Wie kommt man zu Eintrittskarten für das Moskauer Bolschoi-Theater?
Darum geht es heute.
Im Internet werden von Ticketdienstleistern zwar Karten für das Bolschoi-Theater angeboten. Doch sind manche Käufer dann überrascht, wenn sie nach Moskau kommen. Es sind nur Karten für das kleine Bolschoi-Theater, für die neue Bühne in einem seperaten Gebäude am Theaterplatz, nicht, wie von ihnen gedacht, für eine Veranstaltung im berühmten Hauptgebäude mit den Säulen und der Quadriga.
Der Vorverkauf für die Hauptbühne ist eingeschränkt, weil es eine hohe Nachfrage nach den Eintrittskarten gibt, die zur Zeit nicht gedeckt werden kann, wo das Bolschoitheater doch erst nach langer Restaurationszeit (über 6 Jahre) im Herbst 2011 wieder eröffnet worden ist.
Was kann man tun, um Theaterkarten des Bolschoi zu bekommen?
Ich erkläre die Regeln des Bolschoi-Theaters und trage hier ein paar Erfahrungen meiner Kollegen in Moskau mit dem Ticketverkauf und eigene Internetrecherche-Ergebnisse zusammen.
Inhalt
1. Allgemeines
2. Welche Konditionen gelten offiziell?
2.1. Kauf an der Theaterkasse
2.2. Kartenvorverkauf online
2.3. Einlass/Kartenkontrolle
3. Wenn Sie keine Karten bekommen können
1. Allgemeines
Das Bolschoitheater befindet sich am Theaterplatz 1.
http://www.bolshoi.ru/
Bis 2011 renoviert worden ist das Hauptgebäude. Die Renovierung umfasste unter anderem die Außenfassade, innen sind die Möbel ausgetauscht worden. Feierliche Wiedereröffnung war am Freitag, dem 28. Oktober 2011.
Der Kauf von Eintrittskarten wird erläutert auf:
http://www.bolshoi.ru/visit/buying
Trotz dieser Erläuterung bleiben noch Fragen offen. Was sind die Vertriebswege für die Karten? Wo außer im Internet auf der Homepage des Bolschoi und an der Theaterkasse bzw. Abendkasse sind auch noch Karten erhältlich? Wieviel Karten erhalten Veranstalter, wieviele gehen an Abonnenten, wieviele werden für Prominente zurückgelegt?
Ab wann beginnt man mit dem Verkauf für Karten zu bestimmten Veranstaltungen?
Widmen wir uns einmal der letzten Frage.
Ein aufmerksamer und an Karten sehr interessierter Kunde von mir hat recherchiert. Wir kamen nach seinen Beobachtungen und Recherchen und meinen zu dem Ergebnis, dass zur Zeit (März 2013) keine festen Regeln erkennbar sind, nach denen mit dem Verkauf der Eintrittskarten begonnen wird. Anscheinend will die Theaterleitung nicht berechenbar sein, um kriminelle Geschäfte mit den Karten zu erschweren, ist eine unserer Vermutungen zu den Gründen dafür. Denn es gibt tatsächlich ein erhebliches Interesse, damit (schwarz) Geschäfte zu machen. Also muss das Bolschoi unberechenbar sein, um allen Chancen geben zu wollen, Abendvorstellungen auf der Hauptbühne zu besuchen und sich vor einer Schädigung des Rufes infolge von dunklen Geschäften mit Theaterkarten zu schützen.
Als Faustregel ist erkennbar (und wurde von verschiedenen Partnern in etwa so bestätigt): Termine der einzelnen Veranstaltungen werden im Spielplan auf der eigenen Website etwa 3 Monate vorher veröffentlicht.
Man kann nicht genau sagen, wieviele Wochen vorher mit dem Verkauf begonnen wird. Der Termin des Verkaufsbeginns schwankt. Obwohl auf der Website des Bolschoi-Theaters der Verkauf für die Frühjahrs- und Sommersaison 2013 noch nicht eröffnet worden ist, werden auf einer amerikanischen Seite schon längst (Stand Januar 2013) Karten verkauft, zu einem Preis, der den realen Preis, der an das Bolschoi-Theater zu zahlen ist, um ein Mehrfaches übersteigt. Hier wird mit der geografischen Entfernung Geschäft gemacht und der Tatsache, dass Bürger allgemein in Amerika weniger über Russland wissen als in EU-Europa, denke ich dabei. Es wird wohl hier ein Kanal zur Mafia bestehen, die die Karten aufkauft.
Die Website des Bolschoi-Theaters gibt es auf russisch, teilweise auch auf englisch, unter anderem auch den Spielplan. Genau schauen: "New Stage" ist nicht die Hauptbühne, sondern die neue Bühne, die sich im Seitengebäude am Theaterplatz befindet. Es gibt auch noch einen dritten Saal, den Beethoven-Saal. Er befindet sich unter dem Theaterplatz.
Ich hatte vor einigen Wochen mal die Regeln zum Verkauf der Theaterkarten studiert und jetzt in Erinnerung, dass die Reisepassnummer in die Theaterkarte reingedruckt wird. Daher wundere ich mich jetzt.
2. Welche Konditionen gelten offiziell?
Das Bolschoitheater selbst hat verschiedene Distributionswege: Wir unterscheiden den Kauf im Internet und den direkt vom Theater und den von Ticketdienstleistern und Veranstaltern.
2.1. Kauf an der Theaterkasse
Ein Freund in Moskau, der mir helfen wollte, zwei Karten für eine Veranstaltung Anfang Juni im Voraus zu beschaffen, rief Ende Januar 2013 an der Theaterkasse an und erhielt zur Auskunft:
Auch wenn er die Reisepassdaten von Ausländern hat, kann er für sie doch keine Karten kaufen.
Er kann zwei Karten kaufen, davon eine für sich selbst und die zweite für eine beliebige Person, mit der er das Theater besucht.
Restliche Karten werden an der Abendkasse verkauft. Da wird es schwierig für Individualtouristen, erfolgreich zu sein. Wie lange vorher will man sich dorthin stellen? Und was ist, wenn dreiste Männer daherkommen und sie belästigen und bedrohen und sich gewaltsam vordrängeln (mit der Absicht etwa, die gekauften Karten teuer zu verkaufen)? Von Polizeiwache am Eingang zur Beaufsichtigung habe ich noch nichts gehört.
Jedenfalls werden einige Karten auch für arme Leute zurückgehalten, die dann nur einen eher symbolischen Preis zu zahlen brauchen. Und Studenten. Wer in Moskau studiert, kann Eintrittskarten zu Vorstellungen für 100 Rubel für den Rang ganz oben erhalten, auch Ausländer.
Die Kartenverkäuferinnen an der Kasse sprechen kein Englisch/deutsch.
2.2. Kartenvorverkauf online
Das sind Regeln, die auf der Website des Bolschoi so beschrieben werden:
Es dürfen höchstens zwei Karten bestellt werden, davon eine für den Besteller. Notwendige bei der Bestellung zu machende Angaben:
- Familienname,
- Reisepass-Nummer,
- Name der Veranstaltung im Bolschoi,
- Datum und Zeit der Veranstaltung,
- Anzahl der Eintrittskarten (eine oder zwei?).
Unklar ist für den virtuellen Bolschoi-Besucher im Internet, wann der Kartenverkauf für bestimmte Tage beginnt. Im März 2013 gab es mal für den ersten und zweiten Juni auf der Liste der Abendvorstellungen auf der Hauptbühne "Die Zarentochter", ohne dass hier schon Karten zum Kauf angeboten wurden. Eine österreichische Website hatte aber Karten dazu angeboten. Doch kurze Zeit später war die Veranstaltung wieder vom Spielplan der Bolschoi-Website verschwunden, der österreichische Kartenverkäufer hat das nicht so schnell mitbekommen, zumal er die Karten auch nur über einen Partner vermittelt.
"Was geht hier vor sich?", fragt sich mein Kunde. Seine Schlussfolgerung:
Es könnte mit dem Säureangriff auf den Direktor des Bolschoi-Theaters, Sergej Filin, am 17.01.2013 zu tun haben. Vor wenigen Tagen las ich auf Russland Aktuell einen (vermutlich aus russischen Medien übersetzten) Artikel (Russland Aktuell-Redakteure nennen häufig ihre Informationsquellen nicht, obwohl diese keinen Schutz brauchen), in dem gezeigt wird, was für Streitigkeiten um Posten da laufen. Der mutmaßliche Anstifter zum Attentat soll der Tänzer Pawel Dmitritschenko sein und dieser wurde von den Bediensteten nun zum neuen Gewerkschaftsleiter gewählt. Diese Funktion hatte bisher Sergej Filin inne.
So ist es von außen her nachvollziehbar, wenn es zu Spielplanänderungen kommt oder der Spielplan verspätet veröffentlicht wird, weil noch gar nicht sicher ist, ob in zwei Monaten alle Abendaufführungen nach Plan laufen können.
2.3. Einlass/Kartenkontrolle
Beim Einlass zur Veranstaltung wird die Reisepassnummer im Reisepass mit der Nummer auf der Eintrittskarte verglichen. Der Reisepass ist mitzubringen.
Weitere Einzelheiten zum Kauf und dem Einlass entnehmen Sie bitte der russisch- oder englischsprachigen Seite des Bolschois http://www.bolshoi.ru/visit/buying
Ergänzung: 08.11.2016: Die Reisepassnummer wird auf die Karten gedruckt beim Kauf online. Sie lassen sich daher kaum weiterverkaufen. Dagegen beim Kauf an den Theaterkassen des Bolschoi fehlen sie.
3. Wenn Sie keine Karten bekommen können
Wenn Sie unbedingt eine Abendaufführung sehen wollen und Sie das Geld haben, könnten Sie es an der Schwarzkasse versuchen. Da ich die Verhältnisse vor Ort nicht kenne, kann ich dazu keine Anleitung geben, ob man sich schwarz Karten beschaffen könnte.
Das Bolschoitheater warnt aber vor Käufen von Karten vor dem Eingang. Man könnte Opfer eines Betruges werden. Die Karten könnten gefälscht sein. Und Karten, auf denen Korrekturen vorgenommen wurden, können vom Personal abgelehnt werden.
Führung durch das Bolschoitheater
Das Bolschoitheater bietet Führungen durch das Haus am Tage an, montags, mittwochs und freitags. Wenn ich mich richtig erinnere, steht dieses Angebot erst seit etwa zweiter Hälfte Februar 2013 auf der Website, auch in englisch. Die ersten Führungen gab es bereits kurz nach der Wiedereröffnung in 2011. Die Gruppengröße ist auf 15 beschränkt. Der Rundgang dauert etwa eine Stunde und 15 Minuten und endet am Souvenirladen des Hauses. Es gibt immer jeweils eine Führung in russischer Sprache und eine in englischer Sprache.
http://www.bolshoi.ru/about/bigstage/excursions/
Nach Kauf der Eintrittskarte müssen sich die Besucher einer kleinen Personenkontrolle unterziehen, bevor der Rundgang beginnt. Fotografieren und Filmen ist während der Tour erlaubt.
Angebot: Ost Impuls bietet Ihnen die Beschaffung von Eintrittskarten gegen Vermittlungshonorar an.
Natürlich ist der Andrang auf die Karten sehr groß. Nach Freigabe des Kaufs können die (besten) Plätze schon schnell ausverkauft sein. Daher melden Sie sich bitte möglichst schon gute drei Monate vor Ihrem Moskau-Aufenthalt! Alternativ besteht noch die Option, an einer Führung durch das Bolschoi-Theater am Tage teilzunehmen. Auch deswegen wenden Sie sich bei Interesse an mich!
Nachtrag, 21.06.2014: Ich habe gerade die Teilnahme für deutsche Touristen an einer Tagestour organisiert. Plätze für reguläre Führungen durch das Bolschoi-Theater können nicht reserviert werden. Die Warteschlange ist lang, wenn die Kasse geöffnet wird. Am Eingang sorgt ein Polizist für Ordnung, zählt die Teilnehmer der Tour ab und lässt so lange Leute zur Kasse, bis die maximale Gruppengröße erreicht ist.
Sonderführungen (Privatführungen) sind prinzipiell möglich, sind aber für die Teilnehmer teurer. Die Vereinbarung solcher Sonderführungen ist nicht leicht zu organisieren, zumal wenn noch ein Dolmetscher hinzugenommen werdensoll. Die Kommunikation mit Mitarbeitern des Bolschoi-Theaters ist eher schwierig, unstetig, teilweise unverbindlich; unklar ist, ob man überhaupt eine schriftliche Antwort bekommt. Wie in vielen Moskauer Hotels ist man in der Rolle eines Bittstellers.
Ost Impuls als Agent bietet Ihnen Hilfe an, kann aber nach den gesammelten Erfahrungen keinen Erfolg zusagen. Ost Impuls bietet die Organisierung von Privatführungen durch das Bolschoitheater in englischer Sprache mit einer Dame, die selbst am Bolschoi früher Ballett tanzte. Hier können in der Regel auch Räume gezeigt werden, die in der normalen Führung nicht oder nur manchmal gezeigt werden (können).
Linktipp:
Nur zu Anschauungszwecken:
www.operaandballet.com
Auf dieser amerikanischen Website werden die Eintrittskarten überteuert angeboten. Möglicherweise hat die Mafia hier die Hände im Spiel. Häufig sind die gezeigten Spielpläne nicht korrekt und infolgedessen können dann Karten doch nicht verkauft werden. Die Preise hier sind Wucher.
Ergänzung, 01.06.2016: Das Bolschoi-Theater schaltete im Mai 2016 einen Videokanal auf Youtube, unterstützt diesen mit seinem Auftritt auf Facebook.