Die Diskussion wurde um 11.10 Uhr von den Moderatorinnen Melanie Konopka von der Hotelfachschule und Solveig Wehsener (Creative Power Office) in einem gut gefüllten Raum, der ICC Lounge, eröffnet. Zu Gast waren:
- Tobias Ragge, HRS
- Georg Ziegler, Holidaycheck
- Lars Lindemann, Lindemann Hotels
- Tim Schütrumpf, Tourismuszukunft
- Eric Horster, Leuphana-Universität Lüneburg
Einleitend in die Thematik erklärt Eric Horster den Zuhörern den Googlefinder.
Daran schließt sich die erste Frage der Moderatorin an: Was muss ein Hotelier beachten, um bei Googlefinder gut auffindbar zu sein?
Horster:
"Man ist da ohne Zutun drin." Guter Content ist wie sonst auch immer wichtig. Was Content hier überhaupt bedeutet, wird dann etwas später noch erklärt. Dazu gehören jedenfalls Bilder. Woher die im Googlefinder kommen, ist Horster bisher unklar, ebenso auch, wie der Content auf der Googlefinder-Seite tatsächlich zusammengestellt wird (sogenanntes Mash-up). Der Content, das sind die Inhalte, aus denen eine Website besteht: Texte mit Informationen, Bilder, Videos, Audiodateien, Tabellen, Grafiken, Daten aus einer Datenbank. Für ein Hotelvermittlungsportal auch sehr wichtig sind die Hotelbewertungen der Gäste.
Google sammelt derzeit Hotelbewertungen, und zwar bei Google Places. Hier können sich Firmen selbst mit ihrer Adresse eintragen, müssen sich aber auch Bewertungen gefallen lassen. Ein Portal, welches hier häufig auftaucht, wenn man nach bestimmten Läden, Restaurants, Cafes und eben auch Hotels sucht, ist Qype. Ich habe bei Qype auch einige Bewertungen abgegeben. Bisher hat Google noch wenig Bewertungen eingesammelt. Das ist der Grund dafür, dass ein Hotel momentan noch relativ leicht im Googlefinder nach oben kommen kann.
[Nachtrag: Das deutsche Portal Qype wurde vom amerikanischen Bewertungsportal Yelp übernommen. Qype existiert nicht mehr.]
Tobias Ragge vom Anführer des deutschen Marktes der Hotelbuchungsportale HRS erklärt, dass im Vertrieb der Hotelzimmer zur Zeit eine massive Umstrukturierung im Gange ist. Früher bekam ein Hotel 70 Prozent per Eigenbuchungen und 30 Prozent seiner Gäste über den externen Vertrieb. Heute machen Eigenbuchungen nur noch 40 Prozent aus und 60 Prozent aller Gäste kommen über den externen Vertrieb, zu dem die Hotelbuchungsportale gehören. Das Kundenverhalten hat sich stark gewandelt. Der Kunde möchte schnell Transparenz, denn er will die Hotels und ihre Konditionen vergleichen. Das hat erhebliche Auswirkungen auf sein Buchungsverhalten.
Veränderungen bewirken auch die Apps für Smartphones. Mobile Buchungen über das Smartphone nehmen zu. Der Kunde kann jederzeit und überall (wo Internet verfügbar ist) Hotels buchen.
Lars Lindemann wird gefragt, ob das von Ragge genannte Verhältnis auf seine Hotelgruppe zutrifft. Er antwortet, man liegt mittendrin zwischen den Durchschnittswerten damals und heute, d.h. über den Direktvertrieb gewinnt man 55 Prozent der Hotelgäste und durch Fremdvertrieb 45 Prozent. Lindemann Hotels haben versierte Vertriebsprofis. Vertrieb am Telefon ist sehr wichtig. Hier ist man sehr erfolgreich. Und die eigenen Vertriebsleute aktualisieren auch den Content auf der Lindemann-Website.
Ragge macht klar, dass es sich zukünftig nicht mehr lohnen wird, eigene Vertriebsmitarbeiter zu beschäftigen und dass man wirtschaftlich genötigt wird, den Vertrieb Externe machen zu lassen. Der Wettbewerb wird über Effizienz geführt. Er meint vermutlich, im Massengeschäft ist ein einzelner Vertriebsmitarbeiter mit seinen individuellen Kontakten zu potentiellen Kunden unter vier Augen oder am Telefon zu langsam. Ein guter Vertriebs-Außendienst-Mitarbeiter kostet selbstverständlich viel mehr als ein Callcenter-Agent, der kaufbereite Kunden berät und deren Bestellungen ins System einbucht.
Der große Kostenfaktor sind Mitarbeiter. Hier sieht Ragge gerade den Grund für seine Annahme, dass Google nicht wirklich in die Hotelvermittlung in einer Weise, wie HRS es tut, einsteigen wird. Der Support mit Callcentern wäre sehr aufwändig. Callcenter in verschiedenen Ländern mit verschiedenen Sprachen? Er glaubt nicht, dass Google sich solche enormen Kosten aufbürden will.
Georg Ziegler bestätigt die Auffassung von Ragge, dass wegen der Spezialisierung im Online-Geschäft dem Hotel der Eigenvertrieb zu uneffektiv wird.
Eine Zielgruppe für die eigenen Vertriebsleute waren und sind Reiseveranstalter. Aber der Vertrieb von Hotelbetten über Reiseveranstalter stagniert, sagt Ragge. Der Anteil der Reiseveranstalter an den Hotelbuchungen habe 2009 bei 6 Prozent gelegen und da gab es bis heute keine Veränderungen.
Wundert mich nicht, denn die Zahl der Individualisten, die sich ihre Reisen selbst zusammenstellen, wo im Internet jeder Baustein immer leichter und transparenter verfügbar geworden ist, und wo immer mehr Verbraucher, auch gerade ältere Generationen, sich Internet angeschafft haben und die Älteren von ihren Kindern unterrichtet werden, wie das Geldsparen geht, nimmt doch sicher zu. Ein weiterer Grund ist natürlich auch, dass Hotels ihre Websites aufgerüstet haben und sich online buchen lassen. Deswegen kann der Vertriebsanteil von Reiseveranstaltern nicht wachsen.
Hotels müssen Webcontrolling betreiben
Tim Schütrumpf rät den Hotels dringend, zu messen, woher die Hotels ihre Kunden bekommen, aus welchen Vertriebskanälen. Zugleich muss gemessen werden, was ein einzelner Vertriebskanal kostet, heruntergerechnet auf einen Gast. Das ist nicht ganz einfach, aber es gibt dafür Werkzeuge. Wenn man weiß, was die Kundenakquise kostet, kann man Einsparungen erzielen, indem man die teuren Vertriebskanäle aussondert. Ragge pflichtet ihm bei.
Jetzt wird die Unterhaltung vorn technisch anspruchsvoll. Hotels müssen sich mit Webanalytics beschäftigen. Es ist eine Sache, als Hotel bei Google gut platziert zu sein. Man kann den Weg über Suchmaschinenoptimierung der Website gehen oder gute Platzierungen per Adwords kaufen. Eine andere Sache ist es aber, die User, die auf die eigene Website gekommen sind, dort auch zu halten und zum Buchen zu bewegen. Georg Ziegler sagt, die Konvertierungsrate (Verhältnis zwischen Website-Besuchern und Zimmerbuchern von den Besuchern) hängt davon ab, wie gut die Website der Hotels ist. Viele Hotels haben hier eine Schwäche.
Die Effektivität des Online-Marketings hängt davon ab, wie leicht Hotels den Kunden die Buchung machen
Die Buchungsmasken sind dem Kunden zu kompliziert. Die Kunden werden immer bequemer und ungeduldiger. Die würden, um nicht den Buchungsseiten lesen und dort tippen zu müssen, lieber über ein Telefon mündlich buchen wollen. (Da sind wir wieder beim teuren Callcenter bzw. der Verfügbarkeit von Hotelmitarbeitern zur Beratung und Entgegennahme von Bestellungen.)
Viele Hotels sind nicht gut in der Lage, die vom Googlefinder erhaltenen Besucher als Kunden zu gewinnen, konvertieren also schlecht.
Mich wundert diese Feststellung nicht. Viele Hotels verfügen nicht über Mitarbeiter, die Ahnung von der Erstellung von Websites, von der Erstellung von dynamischem Content haben, Ahnung vom Affiliate Marketing. Es ist ja nicht damit getan, sich ein paar Banner basteln zu lassen, die man dann, mit code zum Verfolgen (=Tracken) der User, in die Websites von Publishern (wie Reiseblogs) einbauen lässt. Es ärgert auch die Publisher, wenn deren Partner schlecht konvertieren, einfach weil deren Website, deren Landing pages nicht auf die Banner abgestimmt sind und die Bedienerfreundlichkeit nicht gegeben ist. Da kann sich ein Publisher noch so gut anstrengen. Personaler bei Hotels haben wohl häufig noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt, wenn sie von den neu einzustellenden Managern reiche nachweisbare Vertriebserfahrung erwarten, anstatt von Internetaffinität und die Fähigkeit, ein CMS zu bedienen. Die Visitenkarte eines Online-Marketers ist oder sind seine eigenen Website(s). Aber wenn sich Personaler (und die Geschäftsleitung) dafür nicht interessieren...
... verschießen sie eine Menge ihres Pulvers.
Tim Schütrumpf kann hier aus dem Nähkästchen plaudern, was die Hotels besser machen können. Das fängt damit an, dass die Hotels eine Service-Telefonnummer auf ihre Startseite setzen. Sie brauchen schnelle Buchungsmasken. Wie man die herstellt, dafür gibt es Fachzeitschriften. Ich erinnere mich an einen Artikel in der von mir regelmäßig gekauften Zeitschrift "Websiteboosting" voriges Jahr. Dort kommen Website-Architekten zu Wort.
Zum ersten Mal höre ich Zahlen zur Provision beim Googlefinder.
An Google hat ein Hotel für eine Buchung 0,2 % des Wertes des bestellten Zimmers zu zahlen, wenn der Kunde über Googlefinder kam. Oder 0,3 %. Die Differenz von 0,1 % fällt für die Nutzung der Buchungs-Engine (=Buchungsmaschine) wie Seekda oder Trust an. Das ist für mich Neuland. Wie das technisch abläuft, bleibt dem Zuhörer verborgen. Teilweise ist das Gespräch eines unter Insidern, wo es um die Provisionen an Google geht. Im Interesse der Verständlichkeit hätte die Hotelfachschule mal ein Schema vorbereiten können oder von einem der Podiumsgäste vorbereiten lassen können. Ich wusste nicht mal, wie die genannten Buchungsmaschinen geschrieben werden. Die richtige Schreibweise entnahm ich der ITB-Sonderausgabe fvw daily vom 8. März 2012 auf Seite 12, wo schon von dieser Podiumsdiskussion unter der Überschrift "Google treibt die Vertriebskosten" berichtet wurde.
Hotelzimmer mit Groupon und DEALZ verscherbeln?
Lindemann wird gefragt, ob er Erfahrungen mit Couponing gesammelt hat. Nein! Groupon und Dealz sind uninteressant. Man verzieht damit Kunden, die dannanfangen, immer solche Minipreise zu erwarten, die für das Hotel gar nicht kostendeckend sein können.
Ragge stimmt ein: Coupoing in der Hotelbranche mit diesen Anbietern sei Kanibalismus. Er muss bei deren Vertriebskonditionen schmunzeln. Die verlangen 50% günstigere Angebote für Verbraucher vom Normalpreis + Provision. Aber HRS wird schon kritisiert, wo es 15 % Provision vom Hotel verlange (bezugnehmend auf in den Medien geäußerte Kritiken anlässlich einer kürzlich erfolgten Abmahnung vom Kartellamt in Bezug auf die Bestpreisgarantie).
Groupon und Dealz als Vertriebskanal werden also als Vertriebskanal abgelehnt.
Wo funktioniert für das Hotel der Googlefinder als Kundenfänger und wo nicht?
Ziegler meint, der Googlefinder geht da gut, wo der Kunde eine Städtereise plant und eine einzelne Nacht im Hotel sucht, dagegen nicht bei langen Reisen, Reisen mit hohem Preis und bei beratungsintensiven Reisen. Da lässt sich schlecht durchskalieren. Mit dem Skalieren ist gemeint, die Informationen zu klassifizieren und zu sortieren und diese dann nach unterschiedlichen Kriterien aufgelistet darzustellen. Je komplexer die Reisen, desto schwerer vergleichbarer werden die Angebote. Je mehr entscheidungsrelevante Attribute alle Angebote aufweisen, desto genauer sind die Angebote zu vergleichen und desto besser zu skalieren (in Reihenfolgen zu bringen).
Und hier hat Google ein Defizit an eigenem Content, bei anspruchsvolleren Attributen, bei Sonderwünschen, bei Individualreisenden. Jede Rubrik hat bereits ihre Spezialisten: Länderspezialisten - wie Ost im Puls, Spezialisten für bestimmte Reiseformen - Radfahren - Radreisen, Motoradreisen, Wanderreisen, Familienreisen ...
Derlei spezielle Informationen finden Reisende auf spezialisierten Bewertungsportalen. Die sind für Hotelbewertungsportale extrem wichtig, habe ich bereits hier im Blog dargestellt.
Kampf gegen Hotelbewertungsmanipulationen
Marketer versuchen sich hier einzumischen und die Hotelbewertungen zu manipulieren. Derlei Maßnahmen untergraben die Glaubwürdigkeit von Portalen. Daher kämpfen die Bewertungsportale gegen Bewertungsbetrug an.
Ziegler von Holidaycheck erklärt, dass es bei Holidaycheck seit kurzem einen Alarm-Knopf gibt, den Kunden drücken können (und sollen), wenn sie denken, dass ein Hotel Meinungen gefälscht hat. Das ist eine Qualitätssicherungsmaßnahme. So etwas hat Googlefinder nicht.
So hat Ziegler denn auch keine Angst vor Googlefinder. Auch Ragge sieht das Verhältnis zu Googlefinder einigermaßen gelassen. Man wird nicht gegen den Googlefinder arbeiten, sondern mit Googlefinder. Das ist ein Suchmittel, das sich zwischen den Kunden/User und die Hotelbuchungsportale klemmt. Die verlangte Provision lässt sich aber für die Hotelbuchungsplattformen aushalten.
Wird angesichts dessen für die Hotels der Online-Vertrieb immer teurer, gar zu teuer?
Billiger wirds wohl nimmer mehr, aber das Hotel kann ja intern noch einiges effizienter gestalten und damit Online-Vertriebskosten kompensieren, meint Tim Schütrumpf, der Hotels beim Online-Vertrieb berät.
Welche Kosten denn nun durch Googlefinder entstehen, wird dann doch noch besprochen, obwohl, wie oben schon geschrieben, dieser Unterhaltung nur schwer zu folgen ist.
Horster erklärt: Ein Hotel zahlt, wenn es eine Schnittstelle wie Seekta benutzt, 0,3 % Provision des Wertes, der gebucht wird. Dagegen zahlen 0,2% die OTAs (pro Klick, mal Konvertierungsquote), die über Googlefinder gefunden werden.
Ragge sagt, auch HRS bezahlt 0,2 % an Googlefinder. Aber jetzt ist im Gespräch, 0,3 % zu bezahlen, um damit höher in der Ergebnis-Liste zu stehen. Das wäre dann ja das, was die Hotelbuchungsportale zum Teil selbst den Hotels anbieten. Vordere Plätze in den Suchergebnissen sind bezahlte Plätze.
- Damit würde sich Google aber doch von seinem Best-Content-Konzept entfernen, siehe dazu schon meinen Hotelfinder-Artikel.
Dagegen zahlt ein Hotel an HRS 15 % bis manchmal hoch zu 35 % an Vertriebskosten im Verhältnis zum Zimmerpreis.
Herr Lindemann wird gefragt, wo für seine Hotels in Hinsicht auf die Vertriebskosten denn die Schmerzgrenze liege.
Bei den eigenen Hotels liegen die Kosten pro Gast im Schnitt bei 3,80 € bis 4,80 €. Gespart werden kann im Hotelhaus, nicht bei externen Vertriebskosten (zumal es ja, wie Ragge schon im ersten Teil gesagt hat, eine Konsolidierung unter den Hotelbuchungsportalen vonstatten geht, an deren Ende nur noch drei große übrig bleiben werden).
Die Bedeutung der OTAs (siehe Glossar) wird etwas abnehmen, da Google die Suchergebnisseiten mit Resultaten aus verschiedenen Rubriken mischt, so dass für gesuchten Text eben nicht mehr 10 Textstellen angezeigt werden sondern stattdessen auch Seiten mit Videos und Bildern zu den keywords. Damit nimmt die Sichtbarkeit der Hotelbuchungsportale in den SERPs (= Search Engine Result Pages) tendenziell ab.
Die Hotelbuchungsportale sind nicht nur stark im SEO, sondern auch im SEM (Search Engine Marketing) und geben viel Geld für Adwords aus. Diese erscheinen neben den generischen Suchergebnissen. Oben steht, wer am meisten zahlt. Die Hotelbuchungsplattformen können hier kräftig mitmischen.
Ragge erklärt, dass HRS sage und schreibe 14 Millionen keywords bei Google Adwords eingebucht hat, um Kunden von der Google-Suchtrefferseite abzuholen. Für die erfolgversprechendsten kurzen Texte in den Adwords-Widgets werden von den HRS-Spezialisten ständig A-B-C-Tests durchgeführt, um zu sehen, was am besten konvergiert.
"Wer auf Google mit seiner Website nicht auffindbar ist, hat praktisch keine.", Tim Schütrumpf
Wer SEO nicht ernst nimmt, sollte sich überlegen, ob er nicht gleich seine Website auf eine schlichte Web-Visitenkarte beschränkt und ganz auf externen Vertrieb setzt. Das wäre konsequent, wenn man schon keine webaffinen Mitarbeiter sucht (siehe oben), meine ich.
Die Sieger des weiteren Konsolidierungsprozesses
Ragge sagt voraus, dass binnen der nächsten drei Jahre aus dem harten Konkurrenzkampf unter den Hotelbuchungsportalen nur noch drei als Sieger übrig bleiben. Er ist sicher, dass HRS darunter sein wird, sagt er voll Selbstbewusstsein strotzend. Der Preisdruck ist enorm und zwingt zu einer starken Skalierung der Produkte, sagt er.
Eine Frage der Technologie und des Investorenkapitals. Ich bin dieser Ankündigung gegenüber skeptisch, obwohl ich freilich den Wissensvorsprung von Ragge anerkenne. Aber worauf genau bezieht sich Herr Ragge? Auf die weltweit agierenden Anbieter, auf den deutschen Markt, auf Europa? Und überhaupt fehlt dem Zuhörer und Zuschauer der Diskussion hier zur Bewertung dieser Aussage der plakative Hintergrund. Ich habe hier eine Übersicht mit den Marktteilnehmern vermisst. Die hätte man an die Wand werfen können. Mangels dessen erscheint mir die Aussage eher als ein jugendliches Muskelspiel. (Dies mal als Entschuldigung gegenüber den Studentinnen der Hotelfachschule am Eingang zur Lounge und als Ersatz für das von mir wegen der Eile nicht ausgefüllten Bewertungsblatts zur Podiumsdiskussion.)
Es ist auch eine Frage, wer mit welchem menschlichen Aufwand die Technologie entwickelt (etwa: die automatische Übersetzung von geografischen Begriffen und von Sätzen - Semantik). Das Entwickeln und Betreuen der Datenbanken könnte in Asien günstiger sein als in Europa.
Darüber, wo HRS und wo Google die Technologie skalieren lassen (um mal noch einmal das beliebte Managerwort aufzugreifen), wurde nicht gesprochen. Mir fällt hier nur gerade ein Hotelbuchungsportal aus Asien ein, das ich erst im Januar gefunden habe: Agoda, (Singapur). - Das bietet übrigens Publishern mit guter Werbefläche mehr Provision als HRS und Hotel.de. HRS gibt ja von den hier mehrfach erwähnten 15 % vom Buchungswert an die Publisher nur 3,5 % (2011 waren es nur 3 % bis zum Umsatz von 50.000 €) ab, undzwar nach Abzug der Vertriebskosten von den Einnahmen von den Hotels. Es hat sich keiner getraut, an Herrn Ragge mal eine Frage nach der Fairness im Wettbewerb und im Umgang mit den Partnern zu stellen. (Für eine kontroverse Fragerunde war dann auch nicht mehr die Zeit.) - Nur noch zur Infragestellung von Herrn Ragges Ankündigung und bezugnehmend auf Russland als Reiseland, worum es im Blog hauptsächlich geht:
Wie ist es um den Hotelmarkt bestellt, in dem russisch verbreitet ist?
Hier hat Booking.com einen Vorteil gegenüber den deutschen Unternehmen, weil es 2010 in Moskau eine Filiale eröffnet hat. (Bei der Internationalisierung hat Booking.com nach meinem Gefühl die Nase vor HRS und Hotel.de) Aber die Russen haben auch ihre eigenen Portale, die sich nicht in so kurzer Zeit von Ausländern niederkämpfen lassen werden. Und warum sollen die nicht wenigstens HRS, Booking, Hotel und anderen amerikanischen Buchungsplattformen gegenüber ebenbürtig sein, auf heimischen Boden? Ausreichend Programmierer und Kapital sind vorhanden, die besseren Kontakte zu Hotels auch.
Vielmehr ist es bemerkenswert, dass der Inhaber eines russischen Hotelbuchungsportals Ostrovok (Motto auf der Startseite: "Die Reise beginnt mit einem Hotel"), Sergej Faguet, Mitarbeiter aus dem Moskauer Haus von Booking.com abgeworben hat, wie er auf der Veranstaltung "Russia - the next travel revolution?" nur wenige Minuten im Anschluss an diese Podiumsdiskussion im Saal 7.3 (Auditorium Europa) mitteilte. Ich glaube mich zu erinnern, dass es gleich zehn Mitarbeiter waren. Am russischen Markt haben sich bereits viele Unternehmen das Hinterteil (bildlich gesprochen) und Geld verbrannt.
Daraus schließe ich, dass Herr Ragge nicht den Weltmarkt gemeint habenkann, sondern nur den deutschen oder westeuropäischen Markt.
Die Veranstaltung ging mit einer misslungenen Fragerunde (Frage kam wegen Selbstdarstellung eines jungen Mannes nicht zustande; große, verständliche Ungeduld im Raume) und einem Foto-Shooting zu Ende. Ich eilte sofort zu der Plauderstunde mit russischen CEOs großer Touristikunternehmen in Halle 7.3., schaffte den Anschluss leider nicht ganz.
[Nachtrag, 09.07.2017: Für einen Rückblick auf die Voraussage von Ragge diese Leseempfehlung:
Peter Tauf auf am 31.10.2016 Netz-Trends: Auch Google-Hotels macht Hotel-Portale platt: HRS-Tochter Hotel.de entlässt 130 Mitarbeiter ]
[Nachtrag 29.07.2017: Google war auf der ITB 2017 mit "roomcloud" für Google Hotel Ads vertreten.
www.roomcloud.net
Damit spricht Google Hotels an, die darüber direkt ihre Zimmer anbieten können, gegen Provision an Google.]
Podiumskonferenz auf der ITB zum Google Hotelfinder #zusammenfassung #tourismus http://t.co/Hh9hnn8I ...