Goldener Ring-Fahrrad-Tour Juli 2012 - Reisetagebuch, zweiter Tag
Lange Pause am Stausee von Ulejma
Wir fuhren also die gepflasterte Straße etwa einen Kilometer weiter, bis zu einem Stausee unterhalb eines Dorfes Ulejma und machten hier eine lange Pause.
Einige von uns schwammen. Nur an der Oberfläche eine dünne Wasserschicht war einigermaßen warm. Im Sandhaufen konnte man die Füße wärmen. - Dieser Platz am See war nett für eine Pause. Eigentlich das beste Plätzchen auf der ganzen Strecke bis zum letzten Tag. - Bis wir aufbrachen und zugleich Jugendliche mit einem Lada ankamen.
Paul hatte inzwischen von Tracy den gestern verlorenen Handschuh wiederbekommen. Am Morgen hatte er sich, als er ihn noch nicht hatte, einen zweiten von seinem Ersatzpaar angezogen. Die zwei ungleichen Handschuhe, einer schwarz, der andere weiß, trug er weiter, auch am nächsten Tag noch. Picknick mit Tee, Instant-Kaffee, Brot, Käse, Wurst, Bananen, Gebäck ("Prjanniki", Lebkuchen, die nicht nur zur Weihnachtszeit im Laden-Regal liegen).
Nach der Pause (es waren inzwischen zwei oder drei halbstarke Ruhestörer mit einem PKW und lauter Musik gekommen, als wir uns sammelten) besuchten wir das St. Nicholas-Kloster (auf russisch: Николо-Улейминский монастырь) in dem Dorf, das, wie meine Recherche im Nachhinein auf einer russischen Karte ergibt, Ulejma heißt. So heißt auch der kleine Fluss, der unseren See mit kaltem Wasser speist. An einer Kirche auf dem Klostergelände waren die Zwiebeltürme zur Renovierung eingerüstet.
Haben Sie schon mal Zwiebeltürme ohne Haut gesehen?
In Uglitsch
Dann fuhren wir auf der Kreisstraße R 153, die sich 5 km vor Uglitsch mit der R 104 vereinigt durch, bis ins Zentrum der Kreisstadt an der Wolga rein. An einer Kreuzung warteten wir. Wladimir hatte vielleicht zu klären, ob wir (noch) in das Wodkamuseum reinkämen, glaube ich. Wir waren dafür spät dran (Die Pause war also doch etwas zu lange gewesen.). Als wir dort ankamen, warteten wir wieder 10 oder 15 Minuten, kamen aber rein und erhielten eine Führung. Swetlana übersetzte. Es gibt nur einen Raum. Aber hier sind in den Vitrinen, nach Regionen und Städten sortiert, alle fabrikmäßig hergestellten Wodkasorten ausgestellt. Ich machte einen Test und fragte: Mein tatarischer Freund hatte mir vor ein paar Jahren mal eine Halbliterflasche tatarischen Wodkas mit rotem Etikett geschenkt. Diese Sorte gibt es hier auch. Wir bekamen jetzt natürlich auch Wodka zum Probieren angeboten, den Uglitscher; und ein Glas Met, also, Honigwein. Für Dmitri und mich, die Dokumentarfotografen, blieb noch jeweils ein zweites Gläschen auf dem Tablett übrig.
In einem Prospekt zur Wolga heißt dieses Museum: Die Wodkabibliothek. Anstatt Bücher werden Wodkaflaschen gesammelt, auch die Fälschungen. Aber darüber hinaus mehr; alte Gegenstände mit Geschichte, die zur Herstellung verwendet wurden. Es geht um die Geschichte des Wodkas, nicht um die moderne Produktion heute.
Während des Wartens vor dem Reingehen in das Wodkamuseum ging ich in die Nähe des Wolgaufers und sah dort ein Flusskreuzfahrtschiff, das erste an der Wolga auf dieser Tour.
Auf einer Halbinsel sah ich eine Kirche, also gleich neben dem Park des Sieges, einem Erholungspark, in dem Fahrradfahren untersagt ist (siehe Schild, Foto von mir). Diese Kirche gehört zum Kreml, der sich auf der Halbinsel befindet. Dorthin fuhren wir anschließend.
Neben dem Wodkamuseum befindet sich ein Gefängnismuseum, ebenfalls in einem kleinen Haus. Das hätte vielleicht auch interessant sein können. Aber verständlich, dass wir das nicht auch noch besichtigten. Es wäre aber eine Alternative.
Der Kreml von Uglitsch
An der Brücke auf einer gepflasterte Straße zum Kreml begegneten uns Einheimische in altertümlichen Trachten. Scheinbar wurde etwas gefeiert. Oder sie kamen von einer Vorführung speziell für die Gäste von Wolga-Kreuzfahrtschiffen. An einer alten Kirche mit schattigen Bäumen posierten auch noch welche in Adelstrachten (Fotos). Touristen von Flusskreuzfahrtschiffen waren aber nicht zu bemerken, vermutlich waren sie schon auf dem Souvenirmarkt im Park des Sieges oder in Bussen unterwegs zu weiteren Sehenswürdigkeiten. Am Ufer des Kremlgeländes, das nicht mit einer dicken Mauer umgeben ist wie z.B. in Rostow, gab es einen Stand mit einem Schmied, der zeigte, wie im Mittelalter Geld geprägt wurde.
Auf dem Gelände befindet sich ein staatliches Geschichts- und Kunstmuseum. Wir besuchten das aber nicht.
Wladimir hatte sich an diesem Ort mit seinem Freund von der Uglitscher Zeitung verabredet, Alexander Jurewitsch Suslow. Er ist der Hauptredakteur. Alexander hatte auch eine Kollegin oder seine Freundin mitgebracht, die Reporterin ist, mit Fotokamera, Mikrofon und Rekorder ausgestattet. Sie suchte jemanden aus unserer Gruppe für ein Interview zu unserer Tour und unserem Besuch in Uglitsch. Daraus sollte ein Artikel in der Uglitscher Zeitung entstehen. Diese Person ruhte sich auf einer Holzbank aus. Unser amerikanischer Vater.
Die Zeitung hat eine Auflage von 2.900 Exemplaren. Ich bekam vom Hauptredakteur die aktuelle Tagesausgabe. Aus der Zeitung geht es hervor, dass Uglitsch 1075 Jahre alt ist. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort im Jahre 937.
Auf dem Kreml-Gelände befindet sich die Demetriuskirche. Sie trägt ihren Namen nach Dmitri, einem Sohn Iwan des Schrecklichen, der an dieser Stelle 1591 starb, als er zum Gedenken an seinen Vater hier her kam. Man weiß nicht, wie, vermutet, dass er ermordet worden ist durch Veranlassung von Boris Godunow, der selbst Zar werden wollte. Die blutrot und weiß bemalte Kirche mit blauen Zwiebelkirchdächern wird auch Blutskirche genannt. Sie wurde 1692 errichtet.
Bevor wir das Gelände verließen, machten wir ein Gruppenfoto unter Bäumen mit unseren Fahrrädern vor einer Kirche. Das einzige mit allen Teilnehmern auf unserer Tour.
Vor der Brücke zum Kreml steht rechts ein verziertes, gelbes Haus aus Holz, das Museum des Stadtlebens (Heimatmuseum).
Fakten zu Uglitsch
Einwohner: zirka 34.500 (Stand 2010)
Distanzen auf asphaltierten Straßen von hier aus laut Wikipedia am 22.08.2012
Rostow Welikij: 90 km
Mischkin: 40 km
Nekouz: 60 km
Rybinsk: 85 km
Jaroslawl: 100 km
auf nicht durchgehend asphaltierten Straßen:
Kaschin: 50 km
Nagorje: 80 km.
In Uglitsch endet eine Eisenbahnstrecke, aus Richtung Kaljasin (Wolga) kommend. Von Kaljasin kann man über Sonikowo mit der Bahn nach St. Petersburg gelangen.
Weitere als die genannten Museen sind das Wasserkraftwerkmuseum mit 11 Sälen auf drei Etagen an der Spasskistraße 33 (wir fuhren vorbei), Uhrenmuseum des Uhrenwerkes Tschaika (Möwe), ein Glasmuseum, ein Glöckchenmuseum der Familie Kulagin, ein Museum der Legenden von Uglitsch.
Nach dem Verlassen des Kremls fuhren wir auf der Spasskistraße entlang und kamen an einem weiß gestrichenen Männerkloster vorbei, mit einer weißen Kirche, mit silbernen Kuppeln, die uns gefiel, das Wosskrenskij-Kloster. Wie ich stoppten auch Jan, Gale (die Frauen, die eine größere Kamera dabei hatten) und Tracy. Wir fuhren in Richtung eines Staudamms. Ich war letzter, denn ich fuhr einen Umweg ans Ufer, um von hier aus diese Staumauer mit der Straße drüber zu fotografieren, die hier naheliegend Wolgastraße heißt. In der Nähe gibt es einen Kanal, den die Wolgakreuzfahrtschiffe nehmen, mit einer Schleuse.
Unser Tagesziel war eine Ortschaft mit einigen Ferienhäusern, einige Kilometer von Uglitsch entfernt, auf der westlichen Uferseite der Wolga.
Unterkunft Kokajewo
Unsere Unterkunft ist ein Haus, mit Hohlblocksteinen errichtet und teilweise unverputzt, innen holzvertäfelt, 2 Stockwerke. Auf dem Gelände mit Wiese ein Teich mit Einstieg für ein Bad, passend zur Sauna.
Als wir ankamen, verteilte Wladimir die Zimmer, Andrej packte die Sachen aus dem Truck. Swetlana kümmerte sich um das Essen in der Küchenecke des Gesellschaftsraums, wobei sie auch Hilfe von Teilnehmern bekam.
Hinter dem Haus gab es eine Tischtennisplatte. Jesse, der ältere Junge, hatte mich gefragt, ob ich mit ihm spiele. Unser Brite übernahm dann meinen Schläger.
Es gab eine Dusche für alle im Haus. Ein Engpass.
Es fehlte in dem kleinen Duschraum ein Stuhl für Kleidung, am Spiegel war ein kleines Regal für Shampoo oder Zahnbürste. Das Warmwasser von einem Kessel reichte aus, da wir ein paar Paare in der Gruppe hatten, die sich das warme Wasser zugleich teilen konnten. Die gaben sich die Duschdüse mit dem eingeregelten warmen Wasser gegenseitig in die Hand, so dass weniger heißes Wasser allein durch Einstellen der passenden Temperatur verloren ging.
Mit der Zeit wurde es da drinnen feucht und schmutzig durch die Schuhe, von denen sich der Straßendreck löste. Gut, dass wir, Tracy und ich die ersten gewesen sind.
Unsere Handtücher legten wir draußen zum Trocknen auf einen Holzbalken, wie andere auch. Die Sauna haben Tracy und ich nicht genutzt, aber von einigen anderen in der Gruppe.
Zu essen gab es Würste. Die waren aufgespießt und gegrillt worden und dann längs in zwei Hälften aufgeschnitten. Das Holz für den Grill hatte unter Aufsicht von Martin Jesse gehackt (Fotos). Um die Würste hatten sich Dmitri und Andrej dann gekümmert. Weiterhin gab es Nudelsalat mit zerlaufenen Käse und geraspelten Möhrenstreifen, Salat, gewürzt mit Tomaten, Petersilie, Gurke, Öl, Salz und Pfeffer. Außerdem gab es Brot, Kekse, Waffeln. Zu trinken Tee oder auch Instant-Kaffee. Das war unser zweites gemeinsames Abendbrot, das erste für alle an einem Tisch. Aber alle passten doch nicht ran. Einer aß auf der Couch; das war der, der im Uglitscher Kreml auf der Bank von der attraktiven Reporterin interviewt worden war.
Während des Essens lief der Fernseher weiter. Es war ein Sportsender, der Boxkämpfe zeigte. Ich erkannte einen mit Klitschko. Das war nicht aktuell. Ich fand das etwas störend.
Ich machte nach dem Abendessen noch einen kleinen Spaziergang zum Nachbarhaus. Da wurde noch so ein Haus gebaut vom gleichen Inhaber, hatte mir Wladimir erzählt. Und auf der anderen Seite des Weges ein Haus, an dem Autos standen. Da bellte ein Hund und ich ging deswegen gleich wieder. Weiter lief ich nicht. Ringsherum hier waren Wiesen und Felder.
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