Zu Weihnachten 2011 sah ich auf einem oder zwei Privatsender(n) Werbung für Flüge.de.
"Flüge.de findet einfach den billigsten Flug, von über 800 Airlines",
behauptet da Reiner Calmund, eine Persönlichkeit der Deutschen Fußball-Bundesliga.
Aber natürlich glauben Sie den Werbeversprechungen nicht blindlings, nicht wahr?
Und außerdem:
Den billigsten Flug zu finden heißt nicht den billigsten Flug als Kunde auch (weiter) verkauft zu bekommen.
Man denke daran, dass der Vermittler selbst auch Gebühren nimmt oder nehmen kann. Wenn nicht, beschränkt er sich auf die Provision von der Fluggesellschaft oder versteckt sie in der zum Flugpreis hinzugerechneten Marge. Aber dann steht es im Preis drin und dann wird es schwerer, bei dem Preisvergleichsmaschinen vorn aufgelistet zu werden. Der Wettbewerb ist hart, so hart, dass sich viele Flugticketverkäufer oder -vermittler nicht an die Spielregeln halten. Die Markt-Spielregeln ergeben sich aus kaufmännischen Bräuchen und sind im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG) geregelt. Überwacher sind vor allem unsere Verbraucherschutzzentralen und auch die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg. Wir haben eine stark entwickelte Rechtsprechung zum Verbraucherschutz.
Die Stiftung Warentest hat im Februar 2011 Kunden aufgeklärt, dass Flugbuchungsportale ja häufig Flüge mit Zusatzgebühren, erhöhten Preisen teuer machen. Das kann ich bestätigen. Ich bin in Winter und Sommer 2011 auf einigen solcher Websites gewesen und benutzte die Buchungsprozesse, um kurz vor dem Abschicken der Bestellung enttäuscht abzubrechen.
Fluege.de ist ein Portal der Gesellschaft Unister GmbH in Leipzig. Das Unternehmen ist von der Wettbewerbszentrale verklagt worden, weil sie extra Gebühren neben dem Flugpreis verlangt (hat). Da der Chef anscheinend nicht lernen wollte, was hier rechtens ist, ging der Rechtsstreit über drei Instanzen. Mitte August 2011 hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass die Entscheidungen der sächsischen Gerichte der unteren Instanzen richtig waren.
Unister - in der Rolle eines Flugvermittlers - darf demzufolge keine extra Gebühren (im konkreten Fall als Service-Gebühr bezeichnet) neben den Preisen für die Flüge, mit denen sie in Metasuchmaschinen vertreten sind, von Kunden verlangen. Auch darf dem Kunden nicht eine Versicherung aufgedrängt werden, dass er gezwungen ist, ein Häkchen aus einem Kästchen im Buchungsprozess auf der Website zu entfernen, damit Fluege.de nicht den Preis der Versicherung verlangt (sogenanntes Opt-out-Verfahren).
Hier die Gerichtsentscheidungen aller drei Instanzen gegen Unister:
Landgericht Leipzig, Urteil vom 21.05.2010, Az.: 05 O 2485/09.
Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 02.11.2010, Az.: 14 U /967/10.
Bundesgerichtshof (Karlsruhe), Beschluss vom 17.08.2011, Az. I ZR 168/10
Das BGH-Urteil ist von der Wettbewerbszentrale (siehe oben die Erwähnung) erkämpft worden. Kürzlich gab es erneut eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 30.5.2012), das gegen Unister ein Ordnungsgeld in Höhe von 75.000 € verhängte, weil Unister Auflagen nicht erfüllt hat (Az.: 02 HK / O 1900/09).
Wegen dieser Benachteiligungen von Kunden kam im Januar 2012 Fluege.de bei der Stiftung Warentest wieder nicht gut weg.
Schlechte Bewertungen von Fluege.de
Es gibt zahlreiche Beschwerden von Kunden, die Unister auf dem Leim gegangen sind. Auf http://www.testberichte.de/p/flug-de-tests/flug-portal-testbericht.html" wurde z.B. folgendes berichtet:
Ein Flug nach Moskau und zurück wurde gebucht.
Flugbuchungsseiten funktionieren nicht richtig: Nach Öffnen eines Popupfensters änderte sich Zeitraum in der Buchungsmaske, was der Kunde übersah, weil er damit auch nicht rechnete. Dem Kunden wurde eine Reiserücktrittsversicherung untergeschoben (von ERV), mit der er den falsch gebuchten Flug (siehe oben) nicht stornieren konnte (daher auch nutzlos). Dem berichtenden Verbraucher wurde nach Buchung (Zahlungsart Kreditkarte) keine Rechnung zugesandt. Am Wochenende und an Feiertagen kein Callcenter-Support.
Flüge.de behält Flughafengebühren und Steuern bei Storno durch den Kunden ein. Auch das ist nicht rechtens.
Werbung mit falscher Anzahl der Restplätze im Flugzeug
Was mich an fluege.de auch letztens nervte, als ich einen Flug nach Moskau suchte (im Mai 2012), war, dass Fluege.de zwar von meiner Metasuchmaschine mit besten Preisen gefunden wurde, dann aber, als ich zu Flüge.de durchklickte, wurde Verkaufsdruck erzeugt, indem mir angezeigt wurde, dass es nur noch einen, zwei oder vier freie Plätze gibt. Wer möchte das heute noch glauben, wenn man gelesen hat, dass Unister falsche Angaben zu freien Plätzen im Flugzeug macht? Naja, mir war das schon damals aufgefallen und weckte meine Zweifel, bevor ich das jetzt bei Heise gelesen habe.
Beleg: Screenshot auf Heise.de, der als Beweis für die Aussage dient, dass bei den Restplätzen gelogen wurde (auch noch wird?):
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Computerbild-haelt-an-Abzock-Vorwuerfen-gegen-Unister-fest-1631880.html
Wieder gab es Schlagzeilen, als Computerbild in Heft 15/2012 im Juni 2012 einen großen Artikel über die Praktiken von Unister veröffentlichte, mit dem reißerischen Titel "Das Abzock-Imperium".
Siehe Bericht hierüber:
Touristik-Fachjournalist widerspricht Computerbilds Unister-Artikel. [Aktualisierung 21.12.2014: Bericht heute hier nicht (mehr) abrufbar:www.presseportal.de/pm/105943/2283708/touristik-fachjournalist-widerspricht-computerbilds-unister-artikel]
Daraufhin mahnte Unister den Axel-Springer-Verlag ab, aber erfolglos, denn der Verlag ging darauf nicht ein.
Quelle:
Heise vom 4.7.12
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Computerbild-haelt-an-Abzock-Vorwuerfen-gegen-Unister-fest-1631880.html
Über diesen Zeitschriften-Artikel werden sich viele Online-Reisebüros gefreut haben, da nun jemand aufgestanden ist, um sich mit Unister anzulegen und rechtliche Auseinandersetzungen vor Gericht nicht fürchtet. Bei seinen Mitbewerbern ist Unister verrufen als Unternehmen, das mit unlauteren Methoden arbeitet, sich z.B. im Bereich des Google-SEM (search engine marketing), Werbung schalten auf fremde Marken.
Heute (9.August 2012) habe ich die Website aufgerufen. Mir fällt gleich auf, dass im Titelbild links Rainer Calmund zu sehen ist. Und dort im Titelbild sind die Logos von Deutschlands größten Fernsehsendern. Und dann steht dort: "Bekannt aus der TV-Werbung".
Hier wirbt man also damit, dass man in der Fernsehwerbung auf verschiedenen Programmen zu sehen ist, die man selbst produziert oder produzieren lassen hat. Das ist natürlich keine Empfehlung, diese Selbstreferenz, sondern ein Psychotrick mit der Erinnerung an die Massen von Fernsehzuschauern: "Das kennen Sie doch schon" (Also können Sie uns vertrauen!).
Das ist natürlich platt. Aber so funktioniert Fernsehwerbung: Ständig berieseln, damit man familiär wird mit den Verbrauchern. Was man immer wieder gesehen hat, wird nicht mehr streng hinterfragt, der Gewöhnungseffekt. Damit greift man sich unkritische Fernsehzuschauer.
Dass Unister besonders unbeliebt in der Branche bei den Mitbewerbern und bei Verbraucherschützern ist, kann man sich überzeugen, wenn man die letzten fvw-Hefte durchsucht. Das fvw Magazin 1/12 (vom 6. Januar 2012) machte damit auf: "Raus aus der Deckung", mit einem Bild von Thomas Wagner, der hier von Dirk Rogl und Klaus Hildebrandt interviewt wird.
In Anbetracht des ganzen Rummels und der bereits ergangenen Gerichtsentscheidungen gegen Unister erspare ich mir hier weiter, selbst die Website Fluege.de zu prüfen, oder ab-in-den-urlaub.de, für die Michael Ballack wirbt. Die Prüfungen haben jetzt schon viele andere erledigt und die Ergebnisse ausführlich besprochen.
Nachtrag 30.01.2013: Heute hat die Generalstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen weiter ausgedehnt. Jetzt wird auch wegen des Verdachts der Preisfälschung ermittelt, erfahre ich über Heise. Ermittelt wird wegen der Praxis, mit Preisen zu werben, die auf der Website durchgestrichen angezeigt wurden und wo daneben niedrigere Preise gezeigt wurden. Es besteht der Verdacht, dass die durchgestrichenen Preise Phantasiepreise waren, die nie tatsächlich gegolten haben. Voila! Das habe ich schon lange vermutet, siehe zur Phantasie bei der Preisbildung hier diesen Artikel.