Gestern holte ich im Infocenter beim Senat für Stadtentwicklung den Faltplan für Radtouren auf den Berliner Mauerweg (über 50 km von Hermsdorf im Norden bis Schönefeld im Süden). Der Zeitungsartikel, der darauf hinweist, lag schon wochenlang auf meinem Schreibtisch. Endlich mal geschafft. Das Infocenter verfügt über einige Modelle von Berlin. Eines zeigt den Bauzustand im Ostteil zum Ende der DDR. Man kann also gut vergleichen, was sich inzwischen getan hat (Beispiel Palast der Republik, Schlossplatz oder Werderscher Markt, mit und ohne Ministerratsgebäude). Soviel ich beim anschließenden Abstecher ins Foyer des Historischen Museums nebenan am Kölnischen Park mitbekam, verfrachtet man Modelle im Juni dorthin rüber für eine Sonderausstellung. Bei dieser Nähe frage ich mich, ob die Langeweile haben; könnten die Ausstellung doch gleich in dem Infocenter lassen. Im Foyer nahm ich das Programmheft "Alles NEU! - 20 Jahre Berlin im Wandel - 2009" mit. Und da stehen Veranstaltungen für fast jeden Tag drin. Unter anderem eine organisierte Radtour am Mauerweg. Zum Beispiel am nächsten Samstag (morgen), mit Leuten von Bündnis 90/Die Grünen. Eine Freundin äußerte schon ihr Interesse für den Mauerweg. Also gut. Ich gebe ihr den Tipp und dann entdecken wir wieder was an Berlin.
Was ich in diesem Park beim Infocenter des Senats für Stadtentwicklung dann noch entdeckt habe, waren zwei Braunbären in einem Freigehege in diesem kleinen Park. Daneben eine Tafel, die über die Entstehung des Namens "Berlin" aufklärt. Es gab ja Leute, die meinten, das wurde abgeleitet von "Bär" (Bärlin). Dies sind also unsere lebenden Stadtwappen, die einst vor Gründung von Berlin auf einem Siegel abgebildet waren...
Auf dem Alex gibt es jetzt eine ständige Ausstellung Mauerfall vor 20 Jahren. Ich nahm erst gestern richtig Notiz davon. Und abends dann Meldungen zum Rechtsstreit zwischen Immobilien-Eigentümern in Potsdam Griebnitzsee an der Grenze zu Berlin, der gestern am Abend vom Oberverwaltungsgericht IOVG) Berlin-Brandenburg zugunsten der Anwohner entschieden wurde. Da geht es auch um den (zukünftigen) Mauerweg, um den Zugang zum Ufer des Griebnitzsees.
Der EU-Parlamentsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen, der morgen diese Radtour von der Wollankstraße aus anbietet, schrieb dazu vorgestern (also vor der Entscheidung des OVG) was, setzt sich für die weitere Entwicklung dieses Radweges ein, mit der Konsequenz, dass die Anwohner enteignet werden. Er sprach zwar von Kauf. Aber manch einem Grundstückseigentümer mag das Haben des Grundstücks lieber sein als ein Kaufpreisangebot von einem hoch verschuldeten Bundesland.
Hier gibt es nicht diese Traditionen wie in Schweden oder Wales, wo man als Wanderer über das Grundstück laufen darf auf dem Weg. Zumal wenn die Leute hier nah am Wasser wohnen. Zwei solcher Betroffener kommentierten auf der Website des Grünen-Abgeordneten Cramer Protest dazu, und zwar sehr nachvollziehbar. Der Bauplan von Potsdam enthielt gravierende Mängel bzw. die Satzung zu deren Änderung. Ich kenne die Satzung nicht, finde es nur interessant, die Verbindungen gefunden zu haben zu der Thematik Radfahren in Berlin und Umgebung, die mich in diesem Frühjahr beschäftigt. Heute las ich in der Zeitung "punkt3" der S-Bahn, der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH und DB die Meldung von der Übergabe des Parks am Nordbahnhof zur Nutzung und irgendwo dort auch was von einem Anstieg von 1 Mio auf 1,2 Mio Passagieren mit Rad in der S-Bahn.
Na, da bin ich mal gespannt, was Herr Cramer morgen zur Entwicklung des Mauer-Radweges erzählt. Gute Gelegenheit für Wahlkampf, denn am nächsten Wochenende steht die Europawahl an. Vielleicht erkunde ich dann am 7. Juni nach Abgabe meines Stimmzettels mal die Gegend am Griebnitzsee, die von den Anwohnern für die fremden Radfahrer gesperrt worden ist. Ich würde mich auch wehren, wenn ich ein Grundstück am Götzer Havelufer hätte und mir jetzt was davon abgeschnitten würde für einen Radweg, der private Zugang zum Wasser. Diese Gefühle kenne auch: Ich bin hier aufgewachsen und es war schon immer mein Zuhause, niemand konnte mich hier vertreiben und nun kommen da fremde Ausflügler und stören meine Ruhe und mir wird die Nutzung "meines Landes" (meiner Gemeinde) verboten. Ich kenne diese Schilder, die bei uns Fremde aufstellten: "Privatweg", also die umgekehrte Situation gewissermaßen, schätze, oft ohne (ausschließliches) Recht an den Weg zum Wasser (zum Badestrand). Auch einen Zugang zum Havelradweg bei den Erdelöchern zwischen Götzer Berge und Deetz. Frechheit, was sich diese Wochenendgrundstückseigentümer oder Pächter von sonstwo hier herausnehmen.
Also ich kann mich hier nicht ad hoc für eine Seite aussprechen. Für eine Enteignung, die Cramer befürwortet, braucht es schon sehr starker Argumente, und zwar staatsrechtlicher Argumente. Reicht dazu der Verweis auf die Geschichte mit der Mauer? Da habe ich Bedenken. Auch der Havelradweg geht nicht permanent direkt am Havelufer entlang. Da ist z.B. die Deponie in Deetz zu umfahren. Und was ist mit der anderen Uferseite auf Berliner Seite, auf die ein Anwohner ja hinweist? Können die Radausflügler nicht dort fahren?