Die politische Situation in und zwischen West- und Osteuropa war nur selten Thema während meiner Aufenthalte in Russland. Putin ist bei der Mehrheit der Bevölkerung beliebt und wird als "starker" Führer für dieses riesige Land geschätzt. Bei der Jugend werden allerdings in den letzten Jahren immer mehr Stimmen laut, dass eine so lange "Regentschaft" auch negative Auswirkungen hat und deshalb evtl. ein Wechsel gewünscht wird. Während meiner Fahrt auf der Transsibirischen Eisenbahn im Sommer 2016 habe ich erstmalig 2 Stimmen gehört, die diese Meinung vertraten. Bei meinem Aufenthalt am Gymnasium Nr. 17 im Jahr 2016 wurde ich einmal gefragt, ob es wirklich so schlimm mit den Flüchtlingen in Deutschland sei, dass Deutsche deswegen auswandern müssten. Eine Kollegin hatte bei einem Besuch in einer staatlichen Stelle mitbekommen, dass eine Familie aus Deutschland mit 2 Kindern einen Asylantrag unter Angabe dieses Grundes gestellt hatte. Diese Frage konnte ich beruhigend verneinen und als einen Einzelfall darstellen. Im Herbst 2017 wurde ich darauf angesprochen, dass die Flüchtlingszahlen in Westeuropa und speziell in Deutschland ja jedes Jahr steigen würden. Dies konnte ich dementieren und klarstellen, dass die Zahlen seit dem Jahr 2016 stark gesunken seien.
Im Januar/Februar 2017 hatte ich dann einen dreiwöchigen Aufenthalt als Deutschlehrer an unserer ehemaligen Austauschschule in St. Petersburg. Ich hatte der Kollegin dort angeboten, wie in den Jahren zuvor an der Moskauer Schule an ihrer Mittelschule 309 auch einmal beim Deutschunterricht zu helfen. Da von deren Seite aber keine finanzielle Unterstützung möglich war, hatte ich zumindest für die Übernachtung in einem kleinen Airbnb-Hotel mit 5 Zimmern, günstig direkt gegenüber der Schule gelegen, einen Sponsor gefunden.
Der Unterricht an dieser Mittelschule (vergleichbar unserer Realschule) unterscheidet sich jedoch deutlich von dem in Moskau: Obwohl hier Deutsch bereits ab der zweiten Klasse – zunächst mehr spielerisch – unterrichtet wird, machen die Schüler nur sehr geringe Fortschritte und waren z.B. in der Klasse 5 nach gut 4 Monaten "Vollunterricht" noch nicht so weit wie zur gleichen Zeit am Gymnasium in Moskau. Dies liegt u.a. sicherlich an der unterschiedlichen Klientel. Die SchülerInnen in St. Petersburg sind bei Weitem nicht so motiviert wie am Gymnasium. Auch sind die Deutschbücher hier wesentlich älter und noch häufig auf das „alte“ Lernprinzip ausgerichtet. Hier war für mich auch kein eigenständiger Unterricht möglich. Die Kollegin gab mir aber auch nur die Gelegenheit, während des Unterrichts manchmal einen kurzen deutschen Text vorzulesen. An ein „normales“ Unterrichtsgespräch mit den Schülern war selbst in den höheren Klassen nicht zu denken.
An beiden Schulen erlebte ich einmal den Tag der Fremdsprachen, an dem die Fremdsprachen unterrichtenden Lehrer ihre Erfolge im Rahme einer Präsentation vorstellen. Die Schüler tragen Gedichte, kleinere Sketche und anderes vor. Dazu hatte ich jeweils den Kolleginnen in einzelnen Klassen bei der Vorbereitung dieser Präsentationen geholfen: U.a. bei der Erarbeitung der Darstellung des Märchens "Hans im Glück" und bei der Einstudierung von deutschen Volksliedern. Auch hierbei gab es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Schulen: In St. Petersburg wurden z.B. aus dem Englischunterricht nur sehr einfache Stücke vorgetragen, in Moskau schon wesentlich komplexere.
Unterschiede gab es auch in Bezug zur Schulleitung: In Moskau wurde ich immer auch vom Schulleiter am Flughafen abgeholt – zusammen mit Elena. Hier hat sich schon relativ schnell ein freundschaftliches Verhältnis zum Schulleiter Evgenij entwickelt. Er war auch meist bei Ausflügen an den Wochenenden und in der Zeit der Grippeepidemie mit dabei. Da er keine Fremdsprachen, sondern nur Russisch spricht, konnte ich mit ihm und während meiner Ausflüge und Besichtigungen am Wochenende meine, aus alter schulischer Zeit stammenden, Russischkenntnisse auffrischen, sodass ich am Ende der Aufenthalte immer wieder ganz gut in der Sprache "drin" war. In St. Petersburg wurde ich von der Schulleiterin, die mich ja aus verschiedenen Besuchen im Rahmen der Schüleraustausche von 2000 bis 2014 bereits kannte, nur kurz im Vorbeigehen auf dem Flur begrüßt. Dafür war der Kontakt zu den Kolleginnen in St. Petersburg genauso herzlich wie in Moskau. Einladungen zu Abendessen bei Kolleginnen erfolgten sowohl in Moskau als auch in St. Petersburg. Die große Gastfreundschaft der Russen ist ja allseits bekannt. Auch waren jedes Mal die "Hohlräume" meiner Gastgeschenke für die russischen Freunde und KollegInnen im Koffer vom Hinflug beim Rückflug oft mit noch mehr Gastgeschenken von russischer Seite gefüllt. In Moskau hat mir jede Klasse jeweils zum Abschied ein Geschenk überreicht, sodass meine Sammlung an russischen Souvenirs fast unüberschaubar geworden ist und die vielen leckeren russischen Süßigkeiten nicht zu einem Gewichtsverlust meinerseits geführt haben.
In Moskau war auch jedes Mal die örtliche Presse, sowohl das Lokalfernsehen als auch die schreibende Presse, an meinen Aufenthalten interessiert und brachte immer Berichte darüber. Dies war für das Gymnasium eine gute Werbung, was den Deutschunterricht betrifft. Auch wurde ich in jedem Jahr von der Bezirksleitung Mytischtschi empfangen. Ein Besonderes Ereignis in dieser Beziehung war ein Treffen im Rahmen des 5-jährigen Bestehens des Wirtschaftsabkommens zwischen dem Kreis Düren und dem Bezirk Mytischtschi: Zufällig war ich zu dieser Zeit in Moskau und im Rahmen einer Videokonferenz zwischen den beiden Leitern (Landrat und Bezirksleiter) saß ich direkt neben jenem und wurde auch noch lobend erwähnt. In St. Petersburg wurde mein Aufenthalt von der Mittelschule in keiner Weise medial genutzt. Dafür gab mir die Kollegin Olga am ersten Donnerstag des Monats Februar 2017 unterrichtsfrei, damit ich mich an diesem Tag rechtzeitig vor der Öffnung des Eremitage-Museums im Winterpalast anstellen konnte.
An diesem Tag jeden Monats ist der Eintritt in die Museen kostenlos. Und so standen eine halbe Stunde vor der Öffnung bereits ca. 50 Personen vor mir in der Warteschlange. Trotzdem fühlte ich mich nach Betreten des Museums in manchen Räumen fast allein, da sich die Menschen sehr schnell auf die vielen verschiedenen Räumlichkeiten verteilten. Auch machte Olga mit mir an den Wochenenden Ausflüge, sodass ich u.a. das Bernsteinzimmer im Katharinenpalast in Puschkin und Schloss Peterhof an der Ostsee auch einmal im Winter sehen konnte.
Durch meine häufigen Besuche in Russland und speziell in Moskau hat sich mein Fundus an Fotos enorm vergrößert. Auch habe ich zwischenzeitlich von fast jeder Sehenswürdigkeit in Moskau ein Foto bei schönem Wetter – entweder vom Sommer, zumeist aber von den mehrmaligen Winteraufenthalten. Ausnahme sind Aufnahmen des Moskauer Kreml von innen. Hier hatte ich bisher noch nicht das Glück, die schönen Kirchen und Gebäude bei schönstem Wetter gesehen zu haben. Im Herbst 2017 hätte ich an einem Sonntag die Gelegenheit gehabt. Als ich allerdings die Menschenmassen – es müssen bereits hunderte gewesen sein – vor dem Eingang zum Kreml warten sah, habe ich mein Vorhaben, in den Kreml zu gelangen, aufgegeben. Bei diesen Massen hätte ich sicherlich auch, nach extrem langer Wartezeit, keine „schönen“ Fotos machen können. Meinen Fundus an schönen Fotos von St. Petersburg konnte ich dagegen während dieses Aufenthaltes nur gering vergrößern. Dies konnte ich dann aber bei anderen Reisen im Sommer und Herbst, u.a. mit wunderschönen Nachtaufnahmen während der Zeit der "Weißen Nächte" auch mit den geöffneten Klappbrücken.
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