Vom S-Bahn-Westkreuz lief ich am ICC vorbei über die verkehrsreiche Straßenkreuzung ein Stück die Avus entlang, vorbei an Halle 9 (die zur ITB den Zutritt zum Messegelände erlaubt). Aus einem Lautsprecher nahe dem Südeingang zur Messe hörte ich eine Ansage für Autofahrer, dass hier der Parkplatz für die Messebesucher schon voll ist. Das war gegen 10.30 Uhr. An der Kasse kam ich sofort dran. Mehr Andrang ist immer am Osteingang. An diesem Sonntag und dem nächsten Sonntag kostet der Eintritt 10,00 €, an anderen Tagen 14,00 €.
Russland präsentiert sich traditionell in Halle 2, genauer, Halle 2.2 jetzt, aber während der ITB in Halle 2.1. (oder vielleicht auch mal in Halle 2.2, vielleicht wechselte das über die Jahre?!). Anders als in vielen Hallen in Richtung zum Osteingang des Messegeländes ist hier mehr Platz, nicht so eng wie in den 7er-Hallen, wie in Halle 7.1a) mit Ukraine, worauf ich noch zu sprechen komme.
Kaum betrat ich die Halle für Russland, da kommen gleich zwei junge Damen auf mich zu, um mich Kaviar kosten zu lassen, für 2 EUR ein Häppchen auf einer kleinen Schreibe weißem Baguette. - Ja, über Preise soll ich auch sprechen. Voriges Jahr besuchte ich die Grüne Woche nicht. Beim letzten Mal, vor 2 oder 3 Jahren hat eine Scheibe Weißbrot mit orangem Kaviar 1,00 € gekostet. Dieses Mal 2,00 €, fast überall, auch an Ständen der Ukraine. Aber ich fand auch einmal den Verkauf zu einem Euro in der Russland-Halle. Ein kleiner Wegwerf-Schnapasbecher Vodka, also ein Schluck Wodka, wurde für 1,00 € verkauft. Oder Likör. Wodka hat ja regelmäßig mindestens 38 oder 40 Promille. Ich probierte am Stand der Republik Mordwinien (liegt westlich von Lenins Heimatstadt Uljanowsk und südlich von Nijnij Nowgorod) einen Nusslikör mit 35 %. Sonst aber hielt ich mich zurück, lehnte die zahlreichen Angebote mit Hinweis auf die Tageszeit ab. Wodka trinke ich lieber in Gesellschaft mit Freunden.
Es gibt in dieser Halle ein paar Stände deutscher Händler russischer Produkte, z.B. aus Nordrhein-Westfalen einer, der vor allem Konfekt verkauft, für 1,50 € für 100 Gramm. (Im russischen Spezialitätengeschäft Rossia24 am S-Bahnhof Charlottenburg am Stuttgarter Platz, der rund um die Uhr geöffnet hat, gibt es Konfekt verschiedener Sorten auch für etwa die Hälfte.)
Meine Aufmerksamkeit wurde zu dieser Vormittagsstunde schnell von der Musik geweckt, die aus Richtung einer flachen Bühne kam. Dort tanzten süße Mädchen mit schwarzen Haaren und Mandelaugen in hübschen Kostümen, jeweils in verschiedenen Kostümen nach schnellem Umziehen. Z.B. als weiße Schwäne. Zu dieser Zeit war das Publikum aber noch nicht zahlreich erschienen.
Ein Mittags-Buffet war aufgebaut, von dem russischen Restaurant Gorodok, welches sich in Marzahn-Hellersdorf befindet. Gute Auswahl, roch auch gut, aber noch zu früh zum Essen. Daneben befindet sich ein Pult, an dem kleine Präsentationen stattfinden, auch Kochshows, auch mit dem Inhaber von Gorodok, Ruslan.
Wer sich über die russische Küche informieren möchte, über russische Lebensmittel, der kann hier viel lernen. Denn große Lebensmittelbetriebe sind hier mit ihren Produkten vertreten so wie sie in Russland überall an die Stadtmenschen verkauft werden, vor allem viele Milchprodukte, Wurstwaren und Fisch (vor allem getrockneter Fisch, weil frischer wird hier schnell ungenießbar). Es gibt Broschüren und Bücher über die Herstellungsverfahren, die Haustierhaltung und die Lebensmittelveredelung. Das ist längst nicht bei allen Ausstellerländern der Fall. Manche Länder sind auf der Grünen Woche vertreten nur durch Volkskunstartikel, Souvenirs und ein paar "Ökoprodukte" oder die Ukraine fast nur mit Ständen für Verbraucher/Besucher zur Sofortversorgung. Aber Mittag esse ich nur einmal. Siehe unten.
Ich war vor einigen Jahren schon auf der Grünen Woche, wo die Stände dichter standen. Jetzt kam ich zum Stand des Kubans. Der Kuban, das ist der Krasnodarer Kraj. Der war fast verwaist. Ich war überrascht. Wo ist der schwarze Tee von Pogadajew? Wo sind die Weine von Noworossijsk? Wo war Sotschi, im Winter 2015, im Jahr nach den Winterspielen 2014? Wo war die große Karte vom Krasnodarer Gebiet mit geografischen Daten, die ich früher schon hier gesehen habe?
Nur eine verlassen hinter dem Tresen stehende Frau. Ich sprach mit ihr, eine in Berlin lebende Dolmetscherin.
Auf meine Frage, warum hier nichts los ist, sagte sie, ja, die aus dem Krasnodarer Gebiet haben alle kein Visum ausgestellt bekommen. Genaueres wusste sie nicht. Wir waren uns einig in unserer Vermutung, dass dies Teil der wirtschaftlichen Strafaktionen Deutschlands gegen Russland (und ich sage: für mangelnde Gefolgsamkeit gegenüber dem Westen) ist. Weinflaschen gibt es in zwei Vitrinen und ein edles Buch über den Kuban liegt zur Ansicht auf dem Podest aus. Nichts wird verkauft, es gibt keine Broschüren (mehr). Am Eröffnungstag war wohl der russische Botschafter in Berlin hier. Aus Russland kam scheinbar nichts für diese Messe an. Was hier gezeigt wird, war vielleicht noch von letztes Jahr übrig.
Dabei hat das Russische Landwirtschaftsministerium doch extra einen Katalog zur Grünen Woche im A5-Format drucken lassen, in dem alle Teilnehmer verzeichnet sind, alle, die kommen wollten. Auch wichtige Landwirtschaftsmessen werben darin für die Ausstellungen 2015, z.B. "Agrofarm", vom 3. bis 5. Februar im Moskauer Ausstellungsgelände WDNCh und ebenfalls dort "Flowers", Blumenmesse vom 26. bis 28. August 2015.
Auch an anderen Ständen fehlen Vertreter aus Russland. Die Berliner Studenten oder Spätaussiedler, die hier arbeiten, sind mit den Produkten, um die es am Stand gehen soll, nicht gut vertraut. Am Stand von Tatarstan, das sich mit vielen Spirituosen zeigt, fragt ein Paar dem jungen Mann hinter dem Tresen, ob die paar Flaschen, die vor ihr stehen, alle in Tatarstan produziert werden. Er weiß es nicht, nimmt sich eine Flasche und sucht auf dem Etikett der Wodkaflasche Herstellerangaben - und bejaht dann.
Über die Herkunft der hier gezeigten Exponate hätte er sich eigentlich schon am ersten Tag informieren können, wenn er schon nicht eingewiesen worden ist. Aber wer weiß, vielleicht ist er sowieso erst heute den ersten Tag hier.
Die Agentur für den Fischfang in der Russischen Föderation hat hinter einem kleinen Pult eine Werbefläche mit drei eingebauten berührungsempfindlichen Monitoren, auf denen Präsentationen zum Fischfang und Küchenrezepte mit bestimmten Fischsorten laufen. Mann darf die eigenhändig bedienen, aber die Navigation ist unklar. Hier steht eine Berliner Studentin der Politikwissenschaften mit russischem Migrationshintergrund. Sie hat keine Broschüren, keine Informationsmaterialien weiter. Ihr Auftraggeber ist diese Agentur für Fischwirtschaft (Rosrybolowstwo), sagt sie mir. Aber dass sie vorbereitet worden ist, um die Fischwirtschaft zu erklären, kann ich nicht erkennen. Sie hat einen Vorsprung in der Bedienungserfahrung mit den Monitoren, die interessante Statistiken und Übersichten bieten. Die integrierten Küchenrezepte hier wird sich niemand abschreiben, aber man kann es abfotografieren. Diese Rezepte sollte es in einer deutschsprachigen Broschüre geben, mit Infos zur Fischereiwirtschaft und dem Link zur Website der Agentur. So könnte man nachhaltiger für die Agentur selbst bei den Nahrungswirtschaftslaien und Russland-Reiseinteressenten werben. Man hätte hier Angelfreunden etwas anbieten können, um diese zu ermuntern, zum Angelurlaub nach Russland zu kommen. Wie verhält es sich mit Erlaubnissen zum Angeln? Wo sind Sperrzonen (Baikal z.B.)? Wo sind gut touristisch erschlossene Angelgebiete? - Russland hat immer noch Nachholbedarf in Sachen Marketing für das Land als Ganzes, trotz olympische Winterspiele in Sotschi. Ideenentfaltungen fehlt ein fruchtbares Klima, Ideenumsetzungen scheitern an bürokratischen Grenzen, Privilegdenken irgendwelcher Bereichsleiter und Direktoren und dem Mikadosyndrom; zu viel wird dem Zufall überlassen. Ich spreche von Mentalitäten. Lettland (siehe unten) bot dagegen eine Broschüre mit ein paar Statistiken auf Fotos zum industriellen Fischfang mit Export und Import in deutscher Sprache (aber nicht ganz vollständig aus dem Englischen übersetzt), vielleicht aus dem extra Budget, weil Grüne-Woche-Partnerland 2015.
Einen guten Spot zum Fotografieren bietet wieder der Stand der Jamal-Nenzen, mit dem ausgestopften Rentier, der Karte mit den Erdöl- und Erdgasleitungen und der Bahnstrecken im hohen Norden, dem Wigwam. Und es kommen die niedlichen Tänzerinnen zum Posieren.
Die Republik Adygea (ganz nahe bei Krasnodar) war mit einem Stand vertreten, an dem Speisesalz verkauft wird, mit Kostprobe. Das ist ein sehr gesundes Salz, mit adygejschen Kräutern (Koriander, Bockshornklee, Bohnenkraut, Paprika, Dill, Petersilie ...), mit vielen Vitaminen, bestens geeignet für Schaschlyk, Grillfleisch im Allgemeinen, Fisch, Chips, eingelegtes Gemüse und andere Lebensmittel. Man kann seinen Salzbedarf hiermit auch um 15 % mindern. Über das Produkt, die verschiedenen Sorten und die Firma gibt es sehr umfangreiche Informationen auf der Website www.adygsalt.ru auf russisch, am Messestand ein Informationsblatt auf deutsch. Ich kaufte mir eine Packung Abadzechskaja, nur 1,00 €, und bekam spontan noch eine kleine dazu. Der Geschäftsinhaber ist sehr leidenschaftlich, ich vergleiche ihn mit dem russischen Teezaren Pogadajew, der dieses Mal fehlt.
Was mir in dieser Halle 2.2 um diese Zeit, während ich da bin, fehlt, ist ein spürbarer Zusammenhalt der verschiedenen Stände, das Wir-Gefühl. Hier sind unter den Ausstellern zu viele Berliner Russen (oder Spätaussiedler). (Aber wenn die russischen Geschäftsleute sowieso nicht einreisen dürfen?...)
Ein Zusammenhang zwischen den Ständen ist in Halle 7.1a) bei der Ukraine eher spürbar. Die Stände sind dort ganz dicht nebeneinander angeordnet, die Hauptgänge eng, so dass die Messebesucher nur ganz langsam gehen können. Das verbessert für die hübschen Mädchen in weißen Blusen mit Gestick und Kleidern hinter den Töpfen die Chancen. Sie rufen wie auf einem Markt, dass es bei ihnen originale ukrainische Küche gibt, mit einnehmenden Lächeln. Allerdings ist es schwer, gegen den Lärm in der Halle anzurufen. Sie stehen hinter den Töpfen wie eine Familie. Und wippen gut gelaunt zur Musik.
An den Ständen sind über Kopfhöhe ukrainische Städtenamen angebracht. Die Mädchen kommen aber nicht jeweils von dort, sondern aus Kiew. Auch Lugansker Küche gibt es anscheinend.
Die Bürger aus Lugansk, ganz im Osten der Ukraine (bzw.: der ehemaligen Ukraine, denn es wurde hier die Lugansker Republik aufgerufen, deren Einwohner der seit 22. Februar 2014 bestehenden Putschregierung in Kiew nicht folgen,) sind jetzt eingeschlossen von der ukrainischen Armee, sind isoliert. Die ukrainische Armee lässt keine Busse mit Zivilisten mehr durch, las ich gestern (19.01.2014) in meinem Twitterstrom, in keine Richtung mehr.
- Die Mädchen, von denen ich mir mein Mittag in eine weiße Plastikwegwerfschale aufmachen lasse, sind Studentinnen aus Kiew. Angeblich bekomme ich Frikassee. Es ist Reis und etwas Hühnerfleich und Gemüse und Champignons, aber ohne die Sauce, die bei uns das Frikassee ausmacht, 3,50 € und ein helles ukrainisches Bier, im durchsichtigen Plastikbecher. Ich esse im Stehen und schaue zwei reifen Frauen beim Singen zu. Sie singen auf "von Konserve" eingespielte Musik in Karaokestil ukrainische Lieder. An einer Leinwand über dem "Biergarten" werden Ausschnitte aus einer albernen ukrainischen Fernsehshow gezeigt, endlos, mit einer Wiederholung alle 10 - 15 Minuten. Die Kellnerinnen sind auf Draht, laden zum Platz nehmen ein, um hier zu essen. Geschäftige gute Laune. Außer dem Stadtnamen Lugansk keine Hinweise für Eingeweihte auf den Krieg.
Nachbarn der Ukraine sind hier afrikanische Länder: Ruanda (genoziderfahren wie die Ukraine), Kamerun und Kenia, ferner der Iran und irgendwo vielleicht auch Luxemburg. Die Afrikaner bieten Handwerkskunst an. Ich bewege mich weiter in Richtung Osten, zu dem zweiten ukrainischen Stützpunkt auf der Messe. Mir ist in dem Hallenplan bei meiner morgendlichen Vorbereitung zu Hause die Ukraine mit Präsenz in zwei verschiedenen Hallen aufgefallen. Wollte doch mal wissen, was dahinter steckt. Die andere ist Halle 16, die runde Halle. Auf dem Weg dorthin komme ich zu den Kaukasusländern ...
Armenien bietet Wein und seine Kognaks zum Verkauf und Probieren. Ein Glas Kognak für (ab) 6,00 €.
Ein besonders hochwertiger kann für 15,00 € das Glas probiert werden. Die Flasche kostet hier dann 140,00 €. Niemand von den Armeniern ist frei, sondern mit dem Verkauf beschäftigt. Lebensmittel gibt es keine, kein Lawasch, keine Fleischgerichte wie bei der Ukraine. Es gibt kein Informationsmaterial für interessierte Reiselustige.
Ich gehe zum größeren Georgien-Pavillon, in der Mitte der Halle quadratisch angeordnet. Zufällig bin ich genau am richtigen Stand, um nach der Fährverbindung der Fähre zwischen Odessa und Batumi zu fragen. Zwar weiß die junge Frau nichts zum Funktionieren der Fähre entlang der Nordküste des Schwarzen Meeres, aber sie ist vom Ministerium, welches für Tourismus zuständig ist und schreibt mir auf ihre Visitenkarte einen Kontakt zu ihrer Kollegin. Hier ist man also in der Lage, Touristen ein wenig weiter zu helfen. Es gibt kleine Hefte im Format A6 zu verschiedenen touristischen Themen Georgiens, auch mit Landkarte. Die nehme ich und sehe eine größere Karte auf einem Stuhl. Der Man auf der anderen Seite sieht das und erklärt mir, wo auf der Karte sich sein Weingut befindet. Er spricht deutsch und wir kommen ins Gespräch. Der Weinanbau hat in seiner Familie Tradition. Er will nun den Export ihres Weins nach Deutschland aufbauen. Er erklärt mir die Vorteile seiner Weine der Marke Chelti gegenüber westlichen Weinen. Ökologischer Landbau, keine französischen Rebsorten, sondern echt georgische Reben, die auf verschiedenen Böden kultiviert werden. Ich probiere zwei Rotweine, dieselbe Rebsorte, von zwei unterschiedlichen Böden. Kostenlos hier. Wir tauschen Visitenkarten. Wer weiß, vielleicht baue ich eine Weinreise nach Georgien auf. Die Berglandschaft des Weinguts im Südosten Georgiens lädt zu Wandertouren ein. Und ja, Teilnahme Reisender an der Weinlese im Herbst ist möglich.
Ich umrunde das georgische Karree. Zu Besuch ist auch ein Männerchor in Trachten, welcher auch seine Musik-CDs zum Kauf anbietet. Nächster Stopp am Stand von Aserbaidschan, in dieser Halle getrennt von Armenien. Sie wissen vielleicht: Es gibt Konflikte zwischen beiden Ländern. Aserbaidschan hat auch eine lange Tradition der Weinkelterei und Kognakherstellung. Aber es gibt auch vitaminreiche Fruchtsäfte. Hier stehen einige Becher zum Probieren, kostenlos auch hier. Ich werde auch eingeladen, den Wein zu kosten. Die Frau, die mir das anbietet, klingt, als ob sie türkisch spräche, wo ich ihr zuhöre. Es kommt eine Familie Schwarzhaariger mit dunklerem Teint. Die kaufen ohne Zögern sofort Wein. Die Chefin am Stand fragt nach deren Motivation. Na, sie sind Armenier. Man sieht es ihnen auch an. - Touristische Informationen zum Land fehlen auch hier. Wie bei Armenien sind nur Getränkehändler da, unterstützt von Berlinern. Vertane Chance für den Incoming-Tourismus.
Die mitteleuropäischen Länder dagegen bieten Material für Reiseinteressierte: Die Schweiz, Österreich, Dänemark, Norwegen, Deutschland sowieso, auch Polen, traditionell in der Halle, in der Polen auch bei der ITB immer ist, nahe dem Osteingang.
Belarus bietet an seinem Stand in Halle 6.2a neben den Spirituosen und den Süßwaren auch Wirtschaftsinformationen. Ein Mann von der belarussischen Botschaft in Berlin, der nicht (gut) deutsch spricht, stattet mich mit Katalogen aus, alle Firmen, die im Export aktiv sind. Sonst scheint es auch hier Personalmangel zu geben. Tourismusinformationen sind ein paar vorhanden.
Am Stand von Nepal ist Tee in Jutebeutelchen zu je 100 gr. angesagt. Man kann ihn riechen, in vielen verschiedenen Duftnoten, 5,00 € das Stück (= 50,00 € / kg ist schon ziemlich teuer). Messepreise.
Auch durch die Halle der skandinavischer Länder komme ich, mit dem Partnerland der Grünen Woche Lettland. Sprotten sind nicht mein Fall. Man bekommt aber auch Käse, Honig und Honigprodukte, Liköre, dunkles Sauerteigbrot. Nebenan Frankreich mit großer Wurstverkaufsaktion, interessant mit vielköpfigen Familien.
Am Rumänien-Stand gibt es einen Entrepreneur, der seine süßen Backwaren in Deutschland gern verkaufen möchte, aber dem hier ein Partner fehlt. Ich probiere ein Gebäck, dass ähnlich wie Kipferln aussieht, nur noch mit Pflaumenkonfitüre. Süße Kränze ("Muscelene-Brezel", ein Oster- oder Weihnachtsgebäck), etwas schon zu lange liegendes Sandgebäck. Mir fehlt der Kaffee dazu. Die hier ausstellende Konditorei "Ein Junge und ein Mädchen" ist laut einem Flyer hier die einzige im Land, welches nach einem überlieferten Rezept diese Kränze herstellt. Die nur rumänischsprachige Website zeigt die Leckereien: http://www.unbaiatsiofata.ro und hier sieht man im Video, wie diese Kränze gebacken werden. Der Verkäufer von Konfitüren nebenan will zuviel für seinen Pflaumenmus ohne Invertzucker, nur mit Fruchtzucker. Der schmeckt so gut wie der Mühlhäuser, kostet aber ein Mehrfaches, 6,00 EUR pro Glas.
Hier und da greife ich zu, probiere Honig und Grastee von einer Ökowirtschaft in Portugal. Leckeren Kuchen gibt es in Polen, kostenlos. Die Wojewodschaft, zu der die alte Stadt Torun gehört, macht Werbung für Landurlaub und Angler. Überhaupt: hier wird echt Werbung für den Tourismus gemacht wie sonst an keinem anderen Länderstand, an dem ich war. Die Polen haben wieder einen guten Einsatz für ihren Tourismus gezeigt, sehr engagiert, mit detaillierten Informationen. Der polnische Anglerverband hat mit dem deutschen am 6. November 2014 in Wladyslawowo eine Vereinbarung getroffen, erfahre ich, so dass deutsche Mitglieder im DAV keine Angelgebühren in Polen extra zahlen müssen. Den Vertragstext in einer Ausgabe der Anglerzeitschrift "Unsere Gewässer" (auf polnisch natürlich) Nr. 3/2014 nahm ich mir mit. Danach ergänzt diese Vereinbarung frühere Abkommen aus dem Jahre 2001 und vom 22.11.2012. Die Vereinbarung enthält 10 Paragrafen und beginnt mit § 1 Vergabe der gemeinsamen Angelberechtigung.
Hier am Stand von Torun kam ich mit einer Standbetreuerin ins Gespräch zum Thema Medienhetze, Verschweigen der Verbrechen in der Ukraine, die Greueltaten der ukrainischen Nazis. Ich war erstaunt, wie gut meine Gesprächspartnerin informiert war, besser als ich, hat die Videos mit Greueltaten, die man im deutschen Fernsehen nie zeigen würde, gesehen und berichtet. - Ich muss auch ständig daran denken, denn auch ich sehe mir die unzensierten Videos aus dem russischen Internet an. Meine Gesprächspartnerin ist gar keine Polin, sondern aus der russischen Föderation, offenbart sie mir dann.
In Halle 16 mit dem Rondel gibt es, wie gesagt, noch einen Ukraine-Stand. Die Frauen, die hier arbeiten, haben erst von anderen Messebesuchern erfahren, dass es die Ukraine auch noch in Halle 7.1 gibt. Darauf angesprochen, dass die Ukraine, anders als Russland, präsentationsmäßig landwirtschaftlich nichts ausstellt, sondern nur die Messebesucher kulinarisch versorgt, ohne Anspruch auf Vermittlung von Wissen über ukrainische Landwirtschaft, sagt sie, an den Business-Tagen trafen sich die Geschäftsleute hier, in der Mitte der Halle, um geschäftlich zu reden. Das ist aber nur ein kleiner Fleck. Zeichen für Interesse an Ex- und Importen sehe ich nicht. Alles ausgerichtet auf Tagesbesucher, die am Sonntag ausgehen und der Mama das Zubereiten des sonntäglichen Mittagessens ersparen.
Nebenan hat Abchasien seinen extra Stand, mit sowohl guten Informationen zur Landwirtschaft als auch dem Tourismus auf deutsch oder englisch. Ein landschaftlich reizvolles Land, Heimatland der Tscherkessen.
Wenn man ohne Familie und ohne Eile so mit Aufmerksamkeit und Interesse an den Ländern und weniger an den Essenproben durch die Hallen durchschlendert, hat man gute Chancen, das eine oder andere Gespräch an den Ständen mit den Menschen, die dort arbeiten, zu führen. Ich war gekommen, um zu horchen und zu sehen, weniger um zu schmecken.
Aufgefallen war mir, dass sich die Ukraine fröhlicher darstellen konnte, mit extra zu dieser Messe für 14 Tagen eingereisten Mädchen 20+, die in gleiche Kostüme eingekleidet wurden, was dazu beitragen mag, die Verbundenheit untereinander zu vermitteln, die aber tatsächlich innerhalb des Landes so gar nicht gegeben ist. Manche Mädchen mögen die Hoffnung haben, einen klugen hübschen jungen Mann kennen zu lernen. Abends nach der Messe noch in die Disko, Berlin feiern? Dazu reicht aber die Kraft nicht mehr. Messearbeit schlaucht und das hier verdiente Geld brauchen sie dringend. Der Griwna hat arg an Wert gegenüber dem Euro verloren.
Russland wird die fröhliche Selbstdarstellung mit den Einreiseverboten und die permanente Hetze auf allen Kanälen verdorben, politisch gewollt von der deutschen amerikahörigen Führung. Mit der Freundschaft ist es offensichtlich auf offizieller Ebene vorbei. Die russischsprachigen Spätaussiedler in Berlin kommen mit ihren Familien. Es gibt gute Gelegenheiten, sich auszutauschen. Vielleicht findet man Leute an den Ständen, die aus der gleichen Region in Russland kommen (Das gilt so auch für die Ukrainer, die in Berlin ständig leben.). In der letzten halben Stunde des Messesonntags Aktionsverkauf am Kaviarstand von der Firma Lemberg (hat Laden in Berlin), 3 Dosen Wildlachskaviar für 10,- € + 2 Dosen noch eine andere Sorte Kaviar.
Unklar ist, wie viele Geschäftsleute aus der Landwirtschaft freiwillig auf die ursprünglich beabsichtigte Messeteilnahme verzichtet haben. Jaja, Putin hat als Gegenmaßnahme Importverbote verhängen lassen. Man wundert sich, warum hier einige Betriebe ihre Milchprodukte und Wurstwaren zeigen, wo Deutschland mit Milch und Wurst gut versorgt ist.
Kurz vor Schluss, auf dem Weg zum Ausgang, komme ich am Stand der Bundeswehr vorbei. Sie wirbt Soldaten, hier auf der Messe für Landwirtschaft und Ernährung. Ein Geländewagen voller Elektronik (umgangssprachlich: Jeep) weckt das Interesse von Kindern. Eine Mutti fragt, ob jemand vom Stand sie mit ihren kleinen Sohn fotografiert, wie sie drin sitzen, von der Motorhaube aus. Hinten ist der "Kofferraum" geöffnet und hier liegen Broschüren. Ich nehme mir ein Probeheft der "info post" (u.a. mit "Infanterist der Zukunft") und Poster mit Hubschraubern und Panzern mit, die einige der sich im Bestand der NATO befindenden Flugzeuge vorstellen und Fahrzeuge; vielleicht sehe ich das eine oder andere dieses Jahr noch bei der Kriegsberichterstattung aus der Ukraine.
- Ich finde, die Bundeswehr hat auf dieser Landwirtschaftsausstellung nichts verloren. Sie nimmt an Kriegen teil, die nicht der Verteidigung Deutschlands dienen, sondern sie unterstützt das aggressivste und verlogenste Land der Erde, die USA, in deren Hegemonialstreben und zieht dadurch erst islamischen Terrorismus (Vergeltung!) nach Deutschland, der wiederum von amerikafreundlichen Parteielitepolitikern als Totschlagsargument für alle denkbaren Verletzungen von Datenschutzrechten und Einschränkung der Grundrechte (u.a. Versammlungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit) benutzt wird. In diesem Video vom Stand der Bundeswehr sieht man aber Besucher, die sehr zufrieden mit dem Essen sind, das die Soldaten auf ihren Auslandseinsätzen bekommen, rund 3.300 Kilokalorien pro EPA. Außer ein Messebesucher, der den Widerspruch zwischen Heimatschutz und Auslandseinsätzen anspricht.
Um 18.00 Uhr geht der Messetag zu Ende. Ich gehe am neuen Kongressgebäude vorbei, welches das ICC jetzt ersetzt, dem City Cube Berlin, gehe zur S-Bahnstation, vorbei an dem hier an Messetagen immer stehenden Leierkastenspieler und einem Verkäufer des Straßenfegers, über die schon infolge Reifs glatte Treppe, und komme gleich mit der nächsten S-Bahn weg, nüchtern, aber doch müde nach Hause.