1. Eigene Rolle als Reisevermittler oder Dienstleister gleich am Anfang der Vertragsverhandlungen klären
Hierzu gehört es, mit dem Verhandlungspartner zu besprechen, welche Aufgaben man für ihn erfüllen soll. Nur: "Verkaufen von Reiseprodukten"? Meiner Erfahrung nach ist das noch viel zu vage. Wenn man beauftragt ist, im Interesse des Partners Reiseprodukte zu verkaufen, ist man in der Rolle des Handelsvertreters, nach außen hin, also dem Kunden gegenüber, sollte das die Rolle eines Stellvertreters des Partners sein.
1.1. In solch einer Rolle ist es üblich, ein Fixum vom zu Vertretenen (=Prinzipal) zu erhalten oder ein Honorar, einfach auch schon deswegen, weil man dafür sorgt, Interessenten zu gewinnen, von denen sich einige auch anderweitig an den Prinzipal wenden und kaufen, ohne dass der Handelsvertreter solche späten Erfolge seiner Tätigkeit überwachen könnte, um seine Provisionsansprüche geltend zu machen. Wenn schon nicht ein Fixum gezahlt wird, sollte es anderweitig Vergünstigung und Unterstützung der Verkaufstätigkeit geben.
Es gibt Methoden für den Prinzipal oder hier in der Touristik, die Kunden am Handelsvertreter bzw. Reisebüro vorbeizuschleusen und sich so Provision zu sparen. Ein gutes Reisebüro wird sich bemühen, solchen Versuche möglichst zu unterbinden. Ich komme auf solche Methoden gleich noch zu sprechen. Man muss ihnen schon im Vertrag mit dem Kooperationspartner begegnen. Je größer der Größenunterschied zwischen mir als Reisebüro und meinem Partner, desto tendenziell schwieriger wird es, eigene Ansprüche in den Vertrag zu bringen.
1.2. Zur Klärung der Rollen bei der Kooperation zwischen Reiseveranstalter oder Leistungsträger (wie Beförderungsunternehmen) und Reisebüro gehört die Einigung darüber, ob man selbst das Geld vom Kunden für die touristischen Leistungen einkassiert und wie genau, ob im eigenen oder im fremden Namen. (Hierbei sollte man auch umsatzsteuerrechtliche Fragen mitberücksichtigen: Regelbesteuerung oder Margenbesteuerung?) Oder ob Kunden das Geld direkt an den Reiseveranstalter/Leistungsträger zahlen sollen, gegebenenfalls unter Ausnahme einer Anzahlung, die vielleicht auf die Provision angerechnet wird und die also an den Vermittler gezahlt wird.
1.3. Manche Leistungsträger wollen keine Provision zahlen, wenn der ihnen zugetragene Kunde selbst an sie zahlt, auch wenn der Kunde gerade vom Reisebüro als "Partner" geschickt wurde und das Reisebüro praktisch den Kunden schon ankündigen und mitteilen kann, inwiefern er den Kunden positiv beeinflusst hat. Das gibt es hier auch in Deutschland. Und solche Firmen bieten mitunter dann noch nicht einmal Ihren Partnern, die Ihre Produkte vermitteln, Werbemittel mit Link an, bei dem Website-Besucher, die diesen benutzen, dem Agenten über Cookies oder andere Trackingmittel zugerechnet werden könnten. Das ist agentenunfreundlich. Ja mehr als das. Es widerspricht den kaufmännischen Gebräuchen. In § 87 Absatz 1 Handelsgesetzbuch heißt es:
"Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat."
Dann braucht man sich nicht mehr wundern, wenn so ein Unternehmen einen schriftlichen Agenturvertrag nicht herausgeben will. Alles klar? Kleine Reisebüros haben nicht zu bestellen. Friss oder stirb! Solche unfairen Praktiken des Absahnens der Kunden von Reisebüros gibt es gerade dort, wo die Leistungsträger quasi ein Monopol haben. Das ist teilweise der Fall bei den Fährgesellschaften und Fluggesellschaften.
Tracking über Websites hinweg ist bekanntermaßen ein von Datenschützern und vielen Verbrauchern unerwünschtes Datensammeln. Wäre es aus Datenschutzgründen verboten, würde man praktisch einen großen Teil im Wirtschaftsleben kriminalisieren. Die Tätigkeit von Vermittlern im Marketing und Vertrieb hat ihre Berechtigung und die Vermittler haben einen redlichen Anspruch auf entgeltiche Belohnung. Dazu brauchen sie Nachweise. Tatsächlich ist es leider so, dass es kaum technisch ausgereifte Lösungen gibt, die nicht mit Datenschutzprinzipien in Konflikt kommen. Auch mir ist Datenschutz persönlich wichtig. Rechtliche Lösungen auf Grundlage von Gesetzen müssen abwägen zwischen verschiedenen Rechten. Vermittler haben ein Recht auf Berufsausübung und Einkommenserzielung und auf Beweismittel für ihre Tätigkeit. Im Internet geht Vermittlung zur Einkommenserzielung praktisch nicht ohne Tracking, persönliche Empfehlungen im Familienkreis und engen Freundeskreis mal ausgenommen.
Das war eben nur rhetorisch gemeint: (Kleine Reisebüros haben ...) "nichts zu bestellen". In solchen Fällen muss das Reisebüro eben gerade - selbst - bestellen, für seinen Kunden, um die Provision erhalten zu können. Wenn das Reisebüro mit dem Reisepreis oder der Bezahlung eines Fahrt mit der Fähre nicht in Vorleistung gehen möchte, kostet das natürlich Zeit: Warten, bis der Kunde für seine Bestellung bezahlt und dann selbst die Leistung bestellen und bezahlen. Das ist der Knackpunkt, warum es viel Ärger mit dem Buchen von Flügen bei Online-Reisebüros gibt. Bevor der Vermittler den Flug tatsächlich für den Kunden bucht, will er von ihm schon das Geld erhalten haben oder wenigstens die Garantie der Kreditkartengesellschaft bzw. von deren Bank.
- Wenn jeder in der Leistungskette sein Risiko des Zahlungsausfalls verhindert, wird der Kunde genötigt bereits zu bezahlen, ohne dass er den Beförderungsvertrag schon hat. Z.B. indem er aufgefordert wird, seine Kreditkartendaten in ein Formular einzutragen. Beispiel Govolo
Er ist rechtlich natürlich nicht verpflichtet zu zahlen ohne Beförderungsvertrag. Das Reisebüro ist leider heutzutage oft in der leidlichen Situation, dass ihm ein anderer Weg praktisch oft nicht zur Verfügung steht. Will der Vermittler das Risiko nicht tragen (zum Zahlungsausfall kommen auch noch hohe Strafgebühren im Flugvermittlungsgeschäft hinzu), kann er noch ins Affiliate-Geschäft gehen. Aber hier ist die Ausbeute schlecht, da viele Trackingmittel zerstört werden, Browser Cookies nicht annehmen.
Hier muss man den Kunden an sich zahlen lassen und selbst mit der Kreditkarte an den Leistungsträger zahlen. Vor allem dann, wenn der Kunde kurzfristig eine touristische Leistung haben möchte, Fähre, Bahn, Bus. Bei viel Vorlaufzeit wird vom Leistungsträger vielleicht auch eine Überweisung akzeptiert.
Man sollte hier als Agent versuchen, dann wenigstens nicht den Betrag, den der Kunde zahlen musste, weiterzuzahlen, sondern nur den unter Abzug gleich der Provision. Warum soll man jetzt auf die Provision vom Kooperationspartner (Affiliate-Partner/Prinzipal) auch noch Wochen warten, wenn das Geld vom Kunden schon über den Agenten gezahlt wird (siehe dazu nachfolgend Punkt 2.)? Das wäre ein kostenloser Kredit.
In Fällen, in denen man aber keine Provision bekommt und der Leistungsträger/Reiseveranstalter dem Reisebüro überlässt, eine Servicegebühr für die Buchung (und Beratung) zu nehmen, die das Reisebüro für den Kunden vornimmt, ist das Reisebüro kein Vermittler, sondern ein Touristikdienstleister, der im Verhältnis zum Leistungsträger als Vertreter des Kunden handelt. Der Kunde ist hier Mandant und bezahlt demzufolge ein Honorar an das Reisebüro für Beratung und die Abnahme von Verwaltungstätigkeiten und Informationsbeschaffung.
Der Leistungsträger braucht in solchen Fällen keinen Agenturvertrag. Die Servicegebühr des Reisebüros unterliegt hier der Umsatzsteuer-Regelbesteuerung. In solchen Fällen lebt das Reisebüro häufig mit der Situation, dass ihm sein Partner direkt Konkurrenz macht. Das haben wir ja so jetzt bei den Airlines und Fährgesellschaften. Die nehmen den Reisebüros auch noch andere Geschäftszweige weg: Hotels, Autovermietung, Kreuzfahrten usw. Das ist es, was ich mit Sinn-Krise der Reisebüros letztens schon ansprach. Die großen Firmen, für die sie den Vertrieb erledigt haben, booten sie aus. Daher ist die Zahl der Reisebüros in Deutschland rückläufig.
Die für Verbraucher wertvolle Rolle des Touristikdienstleisters besteht darin, mit seinen Landeskenntnissen, Kenntnissen der Situation in Regionen (Klima, kulturelle Vielfalt, Preisniveau, Sicherheit, Bauarbeiten), Ferienorten und mit seinen Produktkenntnissen und Kenntnissen der Reiseveranstalter vor Missgriffen zu bewahren, Missverständnissen der euphemistischen Beschreibungen von Hotel- und Urlaubsanlagen in Reisekatalogen oder auf Online-Katalogen. - Na klar lässt sich dem entgegenhalten, dass er angesichts des geballten Erfahrungswissen vieler Verbraucher und Reisenden auf Reise- und Bewertungsportalen, die auch vor Ort waren und ihre Erfahrungen mit bestimmten Reiseveranstaltern gesammelt haben, ersetzbar ist. Und dennoch, da bin ich mir sicher, greifen Verbraucher, trotz der vielen Portale, gern auf die fachmänniche Beratung von Reisebüromitarbeitern zurück. Sie sind verfügbar. Sie haben die Erfahrungen ihrer Kunden gesammelt und können in kurzer Zeit besser informieren. Es geht oft doch auch immer um den Faktor Zeit. Zeit ist Geld. Und sie erledigen darüber hinaus noch mehr:
Sie bieten dem Kunden mehr Zahlungsmöglichkeiten, als manche Leistungsträger und machen ihm so überhaupt erst manche touristische Produkte zugänglich. Zum Teil sichern sie Risiken der Verbraucher ab (Herausgabe von Sicherungsscheinen für Exkursioen im Ausland von Leistungsträgern, von denen deutsche Touristen keine finanziellen Absicherungen bekommen), beraten auch zur passenden Versicherung. Um seine Daseinsberechtigung gegenüber den Verbrauchern zu verstärken, schließt der Vermittler Kooperationen mit Leuten vor Ort. Der Kunde profitiert von dem Vitamin B seines Reiseberaters.
Aber der Reiseberater hat es oft nicht einfach, faire Kooperationsbeziehungen über Ländergrenzen hinweg zu flechten oder zu Quasimonopolen. Da wird mehr übersetzt als nur Texte. Der Touristikdienstleister koordininiert und informiert, organisiert für Reisende. Das tun Bewerter auf Bewertungsplattformen gewöhnlich nicht (auch noch kostenlos). Dafür hat er Anspruch auf eine Bezahlung, faire Provision vom Leistungsträger und ein Honorar vom Kunden, der ihn ja aufgrund seines erarbeiteten Informationsvorsprungs ausfragt.
Und wenn Sie als fortgeschrittener Webmaster spezielle Marketingmaßnahmenzur Erhöhung der Sichtbarkeit der Produkte Ihres russischen/ukrainischen Partners im Internet ergreifen, verdienen Sie die Anerkennung Ihrer Leistungen, die sich auch in Ihrem Agenturvertrag widerspiegeln sollte. Für eine gute Kooperation brauchen Sie guten Content. Den muss Ihnen ihr östlicher Partner beschaffen. So gesehen kann Ihre Rolle auch darin bestehen, dass Sie der Marketingfachmann für ihren osteuropäischen Partner sind und für Ihre Marketingleistungen nicht nur per Provision bezahlt werden, sondern für die Erreichung anders formulierter Erfolge (insbesondere wenn Sie auf Whitelabeling verzichten und zum Branding Ihres Partners beitragen). Deswegen gibt es ja auch Fam-Tours, Promotionstouren. Da entsteht mehr unique Content, wird mehr Leidenschaft für das zu verkaufende Produkt erzeugt. Lassen Sie sich einladen, oder Ihren Mitarbeiter, der ein besserer Fotograf ist! - Vergessen Sie das nicht in Ihren Verhandlungen!
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2. Regeln, wer das Kundengeld einzieht und Anspruch auf die Anzahlung hat
Hierbei § 147b Gewerbeordnung beachten. Wenn Ihr Partner in Osteuropa keine Sicherheit im Sinne von § 147b GewO bieten kann und deswegen Sie den Sicherungsschein den Kunden anbieten, sollten Sie auch nicht die Forderung akzeptieren, dass Vorauszahlungen vom Kunden an Ihren Partner geleistet werden bzw. dass die Anzahlung, die Sie entgegennehmen, Ihrem Vertragspartner zustehen, Sie quasi nur Treuhänder dieses Geldes sind.
Regelmäßig werden Nettopreise zwischen DMC (siehe Glossar) und Agentur vereinbart und der Verbraucher bezahlt den gesamten Preis an den Agenten und dieser zahlt den Nettopreis an den DMC. Aber es mag Situationen und Gründe geben, davon abzuweichen und eine Provisionslösung zu vereinbaren. Soll der Kunde dann an den Partner zahlen oder zieht man im Namen des Partners das Geld vom Kunden ein? Letzteres macht zum Beispiel Sinn, wenn man dem Kunden mehr verschiedene Zahlungsarten anbieten kann als der Partner (etwa: nur Kreditkarte). Und zieht man das Geld auf Rechnung des Partners ein oder auf eigene Rechnung?
Die Lösungen müssen individuell gefunden werden. Dabei kann es eine Rolle spielen, was der Kunde lieber sieht, also was für ihn bequemer ist, wer die stärkere Marke hat, wer einen Akzeptanzpartner für bestimmte Zahlungsmittel hat, oder wer die besseren Konditionen beim Geldtransfer zwischen Deutschland und Russland.
Ein wichter Aspekt ist dabei, ob man die Rolle eines Reiseveranstalters freiwillig übernimmt oder ob man das so weit wie möglich versucht zu verhindern und sich auf die Rolle eines Reisevermittlers zurückzieht (dann Einziehung des Reisepreises vom Kunden "im Namen und für Rechnung des Reiseveranstalters"). Steuerrechtliche Überlegungen sind ebenfalls sehr wichtig.
3. Festlegung, ob der Partner mit einer White-Label-Lösung einverstanden ist.
In White-Label-Fällen ist man nach deutschem Recht selbst Reiseveranstalter. Der Partner in Osteuropa ist Auftragnehmer und bei Nichterfüllung muss er im Agenturvertrag Vertragsstrafen akzeptieren. Solchen Vertragsstrafenregelungen versuchen sich nicht selten die Partner zu entwinden. Das ist mit ein Grund dafür, weshalb es schwer ist, zuverlässige Partner in Osteuropa zu finden, die zu ihrer Verantwortung stehen.
Sie können die Kunden mit ihren Beschwerden nicht an den Partner verweisen, denn der ist bei der White-Label-Lösung kein Vertragspartner Ihres Kunden, sondern Ihr Erfüllungsgehilfe.
Macht Ihr Kunde bei Ihnen Reisemängel geltend und akzeptieren Sie daraufhin eine Minderung, sollten Sie die Möglichkeit haben, Regress bei Ihrem russischen Partner zu nehmen. Typisches Problem hier ist, dass dieser in seinem Agenturvertrag, sofern er überhaupt zur eigenen Verantwortlichkeit etwas regelt, diese auf Verschulden begrenzt, etwa auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Im deutschen Reiserecht werden Reisemängel aber unter Verzicht auf Elemente der Zurechenbarkeit, Verantwortlichkeit oder des Verschuldens definiert. Damit muss die zwischen Ihnen und ihrem russischen Partner geregelte Risikoverteilung korrelieren. Wir haben hier ein Konfliktfeld, in welchem Sie nicht für Ereignisse haften sollten, die in der Sphäre Ihres russischen Partners liegen, von diesem leichter zu vermeiden sind, da er in seiner russischen Rechtsordnung lebt und damit klarkommen muss und er Sie häufig über typische russlandbedingte Gefahren nicht wird rechtzeitig informieren, damit Sie die Chance haben, Maßnahmen zu ergreifen, ihre Kunden möglichst frühzeitig zu informieren.
Somit lässt sich vielleicht diese Regel festhalten: Je schlechter Ihr Partner mit Ihnen kommunziert, Sie informiert, umso wichtiger werden Regressregeln und die Aufnahme von Sicherheiten an Treuhänder, die Ihr russischer Partner stellen sollte.
Praktisch durchzusetzen ist die Regel wohl von den wenigsten Reisevermittlern. Entsprechend starke Argumente (insbesondere eine domienierende Online-Buchungstechnologie) haben wohl nur Riesen wie TUI und Thomas Cook. Vergleichen Sie doch mal diese Regeln mit denen, deren Akzeptanz große Unternehmen wie Expedia den Reisebüros abverlangen, die eine Partnerschaft mit solchen Unternehmen eingehen wollen! Hier finden Sie umfangreiche Pflichten für die Reisebüros, auch Kommunikationspflichten und Regeln zur Abwicklung von Risiken auf die Reisebüros.
4. Auskünfte aus dem russischen Veranstalter-Register einholen
siehe Artikel Eröffnung touristischer Tätigkeiten in Russland und Informationen zu russischen Reiseveranstaltern aus dem Veranstalter-Register.
Website des russischen Reiseveranstalter-Registers: http://reestr.russiatourism.ru/
5. Abklären, über welche Kanäle der Zahlungsverkehr abgewickelt werden soll oder kann.
Ab welchen Umsätzen soll eine Zahlung zum Partner hin erfolgen?
Russland ist kein SEPA-Land. Beispiel. Eine Überweisung aus Russland über Sofortüberweisung kostet 1,5 % Disagio, mindestens aber 20,- €. Akzeptiert Ihr osteuropäischer Partner, dass Forderungen angesammelt und dann auf einmal getilgt werden? Welche Sicherheiten können Sie ihm bieten, damit er das akzeptiert? Welche Sicherheiten kann er Ihnen bieten, wenn Sie Vorauszahlungen leisten würden, mit denen spätere Aufträge verrechnet werden sollen?
6. Wer erstellt, nachdem die Punkte zuvor geklärt sind, jetzt den Agenturvertrag? Wer übernimmt die Übersetzung des Agenturvertrags?
In diese Fragen miteinbeziehen, ob sich der Vertragspartner an Werbemaßnahmen beteiligt und in welcher Form, insbesondere:
- Bereitstellung von Bildern und Produktbeschreibungen
- Mitfinanzierung von Anzeigen und Erstellung von Flyern
- konzertierte Social-Networking-Aktivitäten
7. Agenturvertrag wird erstellt.
8. Entwurf des Agenturvertrags wird diskutiert/verhandelt.
Hier kommt es u.a. darauf an, dass Sie im Vertrag die Verantwortlichkeit beider Seiten regeln, Kommunikationsregeln und Sanktionen aufstellen. Man muss sich auf Informationen seines Partners verlassen können. Wenn Sie Ihren deutschen Kunden die Richtigkeit bestimmter Informationen, die sie ihnen geben, die Sie aber von Ihrem östlichen Partner erhalten haben, gewährleisten wollen, dann sollten Sie deckungsgleich eine entsprechende Gewährleistungserklärung Ihres östlichen Partners dazu haben. Für Schäden, die aus falschen Informationen für Sie entstehen (wegen des Schadensersatzes an Ihren Kunden), muss Ihr Partner haftbar gemacht werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gerichtsstandsvereinbarung und die Anerkennung und Vollstreckung der Urteile der nach diesen Vereinbarungen zuständigen (ausländischen/russischen?) Gerichte. Für diesen Bereich ist am 30.06.2005 das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ) verabschiedet worden. Russland, Ukraine und Belarus sind Mitglieder dieses Abkommens.
9. Die vereinbarte Fassung (Finalfassung) wird übersetzt
Als Muttersprachler korrigieren Sie die Deutschfehler.
10. Übersetzte Fassung ist ebenfalls von beiden Seiten zu akzeptieren, bis dahin zu korrigieren
11. Der zweisprachige Vertrag wird unterzeichnet.
12. Die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kunden werden dem Agenturvertrag angepasst
Hier gibt es noch was Wichtiges:
Wo ein Reiseveranstalter Direktvertrieb betreibt, kommt es vor, dass in seinen AGB Passagen stehen, die nicht im Interesse des Vermittlers sind, wenn er solche AGB dem Kunden zusendet. Da können Klauseln seine Arbeit in Frage stellen. Der Reiseveranstalter sollte insoweit Rücksicht auf seine Vermittler nehmen und auf bestimmte Passagen verzichten, die seinem Partner in die Gefahr bringen, um die Früchte seiner Arbeit gebracht zu werden.
Insbesondere denke ich dabei an die Nennung der Kontakte, über die ein Kunde buchen kann. Wenn der Kundes das aber tut, wird der Reisevermittler oft ausgebootet.
Steht in den AGB die Telefonnummer eines Callcenters des Leistungsträgers/Reiseveranstalters und kann über eine spezielle Telefonnummer der Kunde nicht einem Reisevermittler zugeordnet werden, geht er leer aus, obwohl er den Kunden kaufbereit gemacht hat. - Und das ist wieder eine unfaire Situation.
Da stellt sich die Frage, ob der Reisevermittler die AGB des Kooperationspartners hier beschneiden kann, um solche Nachteile zu verhindern.
Wenn die AGB als ein Werk eingestuft werden, ist das Herausschneiden von Passagen eine unerlaubte Veränderung des Werkes und damit eventuell eine Urheberrechtsverletzung. Daraus ergibt sich wieder eine Konfliktsituation.
Große Leistungsträger wie Fährgesellschaften zeigen sich hier wenig einsichtig, verlangen vielmehr sogar noch, dass das Reisebüro von seiner Website aus auf die AGB auf der Website verlinken. Damit erhält der Leistungsträger kostenlos "Link juice", der die eigene Website stärkt und die Kunden können beim Surfen zu ihrem Partner abwandern.
***
Soweit mal ein paar Anregungen für Vertragsverhandlungen. Jetzt sind auch Gründe dafür sichtbar geworden, sich lieber eher annähernd gleich große Partner zu suchen, mit denen sich besser verhandeln lässt. - Aber wie gesagt: es gibt rare Produkte mit Alleinstellungsmerkmal, da gibt es nur: Frissoder stirb!
Literaturtipps
a) Hans-Eduard Hille, Claudia Lübbert, Susanne Lindemann - Praxisleitfaden: Kooperation von Dienstleistern - Erfolgsfaktoren und Stopersteine, Wolnzach 2009.
pdf ist im Internet abrufbar.
b) PLS Ramboll Management: In zehn Schritten zur strategischen Partnerschaft. Leitfaden, Berlin 2003.
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Dokumentationen/in-zehn-schritten-zur-strategischn-partnerschaft-533,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf