Am letzten Mittwoch, dem 12. November, trafen sich Wissenschaftler, hohe Verwaltungsbeamte und Firmenvertreter in Berlin, um über ihre Projekte auf dem weiten Feld der Energiegewinnung aus unkonventionellen und erneuerbaren Energiequellen und deren Förderung zu berichten. Das Russischen Haus in der Berliner Friedrichstraße 176-179 bot hierfür ein gastfreundliches Umfeld. Ich berichte hier in drei Teilen darüber.
zu Teil 2
zu Teil 3
Am Eingang in den Saal, an dem man das Hörset für die Synchronübersetzung ausgehändigt bekam, lagen jeweils die August-Ausgabe des Ost-West Contacters (Directory, Verkaufspreis 25,00 €) sowie ein (nicht ganz frisches) Exemplar der Fachzeitschrift Ost-West Contact und ihr in Russland erscheinendes Pendant, Germany Contact kostenlos zum Mitnehmen aus. Von der schon bereitgestellten flüssigen Muntermachern neben dem Eingang machten die eintrudelnden Gäste gleich gerne Gebrauch.
Kurz nach Neun morgens begrüßte der Direktor des Hauses, Herr M.M. Wladimir, ohne allzuviele Worte die Teilnehmer im großen Hörsaal des Russischen Hauses und eröffnete die Veranstaltung zu diesem nach seinen Worten so wichtigen und aktuellen Thema und wünschte allen interessante Stunden und Erfolg. Um 9.10 Uhr bat er den ersten Referenten an das Pult. Das Programm zum workshop ist unter www.eti-brandenburg.de, dort unter Veranstaltungen, abrufbar. Allerdings hat es ein paar Programmänderungen gegeben.
Dr. Michail Putschkow als Abgesandter vom Russischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft und der
Föderalen Agentur der Wissenschaften und Innovationen gab einen
Überblick über die Entwicklung auf dem Gebiet erneuerbarer Energien in Russland und über Möglichkeiten für eine wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Er erwähnte, dass es in Russland ein Programm gibt, mit dessen Hilfe der Bau und die Verbreitung von Musteranlagen zur Nutzbarmachung erneuerbarer Energiequellen gefördert wird. Im Verlaufe der Veranstaltung folgten dann einige Vorträge, die sich tiefer mit den hier kurz angerissenen Technologien beschäftigten. Einige der Technologien, mit denen die russischen Spezialisten arbeiten, sind:
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direkte foto-elektrische Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie,
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Herstellung von Wärmeenergie und elektrischer Energie über die Nutzung verschiedener Typen von Kollektoren,
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Mini-Wasserkraftwerke für kleine (Berg-)Flüsse,
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Windkraftanlagen,
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Geothermalstationen, die Tiefenwärme in der Erde nutzen,
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Systeme, die Biomasse zur Energiegewinnung verwerten,
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dezentrale, von Energienetzen unabhängige, kleine und mobile Stromgeneratoren, die mit Benzin arbeiten.
Er zeigte kurz einige Beispiele, z.B. das patentierte Solarmodul "Alten-1"mit einer jährlichen Leistung von 1.200 kWh, das schon in Sotschi zum Einsatz kommt (Ich berichtete dazu schon), auch in Deutschland schon zertifiziert worden ist und auf Ausstellungen mit einigen Medaillen ausgezeichnet worden ist. Herr Putschkow wies auf einige Probleme hin und pries auch einige für innovativ gehaltene Produkte an wie z.B.:
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hocheffiziente Systeme zum Auffangen und zur Umwandlung von Sonnenenergie zu Land, zu Wasser und im Weltall,
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energiesparende hocheffiziente hybride Energieanlagen auf der Basis von Hochtemperatur-Kraftstoff-Elementen, die mit natürlichen Gasen arbeiten und zur dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung für Verbraucher bestimmt sind mit einer Kapazität von 10 bis 1.000 kWh,
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unabhängige thermoelektrische Quellen zur Erzeugung von Strom mit einer Kapazität von mehr als 500 Watt u.a.
Als vorrangige Aufgaben bei der Förderung der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet erneuerbarer Energien definierte er:
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die Entwicklung und Verwirklichung nationaler Programme,
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die Entwicklung von Mechanismen der Finanzierung von Projekten (Vorbereitung, Umsetzung und Begleitung),
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staatliche Unterstützung bei der Finanzierung von Forschungsarbeiten und Pilotprojekten,
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Bau von Demonstrationsobjekten, die erneuerbare Energiequellen nutzen.
Anschließend zeigte er einige Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auf. Am Ende seines Vortrages wies er auf die russische Fachzeitschrift "Teplo Energetika" hin, die auch in englisch erscheint. Er rief die deutschen Kollegen auf, sich dieser anzunehmen. Er bot an, das man hier deutsche Beiträge in russisch oder/und englisch zur Veröffentlichung einreichen könne, dass man die Zeitschrift an sich auch in einer Zusammenarbeit in deutscher Sprache herausgeben und dann auch in Deutschland veröffentlichen könne oder sogar, noch weiter gehend, dass man eine neue russisch-deutsche Zeitschrift zum Thema zum Leben erwecken könnte.
Gegen halbzehn übernahm Prof. Dr.-Ing. Harald Schwarz, seines Zeichens Direktor des Centrums für Energietechnologie Brandenburg (CEBra) an der TU Cottbus das Wort. Er stellte seine wissenschaftliche Einrichtung vor. Sie koordiniert Forschungsaktivitäten von 15 Professorenstellen an der Universität im Bereich der Energietechnik mit insgesamt etwa 100 Mitarbeitern. Von hier aus wird der Studiengang Master of Science "Power Engineering", also Energietechnik/Energieingenieurwesen, betreut sowie auch ein entsprechender PhD-Studiengang in englischer Sprache. Man ist dabei, ein Netzwerk mit 20 Universitäten in Ländern verschiedener Kontinente aufzubauen. Hier freut man sich über erfolgreiche Kontakte zu China und Indien. Nach Russland hat man gerade erste vorsichtige Versuche unternommen, aber noch nicht die gewünschte Rückmeldung aus Moskau und St. Petersburg erhalten. Für Stipendien werden Kontakte zu international agierenden Partnern in der Industrie gepflegt (Siemens, RWE, E-on, ESKOM). Die Uni hat auch Angebote für russische Studenten.
Da sich die junge Universität schon ganz nahe an einigen Braunkohletagebauen und Braunkohlekraftwerken befindet, überrascht es nicht, dass man sich am CEBra auch mit dieser konventionellen Energiequelle beschäftigt. Einer von drei Schwerpunkten eines sich im Aufbau befindlichen Graduierten-Kollegs beschäftigt sich mit der Entwicklung moderner Kohlekraftwerke mit Kohlendioxid-Abscheidung. Im Übrigen decken sich die Forschungsfelder schon weitgehend mit denen, die der Referent vor ihm nannte. Jetzt geht er im Rahmen der vorgestellten Studie "Netzintegration erneuerbarer Energien im Land Brandenburg" auf die Frage ein, wie dieser Bedarf gedeckt werden soll. Er erläutert, warum für die Planung und Sicherstellung der Energie Jahrzehnte im Voraus gedacht werden muss, also Zeiträume, die weit über den Horizont von Partei-Politikern hinausreichen. Gerade deswegen sehen sich die Energietechnologie-Forscher in der Verantwortung, den Politikern die Gefahren nicht mehr ausreichender Energie in unserem Lande zu erklären und notwendige Hilfen einzufordern.
Ausgehend von Zahlen für das gesamte Bundesgebiet (derzeitiger Verbrauch, Netzhöchstlast: zirka 74.000 MW, Netzschwachlast: zirka 37.000 MW; Relationen der Verteilung verschiedener Energiequellen) kommt er auf das Land Brandenburg zu sprechen und benennt einige Probleme der Energieversorgung. Solche sind:
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Leitungsüberlastungen, vor allem im 110 kV-Bereich,
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großflächiger Abwurf von Erzeugerleistung bei Überspannung durch Kurzschluss,
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mangelnde Speicherkapazitäten zum Auffangen von Energie aus erneuerbaren Energiequellen.
Hier geht er auf Windkraftanlagen näher ein. Während einiger Perioden mit länger anhaltendem starken Wind erzeugten die Windkraftanlagen zusammen mit all den anderen (konventionellen) Energiequellen mehr Strom, als zur gleichen Zeit verbraucht werden konnte. Der Strom musste abgeleitet werden. Man leitete Strom in das polnische Stromnetz ein. Doch dieses drohte infolgedessen zusammenzubrechen. Daher gibt es in Polen politische Bestrebungen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das polnische Energienetz gegen das deutsche bei Bedarf abblocken zu können, um es zu schützen.
Mit der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energiequellen in den nächsten Jahrzehnten werden die Schwankungen bei der Erzeugung zunehmen. Man braucht daher Anlagen, in denen der Energieüberschuss akkumuliert werden kann. Auch müssen erst einmal die Stromleitungen zu den Orten verlegt werden, an denen der Strom - möglichst ohne Belästigung der Bewohner - erzeugt werden soll. Solche Flächen zu finden, wird in Anbetracht des wachsenden Bedarfs nach Nutzung von Windenergie immer schwieriger. Auch muss die Frage nach der Effizienz solcher Anlagen gestellt werden. Für kleine Flächen mit wenigen oder vereinzelten Windrädern lohnen häufig nicht die Aufwendungen für den Bau der Leitungen.
Dr. Wladimir Fateew vom Hydrogenenergie- und Plasma-Institut des Russischen Forschungs-Zentrums des Kurtschatow-Instituts in Moskau berichtet über hydrogene Systeme zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Am Institut ist er in der Abteilung Elektrochemie im Labor für schwerpolymere Eletrolyse tätig.
Aktualisierung 06.12.2014: Die Website hepti.kiae.ru/strivept.htm ist offline.
Die Forschung an erneuerbarer Energie hat es noch schwer, seine Daseins-Berechtigung zu rechtfertigen in Anbetracht der reichen Erdöl- und Erdgasvorkommen in Russland und der Tatsache, dass aus erneuerbaren Energiequellen gewonnener Strom, gewonnene Wärme viel teurer ist. Er erklärt, dass es deshalb dringend notwendig ist, Demonstrationsobjekte aufzubauen, um Skeptikern die Funktionsweise und den Sinn von Anlagen zur Nutzung von Sonne, Wind und Biomasse vor Augen zu führen. Sotschi ist hierfür besonders prädestiniert. Bis zur Ausrichtung der Olympischen Winterspiele im Jahre 2014 muss die Infrastruktur hier in wenigen Jahren stark ausgebaut werden. Damit parallel einhergehen muss eine erhebliche Ausdehnung der Energieressourcen, die diese [...Next]
Vor zwei Wochen hatte ich von dem workshop im Russischen Haus berichtet. Als Teilnehmer daran den ganzen Tag hindurch habe ich (als Laie) einen guten Überblick bekommen, an welchen Stellen in Russland man sich mit erneuerbaren Energien beschäftigt ...