Am 9. Januar 2017 hat der Präsident von Belarus einen Erlass unterzeichnet, der die Einführung von Erleichterungen der Einreise von Ausländern nach Belarus regelt. Der Erlass tritt zum 12. Februar 2017 in Kraft. Das wird unter belarussischen Touristikern als Sensation gefeiert.
Bisher brauchten Touristen aus fast allen Ländern zur Einreise nach Belarus ein Visum.
Es kommen zu wenig Touristen nach Belarus. Um das Land zwischen Russland und Polen zugänglicher zu machen (und zwar auch für Investoren), hat jetzt die Führung des Landes beschlossen, Reisende, die nach Minsk fliegen und das Land wieder mit Flugzeug verlassen, von der Visumpflicht zu befreien.
Im Herbst 2016 wurde vereinzelt schon berichtet über Einreiseerleichterungen von Polen und Litauen aus. Jetzt im Januar 2017 wird bekannt, dass Reisende aus 80 Ländern kein Visum mehr benötigen, wenn sie über den Flughafen Minsk einreisen und nicht länger als 5 Tage bleiben, darunter viele westliche und afrikanische Länder.
Einzelheiten im erweiterten Eintrag.
Überblick:
I. Hintergrund
II. Flugreisende von Visumpflicht befreit
III. Visumfreie Einreise nach Grodno und zum bzw. auf dem Augustow-Kanal
IV. Weitere Lockerungen der Visumregeln im Januar 2018
V. Auswirkungen auf Russland(reisen)
I. Hintergrund
In 2016 beschloss die EU-Führung die Aufhebung der meisten Sanktionen gegen Belarus (Sanktionen gegen Belarus zum Großteil aufgehoben, url: http://www.auwi-bayern.de/awp/inhalte/Aktuelle-Meldungen/2016/belarus-sanktionen-zum-grossteil-aufgehoben.html). Medien berichteten, als Anerkennung für die Unterstützung zur Findung einer Friedenslösung für die Ostukraine. Bisher ist in den westlichen Mainstream-Medien verbreitet tendenziell-negativ über Belarus berichtet worden, auf den Präsidenten Lukaschenko fokussierend, den gern als letzten Diktator in Europa bezeichneten Präsidenten, Freund von Putin (, der erst recht als Diktator dargestellt, aber oft schon nicht mehr als Europäer gezählt wurde, der ein Hindernis für ein demokratisches Russland sei). Der Westen, angeführt von den USA versuchte seine Vorstellungen von Demokratie und seinem Rechtsverständnis Belarus (wie sonst auch anderen Ländern) aufzuzwingen. Beispiel: US-Abgeordnete beschließen Verhärtung von Sanktionen gegen Weißrussland, Sputniknews vom 21.12.2011 (Nachtrag: Infolge der deutschen politisch motivierten Zensur ist Sputniknews seit 2022 in Dt. gesperrt und der Link funktioniert deswegen nicht mehr von Deutschland aus. Die gesperrte url: https://de.sputniknews.com/politik/20111221262141255/)
Inzwischen haben deutsche regierungstreue und von amerikanischen Nachrichtenagenturen beeinflussten Massenmedien stark an Glaubwürdigkeit verloren und der Nebel über Belarus lichtet sich ...
Möglicherweise wird Lukaschenko belohnt für seine Ansicht, dass Russland die Krim annektiert hat. Die Mehrheit seiner Landsleute teilt diese Auffassung nicht. Lukaschenko hat bei weitem keine so hohe Popularität in Belarus wie Putin. Die Lockerung der Sanktionen gegenüber Belarus fällt in eine Zeit, in der die Nato-Staaten unter Führung der US einen Handelskrieg gegen Russland führen, den sie unter dem Etikett der Verteidigung von Völkerrecht führen und dies soll sie zu Sanktionen gegen Russland berechtigen. Belarus ist Mitglied der eurasischen Zollunion mit Russland und wurde bisher als Teil jenes Ostblocks gesehen. Aus den Abmilderungen der Einreisebedingungen ergeben sich Spannungen zwischen Russland und Belarus, siehe unten sub IV. und V.
II. Flugreisende von Visumpflicht befreit
Zunächst werden solche Länder mit Erleichterungen bedacht, die schon einseitig Bürger von Belarus von der Visumpflicht befreit haben. Dann kommen Bürger aus 39 Ländern Europas in den Genuss, darunter Bürger aller EU-Mitgliedsstaaten. Belarus verhandelt mit der EU um die Visaerleichterungen. Sputniknews berichtete in mehreren Artikeln in der ersten Januarhälfte 2017 darüber.
Insgesamt gibt es Erleichterungen für die Einreise von Bürgern aus 80 Ländern.
Um in den Genuss der Visumbefreiung zu gelangen, benötigen Bürger aus Ländern, die Mitglied in der EU sind, nur noch einen Reisepass, evtl auch noch ein anderes Reisedokument anstelle des Reisepasses (derzeit noch unklar, welche anderen Ausweise akzeptiert werden), eine Auslandsreise-Krankenversicherung, die auch für Belarus gilt, Taschengeld im Wert von 42 belarussischen Rubeln pro Tag (aktuell entspricht das etwa 20 EUR). Wer keine Auslandsreisekrankenversicherung hat, muss sie im Flughafen erwerben.
Für manche Länder gelten besondere Bestimmungen. Z.B. müssen Bürger aus China, Indien und Vietnam zusätzlich ein Multivisum zur Einreise in EU-Länder bzw. Länder, die zum Schengen-Raum gehören, besitzen und zusätzlich ein Flugticket für den Abflug aus Minsk binnen 5 Tagen.
Eine Registrierung nach der Einreise ist für diejenigen Touristen, die von den neuen Erleichterungen Gebrauch machen, nicht notwendig. Aber bei der Einreise ist eine Migrationskarte auszufüllen. Hier und im Reisepass wird ein Vermerk über das Einreisedatum gemacht.
Wer seine Ausweise verliert, soll sich mit der Vertretung seines Landes in Verbindung setzen, um Ersatzpapiere zu bekommen. Die belarussischen Organe werden ein Ausreisevisum ausstellen.
III. Visumfreie Einreise nach Grodno und zum bzw. auf dem Augustow-Kanal
Schon im Sommer 2016 begann man mit der Einführung von Erleichterungen für den Augustow-Kanal und der westbelarussischen Stadt Grodno. Der Augustin-Kanal führt über die polnisch-belarussische Grenze. Er ist einer der längsten Kanäle in Europa.
Die Visumbefreiungsregel wurde eingeführt für die Grenzübergangsstellen zwischen Polen und Belarus: Lesnaja (auf polnischer Seite: Rudawka) und Bruzki (auf polnischer Seite: Kuznica Bialostocka) sowie zwischen Litauen und Belarus: Priwalka (Litauen: Swendubre sowie auch Raigardas).
Hierdurch soll der Agrartourismus (Urlaub auf dem Lande) gefördert werden sowie der Tourismus auf und am Fluss Neman und den anliegenden Dörfern.
IV. Weitere Lockerungen der Visumregeln im Januar 2018 (Ergänzung)
Erlass Nr. 462 des belarussischen Präsidenten vom 26.12.2017 "über die Regelung der visafreien Ein- und Ausreise ausländischer Staatsbürger" auf der Website der Belarussischen Botschaft in Deutschland: https://germany.mfa.gov.by/de/embassy/news/c7218a5038f58f57.html
V. Auswirkungen auf Russland(reisen)
Belarus ist Mitglied der Zollgemeinschaft mit Russland, Kasachstan, Armenien. Hier gelten einige Erleichterungen an der Grenze.
Aber wenn die Grenzen durchlässiger werden, dann auch für Wirtschaftsflüchtlinge und aggressive Islamisten. Außerdem gibt es Importe von landwirtschaftlichen Produkten aus dem Westen / der EU, die unter die Gegensanktionen Russlands gegen die westlichen Länder fallen, die Sanktionen gegen Russland ab 2014 verhängt haben. Um dies zu unterbinden, braucht Russland ein Grenzkontrollsystem. Lukaschenko hat aber kein Interesse daran. Es entstehen Kosten und die Bürger beider Länder sollen sich frei bewegen dürfen.
Lesetipp: Sputniknews vom 16.01.2017: Russland ist gezwungen Grenze zu Zollpartner zu schließen
Im Februar 2017 erklärte der FSB, dass Kontrollstellen eingerichtet werden sollen, im Gebiet Smolensk (betrifft die Bahnstrecke Moskau - Minsk - Warschau - Berlin), Brjansk und Pskow.
Quelle:
http://www.mk.ru/politics/2017/02/06/rossiya-vosstanavlivaet-gosudarstvennuyu-granicu-s-belorussiey-tam-ozhidaetsya-oranzhevaya-revolyuciya.html
Ergänzung, 29.03.2018: Derzeit (Stand März 2018) ist eine Einreise für Deutsche nach Russland über Belarus nicht erlaubt, weil Grenzkontrollstellen an der russisch-belarussischen Grenze fehlen. Mit den Lockerungen der Visumregeln zur Einreise nach Belarus wurden diese notwendig. Russland und Belarus verhandeln darüber derzeit. Ein Ergebnis sollte im April 2018 erreicht werden. Möglicherweise fehlt hier eine Einigung über den genauen Verlauf der Demarkationslinie. Dazu siehe diesen Blogpost eines Sicherheitsexperten Leonid Spatkoi vom 27.03.2017 in einem Belarus Security Blog:
https://bsblog.info/belarusko-rossijskaya-granica/
und
https://bsblog.info/ob-organizacii-oxrany-granicy-s-rossiej-okonchanie/
Möglicherweise werden dann 2 oder 3 Grenzkontrollstellen aufgebaut, darunter an der Bahnstrecke, auf der der internationale Schnellzug Strizh fährt (Berlin - Moskau).
siehe: "Der Kreml wird einen neuen Favoriten in Belarus haben", Blog vom 16.02.2018 (englisch)
https://bsblog.info/the-kremlin-will-have-a-new-favourite-in-belarus/ zum Konflikt zwischen Präsident Lukaschenko und Moskau
"On October 20, 2017 news agencies of Belarus issued a statement by First Deputy Minister of the Internal Affairs of Russia Alexander Gorovoy that Moscow is ready to establish temporary border posts on the border with Belarus during the World Football Championship next summer if both countries do not unify the migration legislation. In case Belarus and Russia do not switch to a single migration policy until March 2018, Russia has previously worked out the issue of establishing temporary border posts both on highways and on the railway without stopping passenger trains. Toughening control is tentatively scheduled for May next year. The Russian official claims that the traffic of drugs has increased many times across the Russian-Belarusian border and Russian law enforcement agencies are concerned about the visa-free entry of foreigners into Belarus."
Zu den verstärkten Grenzkontrollen seitens Russland seit Sommer 2017 siehe diese Aussage im gleichen Artikel:
"... border control (albeit simplified) on motor roads is already taking place. Moreover, Russian border guards have started to protect the «green border» since this summer. The only new initiative is the control over the railway communication, which so far is relatively free of control."
Zu Problemen für Ausländer, die über Belarus nach Russland einreisen, siehe diesen russischsprachigen Artikel:
https://ria.ru/politics/20171110/1508550772.html
Im Einführungsabsatz dieses Artikels heißt es:
"Der Föderale Sicherheitsdienst FSB erklärte, dass die Regeln der Überquerung der Staatsgrenzen zwischen Russland und Belarus, die bis jetzt nicht hinsichtlich Ausreise - Einreise für Angehörige von Drittstaaten geregelt ist. Sie werden als Verletzer der russischen Grenze betrachtet."
Und weiter:
"Wie in der Nachricht des Zentrums von Public Relations von FSB bemerkt wird, haben Bürger Weißrusslands und Russlands unabhängig vom Sitz (Wohnsitz) das Recht, frei das Territorium von beiden Ländern zu betreten und zu verlassen. Indessen ist das Regime der Einreise, Abfahrt und des Aufenthalts der Bürger der Drittländer in den Territorien von Russland und Weißrussland bis heute "nicht vollständig vereinbart".
"Bis zur endgültigen Lösung der Frage der Überquerung der russisch-weißrussischen Grenze von allen Kategorien von Drittstaatsangehörigen, unabhängig von der Verfügbarkeit von Genehmigungen für einen dauerhaften oder vorübergehenden Aufenthalt in Russland und Weißrussland, stellt die Benutzung von Eisenbahn und Straßenverkehr zur Grenzüberschreitung eine Verletzung der internationalen Regeln über die Überquerung der Grenze der Russischen Föderation dar.",
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