Vor zwei Wochen hatte ich von dem workshop im Russischen Haus berichtet. Als Teilnehmer daran den ganzen Tag hindurch habe ich (als Laie) einen guten Überblick bekommen, an welchen Stellen in Russland man sich mit erneuerbaren Energien beschäftigt. Da die Forschung und private Projekte in Russland weitaus weniger als in Deutschland gefördert werden und sehr an Investoren oder Joint Ventures interessiert scheinen, finde ich es sinnvoll, mir die Mühe zu machen, von der Veranstaltung zu berichten, um Kollegen in Deutschland zu helfen, einen Zugang zur Branche in Russland zu finden, die an internationaler Zusammenarbeit interessiert sind. Heute also endlich die (erste) Fortsetzung.
Vor der Mittagspause war Dr. Ulrike Willer mit ihrem Vortrag dran. Sie vertrat Prof. Dr. Schade, Laserforschungsanwendungs-Centrum (LAC). Der Forschungsschwerpunkt liegt auf Energie und Material. Ein anderer auf Sicherheitstechnik, z.B. Explosivstoffdetektion.
Ihr Thema war Energieeffizienz und photonische Sensoren. Darin ging es nicht um das Finden von neuen Methoden der Energiegewinnung, sondern um Sensoren, die eingesetzt werden können, bestimmte Prozesse effizienter zu gestalten.
Nach der Mittagspause referierte V. Leskow von der Firma OAO "Insolar Invest" Moskau über Wärmepumpensysteme und deren Effizienz in Russland, demonstierte die Ergebnisse eines von der Firma betreuten geothermalen Wärmepumpensystems.
Zu Anfang zeigte er am Beispiel eines 17-stöckigen Wohnhauses, in dem die Firma Messungen über einen längeren Zeitraum vorgenommen hat, wie zwischen den Jahren 2000 und 2008 in Moskau die Gaspreise anstiegen, nämlich von 23 Rubel pro Person und Monat auf 272,9 Rubel pro Person und Monat. Der Preis für heißes Wasser stieg in diesem Zeitraum hier um das 6-fache, für Strom fast um das 4-fache.
Im folgenden Vortrag stellte Dr. Eberhard Oettel den Verein Fördergesellschaft Erneuerbare Energie FEE e.V. mit Sitz in Berlin vor. Dieser Verein hat sich ein Branchennetzwerk aufgebaut. Dr. Oettel schilderte die aktuellen Bedingungen der Branche, zeigte eine kleine Marktübersicht und stellte Projektbeispiele vor, bei denen weitere Kooperationen erwünscht sind, wobei hier der Schwerpunkt von ihm auf die Verwendung von Brennstoffzellen gelegt wurde.
Er erinnerte daran, dass am heutigen Tage der Weltausblick der Internationalen Energieagentur in London veröffentlicht wird. Aus der bereits zuvor herausgegebenen Zusammenfassung greift er zwei ihm besonders wichtig erscheinende Fakten heraus. Zum ersten Mal nennt die internationale Energieagentur Zahlen, aus denen hervorgeht, dass der Gipfel der Erdölgewinnung erreicht ist. Damit meint er, dass der Bedarf an Erdöl trotz einer erhöhten Förderung nicht mehr gedeckt werden kann und wird. Die Schlussfolgerungen daraus nennt er "verheerend". Das klingt bei ihm sehr dramatisch. Wie die "erhöhte Förderung" zu verstehen ist, bleibt unklar. Einen Gipfel haben wir auch bei der Nutzung landwirtschaftlicher Nutzfläche weltweit erreicht, ebenfalls einen Gipfel der Wassernutzung, einen Gipfel des Verlustes an Biovielfalt, einen Bevölkerungsgipfel, alles verbunden mit Klima, Landwirtschaft, Energie. Auch beim Bruttosozialprodukt sei die Grenze des Wachstums erreicht. Das meint er unabhängig von der Ende des Sommers ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise. Aber unklar bleibt, ob er dies meint wegen des Grundes, dass nicht mehr Rohstoffe für weitere Produktionswachstum zur Verfügung stehen.
Anschließend bricht er eine Lanze für die Nutzung von Biomasse, um die exergetische [oder: exhermetische] Effizienz zu erhöhen. Erneuerbare Energien seien untereinander zu kombinieren. Zur Bereitstellung der in Zukunft weitaus höheren Speicherkapazitäten für Energie werde eine Unmenge an Innovationen benötigt, aber nicht nur technische Innovationen, sondern auch finanzielle, institutionelle, organisatorische Innovationen, in der Forschung und Ausbildung, in Unternehmen.
Bis 2030 müssen Forscher und Ingenieure die Probleme klären, wie in unseren Breiten die Häuser beheizt werden sollen und wie die Mobilität von Menschen und Gütern sicher gestellt werden kann. Das sei dann auf herkömmliche Weise nicht mehr möglich.
Die gesamte Energiewirtschaft muss sich bis dahin zu einer bedarfsgerechten und dezentralen, aber gekoppelten Energiebereitstellung in integrierten Netzen entwickeln. Auch brauchen wir eine Wende im Transportwesen hin zur Elektromobilität. Das hat Auswirkungen auf weitere Lebensbereiche. Als Beispiel solcher imensen Auswirkungen nennt er Ostdeutschland. Hier ist eine Solarindustrie innerhalb von zehn Jahren aus dem Boden gestampft worden, wodurch es gelungen sei, Regionen zu reindustrialisieren, mit freilich erheblichen Fördermitteln.
Diese werden von ihm für die Mitglieder des oben erwähnten Netzwerkes von der Bundesregierung weiter eingefordert auch für die Forschung und Entwicklung an der Brennstoffzelle. Hier zählt er die Forschungsgebiete für die Gewinnung erneuerbarer Energiequellen auf, an die die Forschung und Entwicklung (an) der Brennstoffzelle ansetzen kann. Bei tragbaren Brennstoffzellen zeichne sich schon die Marktreife ab. Die Hauptaufgabe seines Vereins sieht er in der Netzwerkfunktion, in der Bündelung der hier Agierenden, die aufeinander angewiesen sind.
An die von Herr Oettel propagierte Biomasse knüpfte Dipl. Ing. Jan Postel als Vertreter des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums in Leipzig an. Er hielt einen Vortrag, in dem er seine Erfahrungen von seinem Arbeits- und Forschungseinsatz in Russland aufbereitet hatte, über Chancen und Risiken der Integration der Biogastechnologie in Russland.
Einleitend erläuterte er die Wirkungsweise, typische Prozesse und Anwendungsgebiete von Biogastechnologien. In Russland arbeitete er in Kooperation mit einem deutschen Ingenieurbüro am Aufbau eines Informationszentrums und einer Pilotanlage mit. Er nahm dort an workshops teil, hatte vielfältige Kontakte bekommen. Er besichtigte mehrere landwirtschaftliche Betriebe und erfuhr von dem Problem "Wohin mit den Fäkalien der Tiere?". Es gab Gespräche mit Ministerien der Republik Tatarstan und letztlich kam es zu einem Kooperationsvertrag mit der Staatlichen Universität Kasan über gemeinsame Forschungen und den Mitarbeiteraustausch.
Er schilderte die Rahmenbedingungen für die Errichtung der Pilotanlage in Tatarstan anhand von Dias. Zusammenfassend kristallisierte er heraus, dass die Risiken von Seiten der russischen Verwaltung gering sind. Wichtig ist, auf die Genehmigungsfähigkeit von konzipierten Biogasanlagen nach russischem Recht zu achten. Die russischen Behörden sollten daher rechtzeitig einbezogen werden. Eine politische Unterstützung muss schriftlich fixiert werden.
An finanziellen Risiken filterte er heraus:
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Bau von Anlagen, die nicht an den Standort angepasst sind (durch Gutachter prüfbar)
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Verkauf von Energie an Netze ist nicht so einfach möglich
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Abschluss von langfristigen Verträgen ist schwierig (und damit auch die Planung der Finanzierung)
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Änderungen der ökonomischen Bedingungen (z.B. Markt für Biogassubstrate).
Im Anschluss an Herrn Postel trat Prof. Jarigin vom Staatlich-Wissenschaftlichen Zentrum Russlands an das Rednerpult. In diesem Zentrum arbeitet er am Lejpunski-Institut für Physik und Energieerzeugung. Mit seinem Vortrag stellt er den Teilnehmern des workshops seine Arbeit und die seiner Kollegen vor. Seinen Vortrag nannte er: "Thermoelektricity and thermionics in electrogenerating plants with direct conversion of heat into electricity using natural fuel and renewable energy sources". Das heißt soviel wie "Thermoelektrizität und Elektronen in stromerzeugenden Anlagen mit direkter Umwandlung von Wärme in Strom unter Nutzung von natürlichen Brennstoffen und erneuerbaren Energiequellen."
Im Fahrzeugbau könnte die Technik zur Bereitstellung von Strom im Fahrzeug angewendet werden. Das ist den strengen russischen Wintern geschuldet. Die stromerzeugende Einheit könnte hinter dem Fahrerhaus angebaut werden. Im PKW könnte ein elektrothermisches System zur Motorkühlung eingesetzt werden.
Es wird auch an einer stromerzeugenden Anlage gearbeitet, mit der Sonnenstrahlung aufgefangen und in Strom umgewandelt wird.
Als nächster Redner (und vor der Kaffeepause) trat Prof. Dr. Fedjanin von der Technischen Staatlichen Universität Altai auf. Doch davon berichte ich ein nächstes Mal.
Über staatliche Förderung im Energiesektor schreibe ich hier, mit meinem eigenen Standpunkt.
Links
Energie-Forschungszentrum Niedersachsen
http://www.efzn.de/
Verein Fördergesellschaft Erneuerbare Energie
http://www.fee-ev.de
Deutsches Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ)
http://www.dbfz.de
Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation
http://mon.gov.ru/
Staatliche Agentur für Wissenschaft und Innovationen (Zeichensatz kyrillisch Windows-1251)
http://www.fasi.gov.ru/ (15.12.2017: nicht mehr vorhanden). http://www.rusnanonet.ru/nns/17780/
Rosatom
http://rosatom-europe.com/de/
Heute folgte der dritte und letzte Teil. Nach der Veröffentlichung des 2. Teils sah ich, dass inzwischen auf der Website des Deutsch-Russischen Hauses die Vorträge der Referenten zum Download bereitgestellt wurden. Dr. Fedjanins Votrag handelte v ...
Am letzten Mittwoch, dem 12. November, trafen sich Wissenschaftler, hohe Verwaltungsbeamte und Firmenvertreter in Berlin, um über ihre Projekte auf dem weiten Feld der Energiegewinnung aus unkonventionellen und erneuerbaren Energiequellen und deren Förd ...