Heute folgte der dritte und letzte Teil. Nach der Veröffentlichung des 2. Teils sah ich, dass inzwischen auf der Website des Deutsch-Russischen Hauses die Vorträge der Referenten zum Download bereitgestellt wurden.
Dr. Fedjanins Votrag handelte von der Energieversorgung im Altaigebiet, in Westsibirien.
Fedjanin ist Professor an der Technischen Staatsuniversität Altai. Sein Vortrag heißt "Innovative Technologien der Energieversorgung der ländlichen Verbraucher unter den Bedingungen des südlichen Westsibiriens" (erstellt zusammen mit Dipl.-Ing. V.A. Meschtscherjakow).
Im Altai kommen auf einen Quadratkilometer 15 Bewohner. 60 Prozent aller Bewohner leben auf dem Lande. Die Energieversorgung ist defizitär; der Altai kauft Energie auf. Dazu zeigt Fedjanin einige statistische Übersichten. Nicht nur, dass Energieressourcen in der Region fehlen; nein, die den Bewohnern bereitgestellte Energie wird wegen mangelnder Isolierung verschleudert. Ansetzen muss das Energieentwicklungskonzept vor allem auch beim Wärmeschutz der ländlichen Gebäude, so dass der Verbrauch gesenkt werden könnte.
Fedjanin hat mit Kollegen ein Energiekonzept für die Region entwickelt, die bis ins Jahr 2020 reicht. Der eine Schwerpunkt ist die Wärmedämmung von Gebäuden, ein anderer die Nutzung erneuerbare Energieträger, zum Beispiel der Bau von Mini-Wasserkraftwerken, die von Bergflüssen gespeist werden. Überhaupt bedarf es wegen der ländlichen Struktur kleinerer dezentraler Energieerzeugungseinheiten. Auch sollen Hybridsysteme aufgebaut werden.
In der Hauptstadt der Region Barnaul hat man zu Forschungszwecken ein dreistöckiges Gebäude errichtet, das losgelöst vom Energienetz versorgt wird. Einiges Erstaunen hatte der Mast mit dem Windrad auf dem Dach im Publikum ausgelöst. Die Teilnehmer dachten, dass sich die Windkraft vielleicht wohl auf das Gebäude übertragen müsse und die Menschen das spüren würden. Der Mast ist höher als das Gebäude und wird von verschiedenen Teilen des Daches aus mit Spannseilen zusätzlich gesichert. Aber der Referent antwortete, nein, es gäbe keine Beeinträchtigungen für die Menschen im Haus. Das Haus ist auch mit Solarmodulen und im Süden mit einer großen Fensterfläche ausgestattet und kann auch mit Dieselkraftstoff energietechnisch versorgt werden. Die Kosten des produzierten Stroms belaufen sich bei diesem Haus nach einem Jahr der Stromproduktion, wenn ich die vereinfachte Grafik richtig verstanden habe, nach Einrechnung der Errichtungs- und Unterhaltungskosten, des Kaufes der Dieselgeneratoren auf umgerechnet zirka 12,5 Eurocent (4,35 Rubel) pro Kilowattstunde.
Clemens Neumann vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Abteilungsleiter für den Leitungsbereich Grundsatzangelegenheiten und nachwachsende Rohstoffe) stellte nun bis um Halbfünf Energie- und Klimaprogramme vor, für die sich die Politik voriges Jahr entschieden habe. Dabei ging er auch kurz auf die EU-Ebene ein. Der Europarat hatte 2007 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 20 Prozent bis zum Jahre 2020 als verbindlich beschlossen. Wenn sich andere EU-Mitglieder anschließen, erklärt sich Deutschland bereit, sich auf eine Reduktion um 30 Prozent zu verpflichten. 70 Prozent der benötigten Energie importiert Deutschland. Der Anteil erneuerbarer Energien beim Verbrauch soll im Jahre 2020 in der EU bei 20 Prozent liegen, beim Transport bei 10 Prozent. In einigen Schemata zeigt Neumann, welche Anteile verschiedene Ressourcen bei erneuerbaren Energien in Deutschland ausmachen, bei der Wärmeerzeugung und bei der Stromerzeugung. Bei der Wärmeerzeugung ist die Biomasse klar die wichtigste Ressource. Biodiesel und Öl aus Speisepflanzen wird 2012 steuerlich gefördert. Der Steuersatz wird nach und nach erhöht. Für Bauern und Waldbesitzer ergeben sich neue Chancen durch den Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Energiegewinnung. Zwischen 1997 und 2007 wuchs die hierfür bewirtschaftete Fläche in Deutschland von 200.000 Hektar auf über 2.000.000 Hektar an. Bisher hat der Anbau von Pflanzen zur Erzeugung von Bioenergie nur einen geringen Einfluss auf den Preis von Nahrungsmitteln gehabt. Die Hauptgründe lagen vor allem in einer überhaupt wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln, in einem veränderten Verbraucherverhalten in Entwicklungsländern (mehr Konsumtion von Fleischwaren) und in erheblichen Ernteausfällen infolge von Wetterkapriolen.
Ab 2009 gibt es KfW-Förderprogramme für Techniken zur Gewinnung von Wärmemenergie aus erneuerbaren Energien mit einem jährlichen Volumen von 500 Millionen EUR.
Die gerade gehörten Vorträge waren Anlass zu angeregten Unterhaltungen in der Pause, Tee, Kaffee und Gebäck.
Nach der Pause setzte Dr. Gornow vom Staatlichen Forschungsinstitut für Gebäudeentwicklung Moskau den Vortragsmarathon fort. Sein Thema waren Warmwasserpumpen. Er berichtete seine Erfahrungen der Nutzung von Wärmepumpen und deren Aussichten am Beispiel Moskau.
Für Moskau wurde ein Programm aufgesetzt mit dem Ziel, einen Anteil erneuerbarer Energien von 5 Prozent für Wärmeenergie zu erreichen. Es wird von 2009 an bis zum Jahre 2013 laufen und wird von weiteren Gesetzen begleitet wie das Gesetz Nummer 52 mit dem Ziel der Rekonstruktion von Neubauten in den Jahren 2008 bis 2014. - Nebenbei bemerkt, das muss doch Zündstoff für ein stärkeres Engagement deutscher Mittelständler sein. OBI-Märkte sind in einigen russischen Großstädten jetzt vertreten. Die Ausstattung von Häusern boomt. Von Professor Sadilow in Sotschi hörte ich in diesem Frühjahr, als wir auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes der Universität für Touristik und Kurortswesen standen, dass er sich für seine Solarprojekte deutsche Wärmepumpen und deutsche Regelungstechnik wünscht, die effizienter sei. Aber an diese heranzukommen sei nicht so leicht. Er wünschte sich deutsche Partner, die bereit seien, mit in Pilotanlagen zu investieren und entsprechend am Gewinn durch den Verkauf in Sotschi und Umgebung beteiligt würden.
Dr. Wagener-Lohse von der CEBra GmbH in Cottbus berichte anschaulich von Aktivitäten, Projekten und Erfolgen im Lande Brandenburg mit der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen, stellte auch kurz verschiedene Wissenschaftszentren vor, unter anderem die Universität Cottbus, an der auch relevante Ausbildungslehrgänge angeboten werden. Er sprach über das Anpflanzen von Bioethanol-Pflanzen, als da sind Rubinie, Weide und Pappel und die Nutzung von brach liegenden Flächen zum Anbau von schnell wachsenden Hölzern für Brennholz. Damit ist er bei der CEBra befasst.
Dr. G. Ermolenko berichtet von mehreren Projekten im Krasnodarer Gebiet, die zusammen mit der russischen Investitions- und Entwicklungsfirma im Energiesektor Greta Energi umgesetzt wurden und werden. Das Gebiet, auch nach dem im Kaukasus entspringenden und durch Krasnodar fließenden Strom Kuban genannt, hat ein starkes Energiedefizit. Nur 30 bis 60 % der im Gebiet benötigten Energie kann im Gebiet selbst produziert werden. 2008 erreichte das Energiedefizit bereits die 85-Prozent-Marke. Es gibt viele Bemühungen, dieser Situation Herr zu werden, auch gern mit ausländischen Partnern. Solche Projekte der Schaffung erneuerbarer Energiequellen sind in den nächsten 5 Jahren von der Vermögenssteuer befreit. Für morgen ist Ermolenko zur COMMIT-Gruppe in Berlin eingeladen, die in der Gebietshauptstadt Krasnodar vor kurzem ein Büro eröffnet hat (und, wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, mit Leuten im April in Sotschi war, zur Suche nach interessanten Investitionsprojekten).
Zunächst beschreibt Herr Ermolenko zwei neue kleinere Wasserkraftwerke. Eines wurde in Kabardino-Balkarien am Fluss Uruch mit einer Gesamtleistung von 45 Megawatt errichtet. Die Ausrüstung dafür wird von der Firma INSET serienmäßig hergestellt. Das gleiche Kraftwerk wurde am Fluss Hazni-Don gebaut. Er erwähnt den Bau eines Biogas-Werkes und geht ausführlicher auf eine Windkraftanlage bei Jejsk ein, die vorhin schon erwähnt worden war. In dieser Gegend am Meer weht ein Wind mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 7 bis 8 Metern pro Sekunde. In Adler bei Sotschi hat man vor anderthalb Jahren am Strom Msymta mit der Errichtung eines Wasserkraftwerkes mit einer Leistung von 30 Megawatt begonnen. Die Absprachen für die Grundstückszuteilung für den Bau sind gerade abgeschlossen. In Sotschi kommt es, sagt er und kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, noch häufig zu Stromunterbrechungen.
Am Ende seines Vortrags empfielt er noch mal allgemein Krasnodar als Investitionsstandort. Regelmäßig macht die Verwaltung der Stadt Werbung in Deutschland, auf der Grünen Woche im Januar, auf der Hannover-Messe oder auch in Wiesbaden.
Diplom-Geologe Wolfgang Herr, Gründer des Zentrums für Umwelt und Rohstoffberatung, befasste sich in seinem Vortrag schwerpunktmäßig mit fossilen Energierohstoffen, der Einlagerung von Kohlendioxid in Kohleflöze und erläuterte eine neue Stimulationsmethode für die erhöhte Produktion und das erhöhte Ausbringen von Kohleflözgasen (kurz CBM).
[Nachtrag, 26.04.2009
Zur Einlagerung von Kohlendioxid in Kohleflöze meldete sich jetzt aus Anlass eines Gesetzesentwurfes dazu der Naturschutzbund kritisch zu Wort.]
Frau Dr. L. Krasko von der staatlichen Firma "Aspekt" schloss das Seminar mit einem Vortrag über die Entwicklung unabhängiger Systeme für die Energiegewinnung aus erneuerbarer pflanzlicher Biomasse ab.
Der Direktor des Hauses beendete die Veranstaltung. Drei Teilnehmer der Veranstaltung wurden auf die Bühne gebeten und unterschrieben eine Erklärung oder einen Vertrag über eine Zusammenarbeit.
Dann, es war inzwischen 18.45 Uhr, wurden die Seminarteilnehmer in der 2. Etage des Hauses im netten Ambiente (Blick durch schalldichte Fenster auf die Friedrichstraße, Sessel und Couchtische) mit einem schönen Buffet empfangen. Kaviar und Wodka durften nicht fehlen. Ich hatte eine sehr interessante Unterhaltung, vor [...Next]
Am letzten Mittwoch, dem 12. November, trafen sich Wissenschaftler, hohe Verwaltungsbeamte und Firmenvertreter in Berlin, um über ihre Projekte auf dem weiten Feld der Energiegewinnung aus unkonventionellen und erneuerbaren Energiequellen und deren Förd ...