Im folgenden möchte ich noch zur Abrundung des Berichts über das binationale Treffen von Fachleuten zum Thema erneuerbare Energiequellen in Berlin ein paar ergänzende Hinweise geben.
Erster Hinweis:
Auf der Grünen Woche Mitte Januar 2008 habe ich einiges zum Thema Bio-Kraftstoffe ausgestellt gesehen. Einige deutsche Aussteller sind hier bereits in Russland aktiv. Aber schauen Sie sich doch selbst um! Sie fängt jetzt gerade wieder an und dauert 10 Tage.
Diese Fernsehsendung "Mit offenen Karten" des Senders ARTE zeigt die russischen Erdöl- und Erdgas-Leitungen ins Ausland und erklärt sehr anschaulich die russischen Interessen an der Verbesserung der Transportinfrastruktur. [Nachtrag: Das Video stand zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch auf Youtube und war hier integriert. Aus rechtlichen Gründen ist das Video auf Youtube für Deutschland inzwischen geblockt.]
Zu den Aussichten der Solarbranche
... las ich unterschiedliche Darstellungen.
In einer Focus-Sonderbeilage "Zukunftsmarkt Solar" im Herbst 2008 sah man die Solarbranche durch die enorm gestiegenen Strompreise gestärkt. Schon in 6 Jahren, also im Jahre 2014, könne die Technik konkurrenzfähig sein, hieß es. Dabei ist berücksichtigt, dass wegen der Ölpreisbindung des Gaspreises auch der Strompreis stieg, weil Gas auch zur Stromproduktion eingesetzt wird.
Zuletzt hieß es, dass wegen der restriktiveren Kreditvergabepolitik der Banken infolge der weltweiten Wirtschaftskrise der Branche die Mittel für nötige Investitionen wegbleiben. Denn schon nach 3 Jahren veralten Maschinen.
Die Hersteller würden sich voraussichtlich gezwungen sehen, in den Jahren 2009 und 2010 infolge von Stagnation des Absatzes in Deutschland die Preise für Solarmodule um mehr als 10 Prozent zu senken, sagte der Vorstandschef der Solarworld AG, Frank Asbeck, dem Handelsblatt (Handelsblatt vom 29.12.2008). Die Ursachen dafür liegen aber auch an der von der Bundesregierung gewollten Abschmelzung der Einspeisevergütung für Solarstrom ins deutsche Stromnetz und eine deutliche Erhöhung des Angebots an Solarmodulen auf dem Weltmarkt. In den letzten Jahren bestand eine Knappheit von Silizium für die Produktion von Wafern. Inzwischen gibt es aber verschiedene alternative Möglichkeiten für die Herstellung von Solarmodulen unter Einsparung (Dünnfilmsolarzellen) oder gar Verzicht von Silizium. Auch werden nach und nach in einigen Ländern hochgezogene Betriebe zur Siliziumveredelung jetzt fertiggebaut.
Ölpreisbindung des Gaspreises und Einfluss des Staates auf Energie-Verbraucherpreise - Zweifel an der Rechtschaffenheit der Energiepolitiker
Ein Übel der Energiewirtschaft aus Sicht der Verbraucher und Steuerzahler ist - darauf möchte ich noch mal zurück kommen - die Ölpreisbindung der Gaspreise. Die besteht seit den ersten Erdgasimporten nach Deutschland in den 60er Jahren aus Russland. Damit sollten Investitionen in die Infrastruktur zur Gasversorgung, in die Erdgasförderung gesichert werden. Die Gasversorger nutzen die steigenden Einkaufspreise regelmäßig zu überproportional hohen Aufschlägen bei den Tarifen. Der Gasbezug macht aber nur ein Drittel am Verkaufspreis aus, rechnet der Bund der Energieverbraucher vor. Sinkende Ölpreise werden oftmals langsamer und abgeschwächter an die Gasverbraucher weitergegeben als steigende Ölpreise, kritisiert der Bund. Das kommt der Solarbranche natürlich entgegen.
Standpunkt
Also wenn der Bau von Erdgasleitungen wie die durch die Ostsee vom Finnischen Meerbusen aus nach Deutschland Nordstream (2011 fertig gestellt) und Nordstream 2 energiepolitisch zur Sicherstellung der Energieversorgung Deutschlands gewollt ist (Ist das auch im Sinne der Diversifizierung der Energiebezugsquellen? Einige Fachleute warnen vor steigender Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland.), dann stellt sich die Frage, wie das Verhältnis des Staats zu den Energiekonzernen in Anbetracht seiner Daseinsvorsorgepflicht ausgestaltet sein soll. Die Subventionierung des Steinkohlebergbaus in NRW und im Saarland waren lange genug politischer Zankapfel. Wo es um Daseinsvorsorge geht, sollte die Energieversorgung durch Staatsbetriebe (oder, im kleineren Maßstab, kommunale Betriebe) sichergestellt werden. Wo daneben noch Raum für private Firmen mit ergänzenden Leistungen ist, stellt sich die Frage, ob sie auch gefördert werden, damit sie nicht gegenüber den Staatsbetrieben im Wettbewerb benachteiligt werden.
Wird aber die Energieversorgung Deutschland nichtstaatlichen Energieunternehmen überlassen, dann muss der Staat darauf achten, dass die durch die Monopole/Oligopole typischerweise hervorgerufenen nachteiligen Wirkungen auf die Verbraucher und alternative, junge Konkurrenzunternehmen vermieden werden; sprich: Es muss eine kartellrechtliche Kontrolle sichergestellt werden. Die Vereinbarungen zwischen deutschen und russischen Unternehmen über eine Ölpreisbindung des Erdgaspreises bzw. unter deutschen Unternehmen scheint mir doch kartellrechtlich fragwürdig zu sein.
Ich habe mich aber in diese Materie nicht eingearbeitet, möchte ich eingestehen. Wäre schön, wenn ein Energieexperte hier einen klarstellenden Kommentar abgeben würde.
[Nachtrag, 24.03.2010: Für den Bürger, der Gas vom regionalen Energieversorger bezieht, ist die Frage, ob die Vereinbarung der Ölpreisbindung zwischen dem russischen Lieferanten und den deutschen Energieunternehmen kartellrechtlich rechtmäßig ist, nur mittelbar von Bedeutung. Diese Ölpreisbindung des Gaspreises lässt sich vom deutschen Energieversorger gewinnbringend ausschlachten, soweit er sich eine Änderung (die Anpassung des Preises nach oben) in Gasbezugsverträgen mit den Verbrauchern den Energieversorgern eingeräumt hat. Aber das ist ja bisher der Fall gewesen. Wegen Möglichkeit der Kontrolle dieser Verbraucher-Gasbezugsverträge bedarf es gar nicht zwingend einer kartellrechtlichen Kontrolle.
Urteil des Bundesgerichtshofs zur Gaspreisbindung und einseitigen Preisänderung in Gaslieferverträgen
Heute (24.03.2010) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klauseln, die die Anhebung des Gaspreises in Fällen des Ansteigens des Erdölpreises dem Gasversorger gestatten, für rechtswidrig erklärt. Dieses Urteil war heute die wichtigste Schlagzeile in den Radioprogrammen mit mehr Informationsanteil. Dort wurden die Gründe kurz erörtert. Darüber hinaus kenne ich das Urteil nicht. Eine ausführlichere Erörterung finde ich bei Spiegel Online: Richter teilen das Öl-Gas-Gemisch. Aber ich möchte ergänzen, dass eine solche Klausel ein Fall des § 315 BGB war, wonach die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt wird. Und für solche Fälle gilt nach § 315 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass im Zweifel die Bestimmung des Preises nach billigem Ermessen anzunehmen ist. - Es entspricht aber nicht dem billigem (gerechten) Ermessen, wenn die Preiserhöhung an Tatsachen festgemacht werden, die nichts mit den eigentlich entstehenden Kosten zu tun haben und wenn der deutsche Gasversorger frei bestimmt, wenn er bei fallenden Ölpreisen mit der Senkung der Gaspreise nachzieht, hier sich mehr Zeit lässt als bei der Anpassung des Gaspreises nach oben, und wenn er anders als bei einer Gaspreiserhöhung im entgegengesetzten Fall den fallenden Ölpreis nicht vollständig auf den Gaspreis überträgt. Doch möchte ich weiter auf die Analyse auf Spiegel Online verweisen. Das Urteil betrifft nur erst mal zwei Gasversorger. Die Richter haben eine Öl-Preis-Bindung ja doch nicht prinzipiell untersagt. Sie darf nur nicht alleinige Grundlage für die vom Verbraucher zu zahlenden Gaspreise sein.
Durch den Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien entsteht mehr Wettbewerb im Energiemarkt, die dazu führt, dass Energie preiswerter wird. Und deshalb sind erneuerbare Energien - im Unterschied zu herkömmlichen Energiequellen Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomstrom - absolut förderwürdig. Bitte schauen Sie sich den Dokumentarfilm Energie Autonomy - Die 4. Revolution an! Ich sah den Film gestern abend im Kino. Ende Nachtrag]
Inwieweit soll es in einer freien Marktwirtschaft Daseinsvorsorge für die deutsche Energiewirtschaft geben?
Aber apropos Daseinsvorsorge: Wenn diese auf den Bürger bezogen ist und nicht auf Wirtschaftsteilnehmer, Unternehmen, müsste man beachten, dass staatliche/kommunale Betriebe nur insoweit gerechtfertigt sind, soweit sie Leistungen der Daseinsvorsorge für Bürger erbringt. Doch wo Unternehmen als Energiekonsumenten am selben Stromnetz hängen wie Otto Normalverbraucher, ist die Trennung zur Begrenzung der unternehmerischen Tätigkeit des Staates zwecks Sicherstellung der Daseinsvorsorge (im Energiesektor) praktisch gar nicht möglich. Das wirft Probleme auf in Hinsicht auf gerechte Verteilung von Fördermitteln, denke ich. Wie weitgehend dürfen Unternehmen, vom Selbständigen über KMU bis hin zu Konzernen an staatlicher Daseinsvorsorge (ebenfalls) partizipieren? Die Antwort ist schwierig. Unseren Energiepolitikern traue ich eine ausgewogene differenzierende Abschichtung des Problems im Rahmen eines Gesamtkonzepts Energiesicherstellung und Förderung nur begrenzt zu, in Anbetracht der Verlockungen, denen sie von den Lobbys der großen Energieunternehmen ausgesetzt sind. Deswegen haben wir auch keinen wirklich freien Energiemarkt.
Würde die Ölpreisbindung wegfallen, hätten wir dann fairere Bedingungen für Anbieter von Energie aus erneuerbaren Energiequellen im Energiemarkt?
Die Frage ist zuvor erst mal, welche Energiegewinnungsform mit welchen Geldern vom Staat gefördert wird und im welchen Verhältnis, weiterhin, welcher Prozentsatz davon in welche (staatlich als sinnvoll angesehenen) Investitionen geht. Der Staat muss rechtfertigen, warum bestimmte Energieformen um wieviel mehr gefördert werden als die anderen. Da hier Steuermittel verwendet werden, müssen auch die Gewinne der deutschen Energieunternehmen berücksichtigt werden. Sind sie hoch, sind die Subventionen vielleicht zu hoch!? Mit den Fördergeldern aus Steuermitteln sollen nicht unverhältnismäßig hohe Managergehälter in solchen Unternehmen subventioniert werden. Das ist in diesem Frühjahr häufig in den Medien zu lesen, beklagen die bedeutendsten Politiker Europas jetzt. Auch ist zu sehen, dass die großen vier Energiekonzerne Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energiequellen forschen und Projekte umsetzen, denken wir nur einmal an die TV-Werbung von E.on für seine Offshore-Windkraftanlagen an der Nordseeküste.
Generell ist es legitim, Steuern und Förderungen zur Erreichung gesamtstaatlich sinnvoller Ziele wie der Sicherstellung der Energieversorgung einzusetzen. Aber das alles bedarf der öffentlichen Diskussion im Gesetzgebungsprozess und vor Vertragsverhandlungen mit energieliefernden Ländern, Rechtfertigung und Kontrolle. Es darf nicht sein, dass Politiker vom Parlament in vom Staat gegenüber Mitbewerbern der gleichen Branche protegierte/subventionierte Firmen wechseln, zumal wenn die Protektion/Subvention nicht nachweislich gerechtfertigt werden kann. Weil so etwas (der Wechsel von Politikern in die Industrie, in Firmen mit dem Staat als Hauptkunde) [...Next]