Aus Russland? Oder findet man nicht noch Hubschrauber in Afrika, die der Lord of War Juri Orlow aus der Ukraine dorthin verscherbelt hat? Vielleicht Einsätze dieser Hubschrauber in Gebieten, in denen noch Wracks der gleichen Typen als Ersatzteilspender herumstehen? Ha! Clever. - Das ist natürlich ein Scherz. Zufällig lief der Film "Lord of War - Händler des Todes" mit Nicolas Cage in der Hauptrolle vorige Woche auf RTL. Da stand in einer Szene ja auch ein Hubschrauber an einem ukrainischen Hafen zur Verladung aufs Schiff bereit. Der Film beruht auf Tatsachen und ist sehenswert. Ich hatte an anderer Stelle schon mal auf einen dokumentarischen Spielfilm mit einem brisanten Thema hingewiesen.
Mehr Fragen? - Welche Kosten werden für das Aufmotzen der Hubschrauber veranschlagt? Woraus soll das finanziert werden? Was kostet ein neuer Hubschrauber, der für Wüsten und Bergregionen geeignet ist? Nach kurzem Suchen findet man noch ein paar mehr Details zu dieser Verlautbarung:
Im Dezember letzten Jahres vermeldete Ria Nowosti gerade, dass Russland seine Wüsten- und Berghubschrauber Mi-28N ("Night Hunter") modernisiere. Die Überschrift und der Text waren etwas widersprüchlich, vielleicht war auch gemeint, dass in Rostow die Produktion dieser Helikopter, die schon auf dem Stand der heutigen Technik seien, erst aufgenommen wird. Welche Rolle spielt dabei die Türkei, die nach einer Lenta-Meldung von Mitte Dezember 2008 von Russland diese Night Hunter kaufen will, nachdem Verhandlungen mit den USA über den Kauf von amerikanischen Cobra-Hubschraubern erfolglos blieben?
Das ist der Stoff, aus dem Glossen gegossen werden. Mir fällt dazu ein ...
Wie steht Russland zur Frage des Verkaufs seiner Night Hunter an EU-Länder, an NATO-Länder? Gibt es da keine Geheimnisse um die Technik? Ach so, die Türkei ist ja auch NATO-Mitglied. Also dann wohl ziemlich liberal.
Die Verteidigungsminister der EU könnten doch beschließen, dass die östlichen Mitgliedsstaaten, die sich anstrengen, diese Hubschrauber wieder flugfähig zu machen und für Einsätze im Tschad oder in Afghanistan herzugeben, eine Verschrottungsprämie von der EU bekommen, wenn sie in den Krisenregionen abstürzen - für neue westeuropäische Kampfhubschrauber (nicht aber Tiger-Kampfhubschrauber aus Amerika, denn wir wollen die Erhaltung europäischer und nicht amerikanischer Jobs). Die könnten sich dann nicht mehr gar so beklagen, dass sie in der Weltwirtschaftskrise von der EU in Stich gelassen werden. Es müssen freilich auch die Fragen rund um die Piloten jener abgeschossenen Hubschrauber-Oldtimer und ihre Crew und deren Verwandtschaft abgeklärt werden.
Auf der Website der Frankfurter Allgemeinen Presse fand ich noch den ergänzenden Hinweis, dass nach Angaben des Chefs der Europäischen Verteidigungsagentur, Alexander Weis, rund 200 dieser russischen Hubschrauber in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten modernisiert werden könnten. Für Veränderungen der Triebwerke, Navigationstechnik, sichere Kommunikationsanlagen und Selbstschutzvorrichtungen werden vorläufig rund 4 bis 6 Millionen EUR veranschlagt.
Aha, klingt nicht nach Kauf von Ersatzteilen aus russischer Produktion (siehe oben). Wenn ein solcher Technologiemix zwischen ost und west mal gut geht! An den bleihaltigen Russensprit kommt man hoffentlich auch noch leicht ran?
Stellt sich mir auch noch die Frage, ob an den gemeinten Einsätzen für diese Hubschrauber auch amerikanische Streitkräfte beteiligt sind. Irgendwie geht es doch auch immer um die Sicherung von Einflusssphären, insbesondere im Hinblick auf Rohstoffe, Lieferwege. Einige Stützpunkte für Einsätze von Nato-Soldaten im Irak und in Afghanistan sind doch in den GUS-Staaten auf Geheiß Russlands in letzter Zeit weggefallen. Vielleicht hat der geplante Einsatz solcher Helikopter den Zweck, sich als russische Streitkraft zu tarnen, um so leichter in verbotenen Gebieten zwischenlanden zu können? - War nur ein Witz.
Nein, aber mal im Ernst: Aus welchen Töpfen das Geld für die Modernisierung genommen werden darf, muss doch davon abhängen, zu welchen Missionen genau diese Hubschrauber eingesetzt werden. Und was wird nach Beendigung der Mission mit den betagten Hubschraubern passieren? Dann dürfen sich die jungen EU-Mitgliedsstaaten ihre Hubschrauber wieder nach Hause nehmen, die dann wohl immer noch moderner als zuvor sind. Wie rechnet man innerhalb der EU die Kosten für das Aufrüsten dieser Hubschrauber (, die wer zu tragen hat? - siehe oben) und deren Wertzuwächse ab?
Ähnliche Fragen zweckgerichteter Finanzierungen stellen sich auch bei Subventionen, etwa Förderung von Technologien für den Einsatz erneuerbarer Energien. Da brennt es mir schon länger unter den Nägeln, noch mal was zu ergänzen erledigt. Ähnlich knifflige Fragen auch unter dem Stichwort Rettung von Banken und Autokonzernen. Es gibt immer böse Nebenwirkungen (Verteilungsungerechtigkeit) auf die Funktionen der Wirtschaftssysteme.
Aber eben deswegen dürfen solche Verwendungsentscheidungen in einer Demokratie nicht verheimlicht werden. Kontrolle muss möglich sein, muss ausgeübt werden. Verantwortungskontrolle erfolgt dann über Fragen wie: Welchen Aufwand ist die Gegenwart unserer Soldaten, Wissenschaftler und Hilfsorganisationen in den Krisengebieten wert? Für Gebiete, in denen es keine Staaten gibt, ist meine Antwort klar: Nichts (Beispiel Somalia). Ohne berechtigtes Vertrauen auf die beabsichtigte Verwendung (humanitäre Hilfe) transferierter Leistungen bedeuten die Hilfsleistungen eine Verschwendung von Steuergeldern. Humanitäre Aufgaben gibt es auch schon noch innerhalb der EU zu leisten. Und es ist fraglich, ob Deutschland oder die EU sich dafür, dass ethnische Konflikte in Afghanistan bestehen oder dass sich Banden in der Sahara mit Gewalt bereichern, verantwortlich fühlen muss.
Fragen über Fragen. Bekanntlich hat die EU so ihre demokratischen Defizite, vergleicht man die Kompetenzen von Kommission, Ministerrat und EU-Parlament.
[Update 07.06.09:
Der Bundesvorsitzende der Ökologisch-Demokratischen Partei ÖDP, Prof. Dr. Klaus Buchner, hat sich aus Anlass der Wahl des Europaparlaments (nämlich heute, J.S.) zum Lissabon-Vertrag geäußert und meinte, dieser lege allen Mitgliedsstaaten den Zwangs zur Aufrüstung auf.
"Es wird den Einzelstaaten nicht mehr selbst überlassen, wieviel Geld sie für Militär ausgeben. In Zukunft dürfte weder ein nationales Parlament noch das europäisches Parlament über Krieg und Frieden entscheiden."
Die Financial Times hat am Freitag etwas ausführlicher berichtet als der Deutschlandsender. Sieben Prozent der über 1.700 EU-weit verfügbaren Militärhubschrauber würden nach der Europäischen Verteidigungs-Agentur für Auslandseinsätze genutzt. Und bei den alten Hubschraubern handele es sich um Mi-17, die in Russland erstmals 1981 produziert wurden.]
Letzte Frage: Wie weit können Russland und die EU, Russland und die USA zusammen arbeiten gegen islamische Extreme, vor dem Hintergrund der Wahrung von Militärgeheimnissen oder wirtschaftlicher Interessen (Rohstoffe)? Im Weltall klappt die Zusammenarbeit anscheinend ganz gut, auf der ISS. Und so manche Sperrzonen sind heute in Russland zugänglich für Ausländer. Private Abenteuersuchende können heute vom Flugzeugwerk "Sokol" in Nijnij Nowgorod mit einer MIG 31 in die Stratosphäre fliegen.
Ich habe den Eindruck, dass Russland sich hier mehr in die Karten gucken lässt als die Amerikaner. Aber vielleicht gibt es aus Amerika weniger entsprechende Meldungen, weil es weiter entfernt ist.]
[Nachtrag 21.05.2009
Und deshalb wundert es mich nicht, als Anfang April diesen Jahres in verschiedenen Tageszeitungen aus Anlass des 60. Jahrestages der NATO deren Sinn kritisch hinterfragt wird. Etwa in der TAZ vom 3. April:
"Abschied von der Sonderrolle - Die Nato wird sich intensiver darüber streiten, welche Staaten dem Bündnis beitreten sollen und welche nicht."
Man muss sich wirklich fragen, was Albanien in der Nato zu suchen hat. Was können die schon bieten? Nützt die Aufnahme solcher kleinen Länder der Nato? Ich meine auch wie die Autorin Bettina Gaus, dass die Welt nicht mehr in zwei Blöcke, sondern in zahlreiche verschiedene, geostrategisch bedeutsame Regionen aufgeteilt (oder: einzuteilen) ist. Und dann erscheint es nachvollziehbar, dass Washington gerne von Fall zu Fall weltweit Verbündete suchen möchte. Und da gibt es auch Fälle, in denen es Russland als Verbündeten sehen möchte wie beim Iran. Was soll vor diesem Hintergrund (Bildung regionaler Länder-Zweckgemeinschaften zur Kontrolle regionaler Konflikte) aber noch die Aufnahme von Albanien oder Kroatien, wie zum 1. April geschehen? Wenn dann doch immer zur Befriedung oder Stabilisierung einer Region (fast) ohne Staat (Somalia, Irak, Sudan) die Nato eingesetzt wird, warum muss es da noch ein kategorisches Aussperren von Russland geben, wenn Russland sich zusammen mit den USA um die Befriedung einer Region mitkümmert? Da liegt es doch gar nicht so fern, die Nato als Militärapparat der UNO umzugestalten. Wenn das mit den Vetorechten der ständigen Mitglieder richtig geregelt wird.
In der Berliner Morgenpost heißt es am 3. April zum Thema "Nach 60 Jahren sucht die Nato ihre Rolle". Die USA suchen mit der Amtsübernahme der Regierungsgeschäfte durch Barack Obama eine Annäherung an Russland. Wenn sie den Einsatz von Hubschraubern aus russischer Produktion im Rahmen von Natoeinsätzen billigen, um so den Verlust eigener teurer Hubschrauber in den asiatischen und afrikanischen Krisengebieten zu beschränken, dann sollte es so konsequent weitergehen:
Überarbeitung und Beschluss der Ziele, Umbenennung und Aufnahme Russlands in die Nato.
Oder hat man auf Seiten der USA Bauchschmerzen damit, wie man dann dieses Bündnis in der Zukunft wird halten können, wenn der Wettlauf um die Rohstoffe am Nordpol, wo das Eis wegtaut, immer häufiger zu Zusammenstößen von Forschungs- und Bergungsschiffen (von verschiedenen Nato-Ländern) führt? Da sind [...Next]