Es geht um die Selbstdarstellung Russlands durch eigene Vertreter in Berlin (dann, weiter auf der Tournee, auch in Paris und London). Es geht hier um eine Gelegenheit für das offizielle Russland, sich durch Personen, die in den Tourismus des Landes involviert sind, und die eigenen Fähigkeiten (der Regionen, der Vertreter dieser Regionen) unverfälscht durch deutsche Journalisten zu präsentieren. Die Negativberichter der abhängigen deutschen Medien sind gar nicht ins Russische Haus eingeladen worden. Aber doch gibt es welche, die berichten...
Leider fehlte es an Masse. Es waren letzte Woche in Berlin gar nicht viele Leute da, vor denen Russland sich als Urlaubs-Reiseland hätte präsentieren können.
Da frage ich mich, wer hat von dieser Veranstaltung vorher (rechtzeitig) gewusst?
Da sind wir bei der Reklame. Zu einer Repräsentation gehören Zuschauer. Die müssen eingeladen werden.
1. Einladung
Fangen wir bei der Einladung an mich an.
1.1. Die E-Mails
Sie kam per E-Mail, am 21. März und noch mal eine Wiederholung am 26 und 27. März.
Jene E-Mail enthielt gar keinen Betreff.
Die E-Mail-Adresse war eine vom russischen Provider mail.ru. Der Name des Absenders (kyrillische Buchstaben) war mir fremd und unbekannt.
Das Namensfeld für den Absender zeigte den Namen eines Mannes, der, um mal vorzugreifen, auf der Veranstaltung am letzten Donnerstag anwesend war, aber unauffällig blieb.
Eine Organisation oder Firma fehlte im Absenderfeld. Ich war etwas verunsichert und fragte mich, ob ich diese E-Mail überhaupt öffnen sollte.
Ich halte es nämlich für unprofessionell, wenn im Geschäftsverkehr Menschen als Absender von E-Mails an fremde Personen das Betreff-Feld leer lassen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass solche E-Mails nie geöffnet werden oder in den Spam-Ordner sortiert werden, erhöht sich dabei deutlich; ich glaube, nicht nur bei mir als Adressaten.
Aber dann gab es im Adressatenfeld noch 15 fremde E-Mail-Adressen. Weitere eingeladene Gäste.
Auch das unprofessionell, da ohne Gefühl für Datenschutz. Man packt nicht mehrere E-Mail-Adressen in ein Adressatenfeld oder ins CC-Feld, wenn sich die verschiedene Adressaten gegenseitig gegenseitig nicht kennen.
Eine Weitergabe von E-Mail-Adressen an Konten, die womöglich schon von Spammern und Trojanern beherrscht werden und die jede neue Adresse einsammeln. Bei solchen Fehlern braucht man sich nicht über Spammails im eigenen Konto wundern. Meine Spammails haben in den letzten Wochen wieder zugenommen.
Mit sicherer Browsereinstellung habe ich die E-Mail im Online-Account meines E-Mail-Providers noch mal auf Viren geprüft und dann geöffnet.
Und - sie war leer. Kein Text. - Nur ein Anhang, eine Word-Datei.
- In mir verstärkte sich unterschweillig das Gefühl - "oh Gott, diese Dilettanz!", vermischt mit Ärger. - Sieht nach Spam oder Belanglosem aus. Kostet mir aber meine wertvolle Zeit.
Habe die Datei heruntergeladen und dann von zwei Dutzend Online-Virenscannern prüfen lassen (Link zu jener Virenscanner-Sammlung gibt es in meiner Seiteleiste in meiner Linksammlung unter "Webstuff"), dann erst mit Open Office geöffnet.
Und was ich dann sah, überraschte mich (ein weiteres Mal). Einerseits der Inhalt des Textes, oben mit fetter blauer Schrift hervorgehoben der vermutliche Verursacher dieses Kommunikationsunfalls, andererseits die Aufmachung, ohne übliche Anbieterkennzeichnung, ohne Absender und Anschrift. Anrede mit "Sehr geehrte Damen und Herren". Keine Personalisierung.
Sieht aus wie ein Entwurf von jemandem, der es nicht gewohnt ist, mit einem Textverarbeitungsprogramm Briefe zu schreiben. Sieht aus wie Texte von russischen Freunden, die gerade ihren Internetanschluss bekommen haben und, um möglichst wenig Zeit online sein zu müssen, weil das Geld kostet, ihre "Briefe in Word vorgeschrieben haben, um sie schnell versenden zu können und weil es teilweise auch zu Darstellungsproblemen wegen der kyrillischen Schrift kam. Vor fünf Jahren wurden mir teilweise russische E-Mails bei WEB.de nicht leserlich dargestellt, wenn ich mich in meinen E-Mail-Account eingeloggt hatte.
Inzwischen haben diese russischen Freunde aber schon ihre DSL-Flatrate-Verträge und bei WEB.DE klappt es seit ein paar Jahren auch mit dem Lesen von E-Mails mit kyrillischen Buchstaben.
Zurück zur Word-Datei: Karminrote Buchstaben für die "Einladung" und die Schlagworte und das Zugpferd "Russische Botschaft".
Der unbekannte Adressat (in diesem Fall ich) wird gebeten, bei Interesse ein Fax zu schicken, an das russische Haus, dem Ort der Veranstaltung. "Wir bitten um die Bestätigung Ihrer Teilnahme". Wer "wir" ist/sind, bleibt unklar. Ach nein, steht oben als Überschrift oder Kopfzeile (Struktur fehlt!):
Rossturism und das Russische Haus. Der jeweilige Vertreter dieser Einrichtungen wird nicht genannt. Es gibt keine Unterschrift, keine Person, die verantwortlich ist und die man was fragen könnte.
Muss ich noch erwähnen, dass auch zwei angehängte Bilddateien keinen Dateinamen enthielten, aus dem ich hätte schließen können, was die für Informationen enthalten?
Nein, man versendet offiziell keine Bilddateien mit dem Namen "IMG.jpg" oder "IMG_0001.jpg". Das führt bei mir und sehr wahrscheinlich auch bei zahlreichen anderen Geschäftsleuten zu Misstrauen über die Kompetenz des Absenders (wie ja auch schlechte Websites). Hier geht es um Allgemeinwissen, Grundwissen zur Computeranwendung.
Nein, da verliert man den Glauben an an Kommunikations-Kompetenz.
1.2. Schlechter Kommunkationsstil
Als Adressat dieser E-Mail erhielt ich den Eindruck, Kommunikation ist nicht erwünscht. Wie kann das sein? Eine Einladung mit dem Ausdruck der Abweisung?
Das hat was mit der Erziehung in der Vergangenheit zu tun, Befehlsmentalität, mit dem Verständnis von Macht(demonstation) und auch von Angst (man versteckt sich lieber hinter starken Autoritäten wie es hohe Behörden sind, um unangreifbar zu bleiben), Angst vor zusätzlicher Arbeit und Verantwortung? Es ist auch mangelnde Qualifikation. Fehlerhafte Delegation der Aufgabe, die Werbeveranstaltung vorzubereiten.
Ob dieser Dialog abwürgende Kommunikationsstil bei jungen russischen Menschen, die das Internet und die Funktionen ihres Smartphones spielerisch motivierter schneller für sich entdecken zu pflegen, schwächer anzutreffen ist, möchte ich hier nicht belegen müssen, vermute ich aber mal, weil ihnen ja auch noch das Autoritätsdenken mangels eigenem Büros und eigener Schreibkraft auf Arbeit und eigenem Dienstwagen noch nicht in die Kommunikationsquere kommt. Sie sind offener, neugieriger.
Aber die haben auch immer noch das Kommunikationsdefizit, die Funktion des Betreffsfeldes einer E-Mail nicht zu kennen und zu schätzen (E-Mails, die ich aus Russland bekomme, haben meist ein leeres Betrefffeld oder beginnen mit Re:).
2. Re: wie Registrierung
Donnerstagmorgen, 12. April. Es stehen in der Nähe der Garderobe links im Vestibül des Russischen Hauses zwei Empfangspulte. Am ersten steht eine junge Frau, die den Ankömmlingen erklärt, dass sie sich am benachbarten zweiten anmelden sollen. Und sie übergibt eine schwarze Papiertüte mit dem silbernen Logo der Marke "Kristall" mit Werbematerial, darunter einem Prospekt der Schmuckindustrie - Brillianten. Die werden im Smolensker Gebiet in Westrussland geschliffen. Kaufempfehlung. Aber nicht geschäftlich an Investoren gerichtet (Zweck der Veranstaltung).
Ich bekomme am Nachbarpult mein Badge und eine zweite Papiertüte mit einer Art Lacküberzug mit dem speziellen Design, das für diese Roadshow entwickelt worden ist.
Inhalt der Tüte ist eine Liste der eingeladenen Gäste zur Roadshow, mit dem Logo und Emblem des Ministeriums für Sport, Tourismus und Jugendpolitik der Russischen Förderation sowie der Bundesagentur für Tourismus (Rossturism). Auf der Liste stehen nicht nur die, die im großen Saal des russischen Hauses auf den Zuschauerrängen sitzen, sondern auch solche, die dann auf der Bühne stehen und sitzen. Man hätte die Teilnehmer übersichtlicher in Gruppen zusammenfassen können: Teilnehmer der Roadshow-Delegation, Gastgeber-Vertreter aus Berlin, Eingeladene, unterteilt in Presse/Medien und Touristik.
Auf der Liste stehen Vertreter von Medien drin, die stark russlandbezogen sind wie RIA Nowosti, Wostok-Verlag, Ruslife, die Berliner Agentur 007 (bei mir in der Seitenleiste verlinkt) und dann auch russisch beherrschte Reisebüros in Deutschland, vor allem Berlin. Aber einige bekannte Reisebüros, die auf Russland spezialisiert sind, fehlen.
Insgesamt stehen 146 Namen auf der Liste und Ergänzungsliste (davon sind allein schon 16 vom Russischen Haus als Veranstaltungsort/Gastgeber).
Das zweite Teil in der Tüte ist ein Bulletin der Russian Tourism Roadshow 2012, in dem alle Regionen Russlands in Steckbriefform und mit vielen Bildern gezeigt werden, Hochglanz. Hinten drin ist eine CD-Rom, mit Dokumentarfilmen in Kurzfassung.
Drittens ein hellgelbes beidseitig bedrucktes Blatt der Reisefirma Fan Tour aus Moskau, deren charmant lächelnde Vertreterin dann auch eine ihrer Reisen am Rednerpult nachher vorstellen darf. Eine der wenigen Personen, die wirklich ein einladendes freundliches Lächeln gezeigt haben, soweit ich das sah.
3. Die Vorträge
Insgesamt läuft die Veranstaltung wenig humorvoll und beschwingt ab. Den meisten Vertretern aus den Regionen fehlt Esprit, Ausstrahlungskraft, Überzeugung.
Was war gleich noch mal der Zweck der Veranstaltung?
Den Tourismus in den russischen Regionen zu beleben und Investoren zu finden!
"Entdecken Sie neue Geschäftsfelder und Investitionsmöglichkeiten im Tourismussektor Russlands"
... war das Motto, das heute über dem Eingang zum Russischen Hauses prangte.
Es gab mal auch Ausnahmen, aber bei der Mehrzahl der Vorträge dachte ich, die Vorträge sind von den Vertretern oder deren Asisstenten erstellt worden, weil es von Rossturism verlangt worden war. Oder es war die Bedingung dafür, dass die Person, die heute für ein paar Minuten am Pult stand, an dieser Reise nach Berlin, Paris und London teilnehmen durfte.
Mir fehlten bei mehreren Vorträgen Zeichen dafür, dass sich jemand speziell für diese Russian Tourism Roadshow vorbereitet hat. Diese Präsentationsfolien mag man auch schon in den letzten Jahren auf diversen Messen und Veranstaltungen gezeigt haben (Ausnahme war Krasnodar Kraj). Wenn es zu einer Region mal einen Film gab, war der englisch kommentiert (Film über Dagestan, dessen Bilder und Filmsequenzen aber das Land interessant darstellten). Mangelndes Eingehen auf den deutschen Markt - das war mir aufgefallen.
Ich vermisste Engagement. In den deutschen Reisenden, in ein deutsches Reisebüro scheint sich kaum einer der Präsentierenden mal ernsthaft hineinversetzt zu haben, schon bei der Vorbereitung. (Manche gaben auf Anfrage des RIAN-Moderators auch zu, dass in ihrer Region noch keine deutschen Investoren sind. Wo die Deutschen nicht da sind, kann man sich auch nicht in sie hineinversetzen, mag man diesen Repräsentanen dann in den Mund legen wollen). Vermutlich fehlen in den Institutionen der Regionen, die für die Entwicklung des Tourismus und Kurortswesens zuständig sind, country manager. Einen Mangel an ausgebildeten Germanisten gibt es sicherlich nicht überall (in Sotschi schon - Hotelboom! Winterolympiade 2014!). Nachwuchs an Touristikern wohl auch nicht. Uns wurde eine Karte mit Hochschulen Russlands gezeigt, an der Touristiker ausgebildet werden. Ich vermute als wesentliche Ursache Fehler in der Personalpolitik der staatlichen Einrichtungen.
Die Vorträge und Bilder machten uns Zuhörer aus Berlin nicht wirklich Glauben, dass hier die reale Situation des Tourismus in der jeweiligen Region gezeigt wird. Es fehlten oft tatsächlich interessante Informationen, Statistiken, die Investoren sehen wollen, und Spezialreiseveranstalter, die sie für den Verkauf von Russlandreisen benötigen. Viele Vorträge hatten z.B. nicht die An- und Weiterreise in/aus ihre(r) Region thematisiert. Da hakte aber der Moderator immer wieder nach, ein Journalist von Ria Nowosti, dem ebenfalls aufgefallen sein musste, dass die Vorträge nicht aktualisiert oder gut recherchiert worden waren.
Es fehlten mehrfach Angaben zur Hotellandschaft in der Region (okay, der Zuhörer folgert daraus, da sieht es mau aus.). Und zu den Besonderheiten der Region, dem USP. Deswegen hatte der Moderator spontan die Idee, nach einer Runde zusammenfassend noch mal die Repräsentanten kurz sagen zu lassen, wofür ihre Region - in Abgrenzung von den anderen stehe. Das waren dann nicht selten Aspekte, wegen denen ein deutscher Tourist nicht in eine russische Region fahren mag, weil es diese Aspekte auch in Deutschland gibt, mit besserer Infrastruktur.
Über Pläne, was man wie bis wann im Tourismus in der Region verbessern möchte und wozu man hier Investoren aus Deutschland sucht, wurde kaum etwas erzählt.
Und deswegen drängte sich mir irgendwann der Verdacht auf, das Ganze hier ist eine Alibiveranstaltung zur Rechtfertigung der Westeuropa-Städtereise. Und zwar ganz stark drängte sich mir das am Freitag auf. Und da komme ich gleich zum Ablauf.
Es kam bei mir die selbstgenügsame Wsjo budet!-Mentalität rüber. Man war wenig konkret mit Informationen und erwartete, dass die Zuschauer, Touristiker und Medien, positiver über Russland berichten müssen, damit die Zahl der deutschen Touristen ansteigt. "Kommen Sie einfach mal zu uns und Sie werden sehen, wie schön wir es haben!" (Und dann können Sie auch leichter positiv über den russischen Tourismus schreiben!) - Für mich kommt diese Botschaft an: Wir können unsere Region nicht interessanter machen als wir es haben.
Aus Zuschauerreihen ist ein paar Mal um mehr Details gebeten worden und Hindernisse für einen prosperienden Tourismus, z.B. die Visumpolitik. Die Angesprochenen auf der Bühne trauen sich nicht, die Ursachen der Hindernisse zu benennen. "Man beißt nicht die Hand, die einen füttert." heißt ein Sprichwort.
Die Touristiker in den Regionen sind abhängig von der Unterstützung von Moskau, örtlichen Politikern. Ihnen wird von branchenfremden Personen mit Macht in ihre Arbeit reingeredet. Da werden oft nicht die sachlich besten Entscheidungen getroffen, nicht die qualifiziertesten Mitarbeiter eingestellt. Wir haben Korruption und Fördergelder für die Verbesserung der Infrastruktur aus Moskau oder dem Haushalt der Republik für den Tourismus versickern in privaten Taschen der Apparatschiks. Das ist die Realität. Die Touristiker werden in ihrem ehrlichen Bestreben der Infrastrukturentwicklung von außen gebremst oder vielleicht auch gar nicht nach ihrer Fachmeinung gefragt, wenn es um große Investitionsprojekte geht.
Wer aus dem Publikum um solche Umstände weiß, der konnte vielleicht bei manchen Repräsentanten eine gewisse Resignation spüren.
Wie attraktiv sich eine Republik, eine Region nach außen dem Ausland gegenüber darstellt, ist davon mit abhängig, wie gesund und motiviert für das Gemeinwohlinteresse die Führung ist, wie korrupt die Mitarbeiterstruktur. Natürlich hängt die Attraktivität der Region für Investoren von dem Reichtum und der Attraktivität der Natur ab und der wirtschaftlichen Stärke der Region. Einige Regionen haben es besonders schwer, aufgrund ihrer Natur Westeuropäer anzulocken. Dazu gehört Westrussland. Z.B. das Smolensker Gebiet, das an Belarus angrenzt. Die Landschaft hebt sich vom Reiz her wohl kaum von den Landschaften ab, die wir in Polen, in den baltischen EU-Ländern haben. Die Frage, wie man nach Smolensk kommt, war für deren Vertreter Alexej Gurenkow problematisch:
Er vermied es, Belarus zu erwähnten. Der direkte Weg wäre die Bahnverbindung. Dann müsste man durch Belarus reisen. Das wollen viele Touristen schon nicht, denn man benötigt ein weiteres Visum und hat von der Korruptheit der Grenzer schon gehört. Und langen Wartezeiten an der Grenze. Er empfahl den Weg über Moskau. Praktisch ist das ein Umweg, weil man dann ja wieder in Richtung Deutschland reist. Es wurde hier aus dem Publikum gefragt, ja gibt es denn nicht vielleicht eine Zusammenarbeit mit dem Gebiet auf der belorussischen Seite zur gemeinsamen Vermarktung der Region? Nein, da gibt es zu viele Hindernisse. Belarus ist ein souveräner Staat, mit anderen Gesetzen.
Gut war, dass der Vertreter des Smolensker Gebiets einen "Reiseführer" in deutscher Sprache mitgebracht hat, der frisch ist (2012). Hier werden also die vermeintlichen Attraktionen des Landes vorgestellt. Aber tatsächlich ist das kein Reiseführer, denn die typischen Informationen für den Reisenden, die er braucht, werden ihm vorenthalten: Hotels mit Adresse (auf der letzten Umschlagseite werden nur 5 mit Website und Telefonnummer genannt. Okay, mehr mit internationalem Standard gibt es vielleicht nicht, schlussfolgere ich.), Verkehrsmittel und Wegbeschreibungen zu den Attraktionen, Kontaktangaben zum Besuch der Sehenswürdigkeiten (Kann man die Diamantschleiferei "Kristall" besuchen?), Nachtleben (Musik, Disko, Bars in Smolensk), nichts zum Outdoor-Tourismus (Mountainbike-Touren, Kajakfahren, Wandern), irgendwelche Preisangaben - Fehlanzeige.
Und so stellt sich das Bild auch bei vielen anderen Regionen dar.
Eine Region, von der bessere Informationen angeboten werden und von der ich bei der ITB (in diesem Jahr, aber auch schon früher) und danach einen besseren Eindruck bekam, auch vom Engagement her, ist für mich Tatarstan. Die Wirtschaftspolitik ist dort nach meinen Eindrücken überdurchschnittlich gut, dort ist man tolerant (Islam und Christentum vertragen sich gut) und das Erdöl und Erdgas sorgt für Wohlstand, ermöglicht Investitionen, ohne dass man stark auf Moskau angewiesen wäre.
4. Der Ablauf, die Organisation des Programms
Außer der Einladung befand sich im Anhang der oben von mir beschriebenen E-Mail noch eine Worddatei mit dem Plan zur Veranstaltung in Berlin. Zwei Tage waren für Berlin vorgesehen.
Am zweiten Tag, Freitag, sollte es geben:
"Geschäftstreffen, Seminare und offizielle Besuche (wird noch konkretisiert)" ... und ein Mittagessen.
4.1. Unklares Programm
Ich habe zwar die E-Mail mit der Einladung dreimal erhalten, aber ohne Aktualisierungen in den Anhängen. Es gab keine Konkretisierung des Programms (wie versprochen) für Freitag.
Das war eine Hängepartie. Und die ging ins Wasser (siehe unten zu Freitag).
Aber bleiben wir noch beim Donnerstag.
Es gab drei Repräsentationsrunden mit Vorträgen, getrennt von einer Vormittags-Kaffeepause und der Mittagspause.
Für jede der teilnehmenden Regionen waren laut Programm im E-Mail-Anhang etwa 10 Minuten vorgesehen.
4.2. Unvollständigkeit des Bildes
Ich frage mich, warum einige Regionen gar nicht dabei waren:
- Uljanowsk (Wolga)
- Tschuwaschien (Wolga)
- Samara
- Wolgograd (Wolga)
- Adygea
- Tschetschenien
- Mari El
- Baschkortostan (unabhängige Republik)
- Krasnoajarsk
- Burjatien
- Moskauer Bezirk (die Umgebung Moskaus)
- Leningrad Oblast
- Karelien
Angekündigt waren manche von ihnen im Programm (der E-Mail), aber nicht alle (z.B. St. Petersburg mit Leningrader Gebiet; Baschkirien). Die Regionen an der Wolga hätte man wenigsten zusammenfassen können für eine Repräsentation der Wolga. - Womit können Deutsche mehr etwas anfangen: mit dem Goldenen Ring oder der Wolga?
Hat man einen Vertreter von Adygea oder den anderen Regionen überhaupt eingeladen (Über Adygea wird in Krasnodar abschätzig gesprochen. Vielleicht wollte man nicht gemeinsam reisen?)? Ich habe Adygea besucht und finde, der Fluss Belaja (Die Weiße) und die kaukasischen Berge sind ein paar Urlaubstage wert, wenn man schon 2 Wochen am Schwarzen Meer in oder bei Sotschi plant. Es gibt auch ein paar ordentliche Wanderwege.
Wie ist die Finanzierung der Tournee geregelt worden? Für die Vertreter der Institutionen, der Reisebüros? Hatten alle Regionen die gleichen Chancen, einen Vertreter zu entsenden?
Okay, mir als Gast mag es nicht anstehen, solche Fragen zu stellen, werden manche denken. Aber man stellt sich Fragen, wenn die Veranstaltung nicht rund läuft. Und schließt dann naheliegend auch auf Mängel in der Produktion der touristischen Angebote für die Region. Derlei Zweifel kann man nicht einfach mit dem Hinweis auf die Rollenverteilung Gastgeber - Gast vom Tisch wischen, wo es darum geht, Russland als nettes sympathisches Land darzustellen.
Den Verzicht hätte man besser ausdrücklich erklärt und begründet, anstatt angekündigte Punkte einfach wegzulassen.
Transparenz scheint aber nicht als Wert geschätzt zu werden (Ich verallgemeinere diesen Punkt hier mal mit meinen Russland-Erfahrungen), weil dann ja Fehler leichter zu Tage treten, weswegen man zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dieses persönliche Risiko mag man nicht eingehen.
So eine Einstellung zur eigenen Arbeit behindert die Vertrauensbildung bei den "Russland-Kunden", bei Investoren und Reisenden (Verbraucher).
4.3. Wer kennt das Programm?
Weiter: Ich hätte mir gewünscht, dass an einer der Säulen im Vestibül des Hauses das Programm angeklebt worden wäre. Auch hatte man vor Beginn der Vortragsreihe und in den Vortragspausen das aktuelle Programm an die Leinwand des großen Saales einblenden können.
Dies hätte allen eine leichtere Zeitplanung erlaubt. Auch das ist wieder so ein Punkt, an dem sich spontan Misstrauen breit macht, nämlich dazu, dass die Organisatoren wenig Einfühlungsvermögen, wenig Service-Verständnis entwickelt haben, so frei nach dem Motto "Alles tanzt nach meiner Pfeife".
Ich gebe zu, ich spiele hier etwas mit Mutmaßungen. Aber offenbar muss man so drastisch erklären, weil die Entscheider so resistent dagegen sind, guten Service zu pflegen. Schlechter Service kommt übrigens, nebenbei, auch von der gepflegten Vetternwirtschaft/Günstlingswirtschaft. Da bekommen (Geschäfts-)Freunde Freiplätze und Aufträge zugeschanzt, unter Umgehung öffentlicher Ausschreibungen mit einem Auswahlverfahren, in welchem auch nach Qualität ausgewählt werden soll.
Irgendwie muss mir der Programmflyer abhanden gekommen sein - oder es ist bei der Registrierung doch keiner ausgeteilt worden.
Den Vertreter der Region Altai in Berlin (kenne ich von einem Gespräch auf der ITB voriges Jahr) habe ich am Freitag nach dem Programm gefragt. Er hatte auch keinen Plan. Ich habe am Freitag von anderer Seite mitbekommen, dass mit der Organisation dieser Roadshow eine Reisefirma zu tun hatte, deren Vertreterin auch in der Grupppe der Delegierten war. Angeblich hätte jenes Unternehmen mit Rosturism kooperiert.
4.4. Für wen war das Programm wirklich gemacht?
Ja war die Veranstaltung von Reiseveranstaltern angestoßen worden, um Geldmittel für die Reise locker zu machen? War dann also die Reise in Eigenverantwortung organisiert worden von Teilnehmern der Delegation (, die gerne eine Städte-Reise machen wollten), was den Ablauf betraf?
Und wer hat dann die Liste der Einzuladenden gefüllt? Wer hat diese ausgewählt? (Wie gesagt: einige bekannte Russland-Reisebüros fehlen auf der Liste. Waren die an der Teilnahme nicht interessiert? Kann sein.)
Warum sind doppelt so viele Medienvertreter wie Touristiker eingeladen worden? Weil Medien die Investoren wirksamer erreichen (können)? Dazu waren die Informationen der Vorträge zu allgemein, als dass ein Journalist hätte diese gebrauchen können für einen Artikel, in dem für eine Region ansprechend geworben wird. Außerdem: Touristiker haben Kunden, unter denen auch Investoren sind.
Wegen des Rufes von Russland und seines Tourismusses hätte die gesamte Tournee von fähigen Rosturism-Mitarbeitern organisiert werden müssen. Ich habe starke Zweifel daran. Genug Indizien dafür, dass ich so denke, habe ich in diesem Bericht ja wohl zusammengetragen. Und es folgen noch weitere.
4.5. Möglichkeiten zum Kontakte knüpfen und Meinungsaustausch
Es wurde aus dem Publikum heraus bemängelt, dass es keine Liste der Vertreter der Regionen mit Kontaktangaben gab. Das ist sehr naheliegend, dass es diese geben muss, wo man hier Investoren werben will. Es wurde gleich der Vorschlag an den Moderator (wen sonst? Die Organisatoren waren nicht bekannt.) gemacht, dass diese Liste noch erstellt und allen Eingeladenen gegeben wird.
Man hätte die Namen der Personen, die in den drei Runden an diesem Tag vorn auf der Bühe saßen und für einige Minuten am Pult standen, an die Leinwand werfen können, mit deren Funktion und Kontakten. Hätte man sich abschreiben können.
Das ist eigentlich Standard für Vorträge, die jemand selbst erstellt hat und dann vorträgt. Das legt die Vermutung nahe, dass manche Vertreter hier keine gefühlsmäßige Verbindung zu den gezeigten Folien hatten, vielleicht weil sie von Assistenten oder Praktikanten erstellt worden waren. Zweite Chance ausgelassen. Trotzdem hätte man organisieren können, vom Filmraum aus eine Folie mit dem jeweiligen Namen, der Funktion und den Kontakten einzublenden.
Dritte Möglichkeit, Kontakte zu fördern, wäre gewesen, die Teilnehmer der Roadshow-Delegation, unter denen sich auch Vertreter von Reiseveranstaltern befanden, auf eine Liste zu setzen und diese im Foyer auszulegen speziell für die deutschen Gäste an der Veranstaltung.
Man hätte Bistrotische im Foyer aufstellen können und diese als Kontakttische auszeichnen können, damit jemand, der sich für eine Region interessiert, dort den jeweiligen Vertreter hätte ansprechen können. Na gut, man wollte diesen Vertretern auch ihre Pause gönnen. Jedenfalls sah ich kaum eine Möglichkeit, in den Pausen den Vertreter für Kostroma (goldener Ring, Wolga) anzusprechen. Wo war er? Wie hieß er?
Es gab Sitzgelegenheiten und Tische, und ein paar Bistrotische. Die waren aber nicht für Ost-West-Gespräche ausgezeichnet. Da stand irgendwer dran in der Pause. Man konnte keinen Vertreter gezielt ansteuern. Es gab keine Namensschilder am Revers. (Die Badges am Schlüsselbund hingen zu tief oder man sah nur die weiße Rückseite.)
Fazit: Kontaktmöglichkeiten fehlten im Wesentlichen.
Auch heute, am Mittwoch, 18.4.2012 ist mir noch keine Kontaktliste zugemailt oder zugefaxt worden (Meine Visitenkarte hatte ich bei der Registrierung am Donnerstagmorgen hinterlassen. Wer die bekam, ist mir unklar).
5. Aufzählung der Vertreter der Region
Die Personen, die ihre Regionen vertraten, sind vielleicht mündlich knapp vorgestellt worden mit ihrer Funktion. Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Auf den Karten an ihren Plätzen auf der Bühne nur ihr Name. Da ich diese jeweils fotografiert habe (bis das Kamera-Akku leer war), kann ich hier die Liste mit den meisten Dozenten liefern, in der Reihenfolge der Präsentationen.
Einige Regionen waren nicht vertreten, z.B. die Republik Adygea, Burjatien. Alle Regionen und Republiken sind in einem Bulletin, das jeder Teilnehmer bei der Registrierung erhalten hat. Allerdings ist dies nicht mehr als ein Überblick über Sehenswürdigkeiten, ohne Kontakte und Statistiken.
Begrüßung
Russisches Haus - Herr Jiganow (Direktor)
Russische Botschaft - Oleg Krasnitzkij (Gesandter)
Agentur für Tourismus (Rosturism) - Alexander Radkow (Leiter/Vorsitzender)
Moderator (für alle drei Runden) - Sergej Stanowkin (RIAN). Hat seine Sache gut gemacht.
1. Vorstellungsrunde
1) Moskau - Irina Rudenko (stellvertretende Vorsitzende des Kommitees für Tourismus und Hotel-Wesen in Moskau). (Auf dem Bild oben rechts.)
2) Kostroma-Region - Olga Maklakowa (Referentin für interregionale Kooperation im Fachbereich Außenhandelsbeziehungen, Sport, Tourismus, Jugendpolitik der Region Kostroma)
3) Smolensker Region - Alexej Gurenkow (Vize-Gouverneur der Smolensker Region)
4) Region Tambow - Michail Belousow
5) Region Wladimir (goldener Ring) - Leonid Borisenko (Direktor für Sport und Tourismus-Abteilung in der Region Wladimir)
6) Region Rjasan - Elena Tsarewa (Vorsitzende des Kommitees für Kultur und Tourismus der Rjasaner Region)
2. Vorstellungsrunde
7) Dagestan - Witali Demtschenko
8) Inguschetien - Batyr Malsakow (in Vertretung für Michail Chamkhojew, den stellvertretenden Vorsitzenden des Tourismus-Kommitees der Republik Inguschetien)
9) Krasnodar Kraj - Georgij Bykow
10) Fan Tour (Reiseveranstalter) - Marina Bolschakowa (Generaldirektorin)
11) Hochschule für Wirtschaft in ?? - ?? (Direktor für internationale Programme für Studenten)
12) Stadt Moskau?! - Frau Ponomarjowa (Spezialistin für ökologische Bildung der Naturschutzgebiete und der Abteilung für Naturschutz Moskau Stadt), SR Mice SR (Destination Management-Firma) - stellte drei Stadtparks vor, bot strategische Partnerschaft an.
3. Vorstellungsrunde
13) Jakutien (Sacha) -Ekaterina Kormilitsyna, mit Jegor Tscherepanow (Stellvertreter des Generaldirektors Nationale Tourismus-Agentur (NTC), Reiseveranstalter in Jakutien)
14) Region Perm - Elena Sperkina (Direktorin des Tourismusunternehmens "Walida")
15) Tatarstan - Iwan Kadoschnikow Außentourismus, Kasan)
16) Altai - Oleg Kislow (Vertretung der Region Altai in Deutschland)
17) ??
4. Verpflegung
Das Buffett war im Vestibül der ersten Etage aufgebaut. Kaffepause und Mittagspause.
Das war in Ordnung.
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