Gestern besuchte ich das Zeughauskino. Jetzt läuft das Filmfestival film Polska 2010. Um Halbacht vor dem Filmstart hielt erst der Kinodirektor eine kleine Rede, anschließend der polnische Botschafter in Berlin, Dr. Marek Prawda. Nach dem quadratischen Hochglanz-Festivalprogramm sollte "Der Bekehrte" laufen. Die Kassiererin sagte, der Film könne aus technischen Gründen nicht gezeigt werden. Stattdessen wird der Film "Bez konca", d.h. "Ohne Ende" gezeigt. Zum Trost kostet der aber keinen Eintritt (sonst 5 €). Auf der Website www.filmpolska.de stand aber schon am Mittwochabend der Film "Ohne Ende", ich sah den Film, den ich mir ausgesucht hatte. Nach den Worten des Kinodirektors in seiner Begrüßungsrede war das Festival-Programm aus Anlass des Flugzeugabsturzes mit dem polnischen Präsidentenpaar und vielen weiteren wichtigen Personen in Smolensk kurzfristig geändert worden. Die Eröffnungsfeier Mittwochabend ist abgesagt worden. Er erinnerte auch an die Kranfahrerin in der Werft in Danzig, über die 2007 ein deutsch-polnischer Film mit Katharina Thalbach in der Hauptrolle gedreht wurde: Strajk - Die Heldin von Danzig. Sie saß auch mit in der TU 154 nach Smolensk. Es laufen mehrere Filme zur Solidarnosc. Auch in unserem Film am Rande der Filmhandlung; der Film ist sehr ernst und traurig (, so wie schon der Film "Tatarak", den ich 2009 auf der Berlinale sah).
Heute fand ich über Google News auf die Website von PolskaWeb-News. Dort werden ausführlich alle möglichen Fakten zusammen getragen und von den Ermittlungen vor Ort berichtet. Ich sah mir das Video eines der ersten Personen nach dem Absturz bei Smolensk an und weitere Videomitschnitte von Handykameras von Augenzeugen.
In den Meldungen tun sich ja Abgründe auf! Das wächst sich zu einem Politthriller aus und ich komme gar nicht mehr los von den News.
Es ist unter anderem ein um Plausibilität bemühtes Szenario zu lesen, was sich in den letzten Minuten vor dem Tod der polnischen Spitze, die heute feierlich beerdigt worden ist, abspielte, insbesondere in der Flugleitzentrale, zwischen dieser und den Piloten.
Wenn man das alles liest - das empfehle ich - und sich erinnert, was kurz nach der Absturzmeldung über die Ursache (außer dem Hochnebel) gemutmaßt oder verlautbart worden ist, dann bekommt man jetzt ein deutlich anderes Bild, wenn man hier diesen polnischen Journalisten folgt. Und man sieht mal wieder, wie schnell sich die Medien mit den Meldungen überschlagen im Wettstreit um den Schnellsten, Aktuellsten, ohne ihre Quellen mitzuteilen, ohne ihre Journalisten vor Ort zu haben. - Die Nachrichtenmedienlandschaft ist eine Gerüchteküche. Es sieht so aus, als wenn unsere Medien wieder mal vorsätzlichen Falschmeldungen auf den Leim gegangen sind (Wie oft wurde der Anflug zur Landung versucht?). Und wo sind die zu lozieren?
Es hieß zuerst, es war menschliches Versagen des Piloten, sprich: Starrsinn. Der habe mehrmals einen Anflug versucht trotz dringendem Anratens, wegen des Nebels nicht in Smolensk zu landen. Warum ist nicht zugleich darauf eingegangen worden, ob er nicht vielleicht - nach entsprechender Meldung, dass die Flugleitzentrale zum Weiterflug auffordert, von seinen wertvollen Passagieren die Anweisung bekommen hat, trotzdem zu landen? Weil der Sendeplatz nicht reicht? Immer diese Halbinformationen! Weil womöglich etwas kolportiert wurde und die Journalisten den Braten gefressen haben. Deren Chefs sind ungeduldig. Journalisten mit Biss (und Neugier) arbeiten vielleicht zu langsam für die großen Medien. Also hat man von den russischen Nachrichtenagenturen Verlautbarungen im guten Glauben übernommen?
Ich erinnere mich an ominöse Umstände des Unglücks der Fähre Estonia, die später filmisch verarbeitet wurden. Das ganze Puzzle jetzt ergibt den Stoff für einen brisanten Film. Wer wird den Mut haben, diesen zu produzieren?
Überlagert werden solche Meldungen über das Drama heute aber von dem Stillstand des Flugverkehrs in Europa aufgrund der Aschewolke des isländischen Vulkans. Zwar wurde in den halbstündigen Radionachrichten auf Radio 1 auch die Trauerfeier in Warschau erwähnt, aber nicht, wer von den Regierungen dabei war. Von Angela Merkels Verbleiben in Portugal haben wir gehört. Die Anreise zu Land war bis heute Nachmittag nicht mehr möglich wirft ihren Zeitplan durcheinander. Nun, heute nimmt das Volk Abschied, morgen erst die Staatsoberhäupter.
18.4.2010: Dieser Termin war ja wegen der Aschewolke vage und ich hier beim Schreiben nicht mehr ganz up-to-date, deswegen die Streichungen. Sie haben also genug Zeit zum Anreisen mit Autos. hätten zwar ausreichend Zeit zum Anreisen, aber doch nur auf Kosten anderer Pflichten. Und deshalb wurde gesternabend gemeldet, dass Angela ihr Erscheinen absagt, auch US-Präsident Obama.
Aber was ist mit Hubschraubern, die tiefer als die Flugzeuge fliegen? Gilt auch für sie Flugverbot? [18.04.2010: Nein, gerade lese ich bei Deutschlandradio, dass Horst Köhler und Guido Westerwelle mit Hubschraubern nach Krakau anreisten.]
Wer war von der russischen Führung zugegen, wer von der amerikanischen? Nun, ich schaue kein Fernsehen und kann unsere Medien nicht überblicken.
Ich muss wieder zurück auf PolskaWeb News. Dort gibt es eine Liste der angemeldeten Gäste. Diese Journalisten scheinen mir am nächsten dran zu sein. Sie beschweren sich auch auf ihrer Website darüber, dass andere Journalisten bedeutender Medien ihre Nachrichten klauen, ohne Urheberhinweis.
Sie schreiben auch darüber, wie der FSB Gegenstände der polnischen Führung suchen und einsammeln, die ihnen nicht gehören. Darunter sind Laptops, Handys, wichtige Dokumente, Staatsgeheimnisse, vielleicht auch Geheimnisse der NATO. - Gefundenes Fressen für den russischen Geheimdienst - und damit für die russische Führung? Die drei polnischen Ermittler vor Ort können dagegen so gut wie gar nichts ausrichten, schätze ich. Und hier deutet sich ein Skandal an. - Derweil lese ich auf Ria Nowosti, dass sich Polen für die Hilfe Russlands nach dem Absturz der Maschine bedankt hat.
[18.04.2010: Die polnischen Angehörigen der Opfer haben viel Hilfe vor Ort bekommen, kann man im Netz lesen. Und ein Kommentator zu einem Artikel des Standards schreibt, die schwarzen Boxen sollten im Beisein polnischer Ermittler geöffnet und ausgewertet werden. Dafür und die von Wladimir Putin gezeigte Anteilnahme der Dank von Bronislaw Komorowski in seiner Trauerrede gestern.
Aber ehe die polnischen Ermittler an der Absturzstelle waren, konnten russische Geheimdienstler schon Spuren einsammeln. Die im Video zu hörenden Knalle machen misstrauisch. Waren das Schüsse von Geheimdienstlern? Zur Vertreibung von Augenzeugen?]
Vieles wird wohl versucht unter der Decke zu halten. Wie intensiv wird die Zusammenarbeit bei der Aufklärung tatsächlich durchgeführt? Jetzt sind Journalisten gefragt, die tiefschürfend arbeiten und unabhängig arbeiten können. Auf denn, PolskaWeb News!
Nachtrag 23.5.2010:
Hier ist noch eine unabhängige Quelle von Zweiflern, die wie Sherlock Holmes die von den Medien präsentierten Informationen mit Logik analysieren (auffällig in dem hier reingestellten Video vom russischen Fernsehsender RT: der rechte Junge in der Befragung der Kinder als Zeugen: Das ist kein normales Verhalten nach dem Erleben eines echten Absturzes: Gelangweilte Blicke, Gähnen, unharmonisches Verhalten: Er weiß, dass er eine Rolle zu spielen hat, die ihm aufgegeben wurde.):
20.02.2013, Aktualisierung: [Die Seiten auf Kopp-Verlag.de sind inzwischen entfernt oder verschoben worden. Das waren die Quellen:]
info.kopp-verlag.de/nc/news/smolensk-absturz-simsalabim-weg-ist-die-polnische-elite.html, Seitentitel: Simsalabim - weg ist die polnische Elite
und
http://info.kopp-verlag.de/nc/news/smolensk-wo-sind-die-leichen.html, Seitentitel: Smolensk - Wo sind die Leichen?
Nachtrag
Abschluss-Untersuchungsberichte liegen vor
Polen präsentiert Ermittlungsbericht (Bericht von Ria Nowosti vom 29.07.2011)
Nachtrag 19.11.2016:
Sputniknews mit Updates zu wieder aufgenommenen Ermittlungen und der erneuten Beerdigung von Kaczynski und seiner Frau: Ein Journalist erklärt, die jetzt wieder aufgenommenen Ermittlungen sind getrieben von Verschwörungstheorien.
https://de.sputniknews.com/politik/20161111313325930-neuermittlung-jetabsturz-smolensk-verschwoerungsidee/