Wir wollen hier doch mal all die kreativen Gebühren sammeln, die sich Fluggesellschaften und Online-Reisebüros ausgedacht haben. Und die werde ich dann kommentieren, aus meiner Sicht als Jurist. Diesen Artikel hatte ich bereits im Frühjahr angefangen zu schreiben und jetzt im Sommer 2012 trudeln zu genau diesem Thema einige Gerichtsentscheidungen ein, die auf der Linie meiner Rechtsansicht liegen. Die beziehe ich gleich in meine Erläuterungen mit ein.
Flugbuchung - Kreative Preis-Gestaltung mit Phantasiegebühren
Woraus besteht der Flugpreis, den wir im Internet für einen von uns gebuchten oder bestellten Flug bezahlen?
Eigentlich könnte das dem Reisenden egal sein, solange er mit irgendwelchen abenteuerlichen Zusatzgebühren unbehelligt bliebe. Im Einzelnen setzt sich der Preis aus vielen Komponenten zusammen. Es ist Sache des Verkäufers, diese zusammenzuaddieren und zu kalkulieren mit seiner Marge und den Provisionen, die er an Verkaufshelfer zahlen möchte. Interessant wären dann die Bestandteile des Gesamtpreises noch für die Mitwettbewerber. Aber leider ist es so, dass die Verkäufer, seien es Fluggesellschaften, seien es Reiseveranstalter und Reisebüros, die Preise der von ihnen verkauften Produkte möglichst kleinrechnen. Später, wenn der Kunde an der Angel ist, stellt sich dann heraus, dass auf den Preis des auf Flugsuchportalen angepriesenen Produkts noch Kosten draufgerechnet werden; vor allem dann wird der Kunde damit überrascht, wenn er schon in einigen Buchungsschritten seine persönlichen Daten auf die Buchungswebsite übertragen hat (Beispiel Govolo) oder sogar bestellt hat.
Wir unterscheiden für die Erörterung jetzt mal zwischen dem Preis, der an die Fluggesellschaft für die Flugleistung zu zahlen ist und weiter den Steuern, Treibstoffzuschlägen, Gebühren und sonstiges. Gebühren und sonstiges - ist noch ziemlich vage. Wir wollen Licht in das Dunkel bringen. Nach der Definition wird dann deutlicher, ob der Kunde solcherart überhaupt bezahlen muss.
Was gibt es denn so an Gebühren, die neben Flugpreisen von Fluggesellschaften und Online-Reisebüros vom Reiseinteressenten verlangt werden?
A. Gebühren
I. Gebühren von Fluggesellschaften direkt an Reisende
In der Zeitschrift Go Global BIZ, Februar 2011, las ich auf Seite 27, dass die Lufthansa in einer Bruttorechnung 11 verschiedene Gebühren ausgewiesen hatte. Darunter waren die folgenden:
- Einreisebenutzergebühr
- Passagiereinrichtungsgebühr
- Zollbenutzergebühr
Ich schätze, bald wird es Gebühren für das Ausdrucken der Bordkarte geben, wo man die Möglichkeit hat, sie sich an einem Automaten ausdrucken zu lassen.
Ryanair verlangt schon eine Weile Gebühren für das Check-in am Schalter. Air Berlin folgt seit diesem Sommer 2012 in Fällen, in denen der Kunde den neu eingeführten Billigtarif "Just Fly" gebucht hat. Für das Aufgeben von Gepäck bzw. für das Ausstellen des Tickets am Schalter sind 15 € zu zahlen, berichtet Touristik Aktuell am 22.5.2012.
Ergänzung 15.12.2012
Ryanair bringt zwei neue Gebühren heraus: Eine Gebühr in Höhe von 6 Euro hat ein Fluggast zu zahlen für die Unterhaltung der Ryanair-Homepage! Das ist abenteuerlich. Das sind Overhead-Kosten, die in den Preis hineinzurechnen sind. Es ist unsinnig, den Kunden mit einem Bündel von Gebühren zu belasten, die mit dem Produkt nur marginal was zu tun haben. Dann kommt vielleicht bald auch die Miete für die Verwaltungsgebäude von Ryanair!?
[Ergänzung 21.04.2017
Bei Ryanair kostet ein Check-in am Schalter 50,00 € pro Person. Man geht davon aus, dass jeder Passagier heute online ist und ein Smartphone besitzt und dass er auch noch die App der Fluggesellschaft nutzt, mit der das Check-in ja ganz easy ist.]
Entscheidungen gegen Fluggesellschaften sammele ich in einem extra Artikel, geordnet nach Fluggesellschaften. Ein Thema sind dort auch die verlangten Gebühren und Steuern bzw. Pflichten zur Rückerstattung, wenn die Flugleistung nicht erbracht werden.
II. Gebühren von Online-Reisebüros an Reisende
1. Buchungskosten
Buchungsgebühren sollten eigentlich das Honorar für die Tätigkeit des Reisebüros als Vermittler sein, dafür, dass es dem Kunden das Flugticket verschafft. Hier ist bereits zu unterscheiden: verschafft als Tätigkeit, als Dienst, oder verschafft hat, also den tatsächlichen Besitz an dem gekauften Ticket verschaffen, dem Kunden natürlich. Wir haben nämlich einige Streitfälle gehabt, wo das Onlinereisebüro sich für den Prozess der Verschaffung hat bezahlen lassen, nicht für den Erfolg, also Fälle, in denen dem Kunden nie ein Ticket ausgestellt worden ist oder wo es von der Fluggesellschaft für ungültig erklärt wurde, indem das Besteigen des gekauften Flugs nicht zugelassen wurde (, weil Plätze doppelt verkauft wurden).
Daran ausgerichtet ist die Frage, ob das Reisebüro Geld für die Hilfe bei der Vermittlung erhält (eine Dienstleistung, wo der Erfolg nicht geschuldet wird) oder für die Besitzverschaffung (wie beim Kauf von Sachen).
Ich sage es mal schon hier: Viele Online-Reisebüros haben eine Sinnkrise, sie verstehen es nicht, wenn man ihnen auf den Zahn fühlt, dem Verbraucher ihre Rolle darzustellen.
Service-Gebühr als Vermittlungsentgelt
Die Buchungsgebühr könnte eine Vermittlungsgebühr sein (Dienstleistung ist die Verschaffung als Tätigkeit, ohne Erfolgsgarantie).
Fragen Sie sich auch, warum man diese Gebühr dann nicht einfach auch so benennt, wenn man sich als Vermittler sieht? Nein, tun sie nicht? Weil Sie sich nicht erinnern können, dass ein Reisebüro von sich behauptet, Vermittler von Flügen zu sein?
Einige taten es nach meinen Erfahrungen doch, konkludent, aufgrund ihres Verhaltens und ihres Webauftritts.
Es gab nach meinen Erfahrungen bei der Nutzung von Online-Reisebüros Fälle, in denen das Online-Reisebüro unter Buchungskosten etwas anderes verstanden hat, nur eben auch nicht dem Kunden erklärte, was denn. Daran hat es in den meisten Fällen kein Interesse, da der Kunde sonst erkennen könnte, dass gar kein Anspruch auf bestimmte Geldbeträge besteht, die das Online-Reisebüro zusätzlich zu den Preisen verlangt, mit denen es in Flug-Metasuchmaschinen gefunden wird.
Warum unterlassen Online-Reisebüros häufig die Bezeichnung von extra Gebühren zum Flugpreis als Buchungsgebühren und verwenden stattdessen andere Leistungsbeschreibungen? (Beispiele dazu siehe meine Artikel zu Flugladen.de und ... ebookers).
Nur, um mit möglichst kleinen Flugpreisen werben zu können, denn das ist für Otto Normalverbraucher das wichtigste Kriterium der Auswahl. Und, das kommt dazu, die Rechtmäßigkeit von Buchungsgebühren ist schon einige Jahre lang ein Zankapfel.
Die Versuchung ist groß, unter diesem Begriff "Buchungskosten" Kosten zu verstecken, die dem Online-Reisebüro von der Fluggesellschaft berechnet werden, oder gar Fixkosten wie die Unterhaltung des Callcenters, also einen Deckungskostenbeitrag.
Die verbraucherrechtliche Frage lautet, wieweit bleibt hier eine Täuschung über den Preis, über die Leistung an den Kunden ohne Folgen? Wo beginnt unlauterer Wettbewerb, wo Betrug? Und wo lohnt es sich für den Kunden, zu versuchen, sich Geld nach dem Flug vom Reisebüro zurückzuholen, notfalls mit Anwaltshilfe? Diese Fragen merken wir uns vor.
Beispiele: Online-Reisebüros, die "Buchungskosten" berechnen:
Flugladen.de, im Jahre 2011. Siehe hierzu meine Besprechung in einem Artikel Test von Flugbuchungsportalen mit Preisvergleich, Teil 2.
Was spricht gegen die Zulässigkeit der Erhebung einer Buchungsgebühr?
Wenn Online-Reisebüros mit Flügen werben und dabei deren Sitzplatzpreise nennen, dann stellt sich die Frage, warum sie besser gestellt werden sollen als Verkäufer von Waren. Wenn Saturn Fernseher verkaufen will und den Preis für jene Fernseher ins Internet stellt, warum sollte Saturn dann noch extra Gebühren für den Abschluss des Kaufvertrags verlangen dürfen? Die Abwicklung des Kaufvertrags ist keine Dienstleistung für den Käufer, sondern liegt im Eigeninteresse des Verkäufers. Auch bei Online-Reisebüros liegt es im eigenen Interesse, Flüge zu "vermitteln", man kann durchaus auch sagen, zu verkaufen. Sie sind im Vertrieb tätig. Wie verdient ein Vertriebler sein Geld? Entweder ist er angestellt und bekommt Lohn (vielleicht mit einer leistungsabhängigen Komponente) oder er arbeitet selbständig auf Provisisionsbasis, wobei er die Provision sich verdient bei dem Hersteller der Produkte, die er verkauft. Also die Provision bekommt er nicht vom Kunden, dem er etwas verkauft. Selbstverständlich wird der Produzent des Produkts die Provision bei der Preiskalkulation mit berücksichtigen müssen. Wie hoch die Provision ist, erfährt der Kunde im Regelfalle nicht. Das ist Betriebsgeheimnis.
Solange Reisebüros Reisen aus Reisekatalogen der Reiseveranstalter verkauft haben, konnten Reiseinteressenten die gleiche Reise bei verschiedenen Reisebüros zu gleichen Preisen kaufen. Die Reisebüros erhielten eine Provision, entweder überall die gleiche oder je nach Anzahl der verkauften Reisen, des jährlichen Umsatzes. Soweit sie nur Reisen eines Veranstalters verkauft haben, z.B. TUI, waren sie klar in deren Verkaufsorganisation eingebunden und damit Verkäufer - und nicht Vermittler. Nun gab und gibt es aber sehr viele Reisebüros, die Reisen zugleich von verschiedenen Reiseveranstaltern verkauf(t)en. Werden sie dadurch zu Vermittlern oder zu Maklern? Ändert sich dadurch etwas, dass sie nicht nur einem "Prinzipal" dienen, sondern mehreren? Makler sind Vermittler, solche, deren Stellung man allgemein mehr in der Mitte zwischen Kunde und Erzeuger/Anbieter sieht und wo Otto Normalverbraucher weiß, dass er für dessen Inanspruchnahme eine Gebühr entrichten muss; zwar nicht immer, aber oft. Klar bei Immobilien, Kauf oder Anmietung von Wohnungen. Bei Versicherungen oft nicht (erkennbar! Z.B. Kapitallebensversicherung), bei anderen Finanzprodukten wie Investmentfonds schon.
Der Unterschied zwischen einem Makler in der Finanzbranche und in der Reisebranche liegt darin, dass in der Finanzbranche Makler seltener mit einer [...Next]
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