
Hotellandschaft in Russland
Gäste, die von Hotels und ähnlichen Beherbergungsbetrieben in den Regionen der Russischen Föderation in 2003 beherbergt worden sind [in Tausend]
Aufteilung | Zahl der Gäste | davon u.a. | davon u.a. | davon u.a. | davon u.a. | von allen Gästen über Touren |
---|---|---|---|---|---|---|
Regionen | - | Gäste aus RF | Kinder bis 14 Jahre | Gäste aus Nicht-GUS | Gäste aus GUS | - |
Russland gesamt | 16.639,8 | 13.539,2 | 419,5 | 2.250,7 | 849,9 | 683,1 |
Zentrales Gebiet | 6.075,1 | 4.505,2 | 134,9 | 1.069,4 | 500,5 | 231,4 |
Moskau | 3.469 | 2.276,1 | 66,4 | 892,1 | 300,2 | 25,3 |
Nordwestl. Bezirk | 2.707,7 | 1.887,5 | 90,5 | 750,1 | 70,1 | 219,1 |
Karelien | 162,7 | 119,7 | 5,5 | 39,4 | 3,5 | 25,9 |
St. Petersburg | 1.326,5 | 693,9 | 41 | 599,4 | 33,2 | 162 |
Südlicher Bezirk | 1.577,3 | 1.448,1 | 71,8 | 44,6 | 84,6 | 66,8 |
Krasnodar Kraj | 547,1 | 510,5 | 19,0 | 16,5 | 20,1 | 15,1 |
Wolgabezirk | 2.178,7 | 2.038,5 | 46,3 | 59,4 | 80,9 | 17,9 |
Baschkortostan | 284,4 | 275 | 1,9 | 4,3 | 5,1 | 0,6 |
Tatarstan | 372,4 | 346,4 | 8,5 | 16,7 | 9,2 | - |
Tabelle 1
Quelle: Turism i turistskie resursui w Rossii, offiz. Ausgabe der Föderalen Staatlichen Statistikbehörde Infostat, Moskau 2004, S. 79 ff.
Aktuellere Zahlen von Rosstat habe ich bei der bfai gefunden, die ich hier widergebe.
Betrug die Zahl der Besucher aus dem Ausland (ohne GUS) 2003 noch 2.250.700, so wuchs sie in 2004 auf 2.860.802, schrumpfte aber im Jahre 2005 auf 2.384.626. Für das erste Halbjahr 2006 wurden 963.300 Touristen gezählt.
2.6. Sankt Petersburg
Wie in Moskau ist auch in St. Petersburg die Situation für Touristen in Bezug auf nach Preis-Leistung akzeptable Hotels nach wie vor angespannt. Im Jahre 2007 kamen insgesamt 4,3 Millionen Touristen nach Pieter (gegenüber 2006: +7,5%). Anfang 2008 gab es in St. Petersburg 371 Hotels mit 22.500 Zimmern, wovon schon 10.000 Zimmer auf Minihotels entfielen. Der von STR Global (vormals Deloitte) errechnete Hotel-Durchschnittspreis von Januar bis April 2008 beläuft sich auf 107 EUR, also weit unter dem Niveau von Moskau. Die Auslastung lag nach STR Global bei 51 %.

Der private Ausbau von Wohnungen zu Minihotels mit meistens 10 bis 20 Betten begann vor etwa 5 Jahren zu boomen. Hier engagieren sich auch Ausländer, die in Pieter ein neues zu Hause, eine Frau, gefunden haben. Etwa 2003/2004 tauchten dann die "Bed & Breakfast"-Herbergen auf, allerdings mit Selbstbedienung, einem spärlichen Frühstück, was diese Bezeichnung nicht verdiente und mit einer Kommunalka-Atmosphäre für die Gäste bei Preisen um die 40 bis 80 EUR pro Nacht und Person. Die Spanne bei den Minihotels liegt dagegen etwa bei 35 bis 150 EUR.
Ich glaube, die Preise haben sich zuletzt weiter von Moskau entfernt eben wegen der besseren Versorgung mit Minihotels und Pensionen.
Alexander Schegalow, Generaldirektor der Gesellschaft VIT-Inform sagte gegenüber der Iswestia im Jahre 2004: „Nicht weniger als die Hälfte der ausländischen Anmeldungen müssen wir einfach zurückweisen, weil es keine Unterbringungsmöglichkeiten für die ausländischen Touristen gibt. Solange das Problem des Baus moderner Hotels in den Regionen nicht geregelt ist, ist es sinnlos, mit einem Anstieg der Zahl der Reisenden zu rechnen.“
Inzwischen hat die Stadtverwaltung in Pieter ein Entwicklungsprogramm für den Hotelsektor aufgestellt, der 200 Standorte für den Bau von Herbergen aller Klassen umfasst. Nach Angaben des bfai sollen sich derzeit rund 100 Hotels mit über 9.300 Zimmern in der Projektierungs- oder Bauphase befinden, darüber hinaus 73 Projekte mit einem Volumen von 6.000 Zimmern sich in der Genehmigungsphase befinden. Im Jahre 2010 schon sollen 5 Millionen Gäste zu Gast sein.
Ebenfalls im Jahre 2004 forderte der Gouverneur der Schwarzmeer-Region, Alexander Tkatschow, auf einer Staatsratssitzung, die meist staatlichen und gewerkschaftlichen Sanatorien zu privatisieren und den Hotelbau zu subventionieren. Sein Motiv lag dabei auf der Hand. Die Zahlen der russischen Sommerurlauber an der Schwarzmeerküste gingen zurück. Immer beliebter wurde ein Badeurlaub an der türkischen Mittelmeerküste oder im Marmarameer, oder in Ägypten, denn hier gab es mehr Service, bessere Ausstattung bei häufig niedrigeren Preisen für die Urlaubsdomizile. Weiter schlug Tkatschow vor, in Russland Tourismus-Sonderzonen zu schaffen, in denen der Bau von Hotels und Freizeitanlagen steuerlich gefördert wird. Damit fand er die Unterstützung des Wirtschaftsministers German Gref.
2.7. Hohe Hotelpreise halten ausländische Touristen von einer Reise nach Russland ab
Anfang September 2007 vermeldet der russische Reisetouristik-Verband RST einen alarmierenden Rückgang der Touristen-Zahlen um 14 Prozent. Es gäbe Incoming-Agenturen mit Einbrüchen von 20 bis 50 Prozent. Die meisten russischen Gäste seien Geschäftsleute.
Wenn ein Deutscher für eine einwöchige Russland-Tour mindestens 1.500 Euro hinblättern muss, für die er zwei Wochen in China oder in den USA verbringen kann, dann sind die starken Rückgänge bei so krassen Anhebungen der Preise kein Wunder. Insgesamt ging 2007 die Zahl ausländischer Touristen um 9 % auf 2,2 Millionen zurück.
Der Reisetouristik-Verband RST meldet weiter, 2006 hätten sich Reisegesellschaften darum bemüht, Sankt Petersburg als Wochenend-Reiseziel für die Europäer zu propagieren. Jedoch hoben die Petersburger Hotels ihre Preise gleichzeitig um 30 Prozent an. Die Inflation liegt aber deutlich darunter. Wenn sich Hotels eine Steigerung um 30 Prozent erlauben können, dann muss der Mangel an Hotelbetten schon sehr groß sein. Tatsächlich lag zu der Zeit die Auslastung der Hotelbettenkapazität in Pieter wie in Moskau im Durchschnitt bei über 70%.
Nach Schätzungen der WTO könnte Russland potentiell bis zu 40 Millionen ausländische Touristen pro Jahr aufnehmen, wenn die touristische Infrastruktur ordentlich entwickelt sein würde.
2.8. Weitere negative Einflussfaktoren auf Touristenschwund
Allein mit den stark steigenden Hotelpreisen lässt sich der Rückgang der Hotelgäste in den Metropolen im Jahre 2007 aber noch nicht begründen. (Auch in Berlin gab es im Jahre 2007 zum Teil starke Preisanstiege mancher Hotels in der Größenordnung von zehn Prozent.) Einen Einfluss hatten, neben den steigenden Hotelpreisen, auch die bevorstehenden Parlamentswahlen und die Bestimmung des mächtigsten Mannes, der Putin ablösen würde, auf die Zahl der Geschäftsreisenden.
Eine schlechte Infrastruktur und die Sicherheitslage schrecken ebenso ausländische Touristen ab. Das Vertrauen vieler Deutscher in die Sicherheit hat auch durch die Konflikte im Kaukasus, die durch den Georgienkrieg erst richtig publik wurden, gelitten. Auch Anschläge von Terroristen in Russland und einige Flugzeugabstürze tragen zu einem nicht guten Ruf Russlands in Bezug auf Sicherheit bei.
Eine starke Bremse für den Touristenstrom aus dem Westen sind auch die Visabestimmungen. Die Visumpflicht verteuert den Reisepreis und behindert spontane Reiseentscheidungen. Es gibt europaweit einen Trend zu mehr Kurzreisen, die auch erst kurz vorher geplant werden. Im Verhältnis zu günstigen Flügen bei Low Cost Carriern fallen Visumkosten bei Individualreisenden erheblich ins Gewicht. Am Anfang des Jahres 2007 gab es einige Änderungen bei den Visabestimmungen. Mir ist aber unklar, ob die Änderungen eine positive Wirkung auf die Touristenzahlen hatte.
2.9. Positive Einflussfaktoren
Gleichzeitig boomt aber auch das Messegeschäft. Immer mehr attraktive Messen locken Geschäftsleute aus dem Westen in die russischen Zentren an. In den Millionenstädten sind die Messekapazitäten ausgebaut, neue Kongresshotels entstanden.
Obwohl in den deutschen Medien nicht selten voreingenommen über Russland berichtet wird, erfreuen sich Dokumentationen über die Lebensverhältnisse und die Landschaft Russlands insbesondere in den Wintermonaten, über Weihnachten bei den Zuschauern hoher Beliebtheit. Die Urtümlichkeit, die Weite des Landes, die Gastfreundschaft, Herzlichkeit ihrer Bewohner und Nostalgie aus DDR-Zeiten scheinen Gründe zu sein, weshalb Deutsche trotz Einbußen beim Wohnkomfort gern nach Russland reisen. Das Marketing ist spürbar ausgeweitet worden. Es sind auch viele neue private Incoming-Reiseveranstalter in Russland gegründet worden, die den direkten Kontakt zu dem deutschen Kunden suchen, vor allem über die Internationale Tourismus-Börse in Berlin und ihre Website.
Positiven Einfluss auf die Touristenzahlen aus Deutschland dürften auch die 2005 eingerichteten Billigfluglinien nach Moskau und St. Petersburg gehabt haben. Aber es bleibt die Barriere der Visumpflicht, die den Reisepreis verteuert und kurzfristige, spontane Reiseentscheidungen verhindert. Allgemein geht der Trend zu mehr Kurzreisen, die auch kurzfristig vorher erst geplant werden. Im Verhältnis zu Ländern ohne Visumpflicht, zu denen es Billigflüge gibt, fällt damit die Visumpflicht stärker ins Gewicht.
3. Rückblick
3.1. Intourist
Zu Zeiten der Sowjetunion war Intourist die größte touristisch agierende Firma des Landes. Es war eine staatliche Reiseagentur, über die der gesamte Fremdenverkehr aus dem Ausland abgewickelt wurde, aber nicht nur. Sie war Eigentümerin der in den Großstädten meist wichtigsten Hotels, verwaltete Ferienanlagen, organisierte Busexkursionen für die ausländischen Gäste, erbrachte Finanzdienstleistungen; in ihren Hotels konnte man Geld umtauschen. Das 1929 von Josef Stalin gegründete Unternehmen organisierte auch Reisen der Sowjetbürger in die befreundeten Bruderstaaten des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe). Bekanntermaßen waren die Intourist-Hotels mit Leuten vom russischen Geheimdienst besetzt. Mit Sicherheit diente das Unternehmen auch dem Zweck, die sozialistische Doktrin unter die ausländischen Gäste zu spritzen. Inzwischen wurde sie unter neuen Marktbedingungen seit Beginn von Glasnost und Perestroika privatisiert (1992) und anschließend (1993) zu einem Tochterunternehmen des russischen Konzerns AFK Systema gemacht, der zwei Drittel der Aktien an Intourist gehören und die Aktiengesellschaft Intourist Ende 2007 an die London Stock Exchange brachte.

Ich habe einige Intourist-Hotels in den letzten Jahren gesehen und gewann den Eindruck, dass ihnen immer noch etwas von diesem Flair aus Sowjetzeiten anhaftet. Es dürfte, kann ich mir gut vorstellen, auch die Hotelkette mit den besten Beziehungen zur politischen Führung in Moskau sein. Wurde die AFK Systema 1993 doch aus Aktiva der Stadt Moskau zusammengesetzt, wie bei Wikipedia zu lesen ist.

Es sind häufig diese großen Betonplattenbauten im Zentrum, die in mir diesen Eindruck weckten. (In Krasnodar ist man in diesem Jahr 2008 nun dabei, das Antlitz des Intourist-Hotels zu verbessern und zieht Glasfassaden vor die Balkone.) Da waren bei meinen Besuchen häufig die alten, abgenutzten Möbel in den Zimmern. Da sind z.B. noch auf jeder Etage des Hotels (Hotel Intourist in Krasnodar) in einem Zimmer oder sogar auf dem Flur an einem Tisch die „Dejurnajas“. Fragen der Buchung in einem bestimmten Intourist-Hotel werden über die Zentrale in Moskau entschieden, oder regional – für Majkop zum Beispiel über Rostow am Don.
Aus diesen staatsmonopolistischen Wirtschaftsstrukturen auf dem Sektor des Tourismus musste sich erst ein freier Markt in Russland entwickeln, und zwar unter schwierigen Bedingungen. Man denke nur an das Ausscheiden der baltischen Staaten aus der Gemeinschaft der ehemaligen Sowjetrepubliken, die Gründung von autonomen Republiken (Baschkirien, Tatarstan und andere), den Putsch gegen das weiße Haus in Moskau und die Flucht Gorbatschows an die Krimküste, an die Banken- und Finanzkrise 1998. Die Entwicklung der touristischen Infrastrukturen im Lande unter Befreiung von dem Staatsmonopol von Intourist bedurfte der Schaffung von bestimmten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen.
Ein Beispiel ist das Devisenrecht, das durch das föderale Gesetz „Über Devisenregulierung und Devisenkontrolle“ vom 10. Dezember 2003 novelliert worden ist.
3.2. Anzahl der Hotels bis 2003:
1995 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 | |
---|---|---|---|---|---|
Anzahl der Organisationen, von denen sind: | 5,504 | 4.182 | 4.120 | 3.872 | 3.916 |
Hotels | 4.187 | 3.351 | 3.306 | 3.158 | 3.180 |
Unter ihnen Klassen: | |||||
5 Sterne | ... | 21 | 23 | 18 | 18 |
4 Sterne | ... | 75 | 64 | 68 | 69 |
3 Sterne | ... | 207 | 211 | 202 | 214 |
2 Sterne | ... | 180 | 185 | 187 | 146 |
1 Stern | ... | 179 | 182 | 149 | 97 |
ohne Kategorie | ... | 2.689 | 2.641 | 2.554 | 2.636 |
Motels | ... | 25 | 33 | 24 | 30 |
Hostels | ... | 707 | 663 | 554 | 530 |
Zahl aller Räume [in Tausend] |
- | 472,1 | 470,2 | 444,1 | 448,4 |
Zahl der Betten [in Tausend] | 1.279,2 | 1.100,6 | 1.098,3 | 1.097,4 | 1.151,4 |
Raumbelegung | - | 0,42 | 0,41 | 0,4 | 0,36 |
Tabelle 2,
Quelle: Turism i turistskie resursui w Rossii, offiz. Ausgabe der Föderalen Staatlichen Statistikbehörde Infostat, Moskau 2004, S. 50.
3.3. Investitionshindernisse
Wirtschaftliche und institutionelle Probleme, die den alsbaldigen Ausbau der russischen Hotellandschaft behinderten, gab es viele. Viele Hotels und Sanatorien blieben lange Zeit Staatseigentum oder Eigentum der Gewerkschaften, wurden nicht betriebswirtschaftlich vernünftig geführt. Es fehlten qualifizierte Hotelmanager und finanzielle Mittel für eine Modernisierung ihres Inventars und Anlagen. Für Investoren war und ist der Immobilienmarkt intransparent, Grundstücke zu teuer, die Renditen im Vergleich zum Bau von Wohn- oder Bürogebäuden geringer. Es fehlten öffentliche Investitionsanreize in Form von Steuervorteilen oder Zollvergünstigungen für die Einfuhr von Hotelausstattung. Russische Unternehmen haben es schwer, an günstige Kredite zu kommen. Viele russische Banken haben nicht wie die Sberbank die Möglichkeit, sich von westlichen Banken günstig Kredite zu beschaffen für Kredite an russische Unternehmer. Wenn Kredite überhaupt vergeben werden, dann mit einer nur kurzen Frist, was eine längerfristige Planung erschwert, sodass innerhalb solch einer kurzen Frist vom Projektanten schon die Amortisierung angestrebt wird. Das ist mit ein Grund für die hohen Immobilienpreise. Russische Banken waren relativ isoliert im internationalen Finanzsektor. Einigen Banken ist 2004 von der Russischen Zentralbank ihre Lizenz entzogen worden. Daraufhin kam es im Sommer 2004 zu einer Bankenkrise in Russland.
Und die nächste Banken- und Finanzkrise ist jetzt bereits ausgebrochen. Die Sberbank verlor Anfang dieser Woche an der russischen Börse etwa 24 % ihres Börsenwertes. (Siehe dazu noch am Ende dieses Artikels).
Zur letzten Bankenkrise in 2004 kam hinzu, dass das Wirtschaftsministerium nicht mehr zuständig für den Umbau im staatlichen Tourismussektor war. In der neu entstandenen föderalen Agentur für Sport und Tourismus mussten sich die Mitarbeiter erst einarbeiten, hieß es auf eine Anfrage von Russland aktuell (Rufo-Meldung am 26.7.2004).
4. Staatliche und kommunale Bemühungen um die Förderung des Tourismus
Die wirtschaftliche Entwicklung Russlands geht nicht am Tourismus vorbei. Auf das ganze Land gesehen soll nach Angaben des bfai im Mai 2006 die Zahl der Hotels in den letzten 10 Jahren um 15 bis 20 Prozent angewachsen sein. Dazu hätten auch stark kleinere Hotels mit 10 bis 100 Zimmern in den Regionen beitragen, besonders am Schwarzen Meer und am „Goldenen Ring“ nordöstlich von Moskau, undzwar dabei häufig nur unzureichend vom Staat und den Banken unterstützt.

Der Hotel-Erholungskomplex "Blaue Welle" bei Gelendjik am Schwarzen Meer wurde vor ein paar Jahren von Moskauer Investoren übernommen und von da an stark renoviert. Es hat seinen eigenen Strand und ist gut für Familien mit Kindern.
4.1. Föderales Förderprogramm und Fördergebiete
In einem Konzept zur Entwicklung des Tourismus in Russland bis 2005, das auf Anweisung der russischen Regierung erstellt wurde, formulierte man:
"Das Hauptziel in der Staatspolitik auf dem Gebiet des Tourismus ist die Schaffung moderner, hocheffektiver und wettbewerbsfähiger Touristkomplexe in der Russischen Föderation, die breite Möglichkeiten für die Anforderungen der Russen und Ausländer in verschiedenen Tourist-Dienstleistungsbereichen bieten.
Die Hauptaufgabe bei der Tourismusentwicklung in der RF ist die Formierung einer modernen Marketingstrategie, mit der touristische Produkte sowohl auf inländischen als auch auf ausländischen Märkten in Abstimmung mit dem Maßnamenplan für das Verwirklichungskonzept in Übereinstimmung mit der Anlage gefördert werden."
Den Marketingteil hat man, meine ich, schon gut entwickelt. Für die Verwirklichung des Hauptzieles sind dann, wie der Gouverneur des Kuban Tkatschow gefordert hatte, in 2006 Sonderwirtschaftszonen für den Fremdenverkehr festgelegt worden. Zu den sieben Zonen gehören:
- Gebiete Burjatien und Irkutsk (Baikalsee),
- Stawropol (Heilbad Grand Spa Jutsa),
- Krasnodar Kraj (Schwarzmeerküste),
- Republik Altai (Gebirgstourismus, Extremsport),
- Kaliningrad (Ostseeküste).
Investoren bekommen Ermäßigungen bei der Gewinnsteuer und einen befristeten Erlass der Boden- und Vermögenssteuer eingeräumt.
4.2. Tourismus-Entwicklungsprogramm für St. Petersburg
In der Metropole St. Petersburg unternimmt man seit einigen Jahren große Anstrengungen, um zu einer der meistbesuchten Städte in Europa zu werden. Für den Zeitraum 2002 bis 2005 hat die Stadtregierung ein Tourismus-Entwicklungsprogramm ausgearbeitet, parallel zum Regierungsprogramm für ganz Russland. Und so wurde eine kommunale Touristinformation eingerichtet, die diese Bezeichnung verdient, wurden die mehrheitlich im Besitz der Stadt befindlichen Hotels verkauft (zuletzt im Jahre 2005 das Hotel Oktjabrskaja am Ploschadj Wostanja, gegenüber dem Moskauer Bahnhof für knapp 50 Millionen USD), kämpft man gegen die Taximafia am Flughafen Pulkowo und setzt mehr Polizisten zum Schutze der Touristen vor Raub und Diebstahl ein. Letzteres aber auch erst seit einigen aufsehenserregenden Diebstählen an Touristen(-gruppen) und VIPs wie Botschafter und einer im Sommer 2005 veröffentlichten alarmierenden Statistik, wonach die Besucherzahl in Pieter um 30 Prozent eingebrochen war. Die Stadtregierung ließ sich für die Zeit der Touristenflaute im Winter die „Weißen Tage“ einfallen, um Kultur- und Kunstinteressierte anzulocken, als Pendant zu den Weißen Nächten im Frühsommer. Bei den Bemühungen, den Touristenstrom über die Ostsee mithilfe von Fährgesellschaften auszubauen, erlitt man aber schon mehrmals Rückschläge. Im Unterschied zu Kreuzfahrtschiffen nutzen Fähren mehr Individualreisende. Hier wirkt sich aber die Visumpflicht stärker aus als bei Gruppenreisen. Wegen mangelnder Rentabilität stellte Silja Lines die Verbindung zwischen Pieter und Rostock mit der MS Finnjet 2006 nach nur zwei Saisons wieder ein. Das gleiche Schicksal – mangelnde Auslastung – erleidet jetzt der gerade erst von der finnischen Reederei Stella Company Group mit ihrem Schiff "Julia" aufgenommenen Fährbetrieb zwischen Helsinki und Pieter bereits nach 2 Monaten (Rufo-Meldung vom 10.10.2008). Die Umsatzpläne konnten auch deswegen nicht eingehalten werden, weil ein vorbereitetes Gesetz für eine 72-Stunden-Visafreiheit für Schiffstouristen ewig nicht von der Duma beschlossen wurde.
Überhaupt erscheinen die Maßnahmen zur Förderung des Tourismus manchmal unkoordiniert. Manche Beschlüsse torpedieren die Bemühungen der Marketingabteilung. Da wurde z.B. für das Jahr 2004 ein Haushaltsplan aufgestellt, in dem für die Tourismusentwicklung anstelle der nach dem Entwicklungskonzept vorgesehenen 35 Mio Rubel (1 Mio EUR) nur noch 6 Mio Rubel (zirka 171.000 €) bereitgestellt wurden (Rufo vom 11.1.2003).
Während der ITB im März diesen Jahres lud man deutsche Fachbesucher zu einer Sonder-Werbeveranstaltung in das Kempinski Hotel Bristol. Da wurde auch für ein neues Wintersportgebiet zwischen St. Petersburg und Priosersk geworben. Derlei Werbeveranstaltungen laufen auch in Paris, New York und Tokio. Tourismusexperten in Pieter haben Zweifel daran, ob Gelder für manche Marketingmaßnahmen richtig angelegt sind. Wo die Stadt schon voll mit Touristen ist – wo sollen da noch mehr Touristen hin, wenn einfach die Unterkünfte für sie fehlen und – ich ergänze – wo es ihnen wegen der Registrierungspflicht nach Ankunft bei den Behörden erschwert wird, legal bei Petersburger Familien unterzukommen? Viele kleine und mittlere Hotels haben keine Lizenz, um für ausländische Gäste die Registrierung vorzunehmen.
5. Ausblick
Mit einer klugen Politik kann die russische Regierung Schritt für Schritt einige der oben angesprochenen Probleme für die Investitionswirtschaft beseitigen. Etwa damit:
Am 10. Oktober meldet Ria Nowosti, dass die russische Regierungskommission für ausländische Investitionen ab jetzt den inländischen Banken erlaubt, Beteiligungs- und Fusionsgeschäfte mit ausländischen Investoren ohne Genehmigung der Regierungskommission abzuwickeln. Das habe der Chef des russischen Kartellamts, Igor Artemjew, am 10.10.2008 mitgeteilt. Ihm zufolge liegen schon rund 10 Anträge für derartige Geschäfte in verschiedenen Branchen vor.
Ich vermute, das ist eine Maßnahme zur Überwindung der Finanzkrise, zum Schutze einzelner Wirtschaftsbranchen.
Weitere Maßnahmen werden vom Kreml unternommen, um die russische Wirtschaft zu schützen. So wurden nach heftigen Kurseinbrüchen in der ausklingenden Woche einigen Banken, vor allem der Sberbank und der VTB, Staatskredite in Gesamthöhe von 950 Milliarden Rubel (rund 25 Milliarden Euro) zugesagt. (Ria Nowosti am 10.10.2008).
Am gleichen Tage meldet Ria Nowosti, dass die russische Regierung rund 50 Milliarden US-Dollar für russische Unternehmen zur Tilgung von Auslandskrediten bereit stellt.
Die Zukunft wird zeigen, ob oder inwieweit der russische Staat in der Lage ist, die Krise aufzufangen und die Depression zu mildern. Davon hängt mit ab, wie schnell die Nachfrage von Hotelbetten befriedigt werden kann, damit mehr Touristen Devisen ins Land bringen können.
5.1. Russische Investoren
Zur Aufnahme eines Hotelgeschäfts bedarf es keiner Lizenzierung – das Hotelgeschäft ist nicht in der Liste der Lizenzierungspflichten gewerblichen Tätigkeiten im Artikels 17 des Lizenzierungsgesetzes enthalten.
Mehrere russische Großinvestoren, vor allem die Rohstoffkonzerne, sind in jüngerer Zeit in die Hotellerie eingestiegen.
Der russische Milliardär Wiktor Wechselberg kündigte Anfang 2007 an, mit seiner Renova Stroigroup 50 Hotels im 3-Sterne-Segment mit jeweils 200 Zimmern bauen zu wollen und damit eine neue Hotelkette zu schaffen. Das Unternehmen gehe davon aus, dass der Bau insgesamt 10 Jahre dauere und rund 1 Mrd USD kosten werde. Die Renova-Holding hat Beteiligungen in der Öl- und Aluminiumindustrie.
Auch der Milliardär Oleg Deripaska ist im Aluminiumgeschäft mit seinem Konzern Rusal. Er hält 30 % an der österreichischen Baufirma Strabag. Allerdings verlor er im Herbst 2008 infolge der in den USA ausgelösten weltweiten Finanzkrise außer seinen Anteilen am kanadischen Autozulieferer Magna auch seinen Anteil von 9,99 % an dem deutschen Baukonzern Hoch Tief an die Commerzbank. (Rufo-Meldung vom 10.10.2008). Deripaska hatte vor Ausbruch der weltweiten Finanzkrise in diesem Jahr für seinen Baukonzern Basic Element einige Großaufträge zur Vorbereitung und Durchführung der Winterolympiade in Sotschi 2014 an Land gezogen, z.B. Bau eines Güterhafens in Sotschi.
5.2. Weltfinanzkrise 2008
Es steht nun zu befürchten, dass nach dem Georgienkrieg und dem Rückgang der Ölpreise auf dem Weltmarkt, reihenweise Banken und auf große Kreditsummen angewiesenen Unternehmen insolvent werden. Die Immobilien- und Baubranche, bislang einer der Motoren des russischen Booms, friert gegenwärtig massenhaft ihre geplanten oder schon begonnenen Großprojekte ein. Es ist unschwer auszurechnen, dass dies auch schädliche Auswirkungen auf geplante und angefangene Hotelbauprojekte haben wird und auch Joint Ventures zwischen ausländischen Investoren und russischen Firmen ruiniert werden.
5.3. Ausländische Investoren
Das hohe Preisniveau und der hohe Bedarf an Betten macht es für ausländische Hotelketten sehr attraktiv, sich in Russland zu engagieren. Als erste ausländische 5-Sterne-Hotelkette vor 1999 war Kempinski in Russland angekommen. Nach Expertenmeinungen werden hautpsächlich die westlichen Hotelkonzerne die oberen Marktsegmente behaupten, während den einheimischen Investoren weitgehend die Hotels der mittleren Kategorie, kleinere Herbergen und Appartement-Häuser vorbehalten bleiben. (bfai, Hotelketten investieren in Russlands Regionen, 04.05.2006)
Hotelkette Rezidor Hotel Group
Schon seit einigen Jahren sehr aktiv sind die internationalen Hotelketten Radisson SAS, Park Inn. Beide gehören zur Rezidor-Group. Auffällig stark vertreten ist Radisson SAS in Sotschi seit einigen Jahren mit drei Hotels, davon eines in Krasnaja Poljana in den nahen Bergen.
Die Rezidor-Gruppe wird bis 2011 neun Hotels mit insgesamt etwa 1.000 Zimmern eröffnen (Stand Herbst 2008). Das erste von diesen Hotels wird das Park Inn in Wolgograd (in der Nähe des Stadtzentrums, mit 173 Zimmern, einem Restaurant, zwei Bars und einem Konferenzbereich) in 2008 sein, berichtet Touristikpresse.net am 20.9.2008, danach das Park Inn in Kaliningrad (im Stadtzentrum, mit 276 Zimmern, einem Restaurant, einer Lobbybar mit Lounge, einer kleinen Dependence der Paulaner-Brauerei und einem Fitnessbereich sowie Konferenzräumen) und dann das Radisson Grand Hotel in Rostow am Don. In St. Petersburg wird am Newski Prospekt ebenfalls ein Park Inn eröffnet.
Mit dem Radisson Grand Hotel Rostov-on-Don entsteht bis Herbst 2011 das zweite Radisson-Hotel in der Stadt. Das Radisson Grand Hotel Rostov-on-Don mit 520 Zimmern wird direkt an der Hauptpromenade mit phantastischem Blick auf den Fluss Don liegen. Zusätzlich wird es über zwei Restaurants, eine Sky-Bar, eine Lounge und fast 2.000 Quadratmeter Konferenzräume verfügen, berichtet Touristikpresse.net weiter.

Von außen sah dieses Hotel Ende April 2008 schon ziemlich fertig aus (siehe Foto oben). Ich war daran vorbei gelaufen.
Hyatt
Für die internationale Hotelkette Hyatt ist Russland neben China das attraktivste Land für Investitionen. Von 38 Hotels, die bis 2010 die Oberklassenhotelkette bis zum Jahr 2010 weltweit eröffnen will, soll knapp die Hälfte in Russland und China dazu kommen, berichtete fvw im März 2008. Hyatt ist beispielsweise an der Eröffnung eines Hotels in Krasnodar interessiert.
Accor
Accor plant bis 2013 mehrere Hoteleröffnungen in St. Petersburg, Four Seasons dort ab nächstes Jahr ein 5-Sterne-Hotel. Und so weiter.
Aber auch in die Regionen ist viel Bewegung gekommen. Die Immobilienpreise sind hier deutlich niedriger, der Erwerb von Grundstücken vom Verwaltungsaufwand her leichter.
Es gibt aber auch eine junge russische Hotelkette, die in Mitteleuropa expandiert. Die Azimut-Kette ist erst 2004 entstanden. Sie hat in neun russischen Städten Hotels mit insgesamt mehr als 3.275 Zimmern im Eigentum oder gepachtet. In St. Petersburg wurde das Hotel Sowetskaja von Azimut im Frühjahr 2006 übernommen. Azimut Hotels Europa ist ein Unternehmen des Privatinvestors Alexander Klyachin. Im Herbst 2008 umfasst die Kette bereits 22 Business-Hotels der 3- und 4-Sterne-Kategorie in 21 Städten Deutschlands, Österreichs und Tschechiens. Im September 2008 eröffneten Neubauten in München und Köln. Zur Umsetzung seiner weiteren Expansionspläne ist man im Herbst 2008 eine Partnerschaft mit Amadeus eingegangen, war aus einer Pressemitteilung von Amadeus Hospitality kürzlich zu erfahren.
5.4. Kongresshotels
In den letzten Jahren sind die Kapazitäten der Messegesellschaften erheblich ausgebaut worden und einige Flughäfen modernisiert und erweitert worden, z.B. Moskau Domodedowo, der Flughafen Kolzo in Ekaterinburg oder der internationale Flughafen Sotschi in Adler. Russland unternimmt einiges, um Investoren ins Land zu locken. Nach dem voranstehenden wundert dann schon nicht, dass das Segment Messedienstleistungen wie überhaupt MICE (= meeting, incentives, congress, event) boomt.
Besonders attraktiv scheint der Bau von Multifunktionskomplexen, die den Wohnkomplex mit Büros, Veranstaltungssäle und Shoppingcenter kombiniert. Die Bundesagentur für Außenwirschaft sieht in ihrem Marktbericht vom Mai dieses Jahres ("Hotelketten investieren in Russlands Regionen") eine Bremse für den Zufluss weiterer neuer Hotels an, wohl weil dadurch Investitionsgelder an andere Immobilienfunktionen als der Beherbergung gebunden werden.
5.5. Hoffen auf niedrigere Hotelpreise
Mit zunehmender Anzahl von Hotels wird sich die Beherbergungs-Situation zugunsten von Touristen weiter verbessern und die Hotelpreise hoffentlich nicht mehr schneller steigen als die Inflation in Russland. Gleichzeitig mit dem Bau der Hotels müssen die Fachkräfte herangebildet werden. Das alles dauert aber noch Jahre. Annehmbare Preise kann man am ehesten in privaten Minihotels erwarten.

Ein weiteres Hindernis in Bezug auf wachsende Zahlen bei privaten Individualreisen könnte die geplante Anbindung von Hotels direkt an die Meldeämter werden, durch die der Staat besser das Visumgeschäft der Incomingfirmen unter Kontrolle bringt. Dienstleister, die sich darauf spezialisiert haben, diesen für ihre ausländischen Gäste die Registrierung in Hotels zu verschaffen, in denen sie dann nicht wohnen, werden es dann schwerer haben. Kann aber ein Incoming-Büro seinen Gästen den Service der Beschaffung von Registrierungen nicht mehr bieten, wird es schwerer für die Gäste, sich günstige Unterkünfte zu suchen, solange sie nicht auf 2-Sterne- und 3-Sterne-Hotels mit Lizenz zur Registrierung von Ausländern ausweichen können.
Russische Regionen
Die Regionen sind in dieser Übersicht noch zu kurz gekommen. Auf sie möchte ich nach und nach in extra Artikeln eingehen, wobei ich dann auch mehr meine persönlichen Reiseerfahrungen einbringen werde.
Verwandte Links:
- Sotschis Hotels, Teil 1 - Ältere Hotels (Bestand vor den Winterspielen 2014)
- Repräsentation russischer Regionen mit der russischen Agentur für Tourismus in Berlin, Erlebnisbericht
- Hotelbuchungsplattformen im Leistungsvergleich in Bezug auf Russland, Teil 1
- Lebenshaltungskosten in Russland, Teil 1 - Die Wohnung