Peredelkino
Peredelkino ist ein Vorort von Moskau im Südwesten, in der Nähe vom Flughafen Wnukowo. So heißt auch der zu Moskau eingemeindete Teil, doch der ist mit seinen Wohnhochhäusern nicht weiter interessant. Uns interessiert nur das Dorf außerhalb der Stadtgrenze, deren Häuser unter vielen Bäumen versteckt sind.
Vom Bahnhof aus gibt es einen Fußweg dorthin neben den Bahngleisen in Richtung moskauauswärts (wo auch der rote Flughafenexpress von und nach Wnukowo vorbeirauscht). Man überquert eine Fußgängerbrücke über einen Bach, und noch ein Stückchen weiter geradeaus, dann nach rechts in den Ort. Wenn man dagegen vom Bahnhof aus die Straße zum Künstlerdorf wählt, geht man einen größeren Umweg.
Nach Peredelkino kann man vom Kiewer Bahnhof aus alle Nahverkehrszüge in Richtung Kiew nehmen. Eine Fahrt kostete im September 2010 pro Person 26 Rubel. Wenn man sich alle Museen in Peredelkino ansehen will, muss man ein paar Kilometer laufen, wenn man auf ein Taxi verzichtet und nicht von Freunden gefahren wird.
Pasternak-Museum. Museumshaus von Boris Leonid Pasternak
Das Pasternak-Museum ist vielleicht das interessanteste Museum von den nicht mehr lebenden Künstlern aus Peredelkino. Pasternak ist der berühmte Autor des Romans "Dr. Schiwago".
Oben an der Hauptstraße hatten mein Freund und ich schon einen Bus gesehen. Das war eine kleine Gruppe russischer Touristen, die wir dann in Pasternaks Haus beim Lauschen begegneten.
Als ich mich von der Straße Uliza Pawlenko aus dem Haus näherte, fühlte ich mich etwas erinnert an meinem Besuch des Hauses Penaten des Malers Repin, aber Pasternaks Haus hat keine Fenster zum Himmel. Im Hause erzählt der Reisegruppe mit Leidenschaft eine Dame einige Geschichten von ihm, so inbrünstig, dass ich überzeugt bin, sie hat eine Theater- oder Schauspielausbildung. Pasternak ist hier gestorben; das sorgte im Ausland, insbesondere Frankreich, viel mehr für Aufmerksamkeit als in Russland, wo es nur eine kleine unscheinbare Todesanzeige in einer Zeitung gegeben hatte. Erst 2010 oder 2011 wurde Pasternak ein Denkmal gesetzt, in Perm, gegenüber der Puschkin-Bibliothek. Pasternak hatte eine Zeit lang in Perm gearbeitet, und zwar 1916 in den Chemischen Werken Utschkow. Dieses Denkmal soll das einzige in Russland sein, las ich in einem Artikel über Bibliotheken in Moskau und Perm aus dem Jahre 2011. (Jan-Pieter Barbian - Russland erlesen, Zeitschrift BUB 2011, S. 505 ff (506))
Was mir auffiel, war oben ein weit geöffnetes Fenster bei eingeschalteter Heizung, während der ganzen Zeit des Vortrags der Museumsdame und noch länger. Das Thermometer zeigte 27°C an.
Auf der anderen Straßenseite sahen wir den Rohbau einer entstehenden Villa für einen sogenannten Neuen Russen. Für die ist das hier ein schöner Ort zum Leben. Auf dem Gelände "Nejasnaja Poljana" wird noch mehr gebaut außer dieser einen Villa.
Nebenan, am Ende der Uliza Pawlenko, gibt es eine Quelle mit sehr gesundem Wasser. Vielleicht sehen Sie hier Menschen mit 5-Liter-Kanistern aus Plastik, die mit dem Wasser in Moskau Geld verdienen.
Adresse: Peredelkino, Uliza Pawlenko 3
Öffnungszeiten: Donnerstag - Sonntag 10 - 16 Uhr.
Eintritt: Erwachsene: 50 Rubel. Fotoerlaubnis: 100 Rubel.
Museum von Bulat Okudschawa
Dieser Künstler ist zufällig nur wenige Tage nach meiner Rückkehr aus Moskau bei Radio 1 in einem Interview erwähnt worden. Die Frau, die interviewt wurde, schwärmte von seinen Liedern. Er war Lyriker und Sänger, ein sogenannter Barde, schrieb aber auch Prosawerke. Er war auch im Berliner Palast der Republik aufgetreten.
Am Eingangstor sah ich ein Schild, auf dem stand, dass eine Mitarbeiterin für dieses Museum gesucht wird. Eine junge Frau, deren Studium wohl noch nicht lange zurück liegt, die, meinte mein Freund, aussieht wie eine Jüdin, zeigte nur einer Frau und mir als Besucher die Räumlichkeiten der zwei Häuser. In einem größeren Raum mit Fernseher hängen von der Holzdecke Dutzende Glöckchen. Die stehen auch noch in anderen Räumen herum. Er sammelte sie und seine Gäste brachten ihm welche mit. Unsere Gastgeberin gab mir ein Buch von 1988 an die Hand, gedruckt in der DDR, während wir in seinem kleinen Wohnzimmer standen.
Er war in Deutschland auch auf Heinrich Böll gestoßen. In Deutschland ist er auf einer Reise auch krank geworden und dann nach der Weiterreise in Paris gestorben.
Adresse: Peredelkino, Uliza Dowjenko 11.
Tel.: +7-495-731-77-27. 593-52-08
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, 11 - 16 Uhr.
Eintritt: 50 Rubel.
Staatliches Literaturmuseum: Museumshaus von Kornei-Tschukowski.
In diesem Hause lebte und arbeitete von Februar 1938 bis Oktober 1969 Kornei-Tschukowski. Er begann seine Laufbahn als Literaturkritiker, brachte ein Satiremagazin heraus und schrieb Kinderliteratur. Sein erstes Kinderbuch heißt "Das Krokodil".
Jetzt, nach der Recherche, verstehe ich, warum hinter dem Tor aus den zusammengefegten Nadeln von den Bäumen oder dem gemähten Gras vom Anwesen zwei Figuren auf dem Hofweg gestaltet wurden: ein Krokodil und eine Schildkröte.
Hinter dem Tor an der Straße links steht ein Baum, an dem Kinderschuhe hängen. Die bringen Verehrer mit hierher und vielleicht erfüllt sich dann der Wunsch der Eltern, dass die Kinder berühmte Schriftsteller werden ...
Nebenan befindet sich gleich die Kinderbibliothek.
Der in St. Petersburg geborene Literat lebte, bevor er nach Peredelkino kam, eine Zeit auch in dem Ort in Karelien, der später den Namen des Malers Ilja Repin bekam, den er dort kennen lernte und mit dem er sich anfreundete genauso wie mit Wladimir Korolenko. Er war der einzige russische Schriftsteller, der Boris Pasternak offiziell zu dessen Auszeichnung mit dem Literatur-Nobelpreis gratulierte.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kornei_Tschukowski
Dieses Haus war gerade von der Reisegruppe okkupiert, der wir schon im Pasternak-Museum begegnet waren. Deswegen kam ein Besuch nicht in Frage.
Adresse: Peredelkino, Uliza Serafimowitscha
Tel.: 593-26-70
Öffnungszeiten:
Mittwoch - Sonntag, 10 - 17 Uhr.
Website zur Familie Tschukowki: http://www.chukfamily.ru/
"Staatliches zentrales Museum für moderne Geschichte", Museum und Galerie von Ewgeni Jewtuschenko
Heute lebt der Künstler die meiste Zeit in Amerika, kommt gelegentlich hierher in sein Wochenendhaus. Die Zeitung Nowyje Iswestia berichtete Mitte Juli 2010, dass der Künstler dieses Haus dem russischen Staat geschenkt hat. Hier sollen danach Lesungen und
Ausstellungen stattfinden.
Ich habe mir das Haus (eigentlich sind es 2 Häuser, nur eines für die Besucher) angesehen. Im Erdgeschoss befindet sich eine Sammlung von Fotografien, die Jewtuschenko auf seinen Reisen gesammelt hat. Desweiteren Gemälde, die er gekauft oder geschenkt bekommen hat, darunter auch von sehr berühmten Malern. Darunter auch von Pablo Picasso, bei dem er zu Besuch war, von Miro und Georges Braque.
Oben, unter dem Dach befindet sich sein Arbeitsraum, mit einer Sammlung seiner Bücher, die ihm Freunde geschenkt haben, aus verschiedenen Ländern. Hier sah ich auch einen Rohrstock des US-amerikanischen Schriftstellers Mark Twain. Die Geschichte dazu, wie er dazu kam, erzählte mir Arina, die hier seit 2 Monaten arbeitete und in Moskau Geschichte studiert hat.
Adresse: Peredelkino, Uliza Gogolja. Gogol-Straße 52.
Eintritt: 150 Rubel. Die Erlaubnis zum Fotografieren kostet stolze 200 Rubel. Es ist damit das teuerste Museum in Peredelkino.
Weitere Sehenswürdigkeiten in Peredelkino
In der Lermontow-Straße 1 lebt der umstrittene Skulpturist Surab Zereteli.
Er erschafft überlebensgroße Figuren. Über das Tor seines Anwesens hinweg sah ich einen großen braunen Bären, der auf seinen Hinterpfoten steht. Nach dem Absetzen des Moskauer Oberbürgermeisters Luschkow äußerte sich Zereteli, man sollte Luschkow ein Denkmal setzen.
Patriarchenresidenz
Die Residenz des Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche befindet sich neben einer Kirche mit bunt verzierten Zwiebeltürmen. Hier wohnte der höchste Geistliche Russlands, Alexej II. Er starb am 8. Dezember 2008.
Fast nebenan wird zur Zeit eine Kathedrale errichtet, wie das folgende Foto von mir zeigt.
Wasserquelle am Ende der Uliza Pawlenko (nicht weit vom Pasternak-Haus).
siehe oben unter Pasternak. Dafür bitte Gefäße mitbringen. Mein Freund aus Moskau schmeckte das Wasser ausgezeichnet.
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