Vorgestern fand ich eine deutsch-russische Suchhilfe, die doch keine ist. Die betreffende Website hat mich jetzt so provoziert, dass wieder eine Kritik fällig ist. Früher hatte ich schon die Website und den Service der Ukrainischen Botschaft in Berlin kritisiert (Deren Darstellung in deutsch wurde inzwischen deutlich verbessert.), ukraninische Busreise-Unternehmen und Reisebüros mit Linienverkehr zwischen Deutschland und Ukraine. Zuletzt war die Deutsche Energie-Agentur dena dran.
***
Als ich auf rusuche.de landete, dachte ich, das ist eine Suchmaschine. Auf der Startseite wird die Frage selbst gestellt: Was ist das hier? Es soll sich um eine Suchmaschine mit deutsch-russisch gefiltertem Content handeln. Ich probiere die Suchmaske aus und finde Ergebnisse, die anscheinend doch nur von der Google-Engine geliefert werden.
Ich dachte anfangs, das ist hier eine Idee von den Leuten von Russland Aktuell. Denn diese Plattform war auf der Startseite unter der Suchmaske in roter Schrift angegeben (Denen wäre das zuzutrauen, dachte ich, wo sie schon ein Dutzend russischer Städte und Regionen in deutscher Lautschrift unter der ".ru"-Domain für ihr Link-Netzwerk gesichert haben, auf denen teilweise nur wenig Informationen stehen. Beispiel Kaukasus.ru letzte Aktualisierung: 9.3.2007).
Aber heute stehen unter den roten Lettern Meldungen von Russland Aktuell, wohin dann verlinkt wird. (Die waren wohl auch vorgestern da, nur habe ich sie nicht gesehen wegen des anderen benutzten Browsers.) Na schön! - Noch so ein Content-Aggregator mehr.
Unter der Suchmaske gibt es, wenn man Suchbegriffe eingegeben und bestätigt hat, zusammenhanglos vier Begriffe: "Webkatalog", "Preisvergleich", "Photoideen", "Tarifideen" und in rot "gewinnen" (alles klein geschrieben). Klickt man auf "Webkatalog", heißt es dann aber, es ist ein Webkatalog hier. Aber es werden heute keine Suchergebnisse angezeigt. Ich denke jetzt: Man muss noch ein zweites Mal in die Maske der sich öffnenden Seite die Suchbegriffe eingeben. - Aber nichts da! Ein Klick auf "Suchen" bringt keine Reaktion in meinem Spezial-Internet Explorer Browser. (Vorgestern benutzte ich die Mozilla-Suite Seamonkey mit Noscript-Plugin.)
Ich weiß nicht, was das sein soll.
Dann klicke ich (ohne Suchbegriff in der Suchmaske) auf "Preisvergleich" und werde fortgeleitet zu einer Website vimbo.de. "Kostenlos und unabhängig vergleichen" - Ist ein kostenloser Preisvergleich im Web was Besonderes, dass man das "kostenlos" erwähnt? Ein Klick auf das Impressum verrät: Das ist auch ein Projekt des Inhabers der Rusuche.de.
Man nimmt den Mund sehr voll auf Rusuche.de. So heißt es:
"Mit einem passenden Eintrag hier sichert man sich eine Linkfrequenz, die letztlich zu optimalen Suchmaschineneinträgen führen kann." Kann - oder kann auch nicht. Was sichert man sich? Habe ich nicht verstanden. - Wer trägt was bei Google ein?
Der Auftritt überzeugt ganz und gar nicht. Ich meine, er ist überflüssig für den User. Es gibt schon die nützlichen, gut sortierten deutsch-russischen Online-Kataloge. Und der Katalog hier hält nicht, was er verspricht.
Er ist schon mal nicht, wie behauptet, auf russische-deutsche Themen begrenzt.
Da tauchen nämlich viele Websites auf, die mit Russland aber auch gar nichts zu tun haben. Und das, obwohl es anscheinend eine Überprüfung der zur Eintragung angemeldeten Websites gibt (zur Zeit gerade: 9 in der Warteschlange).
So werden hier, ohne dass ich schon eine Kategorie ausgewählt habe. solche Websites präsentiert:
- Urlaub in den Alpen - Austria
- Forschungsbericht zu den Religionen in Indien
- Indiandance - freiwilliges soziales Jahr in Indien
- Einführung Infoportal Südafrika
und so weiter.
Welcher Internetnutzer braucht so eine Suchmaschine so einen Katalog, zumal die Suchmaschinen heute selbst immer feinere Filter einsetzen. Bei Google kann ich nach Ländern, nach Sprachen, nach Aktualität und weiteren Kriterien, z.B. nur Blogs suchen. Und ich kann mir Nachrichten nach beliebig gewählten Stichworten zusenden lassen, auch "russisch" oder "deutsch-russisch". Welchen Mehrwert bietet mir dieser Katalog als Internetnutzer?
Keinen.
Diese Website ist schlecht gemacht.
Warum?
1) Das fängt mit der Navigation an. Da gibt es rechts mehrere Klötze. Der eine enthält "Menü", der daneben "Navigation". Unklar. Es sollte nur das eine oder andere geben, denn beides sind Synonyme. Die Scrollbalken rechts und unten sind unsichtbar.
2) Bei Aufruf der Startseite mit einem Browser, der auf dem Internet Explorer beruht, bekomme ich ein aufpoppendes kleines Fenster mit der Meldung gezeigt: "Meldung von Website: "Out of Memory at Line 12".
3) Unter "Menü" finde ich den Punkt "Backlinks". Dort finden sich Banner mit dem entsprechenden Javascript-Code, den man sich einbauen soll, denn:
"Nutzen Sie unseren Webkatalog als zusätzlichen Service für Ihre Besucher!"
Einen zusätzlichen Nutzen sehe ich aber nicht. Siehe oben. Und warum wird kein Wort über den Backlink von Rusuche zu denen, die sich hier eintragen lassen, verloren?
4) Der Text, der den Sinn dieses "Services" zu erklären versucht, steht auf jeder Seite hier obenan. Das geht ja gar nicht! Man muss scrollen (mit der unsichtbaren Scrollbar), um lesen zu können.
5) Einer der Klötze rechts heißt "Topsuche". Keine Ahnung, was das heißen soll. Floskeln. Offenbar sind die Macher der Website (Man verwendet die "Wir"-Form") nicht mit dem modernen Jargon im Online-Marketing so gut vertraut. Das Marketingunternehmen, von dem auf der Website javascript eingebunden ist (siehe unten), kommt aus dem Printbereich. Zeitungen und Zeitschriften zu verkaufen, wird aber zunehmend schwerer.
Topsuche - Sind das vielleicht die am häufigsten gesuchten Begriffe in diesem Katalog?
Auch der Unterschied zwischen Website und Webseite ist nicht bekannt. Beides wird als scheinbar austauschbarer Begriff verwendet.
6) Im Klotz "Statistik" sind die werbenden Angaben zu der Anzahl der schon eingetragenen Websites und geführten Kategorien anklickbar, führen aber nicht zum vage erwarteten Ziel, sondern liefern Werbung für einen weiteren Werbepartner, einem SEO-Dienstleister mit Fokus auf Backlinks.
7) Da, wo man Erläuterungen zur Anmeldung einer Basic- oder Premiumeintragung erwartet, wird man überraschend auf eine fremde Website geleitet, auf der für die Suchmaschinenanmeldung von Websites geworben wird. Das ist eine weitere Firma, die das Blaue vom Himmel verspricht in Sachen Google-Platzierung und Steigerung des Traffics auf der eigenen Website. - Man wird also weggegrault von der Rusuche.
8) Mehrere Rechtschreibungsfehler. Mal werden Umlaute verwendet, mal nicht (stattdessen "ae" und "oe"). Ich schließe daraus, dass kein Deutsch-Muttersprachler mitwirkt, keine Tastatur mit deutschen Buchstaben zur Verfügung stand.
Redundanz (Copyright (c)). Mal Kleinschreibung von Substantiven, aber dann auch Großschreibungen.
9) Die "AGB" sind fehlerhaft, unprofessionell. Nur mal der Punkt "Newsletter":
"Mit Ihrem Eintrag beim Webkatalog erklären Sie sich damit einverstanden, in unregelmäßigen Abständen Emails von uns (Anm. J.S.: Wer ist "uns"?) zu erhalten, um z.B. über Neuheiten , Angebote informiert zu werden."
So kann man das nicht machen! "Wir", das ist Dmitriy Samarin, als Einzelunternehmer.
---
Das alles ist nicht gut durchdacht, nicht konsistent. So einen Katalog kann man sich sparen, als User und als Backlink-Lieferant für eigene Internetauftritte.
Benutzen Sie noch Online-Kataloge?
Ich selten. Es kommt schon noch vor. Bei Blog-Katalogen und bei Handwerkern, Ärzten. Aber letzteren möglichst mit einer Umkreissuche.
Und wenn ich Russen oder Spätaussiedler brauche, oder Kontakte zur russischen Community in Berlin, kann ich auch auf einen Katalog offline zurückgreifen. "Das neue Russische Berlin - nowyj russkij Berlin", herausgegeben von "Partner für Berlin - Gesellschaft für Hauptstadt Marketing mbH" (ISBN 3-9807717-4-1). Den bekommt man in Russenläden.
Der Technologiefortschritt bei den Suchmaschinen ändert unsere Gewohnheiten. Hinein und hinaus, herunter und herauf in den Hierarchien der Webkataloge? - das kann man sich immer öfter sparen. Auf Ost im Puls landen häufig unbedarfte User, die bei Google einfach Fragesätze in die Suchmaske eingeben. Von Boolschen Operatoren nie was gehört. Ich habe verpasst, mir eine Sammlung über die oft komischen Suchanfragen anzulegen. Na, vielleicht fange ich damit noch an.
Über unsortierte Webkataloge schüttle ich nur den Kopf, Listen mit durcheinander gewürfelten Einträgen. Zu einem guten Webkatalog gehört eine ordentliche Datenbank, die dem Benutzer das Suchen nach verschiedenen Kriterien erlaubt. Damit man sich das mehrfache Rauf und Runter in den Kategorienbäumen ersparen kann. Solche Webkataloge sind eher selten.
Schlusswort zu Rusuche.de
Es ist nur ein Werbeplatz.
Das wird schnell deutlich, wenn man mal nach den Anbietern googelt, von denen hier Javascript eingebaut ist:
Erstens Javascript von "Werbung.ru". Das wird von meinem Noscript-Browser-Plugin unterdrückt. Die betreffende Seite zeigt ein Marketingunternehmen, dessen Zielgruppe russische Firmen (in Deutschland und in Russland) ist, die Werbung in Deutschland brauchen. Trotz ".ru"-Domain finden wir auf jener Website unten einen Link zu einem deutschen Impressum und "alle Rechte vorbehalten".
Dort wirbt man mit "Nummer 1 auf dem russischen Online-Markt in
Deutschland". Dahinter steckt die Werner Media Group GmbH mit Sitz in Berlin. Sie ist Herausgeber der Wochenzeitung "Berlinskaja Gaseta".
Zweitens gibt es den Vermarkter Contaxe. Er bietet Affiliate-Programme.
Die Partner mögen Profis sein, der Affiliate "Rusuche.de" ist seine
Website jedoch nicht gelungen. Das Konzept ist Misch-Masch. Wer soll sich hier bedanken mit einer Einzahlung bei Paypal (siehe die Einladung mit dem Sparschwein auf der Website)?
Trotzdem ist diese Website besser platziert als Ost im Puls - aufgrund der vorhandenen Linksammlung. Aber neidisch bin ich deswegen nicht.
Linktipp
Die Leute von Ranking Check haben sich dem Thema "Auswahl wichtiger Webkataloge" gewidmet. Allerdings gehen sie nicht besonders auf bekannte Kataloge wie DMOZ und WEB.DE ein. Dort ist man auch der Ansicht, dass die meisten Kataloge kaum eine Daseinsberechtigung haben. Was Besonderes ist dort die Möglichkeit für Website-Betreiber, unter den gesammelten Webkatalogen (zur Zeit sind es 781) nach einigen Kriterien zu filtern.
Mit Blekko steht eine neue Suchmaschine aus Kalifornien in den Startboxen. Im Suchfeld steht noch: "Coming soon". Nach zweieinhalb Jahren haben die Gründer dafür fast 20 Mio US-Dollar zusammengesammelt. Die Gründer versprechen, dass man mit ihrer Suchmaschine eine neue Art von Suche wird durchführen können, die es bisher noch nicht gibt. Im Unterschied zu Google gibt es eine offene Kommunikation der Ranking-Algorithmen und der Funktionsweise der Crawler. Die Crawler heißen "ScoutJet". Bei mir im Blog waren sie schon zu Besuch.
[Ergänzung 28.12.10: Von Indern wurde die Suchmaschine Yauba entwickelt. Hier wird die Privatsphäre des Anwenders geschützt. Es werden keine Cookies gespeichert, die Suchergebnisse werden nicht gespeichert. Man kann über diese Suchmaschine von den Suchergebnissen aus anonym auf die verlinkten Websites surfen. Sie lässt sich auch in deutscher Sprache und anderen Sprachen bedienen. Es wird facettierte Suche geboten. Heute ist sie allerdings nicht erreichbar.: 28.02.2011: Auch heute noch offline.]