Wegen der
Änderungen bei den Visaerteilungsbedingungen habe ich am 12.12.2012 eine Anfrage an das Auswärtige Amt hier in Berlin geschickt. Im erweiterten Teil gebe ich sie wieder. Es geht um die Vereinbarkeit der geänderten Visumerteilungs-Praxis mit dem derzeit geltenden Abkommen zwischen der EU und Russland über Visaerleichterungen. Letzten Freitag habe ich eine Antwort erhalten. Die gebe ich, der Übersicht wegen, in einem extra Posting wider. Im Inhalt mag meine Anfrage nicht völlig korrekt sein. Es geht darum, die gewünschten Antworten zu bekommen. Manchmal werden Fragen auch bewusst mit unwahren Behauptungen gestellt, um eine (richtigstellende/klarstellende) Antwort/Stellungnahme zu provozieren oder um auszuloten, wie gut informiert der Interviewte ist. Siehe hierzu dann die Hervorhebung im letzten Satz der Antwort aus dem Auswärtigen Amt (im nächsten Posting dann.).
Bei meiner Recherche auf der Website des Auswärtigen Amts nach einem Änderungsabkommen zur Visaerleichterung fand ich diese Meldung vom 23.11.2012:
"Russland ist ein strategischer Partner der EU. Die Beziehungen sind eng und breit gefächert. Sie sollen durch ein neues Abkommen noch weiter vertieft werden"
Unter anderem heißt es dort:
Um die zwischenmenschlichen Kontakte weiter zu fördern, streben die EU und Russland langfristig die gegenseitige Visumfreiheit an. Ende 2011 vereinbarten beide Seiten zu diesem Zweck eine Liste "Gemeinsamer Schritte". Diese betreffen vor allem migrations- und sicherheitspolitische Aspekte. Wann alle Bedingungen für die Visumfreiheit auf beiden Seiten umgesetzt sein werden, ist jetzt noch nicht absehbar.
Quelle:
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_7A6A9DF066BF062FF24026FF8C889615/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/Russland/Russland-und-EU.html
Im Dezember 2012 hatte es vor Weihnachten in Brüssel Verhandlungen um Visaerleichterung zwischen EU und Russland gegeben. Nach den Meldungen dazu in den Medien sieht es aber nicht nach einer Vertiefung der Beziehungen aus. Vielmehr scheint man sich eher voneinander zu entfernen. So muss man wohl das Wörtchen "langfristig" interpretieren, irgendwann, weiter in der Zukunft. Eine der Bedingungen Deutschlands an Russland ist, dass russische Pässe mit biometrischen Merkmalen ausgestattet werden.
Ab 14.01.2013 treten neue Regeln in Moskau zur Erlangung eines deutschen Visums in Kraft. Ab dann müssen russische Antragsteller Fingerabdrücke im deutschen Konsulat abgeben (Also man wartet erst gar nicht im Sinne einer Bedingung an Russland, bis russische Bürger mit solchen modernen Reisepässen ausgestattet wurden.). Die Erleichterungen erlaubt Deutschland (bzw. die EU) nur über Erschwernisse (nämlich Verschärfung der Personenkontrolle, bessere Überwachung).
In Argentinien argumentiert der Innenminister auch so: Zwang für Einreisende (über Flughäfen und Häfen), Fingerabdrücke abzugeben, sei vorteilhaft für die Argentinienbesucher, denn sie könnten so schneller durch die Grenzkontrolle kommen. Das Argument Beschleunigung und Erleichterung wird nur vorgeschoben, stattdessen ist das eigentliche Motiv Erhöhung der Staatssicherheit über bessere Überwachung/Kontrolle. Der Politiktrend ist der Überwachungsstaat. Eine transparente, der Wählerschaft dienliche Politik würde dieses Motiv nicht unter den Tisch kehren.
Meine E-Mail-Anfrage (in eigenem Namen, d.h. ohne Hinweis auf das Blog Ost im Puls) an das Auswärtiges Amt am 12.12.2012, nachdem sich eine Antwort am Telefon zuvor als zu schwierig darstellte (Antwort im nächsten Posting):
***
Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Frage bezieht sich auf das Abkommen über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der EU und für Staatsangehörige der Russischen Föderation.
Eine Kopie davon befindet sich unter der Seite
http://www.russisches-konsulat.de/Blank/Visaerleicherungsabkommen.pdf
und eine identische Kopie auf der Seite
http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/350426/publicationFile/3761/EU-RUS-Abkommen.pdf
Laut Artikel 6 Absatz 1 wird für die Bearbeitung der Visumanträge eine Gebühr in Höhe von 35 Euro erhoben.
Jetzt sieht es für mich so aus, dass nach den letzten Änderungen des Verfahrens zur Erlangung eines Visums von russischen Konsulaten gegen diese Norm verstoßen wird.
Meine These:
Die Gebühr beträgt jetzt 60 Euro, nämlich 35 Euro + 25 Euro. (+1,- € für Zahlung der Gebühr mit ec-Karte).
Im Frühjahr 2012 wurde die Visahandling Service GmbH gegründet. Sie hat im November 2012 in Berlin ihre Arbeit aufgenommen, auch in anderen Städten, in denen es ein russisches Konsualt gibt, auch in Österreich.
Momentan läuft noch eine Übergangsfrist, währenddessen Visumanträge sowohl im Russischen Konsulat als auch im Büro der Visahandling Service GmbH eingereicht und abgeholt werden können. Aber nach deren Ablauf am 8. Januar 2013 um 0.00 Uhr können Antrage auf Ausstellung eines Visums nur noch in den Büros dieses Unternehmens eingereicht werden. Die Anträge sind auf einer Website des russischen Auswärtigen Amtes auzufüllen und dann auszudrucken und mit allen anderen Unterlagen in das "Visumzentrum" der Visahandling Service GmbH zu bringen. Dieses Unternehmen erhebt für seine Dienstleistungen eine Pauschale in Höhe von 25 Euro pro Visumantrag.
Nach eigenem Bekunden auf der Website http://www.vhs-germany.com besteht die Dienstleistung in folgendem:
"Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass alle Entscheidungen über Erteilung oder Ablehnung von Visa-Anträgen ausschließlich bei dem zuständigen Konsulat liegen, das Visazentrum übernimmt dabei nur beratende und unterstützende Funktion."
Dieser Beratung und Unterstützung kann sich aber kein Antragsteller entziehen. Sie ist aufgedrängt. Dieses Unternehmen drängt zwischen Russlandreisenden und Visumdienstleistungsunternehmen bzw. Russlandspezialreiseveranstalter und Russlandreisebüros. Diese bieten ihre Dienstleistungen nach wie vor an, aber rechnen die 25 EUR auf ihre eigenen Gebühren drauf, in einem Fall sogar schon 30 EUR (Sputnik Travel Berlin).
Diese Unternehmen haben bisher schon Beratung und Unterstützung geleistet. Diese wird jetzt überflüssig. Warum soll der Kunde hierfür zweifach Gebühren bezahlen?
Für die Konsulate ergibt sich eine erhebliche personelle und damit auch finanzielle Entlastung.
Man darf die Visahandling Service GmbH als verlängerten Arm des Russischen Auswärtigen Amtes betrachten, denn es erfüllt hoheitliche Aufgaben, die bisher den Konsulaten oblagen. Ein Teil dieser hoheitlichen Aufgaben wurde ausgelagert auf ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen. Trotzdem darf man vermuten, dass dieses vom russischen Staat kontrolliert bzw. beeinflusst wird in einer Weise, die nicht möglich war in Bezug auf deutsche Visumdienstleister und Russlandreisebüros.
Das ergibt sich beim Lesen der Erklärung auf der Website der Visumabteilung des Russischen Konsulats, wonach das neu eingeführte elektronische Visumantragsverfahren und die Gründung der Visahandling Service GmbH zum vom russischen Präsidenten genehmigten Konzept der Schaffung der Visa-Kontur vom staatlichen System der Visaausfertigung gehört. Danach ist also dieses Unternehmen gegründet worden, mit Willen von russischen Staatsorganen.
Deswegen stellt sich die Gebühr der Visahandling-Service GmbH als versteckte Visumgebühr dar. Es handelt sich um eine verschleierte Erhöhung der Visumgebühren.
(...)
Für mich stellt sich dieses Visumantragsverfahren über die Installation einer GmbH nicht legal dar.
In Artikel 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Russischen Föderation heißt es, dass das Abkommen durch beiderseitige schriftliche Erklärung abgeändert werden kann. Dass es eine entsprechende Änderungsvereinbarung gegeben hat, darauf gibt es auf der Website des Russischen Konsulats und auf der Website der Visahandling Service GmbH keinen Hinweis.
Daher frage ich nach der Legitimität.
Meine Frage an Sie:
Gibt es eine solche Änderungsvereinbarung, die Russland das Recht einräumt, entgegen dem Wortlaut des Artikel 6 eine höhere Visumbearbeitungsgebühr zu verlangen?
Wann wurde das Abkommen zuletzt geändert und mit welchen inhaltlichen Änderungen?
Man sollte bei der rechtlichen Klärung dieser Frage auch mitberücksichtigen, dass vor einigen Jahren das deutsche Auswärtige Amt eine Terminvereinbarungspflicht für russische Antragsteller eingeführt hat, wegen der Überfüllung der Räumlichkeiten am Konsulat und langen Schlangen draußen (auch im Winter). Die Vereinbarung von Terminen zur Abgabe des Visumantrags erfolgte telefonisch zu einem stark erhöhten Preis, mit Warteschleifen. Die Terminsvereinbarung wird von einem russischen Unternehmen oder mehreren durchgeführt. Das ist ein "Goldesel". Mit Billigung des Deutschen Auswärtigen Amts kam es hier zur Bildung eines Monopols. Eigentlich müsste die Terminsvergabe durch die Konsulate erfolgen.
Aber wenn diese Hürde rechtswidrig sein sollte, so würde das noch nicht Russland gleichfalls das Recht geben, seinerseits gegen das Abkommen in der oben beschriebenen Weise zu verstoßen.
Es scheint so, dass es einfach an einem Interessenvertreter für die Interessen der russischen Bürger fehlte, der die Auslagerung einer hoheitlichen Aufgabe auf russische Terminsvereinbarungsunternehmen als rechtswidrig deklariert und gerichtlich prüfen lässt.
Die Frage ist, wer tut das jetzt in Deutschland?
Über Ihre ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichem Gruß