Heute gibt es eine Fortsetzung der von mir übersetzten Serie "Zahlungsverkehr ohne Banken" in Russland, insbesondere Webmoney von Mark Herpel. Zum besseren Verständnis der von mir übersetzten Texte empfehle ich meine Einleitung zu lesen.
Diese Serie erschien auf Americancronicle.com. Der heutige Artikel geht allgemein auf die im Januar 2010 erlassenen Bestimmungen zum elektronischen Zahlungsverkehr in Russland ein.
Bereits im Juni 2009 erließ die russische Regierung Gesetze, die juristischen und natürlichen Personen verbietet, als Zahlungsagent oder Bankzahlungsagent zu agieren und individuellen Personen vorschreibt, bei Zahlungsvorgängen ab 15.000 Rubel sich zu identifizieren. Diese Gesetze traten zum 1. April 2010 in Kraft, also zu einem Datum nach Erscheinen des hier übersetzten Artikels.
Ein Entwurf eines Gesetzes über den nationalen Zahlungsverkehr sollte Anfang 2010 von der Regierung an die Duma zur Diskussion weitergeleitet worden sein. Wie weit man mit den Lesungen darüber ist, habe ich noch nicht recherchiert.
Nachtrag, 21.06.2011: Irgendwann muss in der Serie die drängende Frage beantwortet werden, ob oder inwiefern Deutsche dieses System Webmoney nutzen können. Wo sind die Händler? Ich fand so gut wie keine mit deutscher Google-Suche.
Erst ziemlich spät, nämlich am 23. Mai 2010, bin ich auf eine - überraschend ungenaue - Pressemeldung der BAFIN gestoßen (bei www.herrschendemeinung.de). Sie stammt vom 23.03.2009 und die Überschrift sagt das Wesentliche:
Der WM Transfer Ltd wird das unerlaubt betriebene E-Geld-Geschäft untersagt und die Abwicklung wird angeordnet.
Es geht hier um das Unternehmen mit Sitz in Belize City. Die Bundesanstalt sei auch befugt, gegen Unternehmen und Personen einzuschreiten, die den Webmoney-Service vermitteln, Gelder entgegennehmen (wusste nicht, dass das Entgegennehmen von Geld verboten ist) oder auf andere Art in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung dieser Geschäfte einbezogen sind.
Hier stellen sich einige Fragen, z.B. an wen das Verbot ergangen ist und wie das Verbot zugestellt wurde. Es wird erklärt, dass das Geld auf einer Internetseite angeboten wurde.
Die Normen des Geldwäschegesetzes, gegen die verstoßen wurde, sind auch nicht genannt. Überraschenderweise fand ich sonst keine Kommentierungen zu diesem Verbot.
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Bitte beachten Sie beim Lesen dieses Artikels, dass die neuen Bestimmungen über elektronisches Geld in Russland sich bei Veröffentlichung dieses Artikels noch im Gesetzgebungsverfahren befinden/befanden und noch nicht in Kraft gesetzt sind/waren.
Ende letzten Jahres entschieden sich - dem angewachsenen Interesse der Regierung an der Regulierung von banklosem elektronischen Zahlungsverkehr Rechnung tragend - die russischen Riesen des elektronischen Geldes (zukünftig: e-commerce) dazu, eine Industrievereinigung zu gründen. Eine ähnliche Situation hat es in Russland schon früher gegeben, als die Regierung mit der Regulierung von Zahlungsterminals begann und während der schnellen Zunahme der Zahlungsterminals; damals hat sich auch eine erfolgreiche Industriegruppe gebildet. Als die Gesetze zu den Terminals sich entwickelten, haben die Beteiligung und die Fürsprache von seiten der Industriegruppe geholfen, die neuen Bestimmungen mitzugestalten. Ohne eine solche Beteiligung, lässt sich sagen, hätten die neuen Gesetze ernsthafte Beschränkungen für Zahlungsterminal-Aktivitäten gebracht. Mit den Erfahrungen wuchs ein Konzept für eine e-commerce-Vereinigung. Ein ähnlicher Ansatz ist nun nötig.
Wegen Befürchtungen vor strengen Bestimmungen im Bereich des Bankwesens zum elektronischen Zahlungsverkehr ohne Beteiligung von Banken (filialloser Zahlungsverkehr), bei deren Inkraftsetzen die Industrie mit Nachteilen durch langsameres Wachstum und Verringerung der Profitabilität rechnete, wurde im Oktober 2009 die Russische Vereinigung für elektronisches-Geld (AED) gegründet. In dieser Gruppe sind die größten Anbieter und Industrievereinigungen vereinigt, die in Russland im Sektor des elektronischen Zahlungsverkehrs arbeiten.
Zu den Mitgliedsfirmen gehören:
- WebMoney Transfer und Yandex.Dengi (diese beiden Firmen decken 90 % des Marktes des russischen Internetzahlungsverkehrs/des digitalen Zahlungsverkehrs payments in Russland)
- i-Free (Mobilfunkbetreiber)
- QIWI (Bargeld-Terminal-Betreiber)
- Nationale Vereinigung für Mikrofinanzierungen (National Association of Microfinance Market Participants [NAUMIR])
- Nationale Vereinigung für elektronischen Handelsverkehr (National Association of e-commerce Market Participants [NAUET]).
Ziele der AED
Lobbyarbeit für die Interessen der Industrie bei der Gesetzgebung zum elektronischen Geld (Der Umsatz der Branche wird für 2010 auf 30 Milliarden Rubel geschätzt.) ist das Hauptziel der Vereinigung. Dazu gehört es auch, die Entwicklung des e-commerce-Marktes zu unterstützen und ihn zu einer beliebten finanziellen Einrichtung für Verbraucher, Regierungsgruppen und die Industrie zu machen.
Methoden, die angewandt werden, um diese Ziele zu erreichen, sind:
- Arbeit an rechtlichen Aspekten der e-commerce-Marktregulation
- Ausweitung der Kooperation zwischen Marktteilnehmern und Interaktionen mit anderen Geschäftspersonen und Regierungsbehörden/Staatsorganen
- Erhöhung der Markttransparenz
- Ausarbeitung von Best Practise-Standards
- e-commerce-basierte Dienstleistungen populär machen und die Rechte der Verbraucher stärken
In Russland ist es ganz klar, dass e-commerce-Systeme ohne Bankbeteiligung wie etwa Webmoney Transfer zum größten einzelnen Faktor für das Anwachsen des filiallosen Zahlungsverkehrs in Russland und in fast allen früheren GUS-Ländern wurde und heute ist. Ohne leichten Zugang zu Kreditkarten wurde bankfreies elektronisches Geld zu einem effektiven Mittel, welches vielen Menschen ermöglicht, online Waren zu verkaufen, Inhalte zu Geld zu machen und Werbeeinnahmeströme zu entwickeln.
Nach Peter Darachwelidse von Webmoney Transfer wird jetzt der Zahlungsverkehr zum ersten Mal als eigenständiger Typ von Aktivitäten rechtlich reguliert. Die neue Gesetzgebung wird für Russland eine klare Definition geben, was elektronisches Geld ist. Es wird erwartet, dass die neuen Regelungen irgendwann im Jahre 2011 in Kraft treten könnten. Das würde dann die russischen Herausgeber von elektronischem Geld zu eine Art "Kreditinstitution" machen.
Kreditinstitution
Rechtspersönlichkeiten, die darauf angelegt sind, Gewinn als wesentliches Objekt ihrer Aktivitäten auf der Basis einer besonderen Erlaubnis (Lizenz) der Russischen Zentralbank zu erwirtschaften, haben das Recht auf die Durchführung von Bankoperationen unter bestimmten Bedingungen des höheren föderalen Rechts. ... Kreditinstitutionen werden unterschieden zwischen Banken, die die breite Palette von Bankoperationen anbieten, und Kreditinstituten der zweiten Kategorie, welche dazu bestimmt sind, bestimmte Banktransaktionen durchzuführen. Kombinationen von Bankoperationen für letztere bedürfen einer Erlaubnis durch die Bank von Russland. Die Kreditinstitutionen unterliegen der Registrierungsfeststellung durch die Bank von Russland. Die Bank von Russland führt die staatliche Registrierung von Kreditinstitutionen der zweiten Kategorie durch und unterhält das Staatsregister über die Kreditinstitutionen. Kreditinstitutionen haben Anspruch auf Durchführung von Bankoperationen ausweislich einer Urkunde der Lizenz, die von der Bank von Russland erteilt wurde.
Quelle: College-Wörterbuch der Ökonomie und des Rechts, http://www.smoney.ru/glossary/
Es ist erkennbar, dass die Kreditinstitutionen Beziehungen zu Zahlungsagenten herstellen werden. Nach dem Aufbau einer Beziehung wird der Agent im Interesse der Bank dann Betriebs- und Clearingdienstleistungen für alle Privatkunden und Endverbraucher anbieten. In dieser denkbaren zukünftigen Situation wird sich hinsichtlich der Logistik der alten digitalen Währung nicht viel ändern außer bei den Gebühren, die höher sein werden (natürlich). In einer Linie mit dieser möglichen neuen Regulation würden dann alle Haftpflichten der digitalen Zahlungsmittel von lizenzierten Banken übernommen werden und existierende Betreiber von digitalen Zahlungsmitteln würden Agenten für solche Banken.
Eine weitere mögliche Beschränkung wird in der Zukunft die Notwendigkeit aller Betreiber sein, ihre Klienten zu kennen und deren Identifikation zu überprüfen. So, wie es derzeit aussieht, wird für alle Transaktionen und Abhebungen von über 15.000 Rubel die Überprüfung der Benutzer verlangt werden.
(Diese Regelung ist seit April 2010 in Kraft, J.S.)
"Juristische Personen und Entrepreneurs sollten immer identifiziert werden und die Zentralbank könnte ein Limit festlegen für die Auszahlung von elektronischem Geld."
http://www.vedomosti.ru/newspaper/article/2010/02/08/224970
In den letzten Monaten wiesen viele Artikel darauf hin, dass diese möglichen neuen Regularien Normen für die russischen Herausgeber elektronischen Geldes aufstellen, die strenger sind als alle anderen Gesetze in der Welt. Dank der Intervention und Regulation durch die großen Banken verändert sich das Online-Universum der digitalen Währungen so schnell, wie die Regierung mit der Technologie Schritt hält.
Marc Herpel: 19.03.2010, veröffentlicht: http://www.americanchronicle.com/articles/view/146931
Übersetzung: Jörg Schäfer
Links zur Serie "Zahlungsverkehr ohne Banken":
Teil 1 - Die Geburt von Webmoney Transfer
Teil 2 - Vergleich Amerika vs. Russland
Teil 3 - Paypal vs. Webmoney
Teil 4 - Produkte und Services von Webmoney
Teil 5 - Webmoney und Plastikkarten
Teil 6 - Die Webmoney-Geldbörse