Heute war ich wieder im Russischen Konsulat in der Beerenstraße. Es stand, als ich um 09.08 Uhr dort ankam, schon eine Menschtraube davor. Einige Dutzend Personen. Gestern war hier abgeriegelt, wegen des Nationalfeiertages. Jetzt ist hier Hochsaison. Ich kann nur raten, pünktlich zu kommen. Kurz nach 12 Uhr hatte ich mein Geschäft erledigt. Mit zweieinhalb bis drei Stunden sollte man schon rechnen. Schüchterne Menschen auch schon mit 3,5 Stunden.
Ich hatte ja, im Unterschied zu einigen Russland-Spezialreiseveranstaltern und Visa-Service-Firmen, voriges Jahr Indiviualreisende in einem Artikel ermutigt, es selbst zu wagen, ihr Visum selbst zu beschaffen. Klar, jene Firmen geben einen solchen Ratschlag nicht, weil sie diese Tätigkeit ja gerade dem Reisenden abnehmen wollen, um damit Geld verdienen; mit dem Besorgen des Visums für die Kunden. Grund, das den Spezialisten zu überlassen, sind: eigene Zeit und Stress zu ersparen.
Nun, heute habe ich einige deutsche Touristen beobachtet, die zum ersten Mal das Konsulat von innen kennen gelernt haben. Die waren baff, überrascht.
Wenn man sich darauf einlässt, sollte man sich unbedingt vorher im Internet erkundigen, statt hier zu erscheinen wie zum Friseur. Wenn man in ein fremdes Land reist, kann man nicht erwarten, dass dort alles so ist wie zu Hause. Und das fängt bei den Behörden an, also beim Russischen Konsulat in Berlin (oder Leipzig, Hamburg, Bonn, München).
Manche, die das aber nicht tun - sich vorher im Internet zu informieren, halten nur den Betrieb auf. Das kann von anderen Besuchern hier nicht zu Unrecht als rücksichtslos empfunden werden.
Hier ist einiges anders!
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen in und an dem Gebäude des Konsulats, die mir einfallen, mit denen Russland mehr für sich als Reiseland werben könnte. Die traten heute wieder zu Tage. Und solche Maßnahmen wären verhältnismäßig günstig, verglichen mit Marketingaktionen wie letztens der Roadshow. Ich zähle die am Ende dieses Eintrags auf.
Maßnahmen zur Verbesserung des Rufes Russlands bei potentiellen Russland-Besuchern
1. Außen
Meine Empfehlung: Am Eingang gibt es künftig einen Konsulats-Mitarbeiter, der für Fragen zur Verfügung steht, der dafür sorgt, dass die Leute hier der Reihenfolge der Ankunft nach hineinkommen. Das hätte für einige Besucher den Vorteil, dass sie gleich wieder gehen könnten, statt hier sinnlos zu warten. Zum Beispiel war ich mit einem deutschen Mann im Gespräch, der sein Visum abholen wollte. Er war aber schon zu meiner Ankunftszeit da. Sinnlos, da Abholer erst um 12 Uhr eingelassen werden. Wusste er nicht. Sagte ich ihm. Er wartete, bis er es hörte, wie der Wachmann einem anderen Mann erklärte, dass er vor 12 Uhr nicht reinkommt. Der Wachmann zeigt sich immer nur kurz, sammelt Reisepässe ein und lässt einen Schwung von Leuten rein, deren Reisepässe er zuvor eingesammelt und durchgesehen hat. Er ist dazu da, die Leute auszusperren, nein zu sagen. Er hätte weniger Aufwand, wenn die Besucher die Regeln kennen würden, die hier gelten. Aber nirgends kann man die Regeln hier am Eingang lesen.
Es gibt einen Glaskasten links neben der Tür, nur mit ein paar Blättern mit russischem Text. Für Deutsche gibt es gar keine Informationen hier.
Man vermisst Zeichen dafür, dass Deutsche in Russland als Touristen erwünscht sind.
Der Ablauf für das Erhalten des Visums könnte hier schon erklärt sein. Und das ist schon die zweite Empfehlung, das Informationsdesign zu überarbeiten, in Zeiten, wo immer mehr Menschen das Informationsfreiheitsgesetz zu schätzen lernen. Nicht jeder benutzt das Internet, vor allem Ältere nicht. Und daher kann das Konsulat nicht erwarten, jeder könne sich vorinformieren, zumal sicher einige der Konsulatsmitarbeiter auch keine Ahnung davon haben mögen, wie man richtig im Internet kommuniziert.
Völlig irritiert schauen die Neuen hier, wenn plötzlich von der Seite jemand kommt, klingelt und reingelassen wird. Warum? Weil es jemand von einem Visaservice ist oder einem Reiseveranstalter, der jeden Tag hier herkommt mit den Reisepässen der Kunden.
Heute war die Zehnerregel angewandt worden. Die hat aber nicht jeder Wartende mitbekommen. Die geht so: Der Wachman hat zu den ihm nächststehenden gesagt, dass er immer zehn Reisepässe haben will. Es gab ein Blatt, das kursierte, auf dem man seinen Namen schrieb mit der Nummer in der Reihenfolge des Ankommens. Da die Leute nicht ordentlich in der Reihe stehen, sondern in einer Traube, gibt es Vordrängler und nicht jeder bekommt den Zettel zu Gesicht. Die meisten hier sprechen russisch. Da entgeht einigen Deutschen was. Also der 50., 60. und so weiter sollte die Reisepässe der nächsten neun einsammeln und vorn warten, bis der Wachmann kommt und ihm die Pässe abnimmt.
Da staunt der Deutsche, weil er ungern seinen Reisepass an Fremde abgibt. Aber so unorthodox läuft das hier. Insofern wäre eine Aufsichtsperson vom Konsulat hilfreich. Erwartet ja niemand schon hier Brot und Salz.
2. Innen
Innen angekommen, kriegen einige nicht mit, dass sie sich zunächst mal eine Nummer geben lassen müssen von einem Mann in Uniform an einem Tisch fast gegenüber der Eingangstür. Wenn man rein kommt, sollte man erst mal wahrnehmen und schauen (Warschau!) Aber einige denken, sie müssten schnell zum nächsten Schalter rennen, um schneller dran zu kommen.
Also: Die Leute, die die Personenkontrolle beim Einlass passieren, könnte man gleich einen kleinen Zettel in die Hand drücken, der den Ablauf erklärt. Auf dem Weg die Treppe hoch würden die Gäste schon gleich lesen, dass sie zunächst die Nummer brauchen. Und da bekommen sie auch gesagt, an welchem Schalter sie abgefertigt werden.
Das nächste wäre, dass über den Schaltern Anzeigen angebracht sind, die wie in deutschen Jobcentern auch die Nummer anzeigen, die gerade dran ist. Dann würden die Leute auch nicht so nervös alle vor ihrem Schalter stehen, wenn sie den in Erfahrung gebracht haben. Zwar ist am Schalter ein Zettel angebracht, auf dem steht, dass man sich hinsetzen und warten soll, bis die eigene Nummer aufgerufen wird. Aber es ist oft so voll, dass man da gar nicht rankommt, um es lesen zu können.
Eine Frau neben mir heute mit ihrem Ehemann, hat sich so unwohl gefühlt und so im Stich gelassen. Wenn man nicht selbst aktiv wird und die Leute fragt, steht man morgen noch da. Ja, genau. Ihr Mann war schon völlig deprimiert. Beide hatten die Angst, heute gar nicht mehr ihren Antrag abgeben zu können. Die Frau war besorgt es zu verpassen, dass ihre Nummer aufgerufen würde und sie das nicht hören würde. Nie hat sie eine Nummer ansagen hören. Naja, wenn der nächste schon vorn am Schalter steht und gleich seine Dokumente durchschiebt, braucht die Nummer nicht mehr aufgerufen zu werden.
Einige merken, dass es länger dauert und müssen los zur Arbeit; ohne schon dran gewesen zu sein. Müssen nochmal kommen. Schade um die Zeit.