Gerichtsentscheidungen gegen Fluggesellschaften, Teil 2
Die sich hieran anschließenden Fragen sind: Wie verhält es sich damit bei verpassten Anschlussflügen? Auch dazu gab es vor kurzem gerichtliche Entscheidungen. Siehe dazu oben 5. die Entscheidung gegen KLM.
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8. Easyjet
Anwendbarkeit ausländischen Rechts in easyJet-AGB rechtswidrig
Die folgenden Klauseln aus den AGB von easy Jet benachteiligen den Verbraucher in Deutschland durch die getroffene Rechtswahl:
"Alle Erstattungen unterliegen den anwendbaren Gesetzen, Bestimmungen und Vorschriften von England und Wales sowie allen Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft (...)"
und
"Vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen des Abkommens, einschlägiger Gesetze, staatlicher Vorschriften oder Regelungen gilt folgendes:
(a) Für diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen und alle Beförderungen, zu deren Durchführung wir uns verpflichten (für Sie und/oder Ihr Gepäck), gilt das Recht von England und Wales (…) (Art. 29).“
Zwar können die Parteien bei dem vorliegenden Personenbeförderungsvertrag das anzuwendende Recht frei wählen. Die konkrete Rechtswahlklausel genüge jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie müssten stets klar und verständlich abgefasst sein. Hierbei sei auch das zu Lasten des Verbrauchers bestehende Informationsgefälle zu berücksichtigen. Werden die Wirkungen einer Rechtswahlklausel durch bindende Rechtsvorschriften bestimmt, habe der Unternehmer den Verbraucher über diese Vorschriften zu unterrichten. Diese Voraussetzungen erfülle easyJet nicht.
LG Frankfurt a.M, Urt. v. 14.12.2017 – 2-24 O 8/17
Meine hier zitierte Quelle: RA Dr. Bahr, Rechtsnewsletter, 11. Kalenderwoche 2018 vom 14.03.2018 sub 5.
9. Gerichtsentscheidungen, bei denen die Fluggesellschaft von mir noch nicht herausgefunden wurde
9.1. Zutritt zu einem Anschlussflieger darf nicht mit der Begründung verweigert werden, dass das Gepäck der Fluggäste nicht mehr in den Anschlussflieger gebracht werden konnte
Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 28.08.2012 (Az: X ZR 128/11) zugunsten der Reisenden mit der Folge, dass die Fluggesellschaft, deren Mitarbeiter ihnen den Zutritt in das Anschlussflugzeug beim Boarding verweigerte, Schadensersatz zu leisten hat.
Der Fall
Die Reisenden buchten über ein Reisebüro eine Flugpauschalreise nach Curaçao. Der Hinflug von München über Amsterdam nach Curaçao sollte von der Beklagten am 7. Februar 2009 durchgeführt werden. Die Reisenden erhielten bereits bei der Abfertigung im Münchener Flughafen die Bordkarten für den Anschlussflug. Die Ankunft des Zubringerflugs in Amsterdam war für 11.15 Uhr vorgesehen. Der Weiterflug sollte um 12.05 Uhr erfolgen. Tatsächlich kam der Zubringerflug erst um 11.35 Uhr an. Die Reisenden trafen zwar noch innerhalb der Einstiegszeit am Flugsteig des Anschlussfluges ein. Ihnen wurde jedoch der Zustieg ins Flugzeug verweigert, weil ihr Gepäck noch nicht in das Flugzeug nach Curaçao umgeladen worden sei. Die Reisenden wurden daher erst am Folgetag gegen 14.00 Uhr nach Curaçao geflogen.
Der Kläger, der sich die Rechte der Gruppenmitglieder hat abtreten lassen, klagte in zwei Instanzen erfolglos. Aber vor dem Bundesgerichtshof hatte er Erfolg. Er verurteilte die Fluggesellschaft (ich weiß noch nicht, welche) dazu, für jeden Fluggast, für den der Kläger geklagt hatte, 600 € Schadensersatz zu zahlen. Es bestand kein Grund, die Personen zurückzuweisen. Insbesondere nicht mit dem Sicherheits-Argument. Das Gepäck ist beim Zubringerflug geprüft worden, die Passagiere hatten dort bereits die Tickets für den Anschlussflug erhalten und keine Gelegenheit, an ihr Gepäck zu kommen. Gemäß Nr. 5.3 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 vom 11. März 2008 stellt der vom jeweiligen Reisenden unbegleitete Transport von Reisegepäck nur dann ein Sicherheitsrisiko dar, wenn der Reisende darauf Einfluss nehmen konnte. Aus diesen Gründen besteht keine Rechtfertigung, eine Regel anzuwenden, wonach der Fluggast bis spätestens 45 Minuten vor Abflug einchecken muss. Es reicht vielmehr aus, dass der Fluggast in dieser Konstellation rechtzeitig erscheint, um das Flugzeug zu betreten, solange das Boarding noch nicht beendet ist.
gefunden und übernommen von www.digiversum.de
Anmerkung
Erfahrungen mit Flügen mit Wechsel des Flugzeugs hatte ich bereits in zwei Artikeln geschildert. Im ersten Falle war (Berlin - Moskau - Adler) wegen Verspätung des ersten Flugs der Anschlussflug nicht mehr zu erreichen. Dabei war von mir mein Gepäck für den ersten Flug zurückzunehmen und dieses erneut einzuchecken. Im zweiten Falle (Berlin - Frankfurt - Moskau) haben wir gerade so das zweite Flugzeug zum Boarding erreicht. Unser Gepäck war auch im Anschlussflieger. Hätten wir es nicht geschafft, hätten wir dem Gepäck hinterherlaufen müssen in Moskau.
Der BGH hat hier eine für Verbraucher/Flugreisende allgemein sehr wichtige Entscheidung getroffen. Eine bodenständige Entscheidung. Hier drängt sich die Frage auf, ab welcher Zeit Fluggesellschaften die Kombination von zwei eigenen Flügen nicht mehr zulassen sollten, wenn das Erreichen des Anschlussfluges zu unwahrscheinlich wird. Jeder Flughafen ist anders. Wieviel Minuten für ein Erreichen des Anschlussfluges ein Kunde gewöhnlich benötigt, sollte jeweils mal durchgespielt werden und dazu ein Sicherheitszuschlag gegeben werden. Liegen die Flüge zeitlich enger zusammen als ermittelt, müsste die Fluggesellschaft ein Verbot oder eine Empfehlung an Reisebüros herausgeben, diese Flüge als Kombiflüge zu vermitteln. Bei Nichtbeachtung könnte eventuell das Reisebüro in die Schadensersatzhaftung mit aufgenommen werden, das dieses Verbot missacht hat (Das Reisebüro seinerseits könnte sich durch explizite Erklärung des Kunden bei der Buchung freizeichnen lassen, wenn der Kunde das Risiko tragen will. Bloß: Lässt sich ein solches Verbot einfach in den Buchungssystemen bewerkstelligen? Und auf den anderen Wegen, über die gebucht werden kann?
Mir scheint, dass die Mitarbeiter, die das Boarding kontrollierten, schlecht geschult waren oder eben die Anweisung an sie, solche Fluggäste nicht an Bord zu lassen, geht zurück auf einen inkompetenten Chef oder Managergremium. Hier fehlte es an menschlicher Vernunft.
Lesetipp:
Kein Anschluss unter dieser Flugnummer - lange Verspätungen, gestrichene Flüge und überfordertes Bodenpersonal. Der Billigflieger Easyjet hat ein ernstes Problem. In: Die Welt, 7.8.2010, S. 16 Wirtschaftsteil.
9.2. Ausgleichszahlung bei Verspätung des für einen annullierten Flug angebotenen Ersatzfluges
Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr 158/2017
Quelle
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f02260a1d09f7f66761565bdb0074121&nr=79719&linked=pm&Blank=1
Die Kläger begehren eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600 € nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung).
Sachverhalt
Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen einen Flug von Frankfurt am Main nach Singapur mit Anschlussflug nach Sydney, der auf beiden Teilstrecken von der Beklagten durchgeführt werden sollte. Die Beklagte annullierte den ersten Flug von Frankfurt nach Singapur am vorgesehenen Abflugtag und bot den Klägern als Ersatz einen Flug eines anderen Luftverkehrsunternehmens an, der am selben Tag starten und am Folgetag um etwa die gleiche Uhrzeit wie der ursprünglich vorgesehene Flug in Singapur landen sollte. Der Start dieses Fluges verzögerte sich jedoch um etwa 16 Stunden, so dass die Reisenden den ursprünglich vorgesehenen Weiterflug in Singapur nicht erreichten und mit einer Verspätung von mehr als 23 Stunden in Sydney ankamen.
Bisheriger Prozessverlauf
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von insgesamt 1.800 Euro nebst Verzugszinsen verurteilt. Die Regelung in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO sei nach ihrem Sinn und Zweck dahin zu verstehen, dass Ausgleichsansprüche nicht bereits durch ein Angebot zur anderweitigen Beförderung ausgeschlossen würden, sondern nur dann, wenn der Fluggast mit dem angebotenen Ersatzflug sein Endziel tatsächlich höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht habe.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der für das Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Die Beklagte bleibt wegen der Annullierung des ursprünglichen, von ihr geplanten Fluges ausgleichspflichtig, da die Kläger mit dem ihnen angebotenen Ersatzflug ihr Endziel tatsächlich nicht höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht haben. Dass der angebotene Ersatzflug, wenn er planmäßig durchgeführt worden wäre, den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO entsprochen hätte, reicht nicht aus, um die Beklagte von ihrer Ausgleichspflicht zu befreien.
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Kläger gegen das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen Ausgleichsansprüche wegen Verspätung geltend machen könnten. Den Zielen der Fluggastrechteverordnung wird allein durch ein Verständnis des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO Rechnung getragen, wonach ein Ausgleichsanspruch nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Fluggast das Endziel mit dem Ersatzflug tatsächlich höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreichen konnte. Die Begründung eines Ausgleichsanspruchs gegen das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen genügt hierfür nicht, zumal eine Verspätung des Ersatzflugs nicht in jedem Fall zu einem Ausgleichsanspruch führt. Ein solcher Anspruch ist beispielsweise ausgeschlossen, wenn das den [...Nächste Seite]