Am letzten Freitag (04.01.2013) erhielt ich eine Antwort auf meine Frage nach Rechtsgrundlagen für die gerade vollzogenen Änderungen im Visumerteilungsgeschäft Russlands (in Deutschland) und Deutschlands (in Russland). Nachfolgend gebe ich die Antwort aus der Abteilung "Ausländerrecht" des Auswärtigen Amts wider.
Die im ersten Absatz angesprochene Verordnung trat am 05.04.2010 in Kraft. (Am Ende dieses Beitrags habe ich sie verlinkt.) In Artikel 57 jener Verordnung heißt es unter der Überschrift "Überwachung und Bewertung", dass die Europäische Kommission zwei Jahre nach Anwendbarkeit aller in dieser Verordnung eine Gesamtbewertung der Anwendung der Verordnung erstellt. Dies würde erklären, dass jetzt zum Jahreswechsel hin einige Praktiken geändert wurden/werden, nämlich als Ergebnis der Schlussfolgerungen aus dieser Kommissionsbewertung.
Die Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken, die ich im vorausgegangenen Posting schon erwähnt hatte, wird jetzt erst praktiziert, stand aber schon in dieser Verordnung drin (siehe Visakodex, Artikel 13 - Biometrische Identifikatoren; immerhin verändern sich Fingerabdrücke mit der Zeit und man wollte vielleicht nicht zuviele Probleme auf einmal einführen.) Und in Artikel 16 Abs. 1 eben auch schon der Preis von 60 € für ein Visum, für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren aber eine Gebühr von 35 €.
Aus der Antwort vom Auswärtigen Amt möchte ich in einem weiteren Posting in dieser Blog-Kategorie "Russland-Visum" eine Bilanz ziehen in Bezug auf die Fragen, die ich im Dezember in meinen ersten beiden Postings zu den Änderungen bei der Visumerteilung aufgeworfen habe.
Nachfolgend die Antwort vom Auswärtigen Amt ...
Sehr geehrter Herr Schäfer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zwischen der EU und Russland existiert ein Abkommen über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der Europäischen Union und für Staatsangehörige der Russischen Föderation. Das Abkommen, das am 01.06.2007 in Kraft getreten ist, ermäßigt die Gebühr für die Bearbeitung eines Visumantrags generell auf 35 €. Die reguläre Visumgebühr beträgt gemäß Art. 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (Visakodex) 60 €.
Derzeit verhandeln die EU und Russland über Änderungen des Visumerleichterungsabkommens, die die Höhe der Regelgebühr jedoch nicht tangieren werden.
Die Organisation des Visumverfahrens einschließlich der Entscheidung über die Auslagerung bestimmter Verfahrensschritte an externe Dienstleistungsunternehmen obliegt – unbeschadet der Verpflichtung zur Umsetzung des Visumerleichterungsabkommens - den jeweiligen Vertragsparteien, d.h. der Russischen Föderation einerseits und den Anwenderstaaten des Schengener Abkommens andererseits.
Die russischen Rechtsvorschriften zur Regelung der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistungsunternehmen im Visumverfahren sind dem Auswärtigen Amt inhaltlich nicht bekannt. Sollten Sie in der Neuregelung des Visumverfahrens der Russischen Föderation einen Verstoß gegen das Visumerleichterungsabkommen sehen, können Sie Ihre diesbezüglichen Bedenken an die Europäische Kommission herantragen, die die praktische Umsetzung des Abkommens mit der russischen Seite regelmäßig evaluiert.
Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit der Auslandsvertretungen der Schengener Staaten mit externen Dienstleistungsunternehmen im Visumverfahren bildet Art. 43 des Visakodex. Demnach können unterschiedliche nicht-hoheitliche Tätigkeiten innerhalb des Visumverfahrens an einen externen Dienstleistungserbringer übertragen werden. Die deutschen Auslandsvertretungen in der Russischen Föderation haben zur Zeit die Vergabe von Vorspracheterminen ausgelagert. In Kürze ist die Auslagerung weiterer Aufgaben vorgesehen, u.a. die Entgegennahme von Visumanträgen und die Einziehung der Bearbeitungsgebühr.
Der externe Dienstleistungserbringer darf (unabhängig von der Visumgebühr, Art. 16 Visakodex) eine Dienstleistungsgebühr (Art. 17 Visakodex) erheben. Diese muss in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang der erbrachten Leistungen stehen und darf nicht mehr als 30 € betragen. Die Zusammenarbeit der deutschen Auslandsvertretungen in Russland mit externen Dienstleistungserbringern erfüllt diese Voraussetzung.
Ich möchte hervorheben, dass die Inanspruchnahme der Dienste eines externen Dienstleistungserbringers in jedem Fall freiwillig ist, d.h. die Auslandsvertretungen müssen Antragstellern die Möglichkeit eröffnen, Vorsprachetermine unmittelbar zu vereinbaren und Anträge unmittelbar einzureichen.
Mit freundlichen Grüßen
[Name bekannt]
Im Auftrag
Auswärtiges Amt
Referat 508 (Ausländerrecht)
10117 Berlin
Nachtrag 04.05.2013
In der Süddeutschen Zeitung stand am 7. März 2013 (wegen ITB kam ich damals nicht dazu, die Ergänzung schon damals zu machen) auf Seite HF2 (Rubrik Politik) eine Meldung mit der Überschrift "Kompromiss mit Russland". Sie bezieht sich auf Verhandlungen zwischen EU und Russland für ausgewählte Gruppen, darunter Geschäftsleuten.
Darin heißt es, dass sich im Streit über die Lockerung der Einreisebestimmungen zwischen der EU und Russland ein Kompromiss abzeichne. In einem gemeinsamen Brief an die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström, der der Süddeutschen Zeitung vorliege, aben Außenminister Guido Westerwelle und Innenminister Hans-Peter Friedrich in einem wesentlichen Punkt den Widerstand auf. Sie erklären sich von nun an bereit, Visafreiheit auch Inhabern russischer Dienstpässe zu gewähren, sofern diese einen Pass mit biometrischen Daten haben und dieser Kreis "nachweisbar und deutlich" begrenzt bleibe/werde. Damit folgten beide Minister einem Vorschlag aus Brüssel. Die russische Seite sei bereit, diesen Kompromissvorschlag zu akzeptieren.