Der erste ICE-Zug für die russische Bahngesellschaft RJD ist gestern auf dem Fährhafen von Mukran auf der Insel Rügen auf das Fährschiff "Vilnius" verladen worden, vermeldet gestern DB Schenker. DB Schenker ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn und wickelt als solche auch den Bahngüterverkehr
ab.
DB Schenker führt den Transport des Hochgeschwindigkeitszuges nach Russland im Auftrage von Siemens durch. Da der Zug mit einer Länge von 250 Metern für einen Transport auf den Gleisen selbst zu groß ist, wurde er auf der Straße mit Spezialtransportern aus dem Siemens-Werk in Krefeld-Uerdingen an den größten deutschen Eisenbahnfährhafen gebracht, den einzigen Hafen in Mitteleuropa, der über Gleise der russischen Breitspur von 1520 Millimeter verfügt. Für diese Breite ist dieser ICE konzipiert und kann daher nicht auf deutschen Gleisen an den Ostseeableger nach Russland rollen. In Mukran wurde der Zug mit Kränen auf die breiten Gleise gesetzt und konnte anschließend auf die Fähre rollen. Er wurde in zwei Sektionen geteilt, um die 625 Tonnen des Zuges besser auf der Fähre ausbalancieren zu können. Beide Teile wurden deswegen parallel nebeneinanderstehend auf dem Schiff gesichert.
Der Zug wird mit der Fähre zunächst nach Baltijsk im Gebiet von Kaliningrad gebracht und von dort aus weiter per Fähre bis zum russischen Hafen Ust Luga. Von hier aus wird der ICE3 die verbleibenden 150 Kilometer nach St. Petersburg auf Schienen zurücklegen.
In Russland wird diese Spezialanfertigung im nächsten Jahr unter der Bezeichnung Velaro RUS den Verkehr zwischen Moskau mit St. Petersburg mit einer Geschwindigkeit bis zu 250 Kilometer pro Stunde aufnehmen. Die bisherige Fahrzeit kann um eine Stunde verkürzt werden. Diesem ersten Zug sollen noch sieben weitere folgen.
Hintergrund
Im Frühjahr 2005 hatten Siemens und die RZD auf der Hannover-Messe den Bau und die Lieferung von insgesamt 60 ICE-Zügen im Werte von 1,5 Mrd EUR vereinbart; 2007 sollten danach schon die ersten Zügen auf russischen Gleisen rollen. Doch im September hatte der RZD-Präsident Wladimir Jakunin die geplante Unterzeichnung des Endvertrages verschoben, denn es gab offenbar inzwischen erhebliche Zweifel bei der RZD über die benötigte Anzahl von ICE-Zügen, berichtete im September 2005 Russland Aktuell. Im Juli 2007 hatte es noch bei Ria Nowosti geheißen, dass neben der Strecke Moskau - St. Petersburg auch eine ICE-Strecke von Moskau nach Nishni Nowgorod beabsichtigt sei, für die laut dem RZD-Vizechef Boris Lapidus 330 Mrd Rubel (knapp 10 Mio EUR) veranschlagt wurden, die größtenteils aus der Staatskasse bezahlt werden sollten. Schließlich war im Weiteren nach Lapidus auch noch eine ICE-Strecke vom Ural in die Pazifik-Region Primorje vorgesehen.
[Ergänzung 18.04.2010: Nach einer Energieeffizienzstudie der dena für Sotschi, die im Januar in Krasnodar präsentiert worden ist, ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und Sotschi im Gespräch, auf der der Sapsan fahren würde. Diese Strecke muss dann bis zur Winter-Olympiade 2014 fertig werden.]
Jetzt bereitet sich die russische Eisenbahn nach einem Bericht von Karsten Packeiser auf Russland Aktuell vom 12.11.2008 auf die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise vor. Das bedeutet, sie sieht sich zu Einsparungen am Personal gezwungen. Russland Aktuell berichtet, dass nach einer vertraulichen Mitteilung eines Unternehmenssprechers an Rufo 40.000 Arbeitsplätze bei der Bahn gefährdet sind; das entspricht einem Anteil an der Gesamtbelegschaft von zirka drei Prozent. Die RZD wollte eigentlich zwei ihrer Tochterunternehmen in diesem Jahr an die Börse bringen und dadurch etwa 600 Millionen EUR einnehmen. Wegen der Wirtschaftskrise wurde jetzt daraus nichts. Wird die RZD die anderen sieben ICE planmäßig abnehmen und bezahlen können?
Voriges Jahr sind auf der Strecke Moskau - St. Petersburg bereits Expresszüge mit einer Geschwindigkeit bis zu 180 Kilometer pro Stunde verkehrt, die die bisherige Fahrzeit deutlich verkürzten. In der Nacht vom 13. zum 14. August 2007 war auf einen solchen Expresszug, den Newski-Express, in der Nähe von Nowgorod ein Attentat mit einem selbst gebauten Sprengsatz verübt worden, in dessen Folge einige Wagen des Zuges entgleist waren. Es gab 60 Verletzte, Tote glücklicherweise keine. Als Urheber des Anschlags waren Kreise aus dem Kaukasus ausgemacht worden.
Quellen:
http://www.mylogistics.net/de/news/themen/key/news968342/jsp
http://www.dbschenker.com/site/logistics/dbschenker/com/en/start.html