Checkliste Vertragsverhandlungen mit osteuropäischen Leistungsträgern und Reiseveranstaltern
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2. Regeln, wer das Kundengeld einzieht und Anspruch auf die Anzahlung hat
Hierbei § 147b Gewerbeordnung beachten. Wenn Ihr Partner in Osteuropa keine Sicherheit im Sinne von § 147b GewO bieten kann und deswegen Sie den Sicherungsschein den Kunden anbieten, sollten Sie auch nicht die Forderung akzeptieren, dass Vorauszahlungen vom Kunden an Ihren Partner geleistet werden bzw. dass die Anzahlung, die Sie entgegennehmen, Ihrem Vertragspartner zustehen, Sie quasi nur Treuhänder dieses Geldes sind.
Regelmäßig werden Nettopreise zwischen DMC (siehe Glossar) und Agentur vereinbart und der Verbraucher bezahlt den gesamten Preis an den Agenten und dieser zahlt den Nettopreis an den DMC. Aber es mag Situationen und Gründe geben, davon abzuweichen und eine Provisionslösung zu vereinbaren. Soll der Kunde dann an den Partner zahlen oder zieht man im Namen des Partners das Geld vom Kunden ein? Letzteres macht zum Beispiel Sinn, wenn man dem Kunden mehr verschiedene Zahlungsarten anbieten kann als der Partner (etwa: nur Kreditkarte). Und zieht man das Geld auf Rechnung des Partners ein oder auf eigene Rechnung?
Die Lösungen müssen individuell gefunden werden. Dabei kann es eine Rolle spielen, was der Kunde lieber sieht, also was für ihn bequemer ist, wer die stärkere Marke hat, wer einen Akzeptanzpartner für bestimmte Zahlungsmittel hat, oder wer die besseren Konditionen beim Geldtransfer zwischen Deutschland und Russland.
Ein wichter Aspekt ist dabei, ob man die Rolle eines Reiseveranstalters freiwillig übernimmt oder ob man das so weit wie möglich versucht zu verhindern und sich auf die Rolle eines Reisevermittlers zurückzieht (dann Einziehung des Reisepreises vom Kunden "im Namen und für Rechnung des Reiseveranstalters"). Steuerrechtliche Überlegungen sind ebenfalls sehr wichtig.
3. Festlegung, ob der Partner mit einer White-Label-Lösung einverstanden ist.
In White-Label-Fällen ist man nach deutschem Recht selbst Reiseveranstalter. Der Partner in Osteuropa ist Auftragnehmer und bei Nichterfüllung muss er im Agenturvertrag Vertragsstrafen akzeptieren. Solchen Vertragsstrafenregelungen versuchen sich nicht selten die Partner zu entwinden. Das ist mit ein Grund dafür, weshalb es schwer ist, zuverlässige Partner in Osteuropa zu finden, die zu ihrer Verantwortung stehen.
Sie können die Kunden mit ihren Beschwerden nicht an den Partner verweisen, denn der ist bei der White-Label-Lösung kein Vertragspartner Ihres Kunden, sondern Ihr Erfüllungsgehilfe.
Macht Ihr Kunde bei Ihnen Reisemängel geltend und akzeptieren Sie daraufhin eine Minderung, sollten Sie die Möglichkeit haben, Regress bei Ihrem russischen Partner zu nehmen. Typisches Problem hier ist, dass dieser in seinem Agenturvertrag, sofern er überhaupt zur eigenen Verantwortlichkeit etwas regelt, diese auf Verschulden begrenzt, etwa auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Im deutschen Reiserecht werden Reisemängel aber unter Verzicht auf Elemente der Zurechenbarkeit, Verantwortlichkeit oder des Verschuldens definiert. Damit muss die zwischen Ihnen und ihrem russischen Partner geregelte Risikoverteilung korrelieren. Wir haben hier ein Konfliktfeld, in welchem Sie nicht für Ereignisse haften sollten, die in der Sphäre Ihres russischen Partners liegen, von diesem leichter zu vermeiden sind, da er in seiner russischen Rechtsordnung lebt und damit klarkommen muss und er Sie häufig über typische russlandbedingte Gefahren nicht wird rechtzeitig informieren, damit Sie die Chance haben, Maßnahmen zu ergreifen, ihre Kunden möglichst frühzeitig zu informieren.
Somit lässt sich vielleicht diese Regel festhalten: Je schlechter Ihr Partner mit Ihnen kommunziert, Sie informiert, umso wichtiger werden Regressregeln und die Aufnahme von Sicherheiten an Treuhänder, die Ihr russischer Partner stellen sollte.
Praktisch durchzusetzen ist die Regel wohl von den wenigsten Reisevermittlern. Entsprechend starke Argumente (insbesondere eine domienierende Online-Buchungstechnologie) haben wohl nur Riesen wie TUI und Thomas Cook. Vergleichen Sie doch mal diese Regeln mit denen, deren Akzeptanz große Unternehmen wie Expedia den Reisebüros abverlangen, die eine Partnerschaft mit solchen Unternehmen eingehen wollen! Hier finden Sie umfangreiche Pflichten für die Reisebüros, auch Kommunikationspflichten und Regeln zur Abwicklung von Risiken auf die Reisebüros.
4. Auskünfte aus dem russischen Veranstalter-Register einholen
siehe Artikel Eröffnung touristischer Tätigkeiten in Russland und Informationen zu russischen Reiseveranstaltern aus dem Veranstalter-Register.
Website des russischen Reiseveranstalter-Registers: http://reestr.russiatourism.ru/
5. Abklären, über welche Kanäle der Zahlungsverkehr abgewickelt werden soll oder kann.
Ab welchen Umsätzen soll eine Zahlung zum Partner hin erfolgen?
Russland ist kein SEPA-Land. Beispiel. Eine Überweisung aus Russland über Sofortüberweisung kostet 1,5 % Disagio, mindestens aber 20,- €. Akzeptiert Ihr osteuropäischer Partner, dass Forderungen angesammelt und dann auf einmal getilgt werden? Welche Sicherheiten können Sie ihm bieten, damit er das akzeptiert? Welche Sicherheiten kann er Ihnen bieten, wenn Sie Vorauszahlungen leisten würden, mit denen spätere Aufträge verrechnet werden sollen?
6. Wer erstellt, nachdem die Punkte zuvor geklärt sind, jetzt den Agenturvertrag? Wer übernimmt die Übersetzung des Agenturvertrags?
In diese Fragen miteinbeziehen, ob sich der Vertragspartner an Werbemaßnahmen beteiligt und in welcher Form, insbesondere:
- Bereitstellung von Bildern und Produktbeschreibungen
- Mitfinanzierung von Anzeigen und Erstellung von Flyern
- konzertierte Social-Networking-Aktivitäten
7. Agenturvertrag wird erstellt.
8. Entwurf des Agenturvertrags wird diskutiert/verhandelt.
Hier kommt es u.a. darauf an, dass Sie im Vertrag die Verantwortlichkeit beider Seiten regeln, Kommunikationsregeln und Sanktionen aufstellen. Man muss sich auf Informationen seines Partners verlassen können. Wenn Sie Ihren deutschen Kunden die Richtigkeit bestimmter Informationen, die sie ihnen geben, die Sie aber von Ihrem östlichen Partner erhalten haben, gewährleisten wollen, dann sollten Sie deckungsgleich eine entsprechende Gewährleistungserklärung Ihres östlichen Partners dazu haben. Für Schäden, die aus falschen Informationen für Sie entstehen (wegen des Schadensersatzes an Ihren Kunden), muss Ihr Partner haftbar gemacht werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gerichtsstandsvereinbarung und die Anerkennung und Vollstreckung der Urteile der nach diesen Vereinbarungen zuständigen (ausländischen/russischen?) Gerichte. Für diesen Bereich ist am 30.06.2005 das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ) verabschiedet worden. Russland, Ukraine und Belarus sind Mitglieder dieses Abkommens.
9. Die vereinbarte Fassung (Finalfassung) wird übersetzt
Als Muttersprachler korrigieren Sie die Deutschfehler.
10. Übersetzte Fassung ist ebenfalls von beiden Seiten zu akzeptieren, bis dahin zu korrigieren
11. Der zweisprachige Vertrag wird unterzeichnet.
12. Die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kunden werden dem Agenturvertrag angepasst
Hier gibt es noch was Wichtiges:
Wo ein Reiseveranstalter Direktvertrieb betreibt, kommt es vor, dass in seinen AGB Passagen stehen, die nicht im Interesse des Vermittlers sind, wenn er solche AGB dem Kunden zusendet. Da können Klauseln seine Arbeit in Frage stellen. Der Reiseveranstalter sollte insoweit Rücksicht auf seine Vermittler nehmen und auf bestimmte Passagen verzichten, die seinem Partner in die Gefahr bringen, um die Früchte seiner Arbeit gebracht zu werden.
Insbesondere denke ich dabei an die Nennung der Kontakte, über die ein Kunde buchen kann. Wenn der Kundes das aber tut, wird der Reisevermittler oft ausgebootet.
Steht in den AGB die Telefonnummer eines Callcenters des Leistungsträgers/Reiseveranstalters und kann über eine spezielle Telefonnummer der Kunde nicht einem Reisevermittler zugeordnet werden, geht er leer aus, obwohl er den Kunden kaufbereit gemacht hat. - Und das ist wieder eine unfaire Situation.
Da stellt sich die Frage, ob der Reisevermittler die AGB des Kooperationspartners hier beschneiden kann, um solche Nachteile zu verhindern.
Wenn die AGB als ein Werk eingestuft werden, ist das Herausschneiden von Passagen eine unerlaubte Veränderung des Werkes und damit eventuell eine Urheberrechtsverletzung. Daraus ergibt sich wieder eine Konfliktsituation.
Große Leistungsträger wie Fährgesellschaften zeigen sich hier wenig einsichtig, verlangen vielmehr sogar noch, dass das Reisebüro von seiner Website aus auf die AGB auf der Website verlinken. Damit erhält der Leistungsträger kostenlos "Link juice", der die eigene Website stärkt und die Kunden können beim Surfen zu ihrem Partner abwandern.
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Soweit mal ein paar Anregungen für Vertragsverhandlungen. Jetzt sind auch Gründe dafür sichtbar geworden, sich lieber eher annähernd gleich große Partner zu suchen, mit denen sich besser verhandeln lässt. - Aber wie gesagt: es gibt rare Produkte mit Alleinstellungsmerkmal, da gibt es nur: Friss [...Nächste Seite]