Zur Vorbereitung einer Reise gehört es auch, die währenddessen auftretenden Gefahren (natürlich abstrakt) einzuschätzen und zu prüfen, inwieweit man schon gegen derlei Risiken (durch Jahrespolicen) versichert ist oder welche Gefahrenbereiche speziell der vorstehenden Reise man gern absichern möchte. Der Trend in 2011 war der Abschluss von Reiserücktrittsversicherungen ohne Selbstbehalt.
Um sich nicht unnötig doppelt zu versichern, sollte man wissen, welche Risiken schon Versicherungen abdecken, die man abgeschlossen hat. Solche Versicherungen können im Kreditkartenvertrag enthalten sein oder können die private Krankenversicherung (Ergänzungstarif?), die Hausratversicherung, die Unfallversicherung sein. Aufpassen muss man, wenn man zwar unfallversichert ist, aber sich im Urlaub besonders risikovoll betätigt (z.B. Jetski, Canyoning). Erhöhte Unfallrisiken durch Risikosportarten sind vom Standardtarif nicht abgedeckt.
Beispiele:
Eine Hausratversicherung könnte auch Schäden abdecken, die durch Ihr Verhalten oder das Ihrer Familienmitglieder an der gemieteten Ferienimmobilie (Ferienhaus) auftreten. Es gibt auch private Haftpflichtversicherungen, die die fahrlässige Beschädigung von Gegenständen in Ferienimmobilien oder/und Hotelzimmern versichern. Vielleicht hilft es bei der Preisverhandlung mit dem Ferienhausinhaber, wenn man darauf hinweist, dass die eigene Haftpflichtversicherung selbstverschuldete Sachschäden absichert?
Die Hausratversicherung, die in den neuen Bundesländern angeboten wird, enthält eine Reisegepäckversicherung.
Bei Kreditkarten, die auch Reisen (teilweise) versichern, muss man aufpassen: Oft ist Bedingung, dass eineiserelevante Versicherung greift, dass man mit eben der betreffenden Kreditkarte die Reiseleistungen gekauft hat (Hotel, Flug, Reise). Bezahlt man sie mit anderer Kreditkarte oder sonstwie, dann nüstzt die Versicherung nichts. Sie soll also dazu motivieren, mehr Umsätze über die Kreditkarte zu machen.
Ein sicherer, solventer Schuldner sind die Deutsche Bahn AG, Fluggesellschaften, Hotelketten, Reedereien.
(Ausnahmen bestätigen die Regel. Der Bremer Veranstalter Transocean Tours (mit MS Astor [im Herbst 2011 mit Schwarzmeerkreuzfahrt], Astoria, Arielle) kam 2010-2011 finanziell in Schwierigkeiten. Die Reederei Delphin Kreuzfahrten GmbH bzw. Delphin Cruises GmbH haben im Oktober 2010 Insolvenz angemeldet und das Luxus-Kreuzfahrtschiff Delphin Voyager 2 Tage vor dem eigentlichen Ende einer Kreuzfahrt in den Heimathafen Piräus (Griechenland) zurückbeordert. Auch Kreuzfahrten mit der MS Delphin wurden abgesagt.
Quelle: http://wirtschaft.t-online.de/kreuzfahrt-vorzeitig-beendet-veranstalter-insolvent/id_43120476/index).
Um hier Ansprüche im Schadensfalle leichter durchsetzen zu können, könnte eine Rechtsschutzversicherung von Nutzen sein (Siehe verlinkten WDR-Artikel am Ende dieses Artikels zu einem Ehepaar, welches just im Oktober 2010 eine Delphin-Kreuzfahrt begann, die am ersten Tag wegen Maschinenschadens abgebrochen wurde, zu einem Zeitpunkt, als die Reederei nach Auskunft des Insolvenzverwalters schon insolvent war, wobei später die Zurich Versicherungsgruppe ihnen das Geld, das ihnen aus ihrem Sicherungsschein zustand, nicht auszahlte, weil Ursache des Reiseabbruchs nicht die Insolvenz gewesen sein sollte, sondern der Maschinenschaden. Der Bundesgerichtshof urteilte dazu am 2.11.2011 in seiner Entscheidung X ZR 43/11 im Interesse der Reisenden).
Da die Versicherer fallweise hohe Anforderungen an den Versicherten stellen, insbesondere bei Reisegepäckversicherungen, lohnt es vielleicht doch nicht, sie abzuschließen, wenn man von sich weiß, dass man sehr vergesslich ist. Bei grob fahrlässiger Vernachlässigung der Auffsichtsobliegenheiten über das eigene Gepäck ist die Versicherungsgesellschaft raus aus der Pflicht, wenn das von einem Dieb ausgenutzt wurde.
Im Folgenden gebe ich eine Übersicht über die in Deutschland verbreiteten Versicherungsunternehmen, die speziell Produkte zu Reisen anbieten.
1. Alliance Global Assistance (AGA)
1.1. Elvia = Mondial = Allianz
Der Reiseschutz-Versicherer Mondial Assistance wurde am 14. Februar 2011 zur Allianz Global Assistance. Oder auch so: AGA International S.A. Die Mondial Assistance hieß bis November 2008 noch Elvia. Die Marke Elvia für Reise-Versicherungsprodukte gibt es nachwievor. Schon Elvia war als Unternehmen eine Tochter des Allianzkonzerns.
Die bisherige Mondial Assistance beschäftigt weltweit mehr als 10.200 Mitarbeiter, u.a. gibt es (seit 2009?) ein Callcenter auch in Berlin.
Quelle: u.a. Biztravel 1/2011, S. 51.
Nach eigenen Angaben ist die AGA der zweitgrößte Reiseversicherer (bezogen auf 2010). Der Umsatz gebuchter Bruttobeiträge betrug 2010 107,3 Mill. EUR.
1.2. Produkte
1.2.1. Ein neues Produkt in 2011 ist die Elvia Flex-Schutz, ein erweiterter Reiserücktrittsschutz, der neue persönliche Gründe für ein Storno zulässt.
1.2.2. Jahresversicherungen
Das Unternehmen sieht sich bei Jahresversicherungen als Pionier. Eine Vertriebsschiene sind Reisebüros, die innerhalb der nächsten 3 Jahre 50 Prozent des Gesamtumsatzes bringen sollen.
1.2.2.1. Der Elvia-Jahres-Reiseschutz ("365 Vollschutz") beinhaltet für die Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung einen Selbstbehalt von je 20 % des erstattungsfähigen Schadens, mindestens aber von 25,- € pP/Objekt. Wenn man diesen Selbstbehalt ausschließen möchte, muss 10,- € je Person gezahlt werden oder 20,- € je Familie/Paar.
Weiterhin umfasst diese Jahrespolice einen Umbuchungsgebührenschutz, eine Reisegepäck-Versicherung (2.000,-€ pP oder 4.000,- € pro Familie/Paar.), eine Reise-Krankenversicherung mit optionalem Krankenrücktransport und eine "Reise-Assistance". Unter letzterem kann sich Otto Normalverbraucher oft nichts Konkretes vorstellen. Fraglich ist, ob hier nicht Sowieso-Leistungen, die selbstverständlich für diese Art Versicherung sind, werblich herausgestellt werden. Man sollte sich das mal erklären lassen. In der Broschüre steht dazu klein: ... in Notfällen (z.B. Krankheit, Unfall, Tod) rund um die Uhr schnelle und fachkundige Hilfe weltweit. Das sollte man sowieso erwarten dürfen.
1.2.2.2. Der Jahres-Reise-Krankenschutz kann bis zum Abreisetag abgeschlossen werden.
1.2.2.3. Beim Jahres-Reiserücktritts-Vollschutz Plus gilt, dass er nachträglich (nach Buchung eines Fluges, einer Reise) bis 30 Tage vor Reiseantritt abgeschlossen werden kann. Bei Buchungen ab 29 Tagen müsste diese Versicherung sofort bzw. innerhalb der nächsten drei Werktage abgeschlossen werden.
1.2.2.4. Das Vorstehende gilt auch hinsichtlich des Abschlusses einer Elvia-Jahres-Reiserücktritts-Basisschutz-Versicherung oder Vollschutz-Versicherung (ohne das "Plus").
1.2.3. Trotz dieser Plus-Produkte gibt es auch noch Elvia-Flex-Schutz, was ein "erweiterter Reiserücktritts-Schutz für Pauschalreisen" sein soll. Unklar insofern, warum ein "Plus"-Produkt nicht auch als ein erweiterter Schutz zu verstehen sein soll. Die Produktabgrenzung anhand des Namens erscheint da nicht klar. Ein Blick in die Broschüre ergibt: es handelt sich um eine Versicherung für eine einzelne Pauschalreise. Die Preise sind gestaffelt nach dem Wert der konkreten Reise. Auch hier gilt wieder der typische Selbstbehalt in Höhe von 20 % bzw. mindestens 25,- € pP.
1.2.4. Airline-Insolvenzschutzversicherung für Individualreisende
Anfang 2005 hatte die Elvia diese Versicherung eingeführt. Keinen Sinn macht der Abschluss dieser Versicherung, wenn der Fluggast seinen Flug vom Reiseveranstalter bekommt, denn jener muss dem Kunden schon den Sicherungsschein geben, bevor der zahlt. Zum Einsatz kommt die Versicherung, wenn die gebuchte Airline vor oder während der Reise insolvent wird. Die Kosten eines noch nicht genutzten Tickets werden dann ersetzt. Ist der Reisende schon unterwegs, werden der anteilige Flugpreis oder die Kosten für ein neu gebuchtes Rückflugticket erstattet. Der Individualreisende ist hier gegenüber dem Pauschlreisenden im Nachteil, weil er das Risiko selbst absichern muss.
Quelle: dpa-Meldung am 6.12.2004
2. Allianz
2.1. Unternehmensinformationen
Obzwar die Elvia (in 2011: nur noch als Marke?) zum Allianz-Konzern gehört, vertreibt die Allianz Reiseversicherungen auch unter der Marke Allianz. Z.B. auf der Website von Germanwings, im Container "Elvia" mit dem Logo der Allianz. Verkäufer ist hier die AGA International S.A. (siehe oben). Hier werden also beide Marken miteinander verbunden. So äußert die Allianz sich selbst zur Elvia auf der Seite
http://www.allianz-assistance.de/business/presse/pressemeldungen/UnternehmensportrtAGAInternationalS.A.aspx:
(leicht von mir geändertes Zitat, zusammengefasst):
"Im Mittelpunkt bei Allianz Global Assistance steht die Entwicklung von maßgeschneiderten Produkten, die sich aus den Bereichen Versicherungsschutz und Assistance zusammensetzen. Beides aus einer Hand ist das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens auf dem deutschen Markt. Aus der Kombination der beiden Geschäftsfelder gehen die ELVIA-Reiseschutz-Produkte hervor".
Das verstehe ich so, dass dort, wo es diese Kombination nicht gibt (wenn Assistance-Leistungen fehlen), die Marke Allianz verwendet werden kann/soll. Aus der früheren Gesellschaft Elvia, die gleichzeitig Marke war, ist inzwischen nur noch die Marke übrig geblieben. Auf der Seite, von der ich zitiert habe ("Unternehmensporträt"), werden unter Assistance-Leistungen solche Leistungen genannt, die andere Versicherungsgesellschaften auch an ihre Kunden erbringen. Von daher erscheint mir unklar, wie Assistance als Begriff definiert wird, wenn man für sich in Anspruch nimmt, ein Alleinstellungsmerkmal (auch: USP) in Deutschland zu haben, indem man Versicherung und Assistance kombiniert hat. Das sieht mir nach einem Werbegack aus. Aber Versicherungsfachleute mögen mich eines Besseren belehren.
2.2. Produkte
Überblick über die Reiseversicherungen: www.allianz-reiseversicherung.de/content/4/de/reiseversicherung
Auslandskrankenversicherung für lange Reisen
Seit Januar 2011 gibt es ebenfalls neu den Tarif Reisecare, eine Auslandskrankenversicherung für bis zu 365 Tage. Der Vertrag kann auch noch während der Reise geschlossen werden. Zielgruppe sind Deutsche im Ausland, Ausländer in Deutschland und Ausländer im Ausland.
https://www.allianz.de/produkte/krankenversicherung/reisekrankenversicherung/index.html
3. ERV
3.1. Unternehmensinformationen
Die ERV (www.erv.de) gehört zur ERGO-Versicherungsgruppe und damit zur Munich Re, einem der größten Rückversicherer weltweit.
Die ERV bietet Reiseversicherungsprodukte seit über 100 Jahren an. Sie ist in über 20 Ländern vertreten und in Deutschland Marktführer. Seit November 2010 firmieren die vormals als Minderheitsbeteiligungen geführten Unternehmen in Russland und der Ukraine als 100%-ige Töchter der ERV, heißt es im ERV Global Report 2010 auf der inneren Umschlagseite. Wie jene Töchter heißen, unterließ man mitzuteilen. Es sind dies die .?. (Russland) und .?. (Ukraine). In einer Pressemeldung vom 21.3.2011 (Aktualisierung 02.06.2013: jetzt nicht mehr unter der Adresse www.europaeische.at/pressemitteilung/bilanzpressekonferenz.html" verfügbar) heißt es, dass die Europaische Reiseversicherung AG Wien ihre Mehrheitsbeteiligungen in Russland und der Ukraine verkauft haben.
In Österreich ist die Europäische Versicherung eine Tochter der Generali-Gruppe, hat dort einen Marktanteil von 60 Prozent (Stand März 2011).
Eine internationale Dachmarke der Europäischen Versicherung ist ETI (www.eti-insurance.com). Unter ETI International Travel Protection werden Büros der Europäischen Versicherung in Großbritannien geführt. Produkte unter diesem Namen werden außer in Großbritannien auch in der Schweiz (z.B. Touring Club Schweiz TCS) verkauft.
Bis 2018 sollen 70 % der Umsätze im Ausland generiert werden. Der Markteintritt in Indien steht bevor. Die Geschäfte in den USA, Osteuropa, Australien und der Türkei werden ausgebaut.
"Unsere Welt wird wesentlich mehr durch Krisen, ob Naturkatastrophe, Terror, Krieg, Epidemie, beeinflusst, als wir das aus der Vergangenheit kennen. Darauf müssen wir uns einstellen."
Richard Bader, Vorstand der ERV
Zu den Neuakquisitionen in 2010 gehören der Thomas-Cook-Konzern und das Bonus-System Miles & More. Verschiedene Airlines verkaufen auf ihrer Website die Reiserücktrittsversicherung der ERV (siehe nachfolgend 3.2. Produkte), bevorzugt die mit Selbstbeteiligung. Die ohne Selbstbeteiligung, die für Reisende sinnvoller ist, wird teilweise versteckt (Air Berlin: unter "Service") oder gar nicht angeboten oder nur auf Anfrage im Callcenter (so bei Condor, die übrigens auf der verlinkten Seite zum Bestellen der Reiseversicherung jeweils eine Condor Reiserücktrittsversicherung und eine Condor Reiseschutzpaket anbietet, obwohl der Link auf dem Wort Impressum doch zur ERV führt, nämlich www.reiseversicherung.de/impressum. Das irritiert.).
ERV-Reiseversicherungen werden auch vom Unister-Konglomerat vertrieben. Das Portal www.fluege.de, das zu Unister gehört, verkauft per Voreinstellung (bei Bestellung von einem Flug) preisreduzierte Jahrespolicen für 29 EUR, berichtet der Kommentator Jürgen Zupancic am 3. Juli 2012 zu einem Posting auf dem eblog.fvw.de zum ausführlichen Computerbild-Artikel über Abzocke auf Unister-Websites (Dirk Rogl: "Schadenfreude ist fehl am Platz"). Dabei bezieht er sich auf einen Artikel in clever reisen 3/2011. Bei Verlängerung der Jahrespolice fallen im nächsten Jahr aber 65 EUR an. [...Next]