Gerichtsurteile, die Blogger kennen sollten
Hier stelle ich Bloggerkollegen meine Sammlung von Gerichtsentscheidungen zugunsten von Bloggern zur Verfügung.
Verwendete Abkürzungen
KG = Kammergericht - Das Gericht in Berlin, dem anderswo in Deutschland ein Oberlandesgericht entspricht.
OLG = Oberlandesgericht
Rn: Randnummer - Die Gerichts-Entscheidungen haben teilweise zum schnellen Auffinden bestimmter Passagen Randnummern neben den Absätzen.
st. Rspr.: ständige Rechtsprechung. - Das heißt, dass ein Sachverhalt regelmäßig oder in letzter Zeit in der gleichen Art und Weise rechtlich gewürdigt wird/wurde von einem bestimmten Gericht.
Grundrecht der Meinungsfreiheit
I. Verfassungsbeschwerde
1. gegen
a) den Beschluss des Kammergerichts vom 19. Mai 2008 - 10 U 190/07 -,
b) das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. Juni 2007 - 27 O 184/07 -,
Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2477/08 vom 18.2.2010, Absatz-Nr. (1 - 30),
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100218_1bvr247708.html
2. Kernaussagen
Eine Äußerung ist nicht schon deshalb unzulässig, weil das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Äußerung bzw. Berichterstattung überwiegt.
Eine Äußerung wahrer Tatsachen muss, zumal aus dem Bereich der Sozialsphäre, regelmäßig hingenommen werden.
3. Auszüge
a) Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
Rn 13:
"... Der Kläger [des Ausgangsverfahrens, J.S.] hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, weil der Beschwerdeführer von der Möglichkeit einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO gegen die angegriffene Berufungsentscheidung keinen Gebrauch gemacht habe."
Rn 16:
"1. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen bereits entschieden. Das gilt insbesondere für das Verhältnis zwischen den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bei der Veröffentlichung wahrer Tatsachen (vgl.BVerfGE 97, 391 <403>; 99, 185 <196 f.>)."
Rn: 17:
"2. Die Verfassungsbeschwerde ist zwar nur teilweise zulässig; im Umfang ihrer Zulässigkeit ist sie allerdings auch offensichtlich begründet."
Zur Frage des erschöpften Rechtsweges (Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde):
Rn 20:
"Auf einen offensichtlich aussichtslosen Rechtsbehelf kann der Beschwerdeführer aber nicht verwiesen werden (vgl. BVerfGE 78, 58 <68 f.> und speziell zur Anhörungsrüge BVerfGK 7, 403 <407>)"
.
b) Begründetheit der Verfassungsbeschwerde
Rn 21:
"Die Verurteilung zur Unterlassung wörtlicher Zitate aus anwaltlichen Schreiben des Klägers verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. In dessen Schutzbereich fallen außer Werturteilen auch Tatsachenbehauptungen, sofern sie zur Bildung von Meinungen beitragen können (vgl.BVerfGE 61, 1 <8>; 71, 162 <179>; 99, 185 <197>, stRspr.)."
II. Kammergericht Berlin, Urteil vom 20.02.2009

1. gegen
einen Rechtsanwalt (Kläger)
2. Kernaussage
Rechtsanwalt muss Namensnennung im Internet bei Berichterstattung über Gerichtsprozess dulden
3. Aus dem Urteil
Der klagende Rechtsanwalt trat in einem Gerichtsverfahren auf, über das der Beklagte im Internet berichtete. Der Beklagte erwähnte im Zusammenhang mit dem Prozess auch den vollen Namen des Klägers. Dies sah der Anwalt als Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und begehrte Unterlassung.
Nach Auffassung der Berliner Richter durfte sich der Berichterstatter auf sein Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, obwohl es sich nicht um einen Fall der klassischen Presse- und Medienberichterstattung handelte.
Ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung setzt nicht erst voraus, dass es sich um ein spektakuläres Gerichtsverfahren handelt. Die Bevölkerung habe ein grundsätzlich anerkennenswertes öffentliches Interesse an Berichten über den Gerichtsalltag. Demgegenüber hat der Kläger durch die Übernahme des Mandats seine Anonymität aufgegeben. Insoweit steht sein Interesse an Anonymität hinter dem öffentlichen Interesse an Information.
In der Rechtsprechung der deutschen Zivilgerichte ist diese Frage um die Abwägung der Interessen sehr umstritten. Es gab auch Gerichte, die die Erlaubnis zur Namensnennung des am Prozess beteiligten Anwalts verweigerten. Wie das KG Berlin entschied aber auch das OLG Hamburg (Urteil v. 09.07.2007, 7 W 56/07), dass die Frage der Erlaubnis der Namensnennung von dem Ergebnis einer konkreten Interessenabwägung abhängt.
(mitgeteilt worden von Rechtsanwalt Dr. Bahr in einem seiner Mittwoch-Newsletter im Winter oder Frühjahr 2009, dessen Zusammenfassung hier weitgehend widergegeben wurde.)
III. Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.08.2011, Az: 2A O 69/11
gefunden bei Heise, am 24.08.2011 ("Gericht: Verbraucherforum darf Unternehmen in HTML Title Tag nennen")
1. Feststellungsklage des Spam e.V. gegen einen Verzeichnisanbieter
Der Verzeichnisanbieter hatte den Verein per E-Mail angeschrieben und forderte, dass der Verein auf seiner Website die Erwähnung der Firma aus dem Title Tag nimmt.
2. Kernaussage
Dem Verzeichnisanbieter steht unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten ein Anspruch gegen den Verein zu, mit dem die Unterlassung der Verwendung des Namens des Verzeichnisses im Title-Tag der Vereins-Website gefordert werden könnte.
3. Kommentar
Wir hatten bereits für längere Zeit die Diskussion der Rechtsfrage gehabt, ob, wer fremde Firmen (=Name des Unternehmens) oder/und Marken als Keywords für die eigene Werbung bei Google Adwords verwendet, Markenrechte oder das Recht der Firmen an deren Namen verletzt. Dabei ging es oft um die wirtschaftliche Ausbeutung bekannter Namen. Dieses Problem gab es auch schon Ende der Neunziger Jahre. Damals gab es schon Domaingrabber, die sich Domains von Marken und Städten gesichert hatten.
Blogger und Verbraucherschutzorganisationen, die nicht mal solche wirtschaftlichen Intentionen haben, sollte man diesen - bildlich gesprochen - den Mund verbieten dürfen, wenn sie Menschen oder Unternehmen oder Behörden öffentlich kritisieren?
Zur Berichterstattung oder Meinungsäußerung, beides durch das Grundrecht der Pressefreiheit und Meinungsäußerung in Art. 5 Grundgesetz schützt, gehört die Nennung des Kindes beim Namen. Namens- und Markenrechte setzen diesem Grundrecht nicht absolut eine Grenze, d.h. sie habe nicht aus Prinzip Vorrang gegenüber dem Grundrecht auf Meinungsäußerung.
Tags und der Metatag werden dazu verwendet, einen Text im Internet kurz thematisch zu umreißen. Der Title-Tag ist einer Überschrift vergleichbar. Man sieht den Title-Tag-Text in den Google-Suchergebnissen. Die Benutzung dieser Mittel steht jedem genauso zu wie einen Artikel an sich zu schreiben; diese Mittel werden von Google automatisch ausgewertet. Sie sind notwendig, damit der Artikel auch (besser) gefunden wird. Insoweit ist es legitim für sich und das eigene Anliegen "Werbung" zu machen. Insofern lässt sich darüber nicht sagen, hier wird ein Namensrecht oder Markenrecht verletzt, wenn es in einem den Inhaber nicht gefälliges Umfeld öffentlich genannt wird. Öffentliche Kritik ist natürlich auch nicht nur der Presse und den Politikern vorbehalten, sondern steht allen Bürgern zu. Es lassen sich - nach richtiger Ansicht - keine Namen (mithilfe von Einträgen im Markenschutzregister) kaufen, um zu verhindern, dass sie frei verwendet werden. Dadurch würde unsere Sprache verarmen. Und Marken mit Worten, denen Kennzeichnungskraft zukommt, werden in dem Bestreben öffentlich bekannt gemacht, um sie wirtschaftlich ausbeuten zu können. Dann muss man aber auch die Bewertung der Leistungen unter der Marke, die man bezahlt haben will, aushalten können.
Auf den Inhalt des Urteils brauche ich gar nicht mehr einzugehen. Es ist ganz klar, dass es nur mit diesem Inhalt erlassen werden konnte. Es ist noch nicht rechtskräftig, aber einem Rechtsmittel gebe ich keine Chance.
IV. LSG Halle, Beschluss vom 8. Juli 2011, L 4 P 44/10 B
Inhaltlich in dieselbe Richtung geht diese Entscheidung.
1. Einstweiliges Verfahren
zur Unterlassung einer nachteiligen Bewertung auf Veranlassung eines ambulanten Pflegedienstes
2. Kernaussage
Negative Bewertungen in den (gesetzlich vorgeschriebenen!) Transparenzberichten müssen Betreiber von Pflegeeinrichtungen wegen des Informationsbedürfnisses der Pflegebedürftigen und ihrer Angehöriger hinnehmen. Allerdings muss eine gewisse Beurteilungsbasis vorhanden sein. Die Note 5,0 aufgrund nur einer Aussage einer Person ist nicht rechtens.
3. Kommentar
Die Meinung nur eines Befragten ist wenig aussagekräftig und rechtfertigt es bei Beachtung der Rechte des Bewerteten nicht, dass der Bewertete das hohe Risiko der Fehlbewertung (oder Rache) trägt. Die Bewertung wird tendenziell objektiver bei der Heranziehung mehrerer Benutzer der Pflegeeinrichtung.
Pressemitteilung des LSG Halle/Saale mit den relevanten Normen:
http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/lsg/2011/008_2011_0bd8f27867d2ea179fad515092b6c7f4.htm
V. LSG Essen, Entscheidung v. 15.08.2012 - Az. L 10 P 137/11
Auch hier klagte eine ambulante Pflegeeinrichtung gegen Qualitätsprüfer, die ihre Ergebnisse der Prüfung von Pflegeeinrichtungen veröffentlichen. Im Ergebnis wie das LSG Halle/Saale entschied das LSG Essen, dass die Veröffentlichung von sogenannten Transparenzberichten nicht verhindert werden kann. Die Pflegeeinrichtung und Köln hatte vorbeugend geklagt mit der Begründung, dass die Darstellung im Internet mit einer Vergabe von Schulnoten die tatsächliche Lebensqualität in Pflegeheimen nicht zutreffend widergebe.
Die Veröffentlichung der Transparenzberichte ist sogar gesetzlich vorgesehen. Das Gericht hatte sie für grundsätzlich zulässig erklärt.
(mitgeteilt von RA Bahr, Rechts-Newsletter vom 22.8.2012, nach einer Pressemeldung des LSG Essen)
VI. AG Hamburg, Urt. v. 18.08.2011 - Az. 34a C 148/11
1. gegen
ein Restaurant, das den Inhaber des Forums "Restaurant-Kritik.de" auf Unterlassung verklagt hatte.
2. Kernaussage
Eine kritische Äußerung über ein Lokal auf dem Internet-Portal "Restaurant-Kritik.de" muss nicht gelöscht werden.
3. Auszug (Zitat aus dem Newsletter vom 31.08.2011 von Dr. Bahr, sub. 11.)
Der Beklagte, der von der Kanzlei Dr. Bahr vertreten wurde, war Inhaber und Betreiber des Online-Portals "Restaurant-Kritik.de" [www.restaurant-kritik.de], auf dem User die Möglichkeit hatten, Berichte über Erfahrungen in den von ihnen besuchten Restaurants einzustellen. Einer der User, der regelmäßig Berichte veröffentlichte, schrieb nach einem Besuch u.a. über die Klägerin:
"Die Stühle sind für korpulentere Leute etwas schmal""Die Speisekarte ist üblich"
"Warenunterschiebung"
"Hier wendet sich der Gast mit Grausen"
Die Klägerin begehrte Unterlassung, weil sie die Aussagen zum einen für unwahr, zum anderen für unzulässige Schmähkritik hielt.
Das AG Hamburg wies die Klage ab.
Es führte in seiner Begründung aus, dass Restaurant-Kritiken maßgebend durch die subjektive Erfahrung und Empfindung des Kritikers beeinflusst seien. Da es sich hier zumeist um Privatpersonen handle, die ihre Erfahrungen weitergeben möchten, seien an die Berichte weniger strenge Anforderungen zu stellen als an Warentests.
Vorliegend habe es sich bei einem Großteil der Aussagen um wahre Tatsachenbehauptungen gehandelt, deren tatsächliches Vorliegen der Beklagte mit Hilfe eines Zeugen habe nachvollziehbar darlegen können.
VII. Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 14.01.2011, Az. 2/ O 115/10 - Gegendarstellungsrecht
1. gegen
eine Rechtsanwaltskanzlei, die eine Website mit redaktionell gestaltetem Angebot betreibt.
2. Kernaussage
Der Betreiber einer Website mit journalistisch/redaktionell gestaltetem Inhalt ist verpflichtet, Personen, über die oder deren Angelegenheiten berichtet wird, ein Gegendarstellungsrecht einzuräumen. Ein hier vom Gericht in Bezug genommenes redaktionell gestalteter Inhalt ist bereits dann anzunehmen, wenn über ausgewählte Neuigkeiten berichtet und entspechende Pressemitteilungen öffentlich zugänglich gemacht werden.
gefunden im Artikel von Prof. Hoeren "Facebook und Co" im Deutschen Anwaltsspiegel, Ausgabe 12 vom 15. Juni 2011.
Kommentar
Man beachte: "... und entsprechende Pressemitteilungen öffentlich zugänglich gemacht werden."
Das heißt nach meiner Lesart, dass man auf Portalen zur Veröffentlichung von Pressemitteilungen Werbung für die eigenen Artikel macht oder jedenfalls auf der eigenen Website eine Rubrik Pressemitteilungen hat, in der dann die Berichte eingestellt werden, a) bereit zum Abholen durch Journalisten, die die Meldung weiter verbreiten (sollen) oder b) mit dem Zweck, auf andere Artikel oder Berichte (auf der eigenen Website) hinzuweisen, so, wie es Journalisten anhand einer Pressemeldung auch tun würden.
Das Gegendarstellungsrecht könnte entweder den Artikel betreffen, der in der eigenen Rubrik "Pressemeldungen" vorgestellt wird oder die Pressemeldung selbst.
Ein Blog benötigt erfahrungsgemäß meistens keine solche Rubrik "Pressemeldungen" als einen Ausschnitt des gesamten Blogs. Ein Blog kann aber als Bestandteil einer Firmen-Website gerade dazu dienen, Pressemitteilungen zu veröffentlichen. Dann haben sie typischerweise einen mehr offiziellen Charakter, sind einer Zeitungsmeldung ähnlicher und die Person des Schreibenden tritt stärker zurück als bei einem puren Blog einer Persönlichkeit mit Gesicht.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung, dass viele Unternehmen Social Media in ihre Firmenauftritte integrieren und nach der Erfahrung, dass Firmenwebsites teilweise auch vollständig über Blogs gestaltet sind (, was auch deswegen häufig gut möglich ist, weil Blogs auch Funktionalitäten von CMS haben), gilt dies dann auch für Blogs von Unternehmen.
Wer sich vor Gegenvorstellungen im eigenen Blog schützen möchte, hat, denke ich, bessere Chancen, wenn er seinen Blog personalisiert und einzelne Artikel nicht extra auf externen Websites oder Zeitungen/Zeitschriften bewirbt oder über Content-Aggregatoren verteilen lässt. Als Richter würde ich mich tendenziell bei Journalisten mit ihrem Blog (z.B. Spiegelfechter) schwer tun, insbesondere dann, wenn sie sich schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet haben. Aber die Grenzen zwischen Journalisten und Bloggern sind inzwischen stark aufgeweicht.
Da viele Blogs in Blogverzeichnissen eingetragen sind, stellt sich die Frage, ob solche Blogverzeichnisse den Pressemitteilungs-Portalen oder gar Online-Zeitungen gleichgesetzt werden. Tendenziell eher nein, wenn sie nicht kommerzielle Blogs hosten. Aber aus erst nichtkommerziellen Blogs werden später auch kommerzielle Blogs, sei es wegen der Werbeeinnahmen als Affiliates, sei es wegen der verkauften Produkte, über die am Anfang nur beraten wurde.
Das oben angeführte Merkmal ist also kein guter Filter zum Schutz vor dem Wunsch Fremder auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung. Bleibt noch das Merkmal "ausgewählte Neuigkeiten".
Wer über etwas im Blog schreibt, was nicht als Neuigkeit gilt, muss ein Gegendarstellungsansinnen nicht akzeptieren. Aber auch der Begriff "Neuigkeit" ist ja sehr interpretationsabhängig.
Mit dem Bewusstsein hinsichtlich dieser vom OLG Bremen genannten Merkmale kann ein Blogger seinen Artikel vielleicht so formulieren, dass er weiter die Kontrolle über die Kommentare zu seinen Artikeln behält und ihm als "Hausherren" nicht Gerichte reinreden.
Das bloße Nichtanbieten von Kommentarfeldern schützt jedenfalls nicht vor berechtigten Gegendarstellungsrechten. Wer als Blogger einem Gegendarstellungsansinnen nicht nachkommen will, muss stattdessen vielleicht seinen Artikel, der Stein des Anstoßes ist, wieder von der Website nehmen. Über Schadensersatzansprüche deswegen, weil dann aber trotzdem schon gleichlautende Meldungen und Empfehlungen im Internet verbreitet sind, ist damit noch nichts gesagt. Allerdings wird die Bezifferung eines Schadens sehr schwierig und es ist zweifelhaft, ob ein Gericht eine in einer Klage des Bloggers genannte Schadenssumme oder Entschädigungssumme anerkennen wird.
[Ergänzung, 17.06.2021 Im Rechtsnewsletter von Rechtsanwalt Dr. Bahr vom 16.06.2021 fand ich zu dieser Thematik einen Fall, der zugunsten des Bloggers ausging, der ein Rechtsanwalt ist, d.h. er musste einem Gegner keine Möglichkeit zu einer Gegendarstellung auf der Kanzlei-Website geben:
OLG Koblenz, Beschluss vom 12.04.2021, Az.: 4 W 108/21
Das OLG wies das Begehren ... ab. Denn bei der Webseite des Beklagten handle es sich um keinen journalistisch-redaktionellen Inhalt, sondern vielmehr um kommerzielle Kommunikation.
"Vorliegend fehlt es erkennbar an der erforderlichen publizistischen Zielsetzung sowohl der Homepage des Antragsgegners selbst, als auch des Blogs, über den der beanstandete Artikel aufgerufen werden kann, als auch des Artikels selbst. Zu weit geht es jedenfalls, in die Betrachtung, ob ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot vorliegt, andere Websites und Internetplattformen, auf denen der Antragsgegner Veröffentlichungen vornehmen mag, einzubeziehen.
Auf seiner Homepage gibt der Antragsgegner als Tätigkeitsfelder seiner Kanzlei die Rechtsbereiche Abmahnung, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Arbeitsrecht, Rufschädigung und IT-Recht an und stellt sich und seine Kanzlei vor.
Unter „Kanzlei“ Unterpunkt „Presse und Veröffentlichungen“ sind Links zu diversen Artikeln gesetzt, die teils von in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälten an anderer Stelle veröffentlicht wurden oder in denen die Kanzlei von Drittautoren erwähnt wird.
Weiter sind Videobeiträge der Kanzlei unter „Lieblingskollegen“ zu den Laien allgemein interessierenden arbeitsrechtlichen Themen verlinkt. All dies soll erkennbar die Rührigkeit und Bekanntheit der Kanzlei insbesondere in ihren Fachgebieten aufzeigen, ihre Kompetenz unterstreichen, die Anwälte persönlich in Aktion präsentieren und das Interesse des Lesers als potentiellem Kunden wecken. Als Beitrag zur öffentlichen Kommunikation können die Verlinkungen nicht gewertet werden."
"Die über den Blog aufrufbaren (Video)Beiträge sind nicht als (Fach)journalismus zu bewerten, sondern dienen ebenfalls sämtlich der kommerziellen Kommunikation i. S. d. § 2 Nr. 5 TMG, insbesondere auch durch Selbstdarstellung des Antragsgegners, „Anberatung“ potentieller Mandanten, Darstellung von betreuten Fällen und erzielten Erfolgen sowie allgemeinen Informationen rund um die tätigkeitsbezogenen Themen, in denen sich potentielle Mandanten wiederfinden könnten, um zur Geltendmachung ihrer Rechte auf die Kanzlei zuzukommen."
Apropos: Zur Auswahl von Rechtsanwälten als Vertrueter siehe meine Checkliste:
https://www.ost-impuls.de/archives/336-Checkliste-fuer-Zusammenarbeit-mit-Rechtsanwalt.html
Und weiter heißt es in der Beschlussbegründung:
" Soweit allgemein gehalten informiert wird, ist ersichtlicher Zweck, potentiellen Kunden die Kompetenz der Kanzlei auf ihrem Fachgebiet und die ausführliche und ihren Interessen zugewandte Betreuung eines Falles zu demonstrieren und sie zur Kontaktaufnahme zu bewegen. Die Vielzahl an in den Blog eingestellten Beiträgen macht ihn noch nicht zu einem journalistisch-redaktionell gestalteten Angebot.
Vielmehr erklärt sie sich zwanglos damit, dass sich bei einer Anwaltskanzlei mit Tätigkeitsschwerpunkten wie denen des Antragsgegners ein IT-affines Marketing aufdrängt und gleichgelagerte Massen- oder Serienverfahren regelmäßig einen nicht unbedeutenden Anteil ihrer Geschäftstätigkeit ausmachen. Die im Blog betriebene, werbende Darstellung konkreter Fallkonstellationen, aus denen die Kanzlei sich weitere Einkünfte erwartet."
Daraus lassen sich auch Schlussfolgerungen für andere Arbeitsgebiete ziehen, z.B. für Architekten, Heilpraktiker oder Fotografen, die alle mit ihren guten Inhalten im Blog im Internet gefunden werden wollen, um so zu Kunden oder Patienten zu kommen.]
VIII. Weitere Gerichtsentscheidungen
Nachtrag am 25.07.2014:
1. "Frankreich: Bloggerin für Google-Ranking bestraft", Heise vom 17.07.2014.
Thematisch ist der geschilderte Konflikt zwischen einer Gourmet-Bloggerin und einem Restaurant verwandt mit den oben sub. I und IV. bis IV. geschilderte Fällen.
Eine Anweisung an die Bloggerin, die Überschrift ihres Textes auszuwechseln oder den Title-Text zu ersetzen, selbst wenn dieser nicht rechtswidrig, nicht unwahr ist, ist falsch, auch, soweit damit vom Gericht intendiert wird, dass der Artikel in den Google-Suchergebnissen zurückfällt. Was ist, wenn der Artikel stattdessen von Platz 4 auf Platz 2 steigt? Muss er dann wieder, nach einem neuen Rechtsstreit vor Gericht, geändert werden? Vor allem: Der Title Tag und die Überschrift sind nur einzelne unter vielen Kriterien, nach den Artikel von Google bewertet werden. Der Richter kennt sie nicht. Damit ist unklar, ob das Ziel, dass die Website weiter hinten in den Suchergebnissen stehen soll, mit der Anweisung erreicht werden kann. Wir kennen Fälle, in denen Google angegriffen wurde von Prominenten, die ihren Namen nicht in den Suchergebnissen sehen wollten. Und jetzt gibt es ein Recht darauf, sich löschen zu lassen - von Google.
Wenn der Artikel nicht diffamierend ist, wenn die behaupteten Tatsachen nicht unwahr sind, dann kann nicht verlangt worden, der Artikel muss nur weg aus den vorderen Platzierungen. Diese entscheidung zeugt von Inkompetenz des Richters in Sachen Internet. Verlangt werden kann nur, dass Beleidigungen aus dem Artikel genommen werden. Wenn also die Bezeichnung einer Bedienung des Lokals als Drachen eine Beleidigung darstellt, dann darf verlangt werden, dass diese Bezeichnung entfernt wird.
2. - demnächst -
Pressefreiheit
I. Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes vom 11.12.2012, VI ZR 314/10
1. gegen Urteile ...
LG Hamburg – Urteil vom 15. August 2008 - 324 O 774/04
Hanseatisches OLG Hamburg – Urteil vom 12. Oktober 2010 - 7 U 89/08
und
Urteil vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 315/10
LG Hamburg – Urteil vom 30. Mai 2008 - 324 O 18/05
Hanseatisches OLG Hamburg – Urteil vom 12. Oktober 2010 - 7 U 67/08
2. Thema
Überzogenen Anforderungen der Gerichte der Unterinstanz an die Überprüfungspflichten von Zeitungsjournalisten in Hinsicht auf ihre Informationsquellen bei der Berichterstattung. Zeitungen in Sachsen, Die Welt und Bild wurden von einer Privatperson aus Sachsen verklagt, die in Zeitungsartikeln dargestellt wurde als früherer Stasimitarbeiter, der auch seine Ehefrau bespitzelt habe soll.
Pressemeldung des BGH vom 11.12.2012
Gesteigertes Vertrauen der Presse in Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR
Der Kläger beider Verfahren nimmt die Beklagten auf Unterlassung einer Berichterstattung über seine angebliche Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik in Anspruch.
Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag und der Spitzenkandidat der PDS für die Landtagswahl am 19. September 2004. Die Beklagte des ersten Verfahrens verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Morgenpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag", die Beklagte des zweiten Verfahrens die Zeitungen "Bild" und "Die Welt".
In der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 berichteten die Zeitungen der Beklagten in mehreren Artikeln über den Verdacht, der Kläger habe als langjähriger IM "Christoph" mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt. Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
Das Landgericht hat den Klagen überwiegend stattgegeben. Die Berufungen der Beklagten hatten keinen Erfolg. Auf die Revisionen der Beklagten hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten habe. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die von ihm vorgenommene Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe ist weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfinden kaum in Einklang zu bringen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt. Das Berufungsgericht hat auch zu Unrecht die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Es hat insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Beklagten der Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, den gefundenen Unterlagen sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Kläger als IM Christoph für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei, ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durften. Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich um eine Bundesoberbehörde, der durch Gesetz die Aufgabe zugewiesen ist, die Stasi-Unterlagen auszuwerten und zu archivieren.
Kommentar
Das Urteil ist auch für Blogger, die nicht Journalisten sind, interessant. Die Anforderungen an Blogger, die investigativ berichten, dürfen nicht höher sein als die Anforderungen an Journalisten. Fraglich ist insoweit, ob sie das gleiche erhöhte Vertrauen in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie sich in einem Interview mit einer Person, der erhöhtes öffentliches Vertrauen zukommt, nicht als Blogger darstellen. Der erhöhte Vertrauensschutz steht insoweit nicht in Rede, als die Informationen, die sie von Personen mit erhöhtem öffentlichen Glauben erhalten, ihnen auch gegeben worden wären, wenn sie sich als Blogger zu erkennen gegeben hätten oder wenn Journalisten, die sich als solche zu erkennen gegeben hätten, diese Informationen auch erhalten hätten.
Vertraut diese Person mit erhöhtem öffentlichen Vertrauen aber vertrauliche Informationen dem Blogger an, wobei sie davon ausgeht, dass diese nicht veröffentlicht werden, wird man das besondere Vertrauen verneinen müssen, da die Äußerungen solcher Informationen gerade nicht öffentlich gemacht wurden und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet wurden. Solche - im Privaten - gegebenen Informationen genießen kein besonderes Vertrauen. Ein Blogger, der solche Informationen im Vertrauen auf die Richtigkeit der erhaltenen Informationen in seinem Blog veröffentlicht, erhält hier dann nicht den Schutzschirm, den der Bundesgerichtshof hier den Zeitungsleuten gespannt hat.
Störerhaftung eines Providers für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts eines Dritten durch Blogger
1. gegen Google
als Hoster des Bloggerportals Blogsport
2. Kernaussage
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann.Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
Pressemeldung des BGH vom 25.10.2011, Urteil vom 25.10.20122, Az.: VI ZR 93/10
3. Kommentar
Der BGH legt hier Google im Besonderen, aber darüber hinaus wegen der Richtlinienwirkung seiner Entscheidung allgemein dem Bloghoster die Funktion eines Moderators auf, oder man könnte es auch so sehen: eines (Laien-)Richters. Am Ende muss der Hoster zugunsten einer Partei entscheiden und löschen oder nicht. Ein wirtschaftlich kleiner Hoster wird leichter gegenüber der Forderung eines Dritten, der sich in seinen Rechten durch den Text eines Bloggers verletzt sieht, einknicken. Um sich abzusichern, wirden ein kleiner Hoster vernünftigerweise seinen Kunden beim Vertragsschluss eine Erklärung abgeben lassen, dass der die Belehrung des Hosters dazu akzeptiere, was er alles nicht in seinem Blog machen darf. Erst recht dann, wenn der Blogger nach außen hin anonym bleiben darf. Im Zweifel wird der Hoster dann lieber den Blogpost löschen bzw. deaktivieren. Dieses BGH-Urteil könnte aber auch schon Anlass für Provider sein, anonyme Blogger nicht (mehr) zuzulassen, um sich nicht der Gefahr der sogenannten Störerhaftung auszusetzen.
Wenn der Blogger sich vor der Gefahr, dass sein kritischer Artikel gelöscht oder gesperrt wird, schützen will, muss er bestrebt sein, sich einen Hoster zu suchen, der seinen Sitz und seine Server außerhalb der EU hat. Und da sind wir beim weiteren Problem dieses Falles: der Zulässigkeit der Klage, insbesondere der Zuständigkeit deutscher Gerichte. Hierzu habe ich bereits einen Artikel geschrieben, in dem ich zwei Gerichtsentscheidungen deutscher Gerichte kommentiere
(Insoweit muss ich die Originalentscheidung noch auswerten)
Strafrechtsfragen
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 29.2.2012 ( Az.: (4) 121 Ss 30/12 (54/12))
Rechtsfrage
Drohung mit Veröffentlichung eines Sachverhalts im Internet ist keine strafrechtlich relevante Nötigung
Berufung
eines Rechtsanwalts gegen seine Verurteilung durch ein Amtsgericht
Sachverhalt
Weil eine vereinbarte Zahlung der Gegenseite ausgeblieben war, schrieb ein Rechtsanwalt:
"Darüber hinaus werden wir den Lebenssachverhalt unter den Keywörtern (...) ins Internet stellen. Es tut mir leid, solche Maßnahmen anzukündigen und dann auch umzusetzen. Weiteres Schieben lassen wir jedoch nicht zu."
Für ein Amtsgericht in Berlin stellte diese Äußerung eine strafbare Nötigung dar. Das KG Berlin hob aber die Verurteilung auf und sprach den Rechtsanwalt frei.
Rechtliche Wertung
Die Ankündigung der Veröffentlichung des Lebenssachverhalts im Internet stelle nach ihrem Wortlaut lediglich eine allgemein gehaltene, unspezifische Ankündigung von Schwierigkeiten dar, die regelmäßig nicht den Tatbestand der Drohung mit einem empfindlichen Übel erfülle.
Daher liege auch keine Nötigung vor.
Quelle: Newsletter Dr. Bahr vom 18.07.2012 sub 5.
Werbeversprechen Provider
Werbeaussage "Webseiten auf unternehmenseigenen Servern" irreführend, wenn Hosting bei Tochtergesellschaft
OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014 - Az.: I 20 U 66/13
Die Werbeaussage "Das Hosting aller Websides (...) läuft über die unternehmenseigenen Server" ist irreführend, wenn die Seiten tatsächlich bei einer Tochtergesellschaft gehostet werden.
Die Beklagte warb für ihre Leistungen mit der Aussage:
"Das Hosting aller Websites (...) läuft über die unternehmenseigenen Server. Besonders bei Unternehmensseiten spielen eigene Server eine große Rolle. Die Server garantieren die Verfügbarkeit der Systeme. Darüber hinaus ist das Rechenzentrum (...) für den Ernstfall mit Feuerlöschsystemen und Notstromaggregaten ausgerüstet."
Das Hosting der Webseiten wurde jedoch nicht von der Beklagten erbracht, sondern von einer ihrer Tochtergesellschaften.
Dies stufte das OLG Düsseldorf als wettbewerbswidrig ein. Für die angesprochenen Verkehrskreise sei entscheidend, dass das Hosting direkt bei der Beklagten erfolge und nicht bei einem Dritten. Dabei sei es unerheblich, ob es sich bei dem Dritten um eine Tochtergesellschaft handle oder nicht. Denn in jedem Fall habe die Beklagte, so die Richter, keinen unmittelbaren Zugriff mehr.
Vielmehr würden die Handlungen auf einen rechtlich selbständigen Dritten ausgelagert, so dass immer die Gefahr bestehe, dass dieser Dritte verkauft werde oder in Insolvenz gehe und damit nicht mehr der Kontrolle der Beklagten unterstehe, ohne dass dies der Kunde mitbekomme.
Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, da die hier benannte Tochtergesellschaft noch im Ausland ansässig sei.
Die Behauptung der Beklagten sei daher irreführend.
Sekundär-Quelle: Newsletter Dr. Bahr vom 13.08.2014
Haftung von Google
Fragen der Verantwortlichkeit von Google sind verwandt mit solchen zur Verantwortlichkeit eines Providers. Wird Google zur Unterlassung bestimmter Darstellungen auf der Suchergebnisseite gezwungen oder zum Unterlassen des Zeigens bestimmter Inhalte, dann hat dies auch Auswirkungen für die Betreiber derjenigen Websites, von deren Websites Ausschnitte in den Suchtreffern gezeigt werden. Darüber sollte ein Blogger auch mal nachdenken. So könnten seine momentan gut rankenden Bilder einmal nicht mehr in den Top Positionen zu finden sein.
1.Autocomplete-Entscheidung des Bundesgerichtshofs,
Urteil vom 14.05.2013, Az.: VI ZR 269/12
2. LG Hamburg, Urteil vom 24.01.2014, Az.: 324 O 246/11
Thema: Die Beweislast für das Nichtfunktionieren von Software-Filtern liegt bei Google.
Das LG nahm eine Beweislastumkehr vor. Google als Beklagter sollte Informationen vorlegen, weil der Kläger es nicht konnte. Google weigerte sich, da es die Informationen als Geschäftsgeheimnis betrachtet und sich auch davor bewahren muss, zukünftig immer wieder über den Stand und die Fähgikeiten der von ihm entwickelten Technik Auskunft zu geben. Solche Forderungen betrachtet es als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (gängige Formulierung im Zivilrecht bei Streiten mit Unternehmen). Eine Rechtsgrundlage dafür im Gesetz existiert nicht, was den STreitfall hier betrifft. Die offenen Zweifel legte das Gericht zulasten des beklagten Unternehmens Google aus.
Die LG-Entscheidung wird von Dr. Bahr besprochen in der Zeitschrift Website Boosting 07/08 2014 (Heft 25), S. 100-102.
Wettbewerbsrecht
Bloße Rechtsansichten können noch keinen Wettbewerbsverstoß begründen
LG Hamburg, Urteil vom 24.01.2018 - Az.: 416 HKO 196/17
Dr. Bahr, Rechts-Newsletter 11/2018 vom 14.03.2018, sub 8.:
Bloße Rechtsansichten können noch keinen Wettbewerbsverstoß begründen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der vertretene Standpunkt objektiv unwahr ist.
Die Beklagte vertrieb über mehrere Jahre Riester-Rente. Als es zu organisatorischen Änderungen kam, vertrat die Beklagte den rechtlichen Standpunkt, die Verträge dürften außerordentlich wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gekündigt werden.
Die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, sah hierin eine wettbewerbswidrige Irreführung und klagte auf Unterlassung.
Das LG Hamburg wies die Klage ab.
Im vorliegenden Fall vertrete die Beklagte lediglich einen rechtlichen Standpunkt, hierin könne jedoch noch keine Irreführung liegen.
Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn die Beklagte unrichtige oder unwahre Angaben (z.B. über den Beginn der Verjährung) gemacht habe. Dies sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Vielmehr habe die Beklagte lediglich eine juristische Ansicht vertreten und damit ihre Kündigung begründet. Die Begründung der ausgesprochenen Kündigung mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage beinhalte lediglich eine Rechtfertigung der ausgeübten Maßnahme und stelle sich damit im Ergebnis als reine persönliche Beurteilung dar. Fehlerhafte Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthalte sie ersichtlich nicht.