Russischer Arbeitnehmer in Deutschland
Wenn russische Arbeitnehmer von ihrem russischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt werden, ist ihr russischer Arbeitgeber genauso wie ein deutscher Arbeitgeber verpflichtet, für sie die Sozialbeiträge an die deutsche Krankenkasse abzuführen, die dieser Arbeitnehmer gewählt hat oder die für ihn gewählt wurde (Die Krankenkasse ist die sogenannte Renteneinzugsstelle.). Die Zeit, währendderen dieser Arbeitnehmer in Deutschland ist, wird ihm, wenn er wieder nach Russland zurückkehrt, nicht seiner russischen Rente hinzugerechnet. Denn zwischen Deutschland und Russland besteht kein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Sozialbeiträgen, die im jeweiligen Ausland gezahlt worden sind.
Aber der russische Arbeitnehmer kann sich dann, wenn keine Versicherungspflicht und kein freiwilliges Rentenversicherungsrecht mehr besteht, wenn er also wieder heimkehrt, den Anteil der Sozialbeiträge, die seinen Arbeitnehmeranteil entsprechen, auszahlen lassen. Allerdings wird sein Antrag hierfür erst bearbeitet nach einer Wartezeit von 24 Monaten. Außerdem bekommt er nicht 100 Prozent seines Arbeitnehmeranteils am Sozialversicherungsbeitrag ausgezahlt, sondern nur 70 Prozent.
Der Antrag kann auch bei den deutschen Botschaften und Konsulaten abgegeben werden. Das hat auch den Vorteil, dass notwendige Dokumente dort gleich beglaubigt werden können.
Einen eigenständigen Anspruch auf eine deutsche Rente bekommt der russische Arbeitnehmer, sobald er 5 volle Jahre in Deutschland gearbeitet hat, also wenn der Arbeitgeber den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil für ihn an die betreffende Krankenkasse gezahlt hat.
Grundsätzlich werden die Renten auch ins Ausland gezahlt, also auch auf ein russisches Konto.
Ergänzung (15.01.2012): Übrigens: Bevor ein russischer Staatsbürger zum Arbeiten ins Ausland geht, muss er sich wohl eine Erlaubnis dafür beim Migrationsdienst beschaffen. Ich schließe das nur aus der Existenz einer Überprüfungsmöglichkeit über die Gültigkeit der Auslands-Arbeitserlaubnis, die ich auf der Website http://prado.consilium.europa.eu/de/checkValidity.html#RUS fand. Link zu dieser Überprüfung siehe unten.
Deutscher Arbeitnehmer in Russland
Wenn ein deutscher Arbeitnehmer nach Russland geht, wird sein russischer Arbeitgeber für ihn nach russischem Recht die Sozialbeiträge abführen - könnte man denken.
Aus dem Forum bei Russland-Aktuell erfahre ich aus einer Diskussion zum Thema, die letztes Jahr geführt wurde, dass dies häufig aber nicht der Fall ist. Ein Anwalt eines russischen Arbeitgebers meint nach einem der Forumsteilnehmer, eine Pflicht zur Beitragszahlung in die Rentenkasse bestehe für den russischen Arbeitgeber noch nicht, wenn der deutsche Arbeitnehmer nur aufgrund eines Visums sich berechtigt in Russland aufhält; erst wenn er eine projiwanije hat, eine Erlaubnis zum (ständigen) Aufenthalt, bestehe die Pflicht des russischen Arbeitgebers zur Rentenbeitragszahlung. Daran wundert mich etwas. Ich dachte, ein Visum beinhaltet eine Aufenthaltserlaubnis. Ich kenne mich mit den Begrifflichkeiten des russischen Aufenthaltsrechts nicht aus. - Mal sehen, vielleicht gehe ich später noch darauf ein, wenn ich noch weiter recherchiert habe, im russischen Ausländergesetz.
In der Tat heißt es in Artikel 5 im Absatz 1 des russischen Ausländergesetzes, dass sich das Recht zu einem befristeten Aufenthalt aus dem Visum ergibt. - Aha, und wer eine projiwanije hat, braucht dann kein Visum mehr, ich verstehe.
In der erwähnten Forumsdiskussion schälte sich die Erkenntnis heraus, das der russische Arbeitgeber im Hinblick auf die Sozialabgaben/Sozialsteuern bis zum 31.12.2009 nichts dadurch ersparte, dass er für den deutschen Expat mit Visum (und nicht mit einer dauerhaften Wohnberechtigung) nicht die Pensionsbeiträge zahlte. Doch nach einer Gesetzesänderung, die ab dem 1.1.2010 in Kraft trat, ergeben sich für den russischen Arbeitgeber Einsparungen durch Nichtzahlung von Sozialbeiträgen für den ausländischen Mitarbeiter. Dazu ist er berechtigt.
Und was umfassen normalerweise jene Sozialpflichtbeiträge des Arbeitgebers? Eine gesetzliche Krankenversicherung, eine Sozialversicherung und eine Rentenversicherung. Insgesamt sind es zusammen 34% des Gesamtgehalts des Arbeitnehmers (Stand: Mai 2011).
Nebenbei: Wird der Arbeitnehmer krank, muss er sich in einem solchen Krankenhaus auf Kosten seiner Krankenversicherung behandeln lassen, das einen Vertrag mit seiner Krankenversicherung hat. Die benötigten Medikamente für Zuhause und viele auch für die Zeit im Krankenhaus muss der kranke Arbeitnehmer grundsätzlich selbst zahlen. Er ist demnach wohl schlechter abgesichert als in Deutschland.
Hat der deutsche Arbeitnehmer, der in Russland arbeitet, einen deutschen Arbeitgeber, dann kann für ihn weiterhin eine Rentenversicherungspflicht bestehen, muss aber nicht.
Besteht nicht die Pflicht, für ihn Sozialbeiträge an eine deutsche Krankenkasse abzuführen, dann würde ihm eine rentenrechtliche Lücke für die Dauer seiner Beschäftigung in Russland entstehen. Dies kann verhindert werden. Denn der Arbeitnehmer ist zur freiwilligen Versicherung berechtigt. § 4 Sozialgesetzbuch VI regelt die Versicherungspflicht auf Antrag.
Ob ein Recht zur freiwilligen Versicherung besteht, hängt davon ab, ob die Arbeitstätigkeit auf bestimmte Zeit erfolgt oder ohne zeitliche Begrenzung. Im letzteren Falle besteht kein Recht auf freiwillige Pflichtversicherung. Hier spricht man dann im rentenrechtlichen Fachjargon nicht von einer Entsendung.
Bei einer Beschäftigung in Russland auf Zeit geht es so weiter:
Für den Arbeitnehmer muss ein Antrag auf Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Arbeitnehmer im Ausland gestellt werden, also bei der Deutschen Rentenversicherung. Dafür gibt es ein Formular V035 "Antrag auf Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Arbeitnehmer im Ausland" von der Deutschen Rentenversicherung. Renten- und andere Anträge auf Sozialleistungen können durch die Auslandsvertretung entgegengenommen und weitergeleitet werden (Quelle: http://www.konsularinfo.diplo.de/Vertretung/konsularinfo/de/01/Soziales/Rentenangelegenheiten.html).
Der Arbeitnehmer stellt den Antrag nicht selbst. Überhaupt sind natürliche Personen nicht zur Antragstellung berechtigt.
Ein Wirtschaftsunternehmen müsste sich für ihn bereit erklären, die Sozialbeiträge an seine Krankenkasse zu zahlen, d.h. an diejenige Krankenkasse, die im Falle einer Beschäftigung am Sitz des Antragstellers zuständig wäre (§ 10 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 28 i SGB IV und §§ 173 bis 175 SGB VI). Diese Firma könnte sich den Wert dieser Beiträge von dem Arbeitgeber in Russland zurückzahlen lassen. Eine arbeitsrechtliche Beziehung zwischen dem zu Versichernden und dem Antragsteller muss nicht bestehen. Die erforderliche Zustimmung durch den Arbeitnehmer wird in der Regel daraus geschlussfolgert, dass er keinen Rechtsbehelf gegen den bewilligenden Bescheid der Deutschen Rentenversicherung über die Versicherungspflicht einlegt.
Rentenabkommen wird gerade verhandelt
Russland und auch die Ukraine sind rentenrechtlich in Bezug auf die Anerkennung von Arbeitszeiten im Ausland vertragsloses Ausland. Deutschland verhandelt derzeit (Informationsstand 6.4.2010, Quelle: Website der Deutschen Rentenversicherung) mit Russland und mit der Ukraine den Abschluss eines Rentenversicherungsabkommens. Wenn eine Einigung erzielt wird, muss dieses Abkommen in jedem Land noch ratifiziert werden, also die Geltung im Inland durch das Parlament beschlossen werden. Bis das erreicht wird, kann durchaus noch mal ein Jahr vergehen. So ist zu erwarten, das bis Ende 2011 wohl noch kein solches Abkommen in Kraft tritt.
[Nachtrag 26.02.2013
Zwischen der Ukraine und Deutschland sind die Verhandlungen um ein Rentenabkommen inzwischen zu einem Ende gelangt. Ein Vertrag ist geschlossen worden. Allerdings scheint der Vertrag auf Eis zu liegen, d.h. er wurde noch nicht ratifiziert (von keiner der Seiten) und wird es von deutscher Seite in nächster Zeit auch nicht. Ich vermute, dass der Grund dafür in der Inhaftierung von Julia Timoschenko liegt bzw. in der Art und Weise, wie man mit ihr, die krank ist, umgeht. Vielleicht auch noch weitere politische Gründe.
Deutschland und Russland verhandeln jetzt bereits seit 8 Jahren und noch immer ist kein Ende in Sicht. Stand dieser Informationen der Deutschen Rentenversicherung ist der 3. Januar 2013. Ich bekam dort heute diese Auskunft.]
Gegenseitige Anerkennung innerhalb der EU-Grenzen
Dagegen werden Beschäftigungen unter EU-Ländern gegenseitig rentenrechtlich angerechnet, so dass dem Arbeitnehmer keine Lücke bei seiner Rente entsteht für die Zeit, während der für ihn nicht Beiträge an seine Krankenversicherung in Deutschland abgeführt wurden, weil er im EU-Ausland gearbeitet hat und dort für ihn der Arbeitgeber Sozialbeiträge gezahlt hat.
Wen die Frage interessiert, wie hoch in den anderen Ländern bei gleicher Arbeit wie in Deutschland die Rente berechnet wird, sollte bei der jeweiligen Rentenversicherungsstelle in dem betreffenden EU-Land nachfragen.
[Nachtrag, 30.07.2014:
Das Sozialgericht Kassel urteilte am 05.05.2014 (Az.: S 6 R 102/13) über die:
Anrechnung einer tschechischen Rente auf deutsche Rentenleistungen nach § 31 FRG - rückwirkende Bewilligung einer tschechischen Rente - Anwendbarkeit der §§ 45 und 48 SGB 10
Dieses Urteil ist zu lang, um es hier einzufügen, halte ich aber für wichtig, gut verständlich geschrieben und passend an dieser Stelle, zur Abrundung des Themas. Hier ist der Link zur Entscheidung auf der Website Landesrechtsprechungsdatenbank für das Bundesland Hessen:
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/16hn/page/bslaredaprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=25&numberofresults=5350&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE140011380&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint
Mitteilung der notwendigen Angaben für Beitragssatz
Der Sozialversicherungsträger ist bei freiwillig Versicherten berechtigt und verpflichtet, die sozialversicherungsrelevanten Verhältnisse zu klären. Wenn der Versicherte nicht seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, kann der Sozialversicherungsträger die [...Next]