-Mail angeben. Zurecht weist das Kammergericht darauf hin, das unrechtes Verhalten nicht unter Hinweis darauf, das auch andere sich unrecht verhalten, gerechtfertigt werden kann.
Nachlesen kann man das Berufungsurteil (Aktenzeichen 5 U 32/12) hier:
http://openjur.de/u/635522.html
Vermutlich werden unsere Verbraucherschutzorganisationen jetzt auch die anderen Fluggesellschaften abmahnen, die jetzt nicht reagieren und eine E-Mail-Adresse angeben, an die sich Verbraucher wenden können.
Zu dieser Thematik "Vermeidung der Kommunikation mit den eigenen Kunden" habe ich ja bereits ausführlich Stellung genommen am Beispiel des französischen Online-Reisebüros Govolo (siehe schon meinen Link dorthin unter 3.2.).
3.5. Ryanair-Klage gegen Reiseportal scheitert überwiegend vorm BGH
Ryanair werde nicht wettbewerbswidrig behindert, wenn ein Web-Reiseportal Daten von der Webseite der Fluggesellschaft abgreift, urteilte der Bundesgerichtshof am 30.04.2014 (Az.: I ZR 224/12).
Ryanair hatte die niederländischen Reiseanbieter Beins Travel Group wegen unlauterer geschäftlicher Handlungen (§ 4 UWG) verklagt, weil die für ihre Portale wie z.B. Cheap Tickets Daten verwendete, die es sich von der Website von Ryanair "holte", mit der Screenscrape-Technik. So können auch Flüge von Ryanair in der Metasuchmaschine gezeigt und schließlich vermittelt werden.
Quelle: Heise-Meldung vom 30.04.2014
4. Iberia
Eine Kreditkarte ist ein Zahlungsmittel, aber keine für den Antritt eines Fluges notwendige Reiseunterlage.
Daher darf ein Fluggast nicht vom Flug ausgeschlossen werden, wenn er die Kreditkarte nicht am Check-In-Schalter vorweisen kann, mit der er den Flug zuvor bezahlt hat. Die entsprechende Klausel in den AGB, mit der sich eine Airline das Recht einräumt, dem Gast Zutritt an Bord zu verweigern, ist unwirksam. Dieses Urteil hat der Bund der Verbraucherzentralen errungen. Iberia musste Schadensersatz an die Kundin leisten, deren Bank sie nach der Kreditkartenzahlung aus Sicherheitsgründen gebeten hatte, die Karte auszutauschen, so dass sie am Checkin-Schalter schon eine neue Karte hatte.
Landgericht Frankfurt am Mail, Urteil vom 27.01.2011, Az. 2-24 O 142/10.
Anmerkung:
Wenn es nach dem Willen mancher Airlines und mancher Buchungs-Websites (wie Govolo) ginge, dann liefe alles nur noch über Kreditkarten. Die Manager haben Dollarzeichen auf ihrer Brille. Ohne die Kreditkarte ließe sich ja kein komfortabler Abgleich mit den Kundendaten, seiner PNR-Nummer vornehmen. Anscheinend passt es Iberia nicht, wenn sie ihre PNR-Daten nicht mit der Kreditkartennummer verknüpfen kann. Man sollte sich vielleicht mal genau den Datenschutz bei dieser Airline ansehen.
Außerdem ist zu sehen, dass die Banken, um mehr Geschäfte mit Kreditkarten machen zu können, in der Reisebranche wildern: Sie bieten Rabatte für Reisen an, wenn man diese Reisen mit bestimmten Kreditkarten bezahlt, die man bei Ihnen erhält. Dafür verzichten Sie auf ihre Provision vom Reiseveranstalter oder vielleicht auch von der Airline. Dieses Preisdumping schädigt unsere Reisebüros. Ich finde, Banken sollten keine Reisen verkaufen oder vermitteln dürfen.
Ihnen als weniger erfahrener Gast der Airlines rate ich, bei der Buchung an Ihrem PC darauf zu achten, dass es verschiedene Zahlungsmöglichkeiten gibt. Falls die eine oder andere nicht funktioniert (vielleicht weil Ihr Browser nicht so eingestellt ist, wie es die Buchungsseite braucht), dann sparen Sie sich Ärger, wenn Sie noch auf andere Weise zahlen können. Auch wenn es jetzt Klarheit durch ein Urteil gibt - man muss sich den Ärger ja nicht aufhalsen. Es lässt sich gewiss (hoffentlich) eine akzeptable Alternative finden.
5. KLM
Streichung des Zubringerflugs und Verpassen des direkten Anschlussfluges bei gleicher Fluggesellschaft - Entschädigung zu zahlen für gesamte Strecke
KLM klagte gegen seine deutschen Fluggäste (ein Ehepaar), die mit dieser Fluggesellschaft von Berlin aus über Amsterdam nach Aruba fliegen wollte, auf Zahlung des Flugpreises. Das Ehepaar flog zwar, doch einen Tag später, weil KLM am Berliner Flughafen etwa 2 Stunden vor dem planmäßigen Abflug die Flugscheine einzog und neue für den nächsten Tag herausgab.
Das Amtsgericht in Berlin hat die Klage abgewiesen, da das Paar einen Gegenanspruch von je 600 € pro Person hatte (siehe zu diesem Anspruch auch unten sub. 7. Klage gegen Condor), mit dem es aufgerechnet hat. Die Fluggesellschaft ging in Berufung und verlor.
Am 14. Oktober 2010 hat der BGH über die Revision der KLM entschieden, die sie zurückwies. Der BGH entschied, dass nach der Annullierung eines Zubringerfluges nicht nur die Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung (gemäß Art. 7 der EG-Verordnung Nr. 261/2004 ) für den Zubringerflug zu zahlen ist, sondern auch der für den verpassten direkten Anschlussflug, wenn beide Flüge durch dieselbe Fluggesellschaft ausgeführt werden sollten. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zahlung wegen nicht vermeidbarer außergewöhnlicher Umstände nach Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (hier konkret Nebel) lagen nach Auffassung des BGH nicht vor.
Die Klägerin hat nicht im Einzelnen vorgetragen, welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel ihr zur Verfügung standen, um den annullierten Flug zum geplanten Zeitpunkt dennoch durchführen zu können, und auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen es ihr gegebenenfalls nicht zumutbar war, auf diese Ressourcen zurückzugreifen.
BGH, Az: Xa Zr 15/10. Quelle: http://juris.bundesgerichtshof.de/
Ergänzung/Kommentar 19.01.2013:
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass (neben Passagiere) auch Reiseveranstalter wegen Verspätungen gegen Fluggesellschaften klagen und Schadensersatz verlangen können. Das folgt daraus, dass Sie von Kunden bei Verspätungen Schadensersatzforderungen oder Forderungen der Minderung von Reisen ausgesetzt sind. Es ist unbillig, wenn Sie für auf solchen Geldeinbußen sitzen bleiben würden, die den Fluggesellschaften zuzurechnen sind. Der Reiseveranstalter kann nach dem OLG Regress geltend machen (Rückgriff nehmen nach Inanspruchnahme durch seine Kunden) oder schon gleich im Namen des Kunden dessen Schadensersatzansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen. In dem Rechtsstreit ging es um einen Flug von Frankfurt nach Madrid. Wegen einer vierstündigen Verspätung schaffte die Passagiere nicht mehr seinen Anschlussflüge.
OLG Frankfurt am Main, Az.: 16 U 39/11.
6. Lufthansa
Mein Lufthansa-Erfahrungsbericht: Lufthansa-Flug von Berlin nach Moskau Domodedowo über Frankfurt am Main (vom 29.7.2012)
6.1. Ein Luftfahrtunternehmen darf nicht mit "Tickets ab 99 EUR" werben, wenn in solchen Tickets nicht auch die zwangsläufig entstehenden Kosten für die Buchung enthalten sind.
Landgericht Köln, Urteil vom 15.11.2006, Az: 33 O/277/06
6.2. Die Beschränkung der Haftung für aufgegebenes Gepäck auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist unwirksam
Das Oberlandesgericht Köln hat 2003 eine Klausel der Lufthansa wegen Unwirksamkeit aufgehoben (Urteil vom 12.09.2003, 6 U 206/02), mit der die Lufthansa sich seiner Verantwortung für das Gepäck seiner Kunden entziehen wollte. Die Verbraucherzentrale Nordrhein Westphalen hat dieses Urteil erreicht.
6.3. Die Haftungshöchstgrenze nach dem Montrealer Abkommen bemisst sich pro reisenden Flugpassagier, nicht pro Gepäckstück.
BGH, Urteil vom15.03.2011, X ZR 99/2010
Eine Frau ist mit ihrem Lebenspartner 2008 nach Malaga geflogen. Das Gepäck beider ist abhanden gekommen. Die Lufthansa ist daraufhin auf Schadensersatz verklagt worden. Die Frau bekam Geld für ihre Reisetasche, ihr Lebenspartner Geld für seine Tasche zum Höchstbetrag nach dem Montrealer Abkommen (etwa 1.200 €). Die Frau hatte aber noch eine Tasche mit ihrer Golfausrüstung dabei, die sie in die Tasche ihres Reisepartners gesteckt hatte, die auch verschwand. Den Wert dieser Ausrüstung wollte die Lufthansa nicht entschädigen, weil sie ja bereits den Höchstbetrag für die Tasche, in der sich die Tasche mit dem Golfgepäck befunden hatte, gezahlt hatte. Für ihre Golftasche hatte die Frau keinen Gepäckschein. Die Lufthansa vertrat die Ansicht, die Haftungshöchstgrenze nach dem Montrealer Abkommen beziehe sich auf jedes Gepäckstück, für das ja auch ein Gepäckschein ausgegeben werde und den Passagiere bei der Geltendmachung von Verlustschäden vorlegen müssen.
Die Frau hat sich den Anspruch ihres Partners, soweit seine Ansprüche nicht abgegolten worden sind, abtreten lassen und verlangte Schadensersatz auch für die Golfausrüstung. Mit diesen Begehren verlor sie zunächst in den unteren Instanzen. Das Problem war hier, wie das Montrealer Abkommen richtig auszulegen ist.
Der BGH revidierte die klageabweisenden Urteile der Instanzgerichte, die auf die Sache abstellten, auf das Gepäckstück, für das als Nachweis ein Gepäckschein an eben nur eine Person ausgegeben wird. Der Lebenspartner habe den höchstmöglichen Ersatz für sein Gepäckstück erhalten und die Frau den Wert aus ihrer Reisetasche. Beide unteren Gerichte haben § 22 Abs. 2 S. 1 des Montrealer Abkommens nicht richtig gewürdigt, wonach ausdrücklich die Haftungshöchstgrenze auf jeden Flugpassagier bezogen wird, nicht auf je ein Gepäckstück. Und außerdem:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Ersatzanspruch nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Montrealer Abkommen nicht nur demjenigen Reisenden zu, der die Aufgabe seines Gepäcks durch einen Gepäckschein nach Art. 3 Abs. 3 Montrealer Abkommen dokumentieren kann. Der Gepäckschein als Legitimationspapier nach § 808 BGB verbrieft nicht den Anspruch auf Herausgabe des aufgegebenen Reisegepäcks. Daher kann auch die Geltendmachung des Ersatzanspruchs bei Verlust des Gepäcks nicht an die Vorlage eines Gepäckscheins geknüpft werden.
Das Urteil Az: X ZR 99/10 in voller Länge auf der Website des Bundesgerichtshofs: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Sort=3&Art=en
Lufthansa ging in Berufung.
6.4. Keine kurzfristige Entwertung der Leistungen aus dem Bonusprogramm Miles & More zulässig
Der IT-Professor Tobias Eggendorfer war Lufthansa-Vielflieger und hatte am Bonusprogramm Miles&More teilgenommen. Die Lufthansa änderte das Programm, schränkte die Leistungen, die man für die erflogenen Bonuspunkte bekommen konnte laut dem Vertrag, ein und entwertete damit die schon verdienten Bonuspunkte ihrer Kunden. Eggendorfer klagte dagegen und gewann den Prozess. vor dem Kölner Landgericht.
Das Landgericht erklärte, die Einschränkungen der Leistungen hätten 4 Monate vor Inkrafttreten angekündigt werden müssen.
LG Köln, Urteil vom 16.03.2012, Az.: 32 O 317/11
Links
meine Quelle: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/urteil-im-vielflieger-prozess-lufthansa-durfte-bonusmeilen-nicht-entwerten-a-821747.html
Zum Thema Vielfliegerprogramme, seinem Nutzen empfehle ich meinen Artikel aus der Serie "Anonymes Reisen", Teil 6.
Blog von Tobias Eggendorfer, auf dem er von der Berufung vor dem Oberlandesgericht berichtet: http://meilenschwund.wordpress.com/kontakt/
Ergänzung 19.07.2013: Lufthansa ging in die Berufung. Das Berufungsgericht kündigte an, die Klage von Professor Eggendorfer abweisen zu wollen (Aktenzeichen des OLG Köln als Berufungsgericht: 15 U 45/12). Daraufhin kündigte Eggendorfer an, dann in Revision gehen zu wollen. Dann würde der Bundesgerichtshof entscheiden. Daraufhin hat Lufthansa einen Vergleich geschlossen. Danach verpflichtet sich Lufthansa, bei Änderungen der Miles&More-Bedingungen eine Frist bis zur Inkraftsetzung der Änderungen seit Ankündigung von 3 Monaten einzuhalten.
6.5. Anerkenntnis nach Klageerhebung - dicht am Gerichtsurteil vorbei
Die Verbraucherzentrale Sachsen berichtet von einem Streit einer deutschen Airline mit ihren Kunden um Schadensersatz wegen Verzögerungen und notwendig gewordener Umbuchung. Dabei geht es um die Strecke Oslo - München. Es kann sich nur um Lufthansa oder Air Berlin handeln. Die Passagiere haben ihre Forderungen an die Verbraucherzentrale abgetreten, so dass diese die Schadensersatzforderungen durchsetzen konnte. Um 13.55 Uhr sollte die Maschine der Airline, bei der eine 13-köpfige deutsche Gruppe gebucht hatte, vom Airport in Oslo abfliegen. Der Flug war aber gestrichen worden, wovon die Gruppe erst am Aushang am Abfertigungsschalter erfuhr. Es gab keine Betreuung oder Unterstützung für die Gruppe am Airport. Nur dank der Hilfe von Flughafenbediensteter konnte die Gruppe umbuchen auf einen Flug einer skandinavischen Airline. Der Start war bereits zwischen 15 und 16 Uhr, die Ankunft in München war gegen 22 Uhr, 5,5 Stunden später als ursprünglich vorgesehen.
Eine Beschwerde bei der Airline und beim Luftfahrtaufsichtsamt hatte teilweise Erfolg. Die Airline erstattete die Verpflegungsmehraufwendungen der Passagiere, mehr aber auch nicht. Die Airline sah sich nicht in der Schuld: der Ausfall wurde auf technische Fehler zurückgeführt, die nach Ansicht der Airline unvorhersehbar gewesen sein sollen. Die Passagiere verlangten pro Person 400 EUR Entschädigung auf Grundlage der Europäischen Fluggastrechteverordnung, die abgestuft nach Zeitintervallen Entschädigungsleistungen bei Flugannulierung vorsieht.
Nach Klageerhebung durch die Verbraucherzentrale zahlte die Airline und kam so einem Gerichts-Urteil zuvor.
Quelle: http://www.verbraucherzentrale-sachsen.de/UNIQ132769702415488/link901421A.html
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