Zu den Aussichten der Solarbranche
... las ich unterschiedliche Darstellungen.
In einer Focus-Sonderbeilage "Zukunftsmarkt Solar" im Herbst 2008 sah man die Solarbranche durch die enorm gestiegenen Strompreise gestärkt. Schon in 6 Jahren, also im Jahre 2014, könne die Technik konkurrenzfähig sein, hieß es. Dabei ist berücksichtigt, dass wegen der Ölpreisbindung des Gaspreises auch der Strompreis stieg, weil Gas auch zur Stromproduktion eingesetzt wird.
Zuletzt hieß es, dass wegen der restriktiveren Kreditvergabepolitik der Banken infolge der weltweiten Wirtschaftskrise der Branche die Mittel für nötige Investitionen wegbleiben. Denn schon nach 3 Jahren veralten Maschinen.
Die Hersteller würden sich voraussichtlich gezwungen sehen, in den Jahren 2009 und 2010 infolge von Stagnation des Absatzes in Deutschland die Preise für Solarmodule um mehr als 10 Prozent zu senken, sagte der Vorstandschef der Solarworld AG, Frank Asbeck, dem Handelsblatt (Handelsblatt vom 29.12.2008). Die Ursachen dafür liegen aber auch an der von der Bundesregierung gewollten Abschmelzung der Einspeisevergütung für Solarstrom ins deutsche Stromnetz und eine deutliche Erhöhung des Angebots an Solarmodulen auf dem Weltmarkt. In den letzten Jahren bestand eine Knappheit von Silizium für die Produktion von Wafern. Inzwischen gibt es aber verschiedene alternative Möglichkeiten für die Herstellung von Solarmodulen unter Einsparung (Dünnfilmsolarzellen) oder gar Verzicht von Silizium. Auch werden nach und nach in einigen Ländern hochgezogene Betriebe zur Siliziumveredelung jetzt fertiggebaut.
Ölpreisbindung des Gaspreises und Einfluss des Staates auf Energie-Verbraucherpreise - Zweifel an der Rechtschaffenheit der Energiepolitiker
Ein Übel der Energiewirtschaft aus Sicht der Verbraucher und Steuerzahler ist - darauf möchte ich noch mal zurück kommen - die Ölpreisbindung der Gaspreise. Die besteht seit den ersten Erdgasimporten nach Deutschland in den 60er Jahren aus Russland. Damit sollten Investitionen in die Infrastruktur zur Gasversorgung, in die Erdgasförderung gesichert werden. Die Gasversorger nutzen die steigenden Einkaufspreise regelmäßig zu überproportional hohen Aufschlägen bei den Tarifen. Der Gasbezug macht aber nur ein Drittel am Verkaufspreis aus, rechnet der Bund der Energieverbraucher vor. Sinkende Ölpreise werden oftmals langsamer und abgeschwächter an die Gasverbraucher weitergegeben als steigende Ölpreise, kritisiert der Bund. Das kommt der Solarbranche natürlich entgegen.
Standpunkt
Also wenn der Bau von Erdgasleitungen wie die durch die Ostsee vom Finnischen Meerbusen aus nach Deutschland Nordstream (2011 fertig gestellt) und Nordstream 2 energiepolitisch zur Sicherstellung der Energieversorgung Deutschlands gewollt ist (Ist das auch im Sinne der Diversifizierung der Energiebezugsquellen? Einige Fachleute warnen vor steigender Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland.), dann stellt sich die Frage, wie das Verhältnis des Staats zu den Energiekonzernen in Anbetracht seiner Daseinsvorsorgepflicht ausgestaltet sein soll. Die Subventionierung des Steinkohlebergbaus in NRW und im Saarland waren lange genug politischer Zankapfel. Wo es um Daseinsvorsorge geht, sollte die Energieversorgung durch Staatsbetriebe (oder, im kleineren Maßstab, kommunale Betriebe) sichergestellt werden. Wo daneben noch Raum für private Firmen mit ergänzenden Leistungen ist, stellt sich die Frage, ob sie auch gefördert werden, damit sie nicht gegenüber den Staatsbetrieben im Wettbewerb benachteiligt werden.
Wird aber die Energieversorgung Deutschland nichtstaatlichen Energieunternehmen überlassen, dann muss der Staat darauf achten, dass die durch die Monopole/Oligopole typischerweise hervorgerufenen nachteiligen Wirkungen auf die Verbraucher und alternative, junge Konkurrenzunternehmen vermieden werden; sprich: Es muss eine kartellrechtliche Kontrolle sichergestellt werden. Die Vereinbarungen zwischen deutschen und russischen Unternehmen über eine Ölpreisbindung des Erdgaspreises bzw. unter deutschen Unternehmen scheint mir doch kartellrechtlich fragwürdig zu sein.
Ich habe mich aber in diese Materie nicht eingearbeitet, möchte ich eingestehen. Wäre schön, wenn ein Energieexperte hier einen klarstellenden Kommentar abgeben würde.
[Nachtrag, 24.03.2010: Für den Bürger, der Gas vom regionalen Energieversorger bezieht, ist die Frage, ob die Vereinbarung der Ölpreisbindung zwischen dem russischen Lieferanten und den deutschen Energieunternehmen kartellrechtlich rechtmäßig ist, nur mittelbar von Bedeutung. Diese Ölpreisbindung des Gaspreises lässt sich vom deutschen Energieversorger gewinnbringend ausschlachten, soweit er sich eine Änderung (die Anpassung des Preises nach oben) in Gasbezugsverträgen mit den Verbrauchern den Energieversorgern eingeräumt hat. Aber das ist ja bisher der Fall gewesen. Wegen Möglichkeit der Kontrolle dieser Verbraucher-Gasbezugsverträge bedarf es gar nicht zwingend einer kartellrechtlichen Kontrolle.
Urteil des Bundesgerichtshofs zur Gaspreisbindung und einseitigen Preisänderung in Gaslieferverträgen
Heute (24.03.2010) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klauseln, die die Anhebung des Gaspreises in Fällen des Ansteigens des Erdölpreises dem Gasversorger gestatten, für rechtswidrig erklärt. Dieses Urteil war heute die wichtigste Schlagzeile in den Radioprogrammen mit mehr Informationsanteil. Dort wurden die Gründe kurz erörtert. Darüber hinaus kenne ich das Urteil nicht. Eine ausführlichere Erörterung finde ich bei Spiegel Online: Richter teilen das Öl-Gas-Gemisch. Aber ich möchte ergänzen, dass eine solche Klausel ein Fall des § 315 BGB war, wonach die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt wird. Und für solche Fälle gilt nach § 315 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass im Zweifel die Bestimmung des Preises nach billigem Ermessen anzunehmen ist. - Es entspricht aber nicht dem billigem (gerechten) Ermessen, wenn die Preiserhöhung an Tatsachen festgemacht werden, die nichts mit den eigentlich entstehenden Kosten zu tun haben und wenn der deutsche Gasversorger frei bestimmt, wenn er bei fallenden Ölpreisen mit der Senkung der Gaspreise nachzieht, hier sich mehr Zeit lässt als bei der Anpassung des Gaspreises nach oben, und wenn er anders als bei einer Gaspreiserhöhung im entgegengesetzten Fall den fallenden Ölpreis nicht vollständig auf den Gaspreis überträgt. Doch möchte ich weiter auf die Analyse auf Spiegel Online verweisen. Das Urteil betrifft nur erst mal zwei Gasversorger. Die Richter haben eine Öl-Preis-Bindung ja doch nicht prinzipiell untersagt. Sie darf nur nicht alleinige Grundlage für die vom Verbraucher zu zahlenden Gaspreise sein.
Durch den Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien entsteht mehr Wettbewerb im Energiemarkt, die dazu führt, dass Energie preiswerter wird. Und deshalb sind erneuerbare Energien - im Unterschied zu herkömmlichen Energiequellen Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomstrom - absolut förderwürdig. Bitte schauen Sie sich den Dokumentarfilm Energie Autonomy - Die 4. Revolution an! Ich sah den Film gestern abend im Kino. Ende Nachtrag]
Inwieweit soll es in einer freien Marktwirtschaft Daseinsvorsorge für die deutsche Energiewirtschaft geben?
Aber apropos Daseinsvorsorge: Wenn diese auf den Bürger bezogen ist und nicht auf Wirtschaftsteilnehmer, Unternehmen, müsste man beachten, dass staatliche/kommunale Betriebe nur insoweit gerechtfertigt sind, soweit sie Leistungen der Daseinsvorsorge für Bürger erbringt. Doch wo Unternehmen als Energiekonsumenten am selben Stromnetz hängen wie Otto Normalverbraucher, ist die Trennung zur Begrenzung der unternehmerischen Tätigkeit des Staates zwecks Sicherstellung der Daseinsvorsorge (im Energiesektor) praktisch gar nicht möglich. Das wirft Probleme auf in Hinsicht auf gerechte Verteilung von Fördermitteln, denke ich. Wie weitgehend dürfen Unternehmen, vom Selbständigen über KMU bis hin zu Konzernen an staatlicher Daseinsvorsorge (ebenfalls) partizipieren? Die Antwort ist schwierig. Unseren Energiepolitikern traue ich eine ausgewogene differenzierende Abschichtung des Problems im Rahmen eines Gesamtkonzepts Energiesicherstellung und Förderung nur begrenzt zu, in Anbetracht der Verlockungen, denen sie von den Lobbys der großen Energieunternehmen ausgesetzt sind. Deswegen haben wir auch keinen wirklich freien Energiemarkt.
Würde die Ölpreisbindung wegfallen, hätten wir dann fairere Bedingungen für Anbieter von Energie aus erneuerbaren Energiequellen im Energiemarkt?
Die Frage ist zuvor erst mal, welche Energiegewinnungsform mit welchen Geldern vom Staat gefördert wird und im welchen Verhältnis, weiterhin, welcher Prozentsatz davon in welche (staatlich als sinnvoll angesehenen) Investitionen geht. Der Staat muss rechtfertigen, warum bestimmte Energieformen um wieviel mehr gefördert werden als die anderen. Da hier Steuermittel verwendet werden, müssen auch die Gewinne der deutschen Energieunternehmen berücksichtigt werden. Sind sie hoch, sind die Subventionen vielleicht zu hoch!? Mit den Fördergeldern aus Steuermitteln sollen nicht unverhältnismäßig hohe Managergehälter in solchen Unternehmen subventioniert werden. Das ist in diesem Frühjahr häufig in den Medien zu lesen, beklagen die bedeutendsten Politiker Europas jetzt. Auch ist zu sehen, dass die großen vier Energiekonzerne Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energiequellen forschen und Projekte umsetzen, denken wir nur einmal an die TV-Werbung von E.on für seine Offshore-Windkraftanlagen an der Nordseeküste.
Generell ist es legitim, Steuern und Förderungen zur Erreichung gesamtstaatlich sinnvoller Ziele wie der Sicherstellung der Energieversorgung einzusetzen. Aber das alles bedarf der öffentlichen Diskussion im Gesetzgebungsprozess und vor Vertragsverhandlungen mit energieliefernden Ländern, Rechtfertigung und Kontrolle. Es darf nicht sein, dass Politiker vom Parlament in vom Staat gegenüber Mitbewerbern der gleichen Branche protegierte/subventionierte Firmen wechseln, zumal wenn die Protektion/Subvention nicht nachweislich gerechtfertigt werden kann. Weil so etwas (der Wechsel von Politikern in die Industrie, in Firmen mit dem Staat als Hauptkunde)aber in letzter Zeit bei uns vorkam, ist die Glaubwürdigkeit der Politik beim "Wahlstimmenlieferanten" momentan am Boden. Selbstbedienungsmentalitäten stören eine nachhaltige Energie- und Klimapolitik. Meine Meinung als Laie. Aber damit müssen wir wohl leben. Diese Mentalitäten werden durch Lobbys gezüchtet.
Exkurs: Vor diesem Hintergrund ist die Aufsichtsratstätigkeit unseres ehemaligen Bundeskanzlers Schröder zu bewerten, einschließlich der Frage, wie er zu diesem Job gekommen ist. Welchen Einfluss hatte er beim Einfädeln der nötigen Verträge für das Gemeinschaftsprojekt Nordstream zwischen deutschen und russischen Unternehmen?
[Nachtrag:
Die Frage beantwortete Schröder selbst. Er kam in dem Dokumentarfilm "Gigant Gazprom - Die Deutschen und ihr Gas aus dem Osten", der gestern abend um 23.30 Uhr im ARD gesendet wurde, zu Wort: Er sei von Wladimir Putin gefragt worden, ob er Chairman von Nordstream werden wolle. Er fand, das habe er nicht ablehnen können, nicht ablehnen müssen.
Ist das okay? Ich meine: nein. Ich verstehe Schröders Sicht zwar. Aber akzeptabel ist sie nicht. Schröders Standpunkt gibt ein schlechtes Vorbild und reizt zur Nachahmung an. Unsere Bundespolitiker als Parlamentarier erhalten schon eine dicke Rente. Sie sollen sich nicht kaufen lassen. Es lassen sich bestimmt auch andere großartige Aufgaben finden, von deren Umsetzung durch diese ehemaligen Parlamentarier man noch lange sprechen wird.
Verallgemeinern wir: Wenn Lobbys sich ihre Politiker heranzüchten, dann kommt irgendwann der Tag, an dem manche Politiker gefragt werden, ob sie nicht für einen Wirtschaftsverband, für ein großes Unternehmen arbeiten wollen. Ist ein Eingehen auf so ein Angebot aus der Wirtschaft deswegen nicht verwerflich, weil sie nur ein Angebot annehmen und sich nicht selbst darum bewarben?
Die Unternehmen bekommen das Insiderwissen und Zugang zum Netzwerk des ehemaligen Volksvertreters/Parteifunktionärs. Ist das nicht auch eine Form der Subventionierung? Der versteckten Subventionierung. Das passt nicht zu einer freien Marktwirtschaft! Es riecht nach Vetternwirtschaft.
[Ergänzung 14:08.2012: Ich fand in der Märkischen Allgemeinen vom 10. August 2012 auf Seite 7 den Beitrag: "Kampfansage gegen Korruption". Darin heißt es, dass die schwarz-gelbe Bundestagskoalition die Ratifizierung einer UN-Konvention gegen Korruption blockiert. Jene Konvention verpflichtet die Staaten dazu, Korruption gegenüber Amtsträgern unter Strafe zu stellen und bei der Korruptionsbekämpfung international zusammen zu arbeiten. Welche Motive Politiker und Bundestagsabgeordete haben, die Ratifizierung zu verhindern, kann man sich ja denken.]
Übrigens wurde in dem Dokumentarfilm zu Gasprom auch klar gesagt: Als Putin an die Macht kam, wurde Energie wieder eine Staatsangelegenheit. Im Prinzip finde ich das auch richtig. Bei Energiepolitik geht es um Daseinsvorsorge (mit der oben erwähnten Einschränkung in Hinsicht auf die Wirtschaft. In Bezug auf die Ermöglichung einer fairen Marktwirtschaft muss man "Daseinsvorsorge" wohl anders interpretieren als in Bezug auf die Grundrechte der Bürger als Individuen.), um Sicherstellung des Funktionierens des Staates. Konsequenterweise müssten dann die Energiebetriebe staatliche Betriebe sein.
Dieser Dokumentarfilm war, finde ich, neutral, unverzerrt. Putin erklärt darin plausibel, dass Russland kein Interesse an diesem Streit mit der Ukraine hat, dass es täglich 120 Mio USD dadurch verliert, dass kein Gas aus der Leitung an Westeuropa (bzw. Südosteuropa wie Bulgarien, Rumänien) abgegeben wird.
Zum Verständnis des Konflikts empfehle ich den Post im Blog des Unbequemen: "Wegreißen und Verhungern lassen".
Ende des Nachtrags].
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2008 zu den Umweltauswirkungen der geplanten Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland, Amtsblatt Nr. C 294 E vom 03/12/2009 S. 0003 - 0011.
Zu Schröders Rolle im Zusammenhang mit der geplanten Erdgasleitung Nord-Stream durch die Ostsee von Wyborg bis Greifswald ist viel geschrieben worden. Auch in der Russland-orientierten deutschsprachigen Bloggerszene schäumte es, wie ich im letzten Posting erwähnte.
Die Sendung FAKT im ARD zeigt sich beängstigt vor einer Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland/Gasprom, warnte heute abend im ersten Sendungsbeitrag auch in Anbetracht der entstehenden Nordstream-Gasleitung vor der Abhängigkeit. In die gleiche Richtung geht der Beitrag "Eisige Grüße aus Moskau" im Focus vom 12. Januar 2009, S. 120-123 (mit Karten zu den wichtigsten Gasleitungen in Mittel- und Osteuropa und zu Deutschlands Erdgasspeichern).
Da fragt sich vielleicht ein einfacher Verbraucher: Also erst buttert unser Staat in diese Leitung Steuergelder - und erlaubt die Ölpreisbindung und dann muss er die Gaspreise nach dem Motto "Friss oder stirb!" schlucken, zumal Deutschland sich zu spät in anderen Ländern um alternative Bezugsquellen gekümmert hat, Russland schon auch das Gas in jenen Ländern aufgekauft hat? Mensch, das ist schon vertrackt! Verstehe das, wer will...
"Wir sollten uns unabhängig machen", denkt er weiter. Also her mit den Programmen zur Förderung erneuerbarer Energiequellen!
Und damit habe ich die Überleitung ...
Zum Vortrag von Clemens Neumann (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) beim deutsch-russischen Erfahrungsaustausch über erneuerbare Energiequellen, den ich in Teil 3 meines Berichts erwähnte.
Erneuerbare-Energien-Gesetz bringt mehr Unabhängigkeit von erdölexportierenden Ländern, aber keine Schonung des Klimas
Im Focus-Interview (Focus 51/2008, S. 24) erklärt Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, das die Förderprogramme für die Aufstellung/Installation von Windrädern und Solardächern derzeit nicht geeignet sind, unsere Welt ökologisch sauberer zu machen, den CO2-Ausstoß zu senken. Denn dadurch subventioniert Deutschland indirekt fossilen Strom außerhalb Deutschlands. Das ist ganz einfach, erklärt er: Innerhalb Europas haben wir ein System des Emissionshandels: Wer CO2 ausstoßen will, muss dafür Emissionszertifikate nachweisen; wer sie nicht hat, muss sie kaufen. In Deutschland wird die Produktion von Strom aus fossilen Brennstoffen durch die Förderung des grünen Stroms zurückgedrängt, Zertifikate werden freigesetzt. Die werden von Ländern wie Polen und Spanien gekauft. In dem Maße, wie hierzulande CO2 eingespart wird, wird dort CO2 mehr ausgestoßen.
Die Förderung des grünen Stroms kostet den deutschen Bürgern, sowohl Steuerzahlern als auch Verbrauchern, viel Geld, ohne dass der europäische CO2-Ausstoß gesenkt wird. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lässt sich also nichts gegen die Klimaerwärmung tun. Im EEG aus dem Jahre 2004 wurde auch die Einspeisungsvergütung von Solarstrom deutlich erhöht. Die Versorger wurden darin gezwungen, den Betreibern von Solaranlagen von der Inbetriebnahme an für 20 Kalenderjahre einen Solartarif zu zahlen, der jährlich um 5 Prozent fällt.
Auf die Frage, ob nicht doch Europa einen Einfluss auf das globale Klima hat, wenn es die Menge an Emissionszertifikaten festlegt, antwortet Herr Sinn, dieser Einfluss sei begrenzt, denn zwar lasse sich die Nachfrage nach fossiler Energie reduzieren, aber nicht das Angebot der Ölscheichs und anderen Ressourceneigentümern. Wenn aber das weltweite Angebot sich nicht verringert, setzen andere Kontinente, Nicht-EU-Länder die Mengen an CO2 frei, die Europa einspart. Das Angebot werde aber durch die Preispolitik der Ölscheichs gesteuert. Die überlegen, wann sie ihre Ressourcen am besten verkaufen können, richten ihr Angebot auf die Umweltpolitik der EU-Länder aus.
Es muss ein weltweites Klimaschutzsystem aufgebaut werden, wofür weltweite Abkommen erforderlich werden, ist Sinn überzeugt. Das wollte Angela Merkel, sei aber derzeit nicht erreichbar, nicht mit China, das seine Kohlekraftwerke nicht so bald renovieren will, nicht mit den arabischen erdölexportierenden Ländern und nicht durch erhebliche Unterstützung von 3.Welt-Ländern durch die führenden Nationen bei der Umsetzung einer Weltklimapolitik und soweit diese nicht einigermaßen politisch stabil und berechenbar sind.
[Ergänzung 29.12.2009: Heute wurde vom Naturschutzbund NABU an H.W. Sinn der Ökopreis "Dinosaurier des Jahres" vergeben. Den Umwelt-Dino-Preis vergibt der NABU jährlich an die Person, die besonders antiquierte Ansichten in Sachen Umweltschutz äußerte. Aufgegriffen wurde von den Medien, die über die Preisverleihung heute berichteten, auch das obige Zitat von der Sinnlosigkeit des CO2-Zertifikate-Systems. Er wird als Interessenvertreter der Atomlobby und großen Energiekonzerne gesehen.
Die Einspeisevergütung nach dem EEG fällt vom 31.12.2009 zum 1.1.2010 übrigens nicht um 5 %, sondern bei Photovoltaikanlagen mit einer Leistung bis 30 kW um 9 %, bei anderen Anlagen um 11 %. Das wurde von der neuen Bundesregierung Ende Oktober festgelegt.]
Anknüpfend an die Beiträge von Dr. Wagener-Lohse von der CEBra GmbH und Frau Dr. L. Krasko im dritten Teil meines Berichts, möchte ich auf einen Artikel in dem Fachblatt Energie & Management in derAusgabe vom 15.5.2008 auf Seite 18 hinweisen: "Mit Holzvergasern um die Welt".
Hier werden verschiedene Projekte, oft mit transnationalem Charakter, in der Schweiz, Österreich und in Deutschland vorgestellt, bei denen es um die Umwandlung von Biomasse in Erdgas, Wärme und Strom geht. Europaweit sei lange an einer Vielzahl von Holzvergasertechnologien geforscht worden, die höhere Wirkungsgrade und ein breiteres Produktspektrum erlauben als die übliche Verbrennung. Praktische Erfahrungen werden schon mit einigen Pilotanlagen und kommerziell betriebene Heizkraftwerken gesammelt, z.B. im Heizkraftwerk der Biomasse Kraftwerk Güssing GmbH & Co KG. Deren Weibett-Wirbelschicht-Vergaser erzeugt aus Waldrestholz ein Synthesegas, welches in einem Motor der Produktion von 2 MW Strom und 4,5 MW Wärme dient. Zukünftig soll mit der Anlage auch noch ein synthetisches Erdgas produziert werden, mit dem einmal Kraftfahrzeuge betankt werden. Beteiligt ist hier auch das Leipziger Institut für Energetik und Umwelt.