
Checkliste für Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt
III. Anwaltspflege, Alltag im Umgang mit Anwälten
1. Bevor Sie Ihre Dokumente, Urkunden, Ihre Akte dem Anwalt übergeben, fertigen Sie sich Kopien!
Wenigstens von den Blättern, die für Sie nicht reproduzierbar sind. Reproduzierbar sind solche Dokumente, von denen Sie eine digitale Kopie auf Ihrem Computer oder USB-Stick haben (wie E-Mails). (Bei notariellen Urkunden geht das freilich nicht.)
Warum?
Klar wollen Sie Druckkosten und Stromkosten für das Scannen und Kopieren und den PC sparen und die Zeit zum Erstellen der Kopien. Aber dann tun Sie das unter Inkaufname des Verlusts wichtiger Dokumente und damit des Streitfalles. Gründe, darauf zu vertrauen, dass Ihre Dokumente in fremder Hand nicht abhanden kommen, sind nur: Bequemlichkeit und Nichtkenntnis oder Unterschätzung von Murphys Gesetz.
Sie sollten sich gar nicht angewöhnen, dem Anwalt voll zu vertrauen, um sich Last vom Halse zu schaffen. Die Bequemlichkeit wird bei dieser Verhaltensvariante des Augen-verschließens mit einem höheren Risiko erkauft.
Ihre Akten können in der Kanzlei verloren gehen. Es kommt in Kanzleien dazu, dass die Bürogemeinschaften wechseln, Anwälte kommen und gehen im Laufe eines bei Gericht ausgetragenen Rechtsstreits. Es wird renoviert und daher werden die Akten in Kartons gepackt und durch Dritte transportiert und aufbewahrt. Die Mitarbeiter der Rechtsanwälte verschludern was, der Anwalt nimmt Ihre Akte mit in den Urlaub ...
2. Führen Sie Gesprächsprotokolle!
Sowohl über Ihre Ausprachen während Ihres Kanzleibesuches als auch aller Telefonate. Schreiben Sie in Ihr Gesprächsprotokoll mit hinein: Datum, Uhrzeit, Dauer, Inhalt und welche Sekretärin dran war.
Lassen Sie sich den Namen der Sekretärin sagen! Meistens versteht man ihn ja nicht gleich. - Damit Sie das nicht verschieben und dann vergessen, kaufen Sie sich einen A5-Block mit Gesprächsprotokoll-Vordruck! Die A6-Formate, die man manchmal von Krankenkassen oder Gewerkschaften bekommt, sind etwas zu klein.
Dieser Block liegt ständig auf Ihrem Schreibtisch in Reichweite. Wenn Sie sich später schlecht konzentrieren können und gerade nur eine leichte Aufgabe brauchen, dann heften Sie sich die bereits ausgefüllten Gesprächsprotokollblätter in die zugehörigen Hefter, wenn Sie es noch nicht getan haben (Denn wenn Sie das Telefonat beginnen, dann wohl schon mit geöffneter Akte, in die Sie sogleich das Gesprächsprotokoll abheften können).
3. Machen Sie dem Anwalt deutlich, dass Sie Wert darauf legen, von jedem Schriftstück, das der Anwalt, nachdem er mit Ihrer Vollmacht für Sie gegenüber Dritten kommuniziert, eine Kopie von ihm erhalten.
Das heißt von allen Schriftsätzen des Gerichts das Verfahren betreffend und von allen Schriftsätzen der gegnerischen Partei! Und auch Kopien der Kommunikation zwischen Ihrer Rechtsschutzversicherung und Ihrem Anwalt! Ihr Anwalt ist Ihr Vertreter, gibt in Ihrem Interesse Erklärungen ab, auch gegenüber der Versicherung. Deswegen haben Sie einen Anspruch darauf, dass er solche Erklärungen dokumentiert und Ihnen übergibt. Versuchen Sie auch gegenüber der Rechtsschutzversicherung im Ernstfalle anzumahnen, dass diese Ihnen Zweitschriften von Schreiben an Ihren Anwalt zusendet.
Wenn Ihre Akte nicht spiegelgleich zu der Ihres Anwalts ist (bis auf dessen persönlichen Aktennotizen), dann sind sie schlechter informiert und damit haben Sie Nachteile. Sie dürfen nicht aus dem Auge verlieren, dass Ihr Anwalt auch mal später noch Ihr Gegner werden könnte. Sie müssen ihm vielleicht Anwaltsfehler nachweisen. Der Anwalt versucht, seine Fehler vor Ihnen zu verstecken. Solche ergeben sich z.B. aus der Kommunikation mit dem Gericht, z.B. wenn es den Anwalt wiederholt auffordert, irgendwelche Schriftstücke einzureichen oder Informationen zu geben. Möglicherweise kann er das nicht, weil er was aus der Akte verschludert hat, siehe oben.
Dito bei der Kommunikation mit der Rechtsschutzversicherung. Obwohl die Rechtsschutzversicherung die Deckung übernimmt, stellt Ihr Anwalt Ihnen die Rechnung aus, obwohl er direkt mit der Versicherung abrechnen könnte.
Wenn Sie Kopien solcher Schriftsätze, Urkunden, Faxe bekommen (von Ihrem Anwalt, von Ihrer Rechtsschutzversicherung, vom Gericht, bei dem Sie den Rechtsstreit mit Hilfe Ihres Anwalts ausfechten), scannen Sie sich diese ein für Ihre (spiegelgleiche) elektronische Akte, dann schreiben Sie auf einen freien Platz oben oder unten folgende Notizen:
- Von wem haben Sie diese Kopie erhalten?
- Wann haben Sie die Kopie erhalten?
Das Gleiche gilt für Kopien, die Sie sich selbst durch eigene Akteneinsicht bei Gericht organisiert haben: Schreiben Sie beim Einheften in Ihre Papierakte drauf, dass sie diese Kopie von Ihrer Akteneinsicht beim ...-Gericht am .... haben (und was die Kopien kosteten. Nachweis der Kosten in Form einer Quittung vom Gericht gleich mit anheften!).
Wenn Ihnen Ihr Anwalt in seiner Kanzlei im Vier-Augen-Gespräch Dokumente für Ihre Unterlagen aushändigt, dann machen Sie sich zu Hause unverzüglich darauf bzw. auf einem Notizzettel, den Sie dann darauf kleben, die Notizen: Von wem erhalten? Wann, bei welcher Gelegenheit?
Diese Maßnahmen können in mehrfacher Weise später behilflich sein bei der Geltendmachung der Kosten des Rechtsstreits, bei Beschwerden über Ihren Anwalt bei der Rechtsanwaltskammer - wegen Nichtzusendung/nicht rechtzeitiger Zusendung von Kopien aus der Kommunikation in Ihrem Interesse (=berufliche Pflichtverletzung), bei der Wiederherstellung einer verlorenen Akte.
Drängen Sie darauf, von Ihrem Rechtsanwalt immer auch mitgeteilt zu bekommen, wann bei ihm in der Kanzlein Schrifstücke zugegangen sind. Das gilt ganz besonders für Urteile und Beschlüsse der Gerichte oder Rechtspfleger, bei denen Fristen zur Einlegung von Rechtsmittel mit der Zustellung in Lauf gesetzt werden.
Stellen Sie sich vor: Sie haben vom Anwalt einen Beschluss erhalten, er hat sein Mandat niedergelegt und sie wollen Rechtsmittel einlegen. Bis wann müssen Sie das tun? Entscheidend für den Beginn der Rechtsmittelfrist ist das Datum des Tages, an dem das Urteil oder der Beschluss dem Rechtsanwalt zugestellt worden ist. Er behält erfahrungsgemäß die Umschläge bei sich und sendet nur den Inhalt aus den Umschlägen an seinen Mandanten weiter. Zu einer ordentlichen Aktenführung gehört es, alle Briefumschläge mitaufzubewahren, hinten an den Dokumenten anzuheften, mit Vermerk über den Eingang.
Wenn Sie die Frist verpassen, erklärt das angerufene Gericht das von Ihnen eingelegte Rechtsmittel für unzulässig. Daher müssen Sie möglichst schnell von Ihrem Ex-Rechtsvertreter in Erfahrung bringen, wann das Urteil/der Beschluss an seine Kanzlei zugestellt worden ist.
4. Gehen Sie nicht davon aus, dass Schriftstücke, die Sie während des Rechtsstreits, in dem Ihr Anwalt Sie vertritt, vom Streitgegner bekommen, auch Ihr Anwalt bekommen hat!
Geben Sie Ihrem Anwalt auch solche Schriftsätze, die Ihr Gegner nur Ihnen zusandte zu einer Zeit, während der Sie davon ausgehen, dass der Gegner schon weiß, dass Ihr Anwalt Sie vertritt. Dazu müssen Sie sich in angemessener Zeit mit Ihrem Anwalt verständigen, um herauszufinden, ob auch der Anwalt eine Zweitschrift oder Kopie des Schreibens erhalten hat.
5. Papierakte und digitale Akte
Wo hier von "Akte" die Rede ist, meinte ich den Pappordner mit allen Papierschriftstücken. Den können Sie überall mit hinnehmen, ohne davon abhängig zu sein, dass Ihnen jemand erlaubt, Ihren USB-Stick an dessen Computer zu stecken. Zum Beispiel zu einem anderen Anwalt oder zum Freund. Anwälte erlauben erfahrungsgemäß nicht, dass ein USB-Stick vom Mandanten an seinen PC gesteckt wird.
Aber zusätzlich sollten Sie noch die digitale Akte führen. Das ist Ihr Backup der Papierakte und Sie können eben so auch schnell bestimmte Schrifstücke mailen oder mit Computer faxen.
6. Wenn Sie einen Anwalt beauftragen wollen und eine Rechtsschutzversicherung haben, dann bringen Sie ihm gleich den Versicherungsvertrag und die dafür geltenden Versicherungsbedingungen mit.
Er kann dann selbst nachsehen, ob Ihr Fall ein versicherter Fall ist. Er sollte es Ihnen dann sagen, wenn er glaubt, dass Ihr Problem nicht von der Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist. Dann entscheiden sie nach Absprache, ob Sie Ihre Versicherung fragen wollen, ob sie versichert sind oder nicht (Diese Anfrage nennt man "Deckungszusage einholen"). Das Problem ist folgendes: Sie haben sicherlich ein Interesse daran, dass Ihre Versicherung Sie nicht gleich wieder loswerden will und den Vertrag kündigt, oder? Viele Versicherungen haben in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine Klausel, wonach sie den Versicherungsvertrag (außerordentlich) kündigen dürfen, sobald sie in zwei Leistungsfällen eine Deckungszusage erteilt haben.
Als je ein Fall gelten eine Klage und das in gleicher Sache geführte einstweilige Verfahren für einen beschleunigten Rechtsschutz vom Gericht. Anerkennt Ihre Versicherung, dass sie für Ihre Kosten aufkommt, kann sie schon kündigen. Es liegt in ihrem Ermessen. Es wird wahrscheinlicher, dass sie es tut, wenn Sie Ihre Versicherung darüber hinaus schon gefragt haben, ob es in anderen Fällen die Deckungszusage übernimmt. Denn auch Fälle der Ablehnung von Deckungszusagen betrachtet sie womöglich als "Leistungsfälle". Sie sollten möglichst vermeiden, derlei "Leistungsfälle" auszulösen, oder klarer: möglichst Leistungsanfragen zu stellen, wenn bereits aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen heraus erkennbar ist, dass eine Deckungszusage nicht erfolgen wird.
Sie sollten den Anwalt darauf hinweisen, dass dieser nicht leichtfertig eine Anfrage an die Versicherung stellt, weil dies dazu führen könnte, dass Sie ihre Versicherung schneller wieder loswerden, als Sie wollen. Hat der Anwalt schon Ihre Versicherungsbedingungen von Ihnen bekommen, dann kann er prüfen und sollte mit Ihnen absprechen, ob er eine Anfrage auf Deckungszusage stellt oder nicht. Bei Fällen mit kleinem Streitwert lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob man die Versicherung überhaupt in Anspruch nimmt. Man spart sie sich vielleicht besser für große Risiken auf. Bevor der Rechtsanwalt also der Rechtsschutzversicherung anzeigt, dass Sie ihn beauftragt haben, Ihre Rechte wahrzunehmen und eine Deckungszusage anfordert, lassen Sie sich lieber vom Anwalt einen "Kostenvoranschlag" erstellen, also die voraussichtlichen Gebühren berechnen. Dann können Sie abwägen, was Ihnen lieber ist. Eine Versicherung soll ja hohe Risiken absichern. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass man sowieso schon auch einen Selbstbehalt hat, verringert sich die von der Versicherung zu zahlende Versicherungssumme auch noch, so dass es nicht lohnt, sie wegen kleiner Streitwerte in Anspruch zu nehmen.
Unter Umständen können Sie Ihrem Anwalt die Schuld geben, wenn Ihre Versicherung den Vertrag mit Ihnen kündigt (eben weil sie außer einer positiven Deckungszusage bereits eine negative Deckungszusage erteilt hat und damit nach ihrer Ansicht eine Kündigung möglich ist, da zwei Leistungsfälle gegeben sind). Es kann sein, dass Sie dann eine neue Rechtsschutzversicherung schwieriger bekommen bzw. zu teureren Preisen, weil sie vorgewarnt werden durch eine Datenbank, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) führt.
Die Einholung einer Deckungszusage durch den Rechtsanwalt könnte für Sie Geld kosten: Ob die Einholung von Deckungszusagen bei Rechtsschutzversicherungen eine Geschäftsgebühr nach dem RVG (bzw. davor nach der BRAGO) auslöst, ist in der Fachliteratur umstritten!
Wollen Sie auf jeden Fall vermeiden, dass der Anwalt hier Ihnen eine Geschäftsgebühr berechnet (, wenn die Deckungszusage von Ihrer Rechtsschutzversicherung abgelehnt worden ist,) dann müssen Sie das selbst tun, wenn der Anwalt im Besprechungstermin Ihnen nicht sagt, dass er dafür keine Geschäftsgebühr berechnen wird. Verbinden Sie also die Klärung dieses Punktes mit der Frage an den Anwalt, welche Gebühren / Kosten er Ihnen in Rechnung stellen wird, wenn die Rechtsschutzversicherung keinen Schutz leisten wird und wie hoch die sein werden.
Wenn Sie also selbst die Anfrage nach der Deckungszusage stellen: Mit Vorsicht! Vielleicht telefonisch? (Falls dann der automatisierte Ansagetext kommt, dass einzelne Gespräche zur Qualitätsverbesserung mitgeschnitten werden können, sagen sie, sobald sie eine natürliche Person der Versicherung in der Leitung haben, dass das Gespräch nicht mitgeschnitten werden soll.)
7. Sie sollten, jedenfalls wenn das zuständige Gericht für Ihren Rechtsstreit sich in Ihrer Nähe befindet, auch mal von Ihrem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen.
Vereinbaren Sie mit der Justizangestellten am Gericht einen Termin! Die Telefonnummer steht ja auf den Schreiben von der zuständigen Kammer des Gerichts. Sie sollten das nicht Ihrem Anwalt erzählen, denn Sie wollen ihn kontrollieren.
8. Vor dem Absenden wichtiger Schriftsätze an das Gericht oder eine Widerspruchsstelle der Verwaltung sollte der Anwalt Ihnen Gelegenheit gegeben haben, seinen Entwurf zu lesen und gegebenenfalls zu ergänzen oder klarzustellen.
So verschenken Sie nicht leichtfertig Ihr Argumentationspotential. Sie müssen ja eine Strategie entwickeln, wie Sie das Gericht überzeugen wollen. Der sehr gute Argumentationsweg entsteht dadurch, dass in mehreren Bearbeitungsschritten der Text vervollständigt wird und die Struktur des Textes überarbeitet wird. Und zwischen dem Hin und Her in E-Mails haben Sie auch unter vier Augen gesprochen. Vielleicht erzählt Ihr Anwalt von faulen Tricks, mit denen Richter sich aufwändige Schreibarbeit bei Urteilen vom Halse schaffen (insbesondere Vergleichsvorschläge). Dagegen müssen Sie sich wappnen. Durch diesen Kommunikationsprozess wird die Gefahr, wichtige Tatsachen und Argumente zu vergessen, verringert.
Zu solchen Schriftsätzen gehören:
- Antrag auf einstweilige Anordnung
- Beschwerde gegen den Gerichtseschluss mit der Ablehnung der einstweiligen Anordnung
- Klagen
- Klageerwiderungen
- Berufung
- Erinnerung
Es ist kein Zeichen von Schwäche oder Inkompetenz, wenn der Anwalt Ihnen vor dem Versenden des Schriftsatzes an das Gericht seinen Entwurf zum Lesen zu Hause gibt, sondern von Kommunikationsstärke und Rücksicht. Seien Sie ein Team!
9. Teilanerkenntnis, Erledigungserklärung und Vergleich sind vom Prozessbevollmächtigten auch dann wirksam erklärt worden, wenn der Kläger behauptet, mit den Erklärungen nicht einverstanden gewesen zu sein.
(LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.01.2013 (Az.: L 2 U 201/12 WA)
Daher sowas vorher mit dem Anwalt kommunzieren, ihn zu diesen Beendigungsmöglichkeiten rechtzeitig befragen!
10. Wenn Ihr Anwalt in Ihrem Namen eine Unterlassungserklärung gegenüber einer anderen (anwaltlich vertretenen) Person abgibt, weil Sie von jenem eine Abmahnung erhalten haben, muss das nicht heißen, dass Sie sich an die Erklärung halten müssen. - Wenn Sie Ihrem Anwalt nicht eine explizite Vollmacht zur Abgabe jener konkreten Erklärung erteilt haben.
Erkennen Sie den Kontrast zum vorstehenden Punkt 9? Rechtsanwalt Dr. Bahr hat vom Landgericht Hamburg zugunsten seines Mandanten, für den er einem anderen wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt hatte, eine Entscheidung erhalten, die besagt:
Bei Zweifeln darüber, ob die vom Rechtsanwalt abgegebene Erklärung (d.h. ihm aufgrund seiner Unterschrift zuzurechnende Erklärung) wirksam ist, muss sich die abmahnende Seite nicht damit begnügen, dass der Anwalt eine Unterlassungserklärung abgibt, ohne auch eine Vollmacht zur Abgabe der Erklärung vorzulegen. Spätetestens nach Aufforderung muss der Anwalt seine Bevollmächtigung vorlegen. - Hat Ihr Anwalt das nicht getan, können Sie sich, wenn es Ihnen hilft, später darauf berufen, dass Ihr Anwalt keine Vollmacht hatte, eine Unterlassungerklärung in Ihrem Namen abzugeben.
Quelle: Rechts-Newsletter Dr. Bahr vom 15.05.2013
11. Mit Beendigung des Mandats hat der Anwalt Rechenschaft abzulegen
Es kommt nicht so selten vor, dass Anwälte die Finger vom Fall des Mandanten lassen, sobald ein Gericht eine Entscheidung getroffen hat, setzen dann noch ihre Gebühren mit gegen die unterlegene Verwaltungsbehörde durch (, die sich oft vehement gegen die Höhe wehrt und kürzt, weswegen der Anwalt noch mal bei Gericht um die Angemessenheit seiner Gebührenforderung kämpfen muss, wovon sein Mandant gar nichts mehr erfährt), aber informieren darüber schon nicht mehr die Mandanten. Es gibt nichts mehr vom Mandanten zu verdienen und daher ist jeder Handschlag jetzt zuviel.
Dabei bleiben die Mandanten im Ungewissen darüber, ob nicht irgendwann doch noch der Anwalt Gebühren gegen ihn geltend macht. Käme der Anwalt sogleich mit der Forderung, würde der Mandant ihn vielleicht bitten, betimmte Tätigkeiten auszuführen, die typisch für den Fall sind, vielleicht eine Erinnerung einzulegen. Kommt der Anwalt aber nach Jahren mit seiner Gebührenforderung, sind diese Möglichkeiten nicht mehr gegeben.
Fakt ist hier: Der Auftrag ist erst abgeschlossen mit einer ordentlichen Rechenschaftslegung. Dazu gehört auch, das die Entscheidung des Gerichts dem Mandanten erläutert wird, auch hinsichtlich der Kosten (dem Grunde nach, der Höhe nach). Der Anwalt hat zu erklären, ob er Antrag stellen wird, dass der Gegner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, wenn der Richter darüber noch nicht in seinem Urteil oder Beschluss entschieden hat; also die Gebühren zu erstatten hat, auf die der Anwalt Anspruch hat. Der Mandant hat ein Recht auf Klarheit, ob die Sache für ihn hinsichtlich der Anwaltsgebühren und Auslagen erledigt ist oder nicht. Und wenn nicht, ob noch Chancen bestehen, diese erstattet zu bekommen.
Es gibt aber genug Anwälte, die ihren Mandanten angehen, bevor die Möglichkeiten, von seinen Gebühren befreit zu werden, ausgeschöpft worden sind. Es gibt Anwälte, die das nicht mehr interessiert, ob/wie der Mandat die Anwaltskosten noch erstattet bekommt. Die erfüllen diesbezüglich Ihre Leistungspflichten nicht. Daher bestehen hier durchaus berechtigte Gründe, gegen Gebührenforderungen des Anwalts die Einrede des nicht (vollständig) erfüllten Vertrags zu erheben.
Es muss in der Anwaltsrechnung klar drinstehen, für welche Tätigkeiten, welche Anträge der Anwalt seine Gebühren oder sein Honorar fordert, was damit abgegolten ist. Dann bleibt einem anderen Rechtsexperten später die Möglichkeit, leicht nachzuvollziehen, welche sinnvollen/notwendigen Tätigkeiten der Anwalt unterlassen hat. Oder es ist schwerer für den Anwalt, bestimmte seiner Leistungen doppelt abzurechnen.
Wenn Sie als Mandant teilweise auf die Rechnung ihres Anwalts zahlen und der Anwalt möchte später mit der noch offenen Forderung gegen Ihre Ansprüche aufrechnen, muss klar sein, für welche Leistungen der Anwalt noch Forderungen erhebt. Es kann ja sein, dass diesen Forderungen von Ihnen zu Recht Einreden entgegengehalten werden können.
Der für die Durchführung eines Mahnverfahrens, die Durchführung einer Zwangsvollstreckung beauftragter Anwalt muss alles gegenüber dem Mandanten abrechnen, was er vom Schuldner bekommen hat, was noch offen bleibt. Der Anwalt muss hier die Verzugszinsen mit in die Rechnung aufnehmen. Er muss auch Kopien seiner Rechnung dem Mandanten geben, mit der er seine Gebühren gegenüber dem Gegner/Schuldner verlangt.
Wenn er gut ist, stehen auf seiner Rechnung gegenüber dem Gegner auch die Kosten, die sein(e) Mandant(in) ihm genannt hat, die er zur Rechtsdurchsetzung schon hatte (abgesehen von den Anwaltskosten). Der Anwalt hat ja nicht nur die eigenen Auslagen abzurechnen, sondern auch die seines Mandanten. Das vergessen viele Anwälte.
IV. Auf den Anwalt verzichten
Im Punkt III.6. habe ich bereits dargelegt, wenn man, obwohl man im Besitz eines Vertrags mit einer Rechtsversicherungsgesellschaft ist, auf die anwaltliche Vertretung verzichten sollte oder sich wenigstens bewusst Gedanken machen sollte, ob der Einsatz nicht zu hoch ist. Das war der Grund "Aufsparung der wertvollen Rechtsschutzversicherung für Fälle mit höherem Risiko"
Es gibt eine andere Konstellation, in der der Einsatz eines Anwalts nachteilig werden kann. Das erläutere ich nachfolgend, vor dem Hintergrund, dass wir Kosten sparen wollen. Die kurze und verständliche Formulierung fällt mir auf Anhieb noch nicht leicht. Vielleicht kann ich später noch nachbessern, um verständlicher zu werden. Kurz formuliert geht es auch hier um ein Missverhältnis zwischen Gewinnchance und Kostenrisiko (Gebühren Ihres Anwalts für Vertretung vor Gericht im Falle des Unterliegens), das erst dadurch entsteht, dass Ihr Streitgegner nach Beginn des Rechtsstreits Ihre Forderungen teilweise erfüllt.
***
Diese Konstellation betrifft Fälle, in denen ein Rechtsstreit vor Gericht geführt werden soll oder muss. Wir beschränken uns dabei auf solche Gerichte, an denen kein Anwaltszwang besteht, d.h. an denen Sie Ihre Rechte prozessual allein verteidigen oder erstreiten dürfen.
Versetzen wir uns zunächst in den Anwalt hinein, welche Interessen er hat.
Er möchte optimalerweise in möglichst wenig Zeit viel verdienen können. Das bedeutet, dass er bei niedrigen Streitwerten, die für die Berechnung seiner Gebühren auch nur wenig Zeit investieren will, um den durchschnittlichen Stundensatz hochzuhalten. Niedriger Streitwert - wenig Zeit, hoher Streitwert, mehr Zeit, um dem Mandaten zu seinem Recht zu verhelfen.
Sobald bestimmte Gebührentatbestände nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ausgelöst sind, muss er prinzipiell, rein wirtschaftlich betrachtet, daran interessiert sein, das Mandat möglichst schnell erledigt zu kriegen, wenn keine weiteren Gebühren in Aussicht stehen. Folge: Die Motivation sinkt, für Sie möglichst 100 % Ihrer Forderungen herauszuholen, wenn die andere Seite Schwierigkeiten macht. Er verliert mit weiteren Prüfungen und Kommunikation mit Ihnen Zeit, soweit er nichts mehr hinzuverdienen kann. Wenn die Gegenseite einen Teil Ihrer Ansprüche erfüllt und dann vorschlägt, den ganzen Streit zu erledigen, könnte es sein, dass Ihr Anwalt sich dem gegenüber aufgeschlossen zeigt und Ihnen eine Erledigungserklärung oder einen schlechten Vergleich ansinnt.
Beispiel: Eine Verwaltungsbehörde zahlt einen von Ihnen beantragten Betrag aus, ohne aber einen von Ihnen geforderten Verwaltungsakt zu erlassen, aufgrund dessen sie (die Behörde) Ihnen das Geld zuspricht. Ihnen fehlt der Behaltensgrund für das Geld. Sie haben keine Rechtssicherheit. Die Behörde könnte später auf die Idee kommen, diese Summe von Ihnen zurückzuverlangen. Um sich davor zu schützen, brauchen Sie nicht nur das Geld (richtige Klageart dafür: Leistungsklage), sondern auch den Verwaltungsakt (richtige Klageart: Verpflichtungsklage oder Fortsetzungsfeststellungsklage).
Oder: Die Behörde ändert einen für Sie nachteiligen Verwaltungsakt (während des Gerichtsstreits am Verwaltungsgericht) ohne klare Begründung oder unter Angabe eines Grundes, ohne auf Ihre Begründung Bezug zu nehmen, mit der Sie Ihren Widerspruch im Widerspruchsverfahren begründet haben, mit dem Zweck, das Widerspruchsverfahren nicht mit einem Erfolg für Sie abschließen zu müssen, um nicht die Kosten des Widerspruchsverfahrens, die Sie hatten, tragen zu müssen. Und um die Kosten zu minimieren, die beim Verlieren des Gerichtsstreits auf sie zukommen. Sie sinnt nun an, der Rechtsstreit sei erledigt. Ihr Anwalt wäre einverstanden. Der Richter auch. Sie aber wollen festgestellt haben, dass der angegriffene belastende Verwaltungsakt rechtswidrig war und Sie deswegen zu Recht eine Klage erhoben haben. Ihre Anfechtungsklage (und Verpflichtungsklage) müsste nun in eine (Fortsetzungs-)Feststellungsklage umgewandelt werden (Klageänderung).
In der Hauptsache hatten Sie schon Erfolg, aber nicht 100 Prozent. Sie wollen die Fehler der Behörde aufgearbeitet sehen. Die Behörde soll Verantwortung tragen, ihre Fehler im Verwaltungsakt festgestellt werden. Es kann passieren, dass das Gericht Ihre Feststellungsklage abweist mit der Behauptung, es bestehe nun kein Rechtsschutzinteresse mehr (Das Feststellungsinteresse ist ein Zulässigkeitsmerkmal für eine Klage und Gerichte haben Interesse daran, dieses Merkmal streng zu prüfen, denn eine Ablehnung des Feststellungsinteresses erspart den Richtern Arbeit). - Dann müssten Sie die Kosten Ihres Anwalts bezahlen.
In dieser Konstellation kann es klüger sein, diese Kostengefahr zu verringern, indem Sie Ihren Anwalt vom Mandat entbinden, um eine Gebühr zu sparen: die Entscheidungsgebühr. Wenn die Gegenpartei nicht anwaltlich vertreten ist (häufig bei Behörden) und sich die Rechtsstreitkosten (deswegen) in Grenzen halten, können Sie es eher darauf ankommen lassen und eine Feststellungsklage begehren. Verlieren Sie, bekommen Sie Ihren Aufwand für den Rechtsstreit zwar nicht erstattet und müssen die Rechtsstreitkosten der Gegenseite tragen. Oder letzteres vielleicht nicht mal: in Verfahren vor dem Sozialgericht. Aber der Gegner muss Ihnen doch Ihre Anwaltskosten zahlen, da/soweit Ihre (ursprüngliche) Klage ja erfolgreich gewesen wäre und die Gegenseite diesen Streit provoziert hat.
Merke:
Wenn Sie ein Anwalt vertritt und Sie wollen ab einen bestimmten Zeitpunkt, in dem Ihr Anwalt Ihnen ansinnt, eine Erledigungserklärung abzugeben oder Sie darüber informiert, dass ab jetzt das Prozessrisiko hinsichtlich des restlichen Streitgegenstands erheblich steigt, eigentlich weiter streiten, um noch mehr, als sie schon erreicht haben, dann steht für Sie vielleicht auf dem Spiel, dass, wenn Sie nicht nach teilweiser Erfüllung Ihrer Ansprüche (oder teilweiser Stattgabe Ihres Widerspruchs) durch die Gegenseite die Erledigung erklären, die Anwaltsgebühren (Verfahrensgebühr, Entscheidungsgebühr) tragen müssen, die sonst die Gegenseite übernehmen müsste. Wenn Ihnen jetzt das Kostenrisiko zu hoch wird in Bezug auf die Gebühren Ihres Anwalts, prüfen Sie, ob sie ohne Anwalt weiter kämpfen!
Allerdings wenn Sie dann verlieren, haben Sie den Streit nur teilweise gewonnen und demzufolge werden Ihnen die Anwaltskosten auch nur teilweise vom Gegner ersetzt, leider. Es sei denn, sie können den Teil, wo Sie allein weiterkämpfen wollen, als selbständige Sache abspalten. Dazu kann Sie ja noch Ihr Anwalt beraten.
Versuchen Sie, diese Situation schon auch vorauszudenken, bevor Sie den Anwalt das Mandat geben, sie vor dem Gericht zu vertreten (mit der Folge, dass eine Verfahrensgebühr ausgelöst wird)!
V. Streit mit Ihrem Anwalt
Wenn Sie in einen Streit mit der von Ihnen beauftragten Kanzlei, dem beauftragten Rechtsanwalt (jeweils Auftragserteilung durch Übergabe einer von Ihnen unterschriebenen Vollmacht) geraten, werden Ihnen die guten Dokumentationen, die Sie sich - dank dieser Checkliste auch - gefertigt haben, helfen. Das war das Motiv dieses Beitrags: Hilfestellungen zur Vermeidung und Durchführung von Streiten mit Anwälten, Verteidigungsmittel gegen unberechtigt (hohe) Anwaltsgebühren oder Anwaltshonorare.
1. An wen wenden?
Sie können sich über Ihren Anwalt bei der örtlichen Rechtsanwaltskammer (= RAK) beschweren. Eine Fallgruppe ist Untätigkeit, eine andere die Verletzung von Verschwiegenheitspflichten, wozu auch sogenannte Fremdgeldverstöße gehören, wenn der Anwalt Geld für seinen Mandanten entgegengenommen hat und dieses ganz oder teilweise einbehält. Für einige Probleme hält sich die RAK aber nicht zuständig: Ihre Unzufriedenheit mit der Bearbeitung und/oder Beanstandungen der Kostenrechnungen. Diese Problemkreise gehören in den Bereich des Zivilrechts und sind im Streitfall von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. (Dann ist fraglich, ob Sie sich für jenen Rechtsstreit einen Anwalt nehmen ...).
Seit Januar 2011 gibt es eine Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin, www.rak-berlin.de/site/DE/int/02_rechtsuchende/02_03-beschwerdeverfahren/container-beschwerdeverfahren.php
05.04.2023: Die verlinkte Seite ist nicht mehr vorhanden. Der Link wurde daher entfernt.
Sie ist in meiner Schiedsstellensammlung hier im Blog erwähnt.
Mit einiger Vorsicht können Sie auch Auszüge aus Anwaltsschreiben im Internet als Beweise veröffentlichen, so, wie andere Verbraucher sich in Bewertungsportalen "Luft machen" können über schlechte Produkte, schlechten Kundenservice, indem sie Beweismittel wie Rechnungen oder Ablehnungen von Schadensersatzforderungen durch Verkäufer veröffentlichen. Denn Anwaltsschriftsätze sind keine Werke im Sinne des Urheberrechts, weil zu sachlich (einfach nur handwerkliche Texte, die die Rechtsarbeit erfordert) und also nicht urheberrechtlich geschützt. Eventuell müssen Sie aber Namen aus Datenschutzgründen schwärzen.
2. Berufsrechtliche Normen
RDG, RVG, BRAO, BORA, CCBE-Richtlinien, §§ 611 ff, 675 (631 ff) BGB
Strafrecht, z.B. §§ 203 f., 246, 266, 356 StGB
Literaturtipp
Laurence J. Peter / Raymond Hull - Das Peter-Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen, nebst einer Fortsetzung von Laurence J. Peter: Schlimmer geht´s immer.
erschienen z.B. Verlag Volk & Welt, 2. Aufl. 1989
"Typisch Anwalt: Drauflosrattern kann tödlich sein, Johanna Busmann gibt Tipps gegen Verhandlungsfehler.", in: AdVoice 04/14, S. 32 - 34. AdVoice ist eine Zeitschrift des Forums junger Anwaltschaft im Deutschen Anwaltsverein (DAV). Johanna Busmann ist Anwaltstrainerin
[Artikel zuletzt am 09.12.2014 durchgesehen und leicht korrigiert und ergänzt.]
Verwandte Links:
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- Fälle der Anwaltshaftung, gesammelt von einem Anwalt
- Schiedsstellen in Deutschland
- Bundesverband deutscher Rechtsbeistände/Rechtsdienstleister e.V.
- Bekanntmachungsplattform für außergerichtliche Rechtsdienstleistungen
- Datenschützer: Rechtsanwälte, Ärzte und Versandapotheken müssen ihre E-Mails verschlüsseln
- Fundstellen russischer Gesetze im Internet
- Anwaltsverein Russlands (russ.)