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Auch Saakaschwili ist so einer, der seine Partner instrumentalisiert. Während die Amerikaner im kalten Krieg Deutschland mit dem Marschall-Plan halfen, hat Georgien keine nennenswerten Vorleistungen erbracht, um die Deutschen jetzt im Krieg mit Russland einspannen zu können. Saakaschwili verhält sich sehr rücksichtslos gegenüber den Ländern, deren Bündnispartner er werden will, indem er sich in diesen Krieg gestürzt hat und jetzt erwartet, dass ihn der Westen aus der misslichen Situation heraushilft - ein Denken, als ob die angestrebte Partnerschaft schon bestehen würde.
Entschuldigung, dass es mir entgleitet: Kaukasische Ungeduld! Mangelnde Diplomatie. Wenn nicht gar Leichtfertigkeit im Umgang mit den eigenen Landesressourcen. Offensichtlich steht er den Amerikanern näher als den Europäern, wo er doch in Amerika studiert hat. Näher als vielen seiner georgischen Landsleute, denen er einen Bären-Dienst erwiesen hat mit der Anzettelung des Krieges.
Ich meine, Deutschland sollte sich nicht von Georgien die Mitgliedschaft in der EU und NATO mit diesem schon an Nötigung grenzenden Gerede darüber und den Hilferufen aufdrängen lassen. Saakaschwili hat den Krieg mit angezettelt, durfte vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass es, den Russen weit unterlegen, westliche Hilfe erhält, durch die der Westen seine Beziehungen zu Russland belastet. Georgien mutet uns viel zu. Das ist nicht partnerschaftlich. Es ist auch nicht partnerschaftlich von den USA, Georgien dorthin gebracht zu haben, uns, die Europäer so weitgehend zu fordern. Das war vorauszusehen, dass zur Georgienfrage die Europäische Union unter Druck gerät. Jetzt ist die EU mit sich selbst beschäftigt, eine gemeinsame angemessene Reaktion auf die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens durch Russland zu finden.
Georgien muss es von sich aus schaffen, ein stabiles Land zu werden, in dem die Menschenrechte beachtet werden. Der Werteexport und Rechtsexport in Vielvölkerländer wie Georgien kann nicht befürwortet werden. Es gibt genug Beispiele, dass es nicht gut geht. Die Gelder, die solche Versuche schon verschlungen haben, wären besser zur Entlastung der Steuerzahler verwendet worden oder zur Entschuldung des Staates. Die Mitgliedschaft kann es nicht geben, wenn Georgien nicht zeigt, dass es westliche Werte leben kann, wenn es zur Friedenswahrung ohne Unterdrückung von Minderheiten nicht in der Lage ist.
Welche Mitgliedschaft ich meine, fragen Sie? Beide, die in der EU und die in der NATO. Was hat Georgien derzeit Europa zu bieten? Warum sollte Georgien eine Chance bekommen auf Beitritt in die EU. Es befindet sich in Asien. Es wurden hier nie westliche Werte gelebt, es gibt keine vergleichbar ähnlichen Traditionen. Die EU ist jetzt schon längst mit den Balkanländern an die Grenzen der Handlungsfähigkeit gelangt. Polen hat schon von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht.
Was ist mit der Zukunft der NATO? Die NATO sollte umgestaltet werden zu einer Armee der UNO. Dann macht der Fortbestand, die Aufnahme weiterer Länder in meinen Augen Sinn. Man lese bei Wikipedia:
"Die ersten Artikel des Vertrags verpflichten die Mitglieder zur friedlichen Konfliktbeilegung und freundschaftlichen Ausgestaltung internationaler Beziehungen. Auch die Wahrung der westlich-liberalen Gesellschaftsordnung mit politischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Zusammenarbeit und Anerkennung demokratischer Prinzipien ist Bestandteil. Für den Fall des bewaffneten Angriffs auf eines der Mitglieder verpflichtet der Vertrag die übrigen Mitgliedstaaten zur sog. kollektiven Selbstverteidigung."
Politik ist Handel. Da wird mit allem möglichen um Einfluss geschachert. Die USA scheuen sich nicht, Georgien zu nutzen, um die EU-Staaten gegeneinander auszuspielen. Auch Menschenrechte sind Verhandlungsmasse. Im amerikanischen Film "Ausnahmezustand" von 1998 ist Guantanamo ja schon vorweggenommen worden. Amerika ist als Weltgendarm nicht glaubhaft. Deutschland sollte sich davor hüten, sich von den USA vereinnahmen zu lassen. Es schadet sich damit selbst. Ich kann nur über Vorschläge deutscher Politiker, die in der vorigen Woche in den Medien zu vernehmen waren, lachen, die damit Russland drohen wollen, deren Rohstoffe nicht mehr abzukaufen. Wie kann man nur so kurzsichtig und überheblich sein? Man wird nie ein Abnahmeboykott gegen Russland auf die Beine stellen. Und China würde sich freuen.
Wo erfährt man nun einigermaßen objektiv, wer die (Haupt-)Schuld am Tod Tausender Kaukasier, am Elend der Bevölkerung in Georgien trägt?
Nun, ich fühle mich gut unterrichtet durch die Berichte im Focus im August und September, von Boris Reitschuster, http://www.reitschuster.de/. Seine Recherchen sind sichtbar neutraler, er forscht tiefer nach den Ursachen, als Roth, will mir scheinen. Aber ich habe nicht den Überblick, was Roth sonst noch zum Georgien-Konflikt alles berichtet hat; vielleicht tue ich ihm Unrecht. Ich muss zugeben, dass mir etwas die Zeit für die Recherchen fehlt. Zwangsläufig ist meine Stellungnahme subjektiver gefärbt, als es mir lieb ist.
Ich meine jedenfalls, mehrere Seiten sind die Übeltäter, Russland (Putin), Südossetiens amtierender Präsident Kokoity, Saakaschwili, Busch (Dick Cheney). Sie alle haben verwerflich gehandelt, den Konflikt provoziert. Das ist meine vorläufige Auffassung.
Es ist doch klar, dass die Russen irgendwie auf die Provokationen von Saakaschwili reagieren müssen. Auch ohne die zwangsweise Ausgabe von russischen Pässen ist doch Unrecht an Russen in Georgien unter Billigung von Saakaschwili begangen worden. Und natürlich darf man nicht so tun, als gäbe es für Russland keine erhöhte Bedrohung durch die Aufstellung der Raketen in Polen und Tschechien. Die Amerikaner bekamen hier kein genügend großes Gegengewicht unter den alten NATO-Staaten zur Verhinderung der Raketenstationierung. Man darf nicht ernsthaft glauben, Russland schaut zu, wie es militärisch von den NATO-Ländern immer mehr eingeschnürt wird.
Richtig führt Kinkel im Interview mit Focus (36/2008, S. 20) an, da gibt es viele Gründe für eine Anerkennung Südossetiens und Abchasiens: die Auflösung der UdSSR, der Verlust der Weltmachtstellung, der NATO-Beitrittswunsch Georgiens und der Ukraine, das fluchtartige Wegstreben der früheren Warschauer-Pakt-Staaten (RGW-Staaten), die Annäherung der NATO an russisches Hoheitsgebiet, die Stationierung der Raketenabwehr in Polen.
Die Amerikaner vertreten nicht minder entschlossen ihre außenpolitischen Ziele. Ich erinnere nur an die Gefahr des Ausbruchs des dritten Weltkrieges als die Russen auf Kuba Raketen mit Nuklearsprengköpfen aufstellen wollten. Das haben sich die Amerikaner auch nicht gefallen lassen, obwohl sie zuvor schon die UdSSR mit Raketenabschussrampen eingezingelt hatten. Die Deutschen hatten zu jener Zeit freilich weltpolitisch nicht viel zu melden. Es gibt Beispiele völkerrechtswidriger Einmischung der USA auch in der jüngeren Geschichte. Und welche Haltung haben da schon deutsche Regierungspolitiker dagegen? Sie gehören zum Block der Amerikaner. Wir Deutschen gehören den zu den Amerikanern. Ich sehe es auch an den Sticheleien einiger staatshöriger Journalisten und Politiker gegenüber Russland.
Das Elend der Bevölkerung im Kaukasus suchen sowohl die Russen als auch die Georgier zur Rechtfertigung ihrer Kriegshandlungen heranzuziehen. Das erinnert an Ex-Jugoslawien, aber auch an Berichte aus Ruanda, wo sich auch die Stämme gegenseitig massakrierten und es in Mitteleuropa nicht einfach war zu erkennen, welches Volk Auslöser des Krieges war. Wer recherchiert da schon gründlich vor Ort, wo es lebensbedrohlich ist?
Aber vor Ausbruch des Krieges wurde nur wenig aus dem Kaukasus berichtet. Israel und Libanon sind ständig Thema in den Tagesthemen, der Kaukasus nicht, obwohl es dort ebenso andauernd Anschläge schon vor dem Krieg gab.
Das ist, was ich mit instrumentalisierender Berichterstattung meine. Warum werden die Schwerpunkte der Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen so gesetzt? Die immer wiederkehrenden Meldungen von Anschlägen und kriegerischen Akten in Israel und Libanon sind durch ihre Regelmäßigkeit nicht wirklich interessante Meldungen für die Masse der deutschen Bürger. Wieviele glauben an einen dauerhaften Frieden in jener Region? Wird Israel für seine auch zahlreichen Verbrechen an den Libanesen von den Deutschen verurteilt? Hier hält sich Deutschland zurück bzw. versuchte mehrmals intensiv zu vermitteln.
Deutschland sollte sich auch im Rahmen der EU mit Sanktionen gegenüber Russland zurückhalten, den Wünschen der neuen EU-Mitgliedsstaaten eben danach widerstehen. Es sähe sich sonst schnell dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt. Putin konnte schon mehrfach Argumente des widersprüchlichen Verhaltens deutschen Kritikern entgegen halten, wenn es Russlands Führung kritisierte. Zum Beispiel der Umgang mit Protestlern vor und während des G8-Gipfels in Heiligendamm. Oder jetzt im Interview mit Roth zum Thema Anerkennung Abchasiens und Südossetiens.
Als Wirtschaftspartner und Rohstofflieferant dürfte Russland für Deutschland wichtiger sein als Israel - und auch als Partner einer gemeinsamen Sicherheitspolitik. Liegt der Grund für die unausgewogene Berichterstattung etwa darin, dass die Berichterstattung aus Russland - ich meine jetzt nicht die Weltstadt Moskau - aufwändiger ist? Weil es mehr Behinderungen bei der Pressearbeit gibt? Naja, ich erwarte nicht wirklich eine Stellungnahme zur Policy der internationalen Berichterstattung - Aber bei China hat man es jedenfalls in diesem Jahr geschafft, hervorragende Berichte zu machen, trotz starker Behinderungen durch die Obrigkeit (vorgestern erst ein Bericht über einen Bruch eines Stausees im Auslandsmagazin im ZDF, gestern über ein privates Kinderheim für vorwiegend behinderte Kinder auf Vox), freilich unter Inkaufnahme von Repressalien für die Journalisten.
Die Deutschen sollen nicht zuviel aufs Spiel setzen. Das Gerede vom wieder aufkommenden kalten Krieg geistert durch deutsche Medien. Bisher habe ich nicht den Eindruck, dass Russland das anstrebt. Es ist nicht gesund für unsere Beziehungen zu Russland, sich dazu breiter auszulassen. Wieweit sich das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland abkühlen wird, hängt auch davon ab, wieweit Deutschland souverän eine eigene Auslandspolitik gegenüber den USA verteidigt. Insofern ist zu hoffen, dass nicht das Lager die Präsidentschaftswahlen gewinnt, zu [...Next]